Keine Buchwertfortführung bei Übertragung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Vorbehaltsnießbrauch
letzte Aktualisierung: 8.5.2025
BFH, Urt. v. 29.1.2025 – X R 35/19
EStG §§ 6 Abs. 1 u. 3, 15 Abs. 2, 16 Abs. 1
Keine Buchwertfortführung bei Übertragung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens
unter Vorbehaltsnießbrauch
1. Werden die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch
übertragen, führt der Vorbehaltsnießbraucher jedoch seine bisherige gewerbliche
Tätigkeit fort, liegt darin keine unentgeltliche Übertragung des Gewerbebetriebs im Sinne von § 7
Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) a. F./seit 1999 § 6 Abs. 3
Satz 1 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das gilt für einen aktiven wie für einen
verpachteten Gewerbebetrieb (Fortführung des Senatsurteils vom 25.01.2017 – X R 59/14, BFHE
257, 227, BStBl II 2019, 730).
2. Die unter Vorbehaltsnießbrauch übertragenen Wirtschaftsgüter werden Privatvermögen des
Erwerbers.
3. Erlischt zu einem späteren Zeitpunkt der Nießbrauch infolge eines unentgeltlichen Vorgangs,
geht der in der Person des Vorbehaltsnießbrauchers bestehende Gewerbebetrieb nach § 7 Abs. 1
EStDV a. F./
des Vorbehaltsnießbrauchers fortführt (Bestätigung der Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 08.08.2024 – IV R 1/20, BStBl II 2025, 122, Rz 40).
4. Die beim Erlöschen des Nießbrauchs im Betriebsvermögen des Nießbrauchers befindlichen
Wirtschaftsgüter werden beim Erwerber zu Buchwerten fortgeführt. Die bereits im Privatvermögen
des Erwerbers befindlichen nießbrauchsbelasteten Wirtschaftsgüter werden mit dem Teilwert in das
Betriebsvermögen des Erwerbers eingelegt.
Entscheidungsgründe
B.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Im Revisionsverfahren ist allein noch streitig, ob und in welcher Höhe sich ein etwaiger Wertzuwachs der zum 31.12.1997 valutierenden Forderungen der M gegen die GmbH auf den Gewinn des Klägers in den Streitjahren 2004 bis 2008 ausgewirkt hat. Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass M mit der streitbefangenen Vereinbarung keinen wirksamen Forderungsverzicht erklärt hat, sondern auf den 31.12.1999 eine Teilwertabschreibung in der Bilanz der M vorgenommen wurde. Soweit die Forderungen bis zum 31.12.1995 entstanden waren, können Wertzuwächse gegenüber dem abgeschriebenen Wert bei dem Kläger nicht gewinnwirksam sein (dazu I.). Soweit die Forderungen zwischen dem 01.01.1996 und dem 31.12.1997 entstanden sind, ist eine gewinnerhöhende Wertaufholung denkbar (dazu II.). Der Senat vermag jedoch für alle Streitjahre nicht abschließend zu entscheiden, da weder die Höhe der jeweiligen Forderungen noch ein etwaiger Wertaufholungsbetrag festgestellt sind (dazu III.).
I.
Hinsichtlich der bis zum 31.12.1995 entstandenen Forderungen ist eine erfolgswirksame Aufstockung des Bilanzwerts bei dem Kläger nicht zulässig. Diese Forderungen sind am 01.01.1996 auf den Kläger übergegangen (dazu 1.), jedoch nicht in dessen Betriebsvermögen, sondern in sein Privatvermögen (dazu 2.). Zum 01.01.2003 sind sie zum Teilwert in sein Betriebsvermögen eingelegt worden (dazu 3.), was einen allein auf Wertveränderungen beruhenden höheren Bilanzansatz ausschließt (dazu 4.).
