Geschäftswert eines Beschlusses über die Kapitalerhöhung einer GmbH; maßgeblicher Wert der Sacheinlage; Beschwerdeberechtigung eines Notars
letzte Aktualisierung: 12.12.2024
BGH, Beschl. v. 23.7.2024 – II ZB 3/24
GNotKG §§ 105 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 108 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 5
Geschäftswert eines Beschlusses über die Kapitalerhöhung einer GmbH; maßgeblicher
Wert der Sacheinlage; Beschwerdeberechtigung eines Notars
Für die Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals
einer GmbH ist innerhalb der durch
Grenzen der den Ausgabepreis übersteigende Wert des auszugebenen Geschäftsanteils maßgeblich.
Dies gilt auch, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung nach dem
Umwandlungsgesetz beim übernehmenden Rechtsträger gefasst wird und der Erhöhungsbetrag im
Wege der Sacheinlage durch die Übertragung des abgespaltenen Vermögens erbracht wird.
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Notar) beurkundete am 29. September
2014 einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag, nach dem die Beteiligte zu
2 als übertragende Gesellschaft ihren Teilbetrieb Kurzstreckenseeverkehr als
Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge
durch Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1
UmwG auf die W. GmbH als übernehmende Gesellschaft übertrug. Die der
Übertragung zu Grunde gelegte Teilbilanz des Teilbetriebs Kurzstreckensee-
Weiter beurkundete der Notar Gesellschafterversammlungen der
W. GmbH und der Beteiligten zu 2, in denen die Alleingesellschafterinnen
jeweils die Zustimmung zum Ausgliederungsvertrag und bei der W. GmbH
unter anderem eine Erhöhung des Stammkapitals um weitere
Beteiligte zu 2 als Gegenleistung für die Übertragung des Teilbetriebs Kurzstreckenseeverkehr
ausgegeben werden.
Der Notar erteilte der Beteiligten zu 2 am 19. Dezember 2014 eine Kostenrechnung
zu UR Nr. 4549/14 H in der er für die Berechnung der Gebühr
Nr.
in Höhe des Nennbetrags der Kapitalerhöhung. Der Bezirksrevisor beim Landgericht
Düsseldorf hat im Rahmen einer Geschäftsprüfung beanstandet, die
messen. Der Präsident
des Landgerichts Düsseldorf hat den Notar daraufhin angewiesen, die
Kostenrechnung überprüfen zu lassen.
Das Landgericht hat den Notar auf seinen weisungsgemäßen Antrag auf
gerichtliche Entscheidung unter anderem angewiesen, die Kostenrechnung un-
Nr. 21100 KV GNotKG neu zu erstellen. Auf die Beschwerde des Notars hat
das Beschwerdegericht die Anweisung unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels rechnerisch dahin abgeändert, dass für die Gebühr
Nr.
sei. Hiergegen wendet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde
des Notars.
II.
Die aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte
Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen gem. § 129 Abs. 2, § 130 Abs. 3
GNotKG,
des Geschäftswerts für die Kostenberechnung angreift.
1. Der Beteiligte zu 1 ficht den Beschluss zwar insgesamt an. Abgesehen
davon, dass Beschwerdegründe gemäß
Abs. 3 Nr. 2 FamFG nur hinsichtlich der Geschäftswertbestimmung angeführt
werden, fehlt es für eine weitergehende Anfechtung an der Zulassung der
Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht, die für die Statthaftigkeit
nach
ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2022 - V ZB 9/21,
Rn. 5).
a) Zwar ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung nicht aus dem
Tenor der Beschwerdeentscheidung. Dies ist aber unschädlich, sofern sie sich
eindeutig aus den Entscheidungsgründen ergibt (BGH, Beschluss vom 23. Mai
2022 - V ZB 9/21,
hat die Rechtsbeschwerde nach den Entscheidungsgründen ausdrücklich
zu der Frage wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, ob in Fällen
der Verschmelzung oder Abspaltung kostenrechtlich eine unzulässige Doppelberücksichtigung
vorliegt, wenn der Geschäftswertbestimmung hinsichtlich
des Beschlusses über die Erhöhung der Stammeinlage bei der GmbH der Wert
der Sacheinlage zu Grunde gelegt wird. Diese Frage betrifft ausschließlich die
der Kostenberechnung zu Grunde liegende Geschäftswertbestimmung.
