BGH 06. November 2019
XII ZB 311/18
BGB §§ 426 Abs. 1, 1374 Abs. 1, 1376 Abs. 1 u. 3

Gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung vor Eheschließung

letzte Aktualisierung: 05.03.2020
BGH, Beschl. v. 6.11.2019 – XII ZB 311/18

BGB §§ 426 Abs. 1, 1374 Abs. 1, 1376 Abs. 1 u. 3
Gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung vor Eheschließung

a) Geht ein Ehegatte vor Eheschließung zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie durch den
anderen Ehegatten neben diesem eine gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung ein, so ist bei
Bewertung der Verbindlichkeit auch im Anfangsvermögen im Zweifel davon auszugehen, dass diese
im Innenverhältnis allein vom Eigentümer des Grundstücks zu tragen ist (Fortführung von BGHZ
87, 265 = FamRZ 1983, 795 und Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 – XII ZB 314/14 – FamRZ
2015, 1272).

b) Im Anfangs- und Endvermögen des Eigentümers sind in diesem Fall zum jeweiligen Stichtag
einheitlich der Grundstückswert als Aktivposten und die volle noch offene Darlehensvaluta als
Passivposten einzustellen.

c) Die familienrechtliche Überlagerung des Innenverhältnisses der Ehegatten betrifft vornehmlich
die Zahlung der laufenden Kreditraten und deren – regelmäßig ausgeschlossenen – gesonderten
Ausgleich. Dagegen wirkt sie sich auf die Beteiligungsquote an der noch zur Rückzahlung offenen
Kreditvaluta grundsätzlich nicht aus.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich.

Ihre am 26. August 2003 geschlossene Ehe ist auf den am 17. September
2011 zugestellten Antrag im Mai 2012 geschieden worden.

Die Beteiligten lebten schon vor der Eheschließung zusammen und haben
einen 1995 geborenen gemeinsamen Sohn. Im Jahr 2002 erwarb die Antragsgegnerin
(im Folgenden: Ehefrau) ein Hausgrundstück, das den Ehegatten
in der Folgezeit als Familienheim diente. Der Kaufpreis wurde seinerzeit überwiegend
durch Aufnahme von Darlehen finanziert, für welche die Beteiligten
gesamtschuldnerisch hafteten. Einzelne Darlehen wurden im Jahr 2005 umgeschuldet
und von der Ehefrau allein übernommen. Vor Zustellung des Scheidungsantrags
wurde der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) auch hinsichtlich
der weiteren Darlehensverbindlichkeiten aus der Mithaftung entlassen. Die
Ehefrau hat das Haus dem Ehemann inzwischen im Rahmen eines Mietverhältnisses
zur Nutzung überlassen. Dieser bewohnt das Haus zusammen mit dem
gemeinsamen Sohn.

Das Amtsgericht hat den Antrag des Ehemanns auf Zahlung von Zugewinnausgleich
abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dem Ehemann auf dessen
Beschwerde einen Zugewinnausgleich von 3.616,19 € zugesprochen. Mit
der zugelassenen Rechtsbeschwerde macht der Ehemann - nach eingeschränkter
Verfahrenskostenhilfebewilligung durch den Senat - die Zahlung weiterer
5.027,29 € geltend.

II.
Die im eingeschränkten Umfang eingelegte Rechtsbeschwerde hat ganz
überwiegend Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2018, 1737 veröffentlichte
Entscheidung bezüglich der im Rechtsbeschwerdeverfahren noch streitigen
Positionen wie folgt begründet:

Hinsichtlich der im Anfangsvermögen zu berücksichtigenden gesamtschuldnerischen
Verbindlichkeiten sei von einer hälftigen Verpflichtung der
Ehegatten im Innenverhältnis auszugehen. Die Finanzierung der Immobilie habe
nur durch beide Ehegatten gemeinsam bewältigt werden können, was ihnen
auch bewusst gewesen sei. Weil die Ehefrau die Kreditraten aus ihrem Einkommen
nicht habe aufbringen können, sei deren alleinige Haftung im Innenverhältnis
nicht vereinbart worden. Auch die Umschuldung einzelner Darlehen
und deren alleinige Übernahme durch die Ehefrau hätten daran nichts geändert,
weil die interne Haftung des Ehemanns auch danach fortbestanden habe. Die
Umschuldung sei auch in seinem Interesse gewesen, zumal er mit dem gemeinsamen
Sohn noch bis heute in der Immobilie lebe.