1. Zum 01.01.1996 sind alle Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der M (Aktiva und Passiva) und damit auch die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Forderungen auf den Kläger übergegangen. Mit dem Übergabevertrag ist nicht nur, wie zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, das zivilrechtliche Eigentum übergegangen. Das FG hat revisionsrechtlich beanstandungsfrei und damit den Senat nach
a) Wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ist gegeben, wenn ein anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut ausübt und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten durch vertragliche Vereinbarungen oder aus anderen Gründen für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung ausschließen kann. Ein Vorbehaltsnießbraucher kann nur dann wirtschaftlicher Eigentümer sein, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer von der normalen ‑‑lediglich eine Nutzungsbefugnis vermittelnden‑‑ Position eines Nießbrauchers so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft über das jeweilige mit einem Nießbrauch belastete Wirtschaftsgut ausübt (so für ein nießbrauchsbelastetes Grundstück schon Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14,
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH gehört die Auslegung von Verträgen zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet das Revisionsgericht gemäß
c) Das FG hat den Übergabevertrag vom 15.12.1995 ohne Rechtsfehler dahin gewürdigt, dass M nicht wirtschaftliche Eigentümerin des Betriebsvermögens geblieben war. Mit dieser Auslegung befindet sich das FG in Übereinstimmung mit den etwa im Senatsurteil vom 28.07.1999 - X R 38/98 (
aa) Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 des Übergabevertrags wurde der Grundbesitz übergeben. Mit der Übergabe gingen Gefahr, Nutzungen und Lasten des übertragenen Hofvermögens von M auf den Kläger über. Die Einschränkung in § 7 Abs. 2 des Übergabevertrags nahm lediglich den Nießbrauchsvorbehalt auf und änderte daran nichts. Insbesondere nahm M an Wertveränderungen der auf den Kläger übergegangenen Wirtschaftsgüter nicht mehr teil. Damit hatte sie den Substanzwert nicht mehr inne. Sie besaß auch kein bedingungsloses Widerrufs- oder Rückforderungsrecht. Die in § 6 des Übergabevertrags vereinbarte Rückfallklausel betraf lediglich den Fall des Vorversterbens des Klägers.
bb) Unerheblich ist, dass die Vertragsparteien in § 3 des Übergabevertrags vereinbart hatten, M solle so wie ein wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des Einkommensteuerrechts (gemeint ist: im ertragsteuerrechtlichen Sinne) behandelt werden. Zwar kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen aufgrund einer vertraglichen Absprache zwischen den Parteien selbst dann von wirtschaftlichem Eigentum ausgegangen werden, wenn diese Vereinbarung zivilrechtlich unwirksam ist, von den Vertragsparteien jedoch für verbindlich erachtet und vollzogen wird (vgl. etwa Senatsurteil vom 22.04.2015 - X R 8/13, BFH/NV 2015, 1409, Rz 23, m.w.N.). Dies setzt aber voraus, dass nicht nur auf den ‑‑lediglich deskriptiven‑‑ Begriff des "wirtschaftlichen Eigentums" verwiesen wird. Das FG hat zu Recht ausgeführt, es bleibe unklar, welche konkreten vertraglichen Vereinbarungen zur Annahme eines wirtschaftlichen Eigentums der M hätten führen sollen, die Anlass dazu gegeben hätten, von Besonderheiten im Hinblick auf die Vereinbarung des Nießbrauchs auszugehen, zumal der Nießbrauch lediglich für die Lebenszeit der M als Nießbraucherin und nicht für die gewöhnliche Nutzungsdauer vereinbart worden war. Damit stellt diese Vertragsformulierung die bloße Äußerung einer Rechtsansicht dar, aus der sich aber keine konkreten Folgen ableiten lassen; sie läuft daher leer. Hätten die Parteien eine wirtschaftliche Zurechnung des Betriebsvermögens beabsichtigt, die von der zivilrechtlichen Zuordnung abweicht, hätten sie dies eindeutig vereinbaren und klar regeln müssen.
cc) Für die Forderungen der M gegenüber der GmbH gelten keine Besonderheiten. Sie gehören zu den vertragsgemäß übertragenen Aktiva. Das FG macht hier zutreffend unter Rückgriff auf das Zivilrecht ergänzend deutlich, dass das Nießbrauchsrecht an einer Forderung dem wirtschaftlichen Eigentum nicht gleichkommt, da der Nießbraucher kein Recht am Substanzwert der Forderung hat und auch nicht das Risiko des Forderungsausfalls trägt. Der Nießbraucher ist zwar zur Einziehung einer Forderung berechtigt, muss in diesem Fall jedoch dem Besteller des Nießbrauchs Wertersatz für die Forderungsvaluta leisten (vgl. §§ 1074, 1075 i.V.m. § 1067 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BGB). Zu anderen Verfügungen über die Forderung ist er nicht berechtigt (
d) Etwas anderes ist nicht aus der zwischen M und der GmbH nach dem 01.01.1996 getroffenen Vereinbarung über den Forderungsverzicht herzuleiten. Allein der Umstand, dass M davon ausging, zum Abschluss einer solchen Vereinbarung befugt zu sein, erbringt keinen Beweis dafür, dass sie es tatsächlich war. Im Übrigen scheint die GmbH diese Vereinbarung in ihrer Bilanz nicht vollzogen zu haben, was die Frage offenlässt, ob die Parteien tatsächlich meinten, eine rechtswirksame Vereinbarung zu schließen.
e) Wirtschaftliches Eigentum der M an dem Betriebsvermögen konnte sich auch nicht aus dem Vertrag vom 27.11.1996 ergeben. Zum einen wurde dieser Vertrag erst nach dem maßgebenden Übergabevertrag