b) Die Beschränkung ist zulässig. Die Zulassung kann auf einen tatsächlich
oder rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs
beschränkt werden, sofern dieser Gegenstand einer Teilentscheidung
sein kann oder auf den der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel beschränken
könnte. Dafür reicht es aus, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene
Teil des Streits in tatsächlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen
Streitstoff beurteilt werden kann und nach einer Zurückverweisung eine Änderung
des von der beschränkten Zulassung erfassten Teils nicht in die Gefahr
eines Widerspruchs zu dem übrigen Teil gerät (BGH, Beschluss vom 23. Mai
2022 - V ZB 9/21,
vor. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den für die Kostenberechnung
maßgeblichen Geschäftswert ist zulässig (OLG Frankfurt,
119; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Juli 2023, §§ 127-130 Rn. 90).
2. Der Beteiligte zu 1 ist auch beschwerdeberechtigt.
a) Gemäß
durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung
liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses
unmittelbar in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht eingreift.
Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des
Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen
oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer
die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren.
Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder
sonstiger berechtigter Interessen genügt dagegen nicht (BGH, Beschluss vom
31. Mai 2023 - XII ZB 274/21,
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b) Die Beschwer des Beteiligten zu 1 ergibt sich daraus, dass das gerichtliche
Verfahren in Notarkostensachen die Festsetzung gesetzlicher Gebühren
bezweckt und der Notar in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen ist, soweit
ihm durch eine gerichtliche Entscheidung auferlegt wird, entgegen seiner
Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen (BVerfG,
OLG Nürnberg,
III.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht (OLG Düsseldorf, ZPG 2024, 234) hat seine
Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Landgericht habe zutreffend
angenommen, dass für den Beschluss über die Erhöhung des Stammkapitals
der W.
setzen sei. Unter Berücksichtigung der durch § 108 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4
GNotKG gezogenen Grenzen sei der Wert der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage
anhand des Werts der Sacheinlage und nicht nach dem Nominalwert der
Kapitalerhöhung zu bestimmen. Wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss im
Rahmen einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz gefasst werde, gelte
auch im Hinblick darauf, dass der Wert bereits durch den Zustimmungsbeschluss
erfasst werde, nichts Anderes. Der Wert der übertragenden Vermögensgegenstände
und damit des neu geschaffenen Geschäftsanteils betrage
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. Das Beschwerdegericht
hat den Wert des Beschlusses über die Kapitalerhöhung zu-
treffend nicht nach dem Nominalwert, sondern nach dem diesen übersteigenden
Wert der ausgegebenen Geschäftsanteile bemessen. Diesen Wert hat das
Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei in Höhe des Aktivvermögens des abgespala)
Der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals
kann innerhalb der durch
der Fassung vom 23. Juli 2013 (BGBl. I. S. 2586, nachstehend aF) vorgegebenen
Grenzen unter ergänzender Heranziehung von
ermittelt werden (BGH, Beschluss vom 12. September 2023 - II ZB 6/23,
Stammkapitals bei der GmbH entspricht dem Wert des neu geschaffenen oder
erhöhten Geschäftsanteils, wenn dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt
(BGH, Beschluss vom 12. September 2023 - II ZB 6/23,
Rn. 12; Szalai, RFamU 2024, 21, 24; Thelen,
aA Lieder/Antolic,
§ 108 Rn. 17). Dies gilt entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde auch im vorliegenden
Fall, in dem der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung
nach dem Umwandlungsgesetz beim übernehmenden Rechtsträger gefasst
wird und der Erhöhungsbetrag im Wege der Sacheinlage durch die Übertragung
des abgespaltenen Vermögens erbracht wird (vgl. Leipziger Gerichtsund
Notarkosten-Kommentar/Heinze, 3. Aufl., § 108 Rn. 47; Heisel in
Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl.,
Rn. 27; Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand März 2024, § 108 Rn. 17;
Felix,
Korintenberg/Tiedke, GNotKG, 22. Aufl., § 108 Rn. 90; Korintenberg/Diehn,
GNotKG, 22. Aufl., § 109 Rn. 113; BeckOK Kostenrecht/Neie, Stand 1.10.2023,
§ 108 Rn. 40; Leipziger Kostenspiegel, 4. Aufl., Rn. 22.154; vgl. Diehn, Notarkostenberechnungen,