Bei einem Erwerb der Immobilie vor Eheschließung ergebe sich jedoch
das Problem, dass sich aus der hälftigen Einstellung der Verbindlichkeiten in
das Anfangsvermögen der Ehegatten für den Alleineigentümer der Immobilie,
der zum Stichtag auch die Verbindlichkeiten allein trage, ein Zugewinnausgleichsanspruch
gegen den anderen ergeben könne. Ein solches grob unbilliges
Ergebnis könne vermieden werden, indem bei der Zugewinnausgleichsberechnung
für die Bewertung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten im
Anfangsvermögen das spätere Scheitern der Ehe berücksichtigt werde. Hätte
dieses bereits bei Eheschließung festgestanden, bestehe retrospektiv ein Frei-
stellungsanspruch des Nichteigentümers, der in dessen Anfangsvermögen mit
einzustellen sei. Die Sachlage sei ähnlich zu beurteilen wie bei der Berücksichtigung
eines Rückforderungsanspruchs im Fall der Schwiegerelternschenkung.

Die Haftungsmitübernahme könne im Fall des Scheiterns der Ehe zwar
keine Ansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage
ergeben wie zum Beispiel bei vorehelicher Zuwendung von Geld. Denn es handele
sich mangels Übertragung von Vermögenssubstanz um keine Zuwendung.
Allerdings seien die Verbindlichkeiten im Anfangsvermögen der Ehefrau lediglich
in der Höhe zu berücksichtigen, in der sie auch ins Endvermögen eingestellt
würden. Die Differenz sei der Teil der Darlehen, der zwischen den Stichtagen
durch die Ehegatten getilgt worden sei. Würde auch dieser Betrag zu Lasten
der Ehefrau allein in deren Anfangsvermögen eingestellt, würde dem Ehemann
hierdurch für die gemeinsam während bestehender Ehe erbrachten Tilgungsleistungen
ein Ausgleichsanspruch zuerkannt, der zumindest vorliegend unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt wäre. Damit sei die während
der Ehe gemeinsam bewirkte Tilgung des Darlehens jeweils hälftig als Verbindlichkeit
im Anfangsvermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

Dem Ehemann steht ein höherer als der vom Oberlandesgericht zuerkannte
Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 1 BGB zu. Entgegen
der Auffassung des Oberlandesgerichts hat der Ehemann keinen Zugewinn
erzielt, während der Zugewinn der Ehefrau sich infolge der während der Ehe
erfolgten Kredittilgung erhöht.

a) Nach § 1378 Abs. 1 BGB schuldet der Ehegatte, der den höheren Zugewinn
erwirtschaftet hat, dem Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn die
Hälfte des Überschusses als Ausgleich. Zugewinn ist der Betrag, um den das
Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt (§ 1373
BGB).

