Zur Art der Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung im Grundbuchverfahren
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 1w71_11
letzte Aktualisierung: 27.1.2012
KG, 29.11.2011 - 1 W 71/11
GBO § 29; ZPO § 435; GrEStG § 22
Zur Art der Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung im Grundbuchverfahren
Eine Zwischenverfügung, mit der die Eigentumsumschreibung von der Vorlage des Originals
einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung abhängig gemacht wird, ist jedenfalls
dann unberechtigt, wenn eine beglaubigte Ablichtung vorgelegt wird und ein Notar zugleich
bestätigt, dass ihm das Original vorliegt.
Tenor
Buchstabe a) der Zwischenverfügung wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen,
insoweit von den in der Zwischenverfügung geäußerten Bedenken Abstand zu nehmen.
Gründe
I.
Im Bestandsverzeichnis des im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbuchblattes ist zu
laufender Nummer 10 das Flurstück 37/4 eingetragen.
Mit Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag vom 3. April 2009 – UR-Nr. 2… /2…
des Notars Dr. W… -F… M… in B… – ließ die Beteiligte zu 1 zahlreiche Liegenschaften auf
die Beteiligte zu 2 auf, u.a. auch das Flurstück 37/4.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2011 hat Notar Dr. M… unter Beifügung einer beglaubigten
Ablichtung der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts S… vom 7. April 2009 die
Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2 beantragt. Zugleich hat der Notar erklärt, ihm
läge das Original der Unbedenklichkeitsbescheinigung vor. Diese bezieht sich auf insgesamt
131 in B… belegene Liegenschaften.
Mit Zwischenverfügung vom 24. Januar 2011 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung zu
Punkt a) die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung im Original erfordert. Hiergegen
richtet sich die Beschwerde vom 27. Januar 2011, welche die Erklärung des Notars enthält,
die Unbedenklichkeitsbescheinigung läge ihm immer noch im Original vor. Das
Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 4. Februar 2011 nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das von dem Grundbuchamt noch aufgezeigte
Eintragungshindernis besteht nicht.
Allerdings darf der Erwerber eines Grundstücks erst in das Grundbuch eingetragen werden,
wenn eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamts vorgelegt wird, dass der Eintragung
steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen,
GBO zu erteilende Bescheinigung (vgl. OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 16. Februar
2011 – 20 W 86/11 – Juris) ist, weil es sich nicht um eine zur Eintragung erforderliche
Erklärung im Sinne von
Abs. 1 S. 2 GBO. Grundsätzlich können die nach
vorgelegt werden (Senat, Beschluss vom 16. September 1997 – 1 W 4156/97 -, Rpfleger
1998, 108).
Im Anschluss an eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschluss vom 9. April 2002 –
86 T 129/02 -
Unbedenklichkeitsbescheinigung in beglaubigter Ablichtung sei zur Überwindung der
Grundbuchsperre des
in: Meikel, GBO, 10. Aufl., § 29, Rdn. 144; Hügel, GBO, 2. Aufl., § 20, Rdn. 79; Viskorf, in:
Boruttau, GrEStG, 17. Aufl., § 22, Rdn. 49; Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl., § 22, Rdn. 7;
offengelassen von OLG Frankfurt/Main, a.a.O.).
Nach anderer Ansicht soll die Vorlage einer beglaubigten Abschrift nicht genügen. An ihren
Besitz seien Rechtsfolgen geknüpft, weil sie im Fall des Widerrufs oder der Aufhebung an das
Finanzamt zurückzugeben sei, vgl.
Rdn. 151). Es erscheint zweifelhaft, ob dieser Ansicht so allgemein zu folgen ist, denn der
Inhaber der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist auch bei deren Widerruf oder Rücknahme
nicht ohne weiteres zur Rückgabe verpflichtet. Vielmehr bedarf es hierzu einer im Ermessen
des Finanzamts stehenden Aufforderung,
der Vorschrift: Pahlke, in: Pahlke/König, AO, 2. Aufl., § 133, Rdn. 1; Werth, in: Kühn/von
Wedelstedt, AO, 19. Aufl., § 133, Rdn. 1). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von der
Beendigung des Amts als Vormund, Betreuer oder Insolvenzverwalter. Diese sind von
Gesetzes wegen zur Rückgabe der Bestellungsurkunden verpflichtet, vgl. §§ 1893 Abs. 2 S. 1,
1908i Abs. 1 S. 1 BGB, 56 Abs. 2 S. 2 InsO (ebenso der Bevollmächtigte,
Letztlich kann dies vorliegend aber dahinstehen.
Jedenfalls ist anerkannt, dass die Vorlage einer beglaubigten Legitimationsurkunde dann
ausreichend ist, wenn ein Notar bescheinigt, dass ihm die Urschrift oder Ausfertigung zu
einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen hat (Senat, a.a.O.). Eine solche Bescheinigung hat
der Notar sowohl mit seinem Antrag vom 18. Januar 2011 und nochmals mit der Beschwerde
vom 27. Januar 2011 erteilt. Zwar müssen die Voraussetzungen des
Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung vorliegen, wie sich dem Wortlaut der Vorschrift
entnehmen lässt. Dennoch ist hier zumindest auf den Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde
abzustellen, weil mit ihr zugleich das weitere mit der Zwischenverfügung vom 24. Januar
2011 aufgezeigte Eintragungshindernis beseitigt wurde und das Grundbuchamt ohne seine
weiteren nicht berechtigten Zweifel die Eigentumsumschreibung vorgenommen hätte (vgl.
insoweit zur in beglaubigter Ablichtung vorgelegten Bestellungsurkunde des
Insolvenzverwalters: Senat, Beschluss vom 21. November 2011 – 1 W 652/11 – zur
Veröffentlichung vorgesehen).
Entscheidung, Urteil
Gericht:Kammergericht
Erscheinungsdatum:28.11.2011
Aktenzeichen:1 W 71/11
Rechtsgebiete:
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grunderwerbsteuer
Grundbuchrecht
RNotZ 2012, 187
DNotZ 2012, 299-300
FGPrax 2012, 9
GBO § 29; ZPO § 435; GrEStG § 22