9. Aufl., Rn. 1513, 1360d).
aa) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es für die Bewertung
des Werts der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nicht darauf an,
dass bereits der Ausgliederungs- und Übernahmevertrag Rechtsgrund für die
Übertragung des abgespaltenen Vermögens ist. Dies ändert nichts daran, dass
der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung bei wirtschaftlicher Betrachtung
durch die nach der Beschlussfassung zu erbringende Leistung in das Gesellschaftsvermögen
geprägt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September
2023 - II ZB 6/23,
über die Kapitalerhöhung um einen vom Ausgliederungs- und Übernahmevertrag
zu unterscheidenden Beurkundungsgegenstand nach
handelt (Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand Dezember 2019, § 109
Rn. 717), muss der Wert der Beschlussfassung jeweils selbstständig ermittelt
werden (aA Diehn, Notarkostenberechnungen, 9. Aufl., Rn. 1513, 1360d).
bb) Zutreffend ist, dass der Wert des übergehenden Vermögens nach
nochmals bei der Bemessung des Werts der ausgegebenen Geschäftsanteile
Berücksichtigung findet. Diese Folge beruht darauf, dass es sich bei den Beschlussfassungen
um verschiedene Beurkundungsgegenstände nach § 86
Abs. 2 GNotKG handelt und ein Fall von § 109 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b oder g
GNotKG nicht vorliegt (Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand April 2022,
§ 109 Rn. 235; Korintenberg/Diehn, GNotKG, 22. Aufl., § 109 Rn. 113; Waldner
in Rohs/Wedewer, GNotKG, Stand November 2023, § 108 Rn. 52; Bormann in
Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 108 Rn. 23). Von einem ein-
heitlichen Beschlussgegenstand nach § 109 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GNotKG kann
nicht ausgegangen werden, weil bei Beschlüssen nur in den Fällen des § 109
Abs. 2 Nr. 4 GNotKG ein einheitlicher Beurkundungsgegenstand vorliegt (Entwurf
eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts,
BT-Drucks. 17/11471 [neu], S. 187; Wudy in Rohs/Wedewer, GNotKG,
Stand Dezember 2016, Anl. 1 KV/Teil 2 1200 Rn. 284). Eine Gebührenbegrenzung
erfolgt bei der Zusammenfassung in einem Beurkundungsverfahren durch
die Zusammenrechnung nach
cc) Eine andere Beurteilung ist auch nicht wegen einer kostenrechtlichen
Besserstellung in dem Fall geboten, in dem die Anteilsinhaber des übertragenden
Rechtsträgers nach
verzichten. Diese Besserstellung ist nicht sachwidrig, weil sie
allein darauf beruht, dass eine Kapitalerhöhung als Gegenleistung für die Übertragung
des Vermögens entfällt.
falls nicht zu beanstanden, weil insoweit nach
ohne Schuldenabzug maßgeblich ist (Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG,
Stand März 2024, § 108 Rn. 17).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:23.07.2024
Aktenzeichen:II ZB 3/24
Rechtsgebiete:
Umwandlungsrecht
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GNotKG §§ 105 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 108 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 5