Streitig sind im vorliegenden Fall nur noch die vermögensrechtliche Zuordnung
der das Familienheim betreffenden Gesamtschuld im jeweiligen Anfangsvermögen
und die vom Oberlandesgericht durch Zurechnung der jeweils
hälftigen Kredittilgung im Anfangsvermögen beider Ehegatten der Sache nach
vorgenommene Neutralisierung der Kredittilgung.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verdrängen die güterrechtlichen
Vorschriften über den Zugewinnausgleich den Gesamtschuldnerausgleich
nicht. Denn bei richtiger Handhabung der güterrechtlichen Vorschriften
vermag der Gesamtschuldnerausgleich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs
nicht zu verfälschen. Die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der
haftenden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung
des Zugewinns maßgeblichen Endvermögen, wenn die Gesamtschuld zutreffend,
d.h. unter Beachtung des gesamtschuldnerischen Ausgleichs, in die
Vermögensbilanz eingestellt wird. Das wird erkennbar, wenn sich der Ausgleich
der Gesamtschuldner nach der gesetzlichen Regel des § 426 Abs. 1 Satz 1
BGB vollzieht. Soweit bei Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die
Berechnung des Endvermögens (§ 1384 BGB) gemeinsame Verbindlichkeiten
der Ehegatten noch nicht getilgt sind, ist im Endvermögen beider Ehegatten
jeweils die noch bestehende Gesamtschuld in voller Höhe als Passivposten zu
berücksichtigen. Demgegenüber ist - die Durchsetzbarkeit vorausgesetzt - der
jeweilige Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, der die Befriedigung
des Gläubigers nicht voraussetzt, als Aktivposten anzusetzen. Im Ergebnis
hat das regelmäßig zur Folge, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner
haften, die gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur
mit der Quote ansetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt (Senats-
beschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 15;
Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 16
mwN).

Vorrangig ist deshalb, in welchem Verhältnis die Parteien die Darlehensschulden
im Innenverhältnis zu tragen haben. Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB
haften Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen, wenn nicht ein anderes bestimmt
ist. Eine abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung,
dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache,
mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben
(Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272
Rn. 16; Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25
Rn. 17 mwN).

c) Die vorstehend aufgeführten Grundsätze gelten nicht nur für das Endvermögen,
sondern auch für das Anfangsvermögen.

aa) Wegen der rechtlichen und wirtschaftlichen Verknüpfung der gesamtschuldnerischen
Darlehensaufnahme mit dem Erwerb des Eigentums an
der Immobilie ist bei der Bewertung auf den Verkehrswert der Immobilie abzüglich
der jeweiligen Kreditverbindlichkeiten zum jeweiligen Stichtag abzustellen.
Es ist mithin für Anfangs- und Endvermögen eine einheitliche Bewertung anzustellen,
die bei Alleineigentum eines Ehegatten in dessen Vermögen jeweils den
Grundstückswert als Aktivposten und die volle noch offene Darlehensvaluta als
Passivposten ausweist (ebenso Schulz FamRZ 2019, 1761, 1762 f.).

Hinsichtlich der von den Ehegatten im Innenverhältnis zu tragenden Quoten
hat der Senat bei im Rahmen der Immobilienfinanzierung eingegangenen
gesamtschuldnerischen Darlehen schon bisher auf das Eigentum an dem finanzierten
Grundstück verwiesen, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder
besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergibt (Senatsbeschluss vom
20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 17; Senatsurteil vom
6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 18 mwN).

bb) Soweit sich aus der ehelichen Lebensgemeinschaft Überlagerungen
ergeben (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011,
25 Rn. 19 mwN), gebietet dies keine von der Eigentümerstellung abweichende
vermögensrechtliche Zuordnung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit im
Innenverhältnis der Ehegatten.

