Bestimmung des Verfahrenswerts bei einer Volljährigenadoption
letzte Aktualisierung: 9.9.2021
OLG Braundschweig, Beschl. v. 2.3.2021 – 1 WF 24/21
FamGKG §§ 42 Abs. 2 u. 3, 55 Abs. 1, 58
Bestimmung des Verfahrenswerts bei einer Volljährigenadoption
1. Bei einer Volljährigenadoption bestimmt sich der Verfahrenswert nach
nur bei Fehlen von Anhaltspunkten für die Wertfestsetzung ist der Auffangwert gemäß § 42 Abs. 3
FamGKG anzusetzen.
2. Die besondere Bedeutung der Adoption rechtfertigt einen Verfahrenswert von 25 bis 50 Prozent
des Reinvermögens der Annehmenden; daneben kann auf deren Einkommensverhältnisse abgestellt
werden.
3. Die vorläufige Wertfestsetzung kann nur inzidenter mit der Beschwerde nach §§ 58, 55 Abs. 1 S. 2
FamGKG, also zusammen mit der richterlich angeordneten Vorschussanforderung angegriffen
werden.
Gründe
I.
Der Annehmende wendet sich gegen die Höhe des zur Berechnung des Kostenvorschusses vom
Amtsgericht festgesetzten Verfahrenswertes.
Die Anzunehmende ist die Tochter der Kindesmutter, die in zweiter Ehe mit dem Annehmenden verheiratet
ist. Der Annehmende möchte die Anzunehmende als Kind mit der Wirkung annehmen, dass es zusammen
mit der Kindesmutter die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes erlangt. Dazu hat er unter
Mitwirkung der Anzunehmenden, der Kindesmutter und deren weiteren Kindes P. B. ohne Einholung der
Zustimmung des Kindesvaters einen entsprechenden Antrag am 15.01.2021 durch den Notar J. N., V.,
Urkundenrolle Nr. ……, beurkunden lassen. Der beurkundende Notar hat den Adoptionsantrag mit
Schriftsatz vom 28.01.2021 beim Amtsgericht eingereicht und gleichzeitig den Annehmenden als
Kostenschuldner benannt.
Das Amtsgericht hat aufgrund der Verfügung des Abteilungsrichters vom 01.02.2021 mit Kostenrechnung
vom folgenden Tag einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.812,00 € vom Kostenschuldner angefordert;
dabei hat der Kostenbeamte den in der vorgenannten richterlichen Verfügung vorläufig festgesetzten
Verfahrenswert von 95.000,00 € zugrundegelegt und den Fortgang des Verfahrens von der Zahlung des
Vorschusses abhängig gemacht.
Hiergegen hat sich der Annehmende mit seiner Erinnerung vom 11.02.2021 gewandt und einen
Kostenansatz nach einem Verfahrenswert von 5.000,00 € erstrebt. Mit weiterem Schriftsatz vom
17.02.2021 hat er zur Begründung auf eine entsprechende frühere Verfahrenswertfestsetzung durch das
Amtsgericht W. hingewiesen und ergänzt, dass für die Wertfestsetzung der 25-prozentige Wert des
Vermögens des Antragstellers anzusetzen sei, mithin hier höchstens ein Geschäftswert von 45.000,00 €
zugrunde zu legen sei.
II.