Eine mögliche familienrechtliche Überlagerung betrifft vornehmlich die
während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft fälligen Darlehensraten
und die Frage, ob von einem Ehegatten geleistete Zahlungen später auszugleichen
sind. Die tatsächlichen Zahlungen erlauben dabei noch keinen Rückschluss
auf die von den Ehegatten im Innenverhältnis zu tragende Quote. Ein
Ausgleich der erbrachten Leistungen wird vielmehr auch dann ausgeschlossen
sein, wenn die Zahlungen über die dem Leistenden im Innenverhältnis obliegende
Quote hinausgegangen sind. Dass die konkrete Tragung der Kreditraten
keine - bei wechselnden Anteilen zudem ständig zu aktualisierende - abweichende
Bestimmung der die Ehegatten im Innenverhältnis treffenden Quote
erfordert, ergibt sich schon daraus, dass die tatsächliche Tilgung für sich genommen
noch keinen Rückschluss auf die die Gesamtschuldner treffende Quote
zulässt. Denn dass ein Gesamtschuldner nicht zahlen kann, ist kein ausreichender
Grund, ihn von der Mithaftung freizustellen (BGHZ 87, 265 = FamRZ
1983, 795, 796). Das wird bei gesamtschuldnerischer Immobilienfinanzierung
etwa deutlich im Fall der Veräußerung (oder Verwertung) des Grundstücks
während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft. Auch wenn zuvor nur ein
Ehegatte ausreichend leistungsfähig war, um die Darlehensraten zu erbringen,
folgt daraus keinesfalls, dass dieser Ehegatte nach der Veräußerung etwa den
noch offenen Kredit abzulösen hätte, während der Eigentümer den ungeschmälerten
Veräußerungserlös erhielte, wie es aus seiner Alleinhaftung im Innenverhältnis
aber gefolgert werden müsste (vgl. auch Senatsurteil vom 25. November
1987 - IVb ZR 95/86 - FamRZ 1988, 264, 265). Statt dessen wäre - im Gegenteil
- der dem Eigentümer-Ehegatten zufließende Verkaufserlös, abgesehen von
den näheren Regelungen des Darlehensvertrags oder vom Fall der Verwertung
des Grundstücks durch den Darlehensgläubiger, im Verhältnis der Ehegatten
vorrangig zur Tilgung der noch offenen Darlehensverbindlichkeiten zu verwenden.
Die Tilgung würde dann entsprechend dem Darlehenszweck und dem Eigentum
an der finanzierten Immobilie allein dem Eigentümer-Ehegatten obliegen,
dem auch der Veräußerungserlös zusteht.

Eine familienrechtliche Überlagerung kann daher nur eingreifen, soweit
die eheliche Lebensgemeinschaft und die mit ihr verknüpften Rechtsfolgen konkrete
Auswirkungen hinsichtlich der zu zahlenden Raten haben. So kann und
wird in der Leistung von Darlehensraten in der Regel ein Beitrag zum Familienunterhalt
nach § 1360 BGB liegen, der eine Rückforderung nach § 1360 b BGB
ausschließt. Soweit es sich - hinsichtlich der Tilgungsanteile - um eine im Rahmen
des Unterhalts grundsätzlich nicht geschuldete Vermögensbildung handeln
sollte, ändert dies nichts daran, dass es auch insoweit um in der ehelichen Lebensgemeinschaft
wurzelnde Leistungen geht. Diese wirken sich bei gesetzlichem
Güterstand als ehebezogene Zuwendungen in der Regel nur im Zugewinnausgleich
aus und unterliegen daneben keinem gesonderten Ausgleich
(Senatsurteil BGHZ 115, 132 = FamRZ 1991, 1169, 1170 f.; Wever Vermögensauseinandersetzung
der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 7. Aufl.
Rn. 950, 964 ff.). Abgesehen davon kann bei Ermittlung des Anfangsvermögens
ohnedies nicht auf die erst mit der Eheschließung eintretenden ehelichen Lebensverhältnisse
und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen abgestellt werden,
sondern kommt es auf das vor der Eheschließung zwischen den noch
nicht verheirateten Beteiligten begründete Innenverhältnis an (zutreffend Schulz
FamRZ 2019, 1761, 1762).

Hinsichtlich der beschriebenen familienrechtlichen Rechtsfolgen handelt
es sich beim Ausschluss des gesonderten Ausgleichs der während der Ehe erbrachten
Darlehensraten zudem nicht um eine Besonderheit von gesamtschuldnerisch
eingegangenen Kreditverbindlichkeiten. Denn nichts anderes
würde auch in dem Fall gelten, dass nur der Eigentümer-Ehegatte Darlehensschuldner
ist und der andere Ehegatte als wirtschaftlich leistungsfähigerer die
Kreditraten zahlt. Auch in diesem Fall ist eine Rückforderung oder ein nachträglicher
Ausgleich der gezahlten Raten regelmäßig ausgeschlossen. Die Verbindlichkeit
ist dann im Zugewinnausgleich zweifellos nur bei dem Ehegatten zu
passivieren, der Darlehensschuldner ist. Die familienrechtliche Überlagerung
bezüglich Unterhalt und ehebezogener Zuwendungen ist dagegen in beiden
Fällen gleich zu beurteilen.

Aus einem Ausschluss des Ausgleichs für geleistete Darlehensraten folgt
somit entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht, dass der leistende
Ehegatte im Innenverhältnis zu einer seinen Leistungen entsprechenden
Quote auch hinsichtlich der noch offenen Darlehensvaluta verpflichtet war.
Dass dies vor allem auch bei Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft
gilt, zeigt sich am bereits genannten Fall der Veräußerung der finanzierten Immobilie
und verdeutlicht, dass auch bei der Bewertung der Gesamtschuld im
Anfangsvermögen von der im Innenverhältnis bestehenden Alleinhaftung des
Eigentümer-Ehegatten auszugehen ist.

d) Die angefochtene Entscheidung entspricht diesen Grundsätzen nur insoweit
im Ergebnis, als das Oberlandesgericht die Verbindlichkeit der Sache
nach allein dem Anfangsvermögen der Ehefrau zugerechnet hat. Soweit das
Oberlandesgericht sich dazu veranlasst gesehen hat, die während der Ehe erfolgte
Kredittilgung als zugewinnneutral zu behandeln, widerspricht dies indessen
dem Grundgedanken des Zugewinnausgleichs.

aa) Die vom Oberlandesgericht angenommene Beteiligung beider Ehegatten
im Gesamtschuldner-Innenverhältnis zu je 50% entspricht den dargelegten
Grundätzen nicht. Dass nur beide Ehegatten zusammen in der Lage waren,
die Kreditraten zu leisten, besagt entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts
noch nicht, dass sie auch im Innenverhältnis etwa entsprechend ihrer
Leistungsfähigkeit hafteten. Denn dadurch würde vernachlässigt, dass mithilfe
der Kredite allein auf Seiten eines Ehegatten Immobilienvermögen gebildet
worden ist.

Dennoch ist das vom Oberlandesgericht insoweit erzielte Ergebnis zutreffend.
Es hat in der Sache mit Recht herausgestellt, dass sich aus der nach
der Trennung erfolgten Übernahme der gesamtschuldnerischen Kreditverbindlichkeiten
seitens der Ehefrau kein Zugewinn des Ehemanns ergeben kann (im
Ergebnis ebenso OLG Bamberg FamRZ 2013, 1129, 1130). Allerdings bedurfte
es dazu nicht der vom Oberlandesgericht gewählten Konstruktion, sondern folgt
das Ergebnis bereits aus einer sachgerechten Bewertung der Verbindlichkeit im
Innenverhältnis der Ehegatten (vgl. Schulz FamRZ 2019, 1761, 1762 f.).
Da die Ehefrau schon bei Eheschließung Alleineigentümerin des Grundstücks
war, traf sie im Innenverhältnis die alleinige Haftung für die noch offene
Darlehensschuld. Dass der Ehemann zunächst den überwiegenden Anteil an
den Kreditraten übernahm oder diese sogar in vollem Umfang zahlte, beruht
zum einen auf der diesen nach der Eheschließung treffenden Unterhaltspflicht
und wirkt sich zum anderen auch bezüglich der als ehebezogene Zuwendungen
geleisteten Tilgungsanteile, soweit diese nicht bereits als Bestandteil des Un-
terhalts anzusehen sind, nicht auf die im Innenverhältnis bestehende alleinige
Haftung der Ehefrau aus.