Die als Beschwerde anzusehende Erinnerung gegen die gemäß
vorläufige Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren ist zulässig.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die unmittelbare Anfechtung der vorläufigen
Wertfestsetzung ausgeschlossen. Die vorläufige Wertfestsetzung kann nur inzidenter mit der Beschwerde
gemäß
angegriffen werden (vgl. OLG Köln, AGS 2017, 47; OLG Celle, AGS 2010, 614; OLG Saarbrücken, FamRZ
2012, 472; Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 3. A., § 55 Rn 10; § 58 Rn 9; § 59 Rn 17;
Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. A.,
Zwar ist die Beschwerde nach
förmlichen Beschluss von der Vorschusserhebung abhängig gemacht hat, was in der richterlichen
Verfügung vom 01.02.2021 nicht zweifelsfrei zum Ausdruck kommt. Dieses Hindernis ist aber durch den
Nichtabhilfebeschluss vom 16.02.2021 ausgeräumt.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Für Adoptionssachen hält das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) keine allgemeine
oder besondere Wertvorschrift vor. Der Verfahrenswert bestimmt sich deshalb bei der hier beantragten
Volljährigenadoption, für die Gerichtsgebühren nach Nr. 1320 ff KV FamGKG anfallen, nach der
allgemeinen Wertvorschrift des
aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der
Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen ist und
nur bei Fehlen genügender Anhaltspunkte gemäß
anzusetzen ist (vgl. OLG Hamm,
Dementsprechend kann das Beschwerdegericht die Wertfestsetzung des Amtsgerichts nur dahin
überprüfen, ob das Gericht die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten oder sein
Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, d.h. sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder ob es
sonst von seinem Ermessen in einem dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch
gemacht hat (BGH, Beschluss vom 17.09.2014, Geschäftszeichen: XII ZB 284/13 - juris Rn 12).
Nach diesen Grundsätzen ist die erstinstanzliche Entscheidung über den vorläufigen Verfahrenswert nicht
zu beanstanden. Das Amtsgericht hat bei seiner Wertbemessung zutreffend die hohe Bedeutung der
Volljährigenadoption hervorgehoben, die hier mit den weitreichenden Folgen der Minderjährigenannahme
gemäß §§ 1754 ff BGB ausgesprochen werden soll. Darüber hinaus hat es zu Recht zunächst auf die
wirtschaftliche Situation des Annehmenden abgestellt, weil nur dessen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse in die notarielle Urkunde vom 15.01.2021 Eingang gefunden haben und über die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Anzunehmenden keine Angaben gemacht worden sind. Aufgrund der mit
dem Handzeichen des Notars versehenen, handschriftlichen Zusätze verfügt der Annehmende über ein mit
120.000,00 € belastetes Immobilienvermögen im Wert von 300.000,00 € sowie über ein
Jahresbruttoeinkommen in Höhe von rund 95.000,00 €, was einem Nettoeinkommen von etwa 60.000,00 €
entspricht. Hiervon ausgehend hat das Amtsgericht einen vorläufigen Verfahrenswert in Höhe von
95.000,00 € angenommen und sich dabei ermessensfehlerfrei an den Rahmen der auch in der
Rechtsprechung und Literatur angenommenen Werte gehalten. Danach rechtfertigt die besondere
Bedeutung der Adoption einen Verfahrenswert von 25 – 50 Prozent des Reinvermögens (vgl. OLG Hamm,
a. a. O. – 50 Prozent; OLG Bamberg, a. a. O. – 25 Prozent; OLG Düsseldorf, AGS 2019, 27 – 40 Prozent);
Schneider/Folpert/Fölsch, a. a. O. – 30 bis 50 Prozent) und ist daneben auf die Einkommensverhältnisse
der Beteiligten abzustellen (vgl. Schneider/ Volpert/Fölsch, a. a. O, § 42 Rn 101 m. w. N.). Darüber hinaus
hat das Amtsgericht sachgerecht darauf hingewiesen, dass regelmäßig weitere Vermögenswerte (Sparund
Anlagevermögen, Sachwerte) vorhanden sind, was angesichts der guten Einkommensverhältnisse
des Annehmenden auch hier zu erwarten ist. Schließlich ist es den Beteiligten unbenommen, etwa bei der
nach
Gericht zu einer Anpassung des vorläufig festgesetzten Wertes veranlassen können (§ 55 Abs. 3
FamGKG).
In der Gesamtschau ist die Wertfestsetzung des Amtsgerichts für die Gerichtsgebühren nicht zu
beanstanden und die Beschwerde des Annehmenden deshalb zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus
Die Beschwerdeentscheidung ist unanfechtbar (
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Braunschweig
Erscheinungsdatum:02.03.2021
Aktenzeichen:1 WF 24/21
Rechtsgebiete:
Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
FamGKG §§ 42 Abs. 2 u. 3, 55 Abs. 1, 58