Dass die Beteiligten von dieser Bewertung auch selbst ausgegangen
sind, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Ehefrau nach der Trennung die
noch bestehenden gesamtschuldnerischen Darlehensverbindlichkeiten entschädigungslos
allein übernahm. Damit standen die Alleinberechtigung der
Ehefrau hinsichtlich des Grundstücks und ihre Schuldnerstellung bezüglich der
Darlehen auch im Außenverhältnis zu den finanzierenden Kreditinstituten in
Übereinstimmung. Dieser Rechtslage entsprach die bei richtiger Betrachtung
die Ehefrau schon zuvor im Innenverhältnis treffende Alleinhaftung, ohne dass
es dazu einer retrospektiven Betrachtung bedarf. Anders als hinsichtlich der
monatlichen Kreditraten war hier entsprechend der Bewertung des Hausgrundstücks
mit dem Verkehrswert auch das Innenverhältnis der Ehegatten danach
zu bestimmen, wer von ihnen im Veräußerungsfall die Kreditverbindlichkeiten
abzulösen hatte. Durch die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten seitens
der Ehefrau während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft und
nach der Trennung ist dem Ehemann mithin kein Zugewinn entstanden.
bb) Die vom Oberlandesgericht angestellte (fiktive) Veranschlagung der
hälftigen Kredittilgung durch einen entsprechenden Passivposten im Anfangsvermögen
beider Ehegatten geht hingegen auch im Ergebnis fehl. Das Oberlandesgericht
hat damit bezweckt, die während der Ehezeit erfolgte Kredittilgung
letztlich für beide Ehegatten als zugewinnneutral zu behandeln. Hierfür
besteht indessen keine Veranlassung. Vielmehr hat sich das Vermögen der
Ehefrau infolge der während der Ehezeit gesunkenen Darlehensvaluta vermehrt.
Es handelt sich hierbei zweifellos um auszugleichenden Zugewinn. Nach
der dem Zugewinnausgleich eigenen, bewusst schematischen Berechnung (vgl.
Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12 - FamRZ 2014, 24
Rn. 16 mwN) spielt es hierfür insbesondere keine Rolle, welcher Ehegatte die
Tilgungsleistungen erbracht hat. Ein Grund für eine wertende Korrektur ist nicht
ersichtlich (vgl. Schulz FamRZ 2019, 1761, 1762 f.).

3. Das angefochtene Urteil ist daher teilweise aufzuheben. Der Senat
kann in der Sache abschließend entscheiden, weil keine weiteren tatrichterlichen
Feststellungen erforderlich sind.

Der Ehemann hat bei zutreffender Betrachtung keinen Zugewinn erzielt.
Der Zugewinnausgleich ist somit unter Einbeziehung der im Rechtsbeschwerdeverfahren
nicht mehr streitigen Positionen aufgrund des von der Ehefrau erzielten
Zugewinns wie folgt zu berechnen:

Endvermögen der Ehefrau
Aktiva 235.238,53 €
Passiva -193.864,48 €
41.374,05 € 41.374,05 €
Anfangsvermögen der Ehefrau
Aktiva 190.000,00 €
Passiva (in voller Höhe) -168.827,90 €
21.172,10 €
Indexiert (: 89,7 x 102,5) 24.193,31 € -24.193,31 €
Zugewinn der Ehefrau 17.180,74 €
Ausgleichsanspruch des Ehemanns (1/2) 8.590,37 €
Davon bereits zuerkannt -3.616,19 €
Weitere Verpflichtung 4.974,18 €

Soweit der ausgerechnete Betrag geringfügig hinter dem Antrag des
Ehemanns zurückbleibt, ist die Rechtsbeschwerde übereinstimmend mit der
vom Oberlandesgericht im Übrigen zutreffend durchgeführten Zugewinnermittlung
zurückzuweisen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

06.11.2019

Aktenzeichen:

XII ZB 311/18

Rechtsgebiete:

Ehegatten- und Scheidungsunterhalt
Allgemeines Schuldrecht
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Eheliches Güterrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2020, 350-353
ZNotP 2020, 218-221

Normen in Titel:

BGB §§ 426 Abs. 1, 1374 Abs. 1, 1376 Abs. 1 u. 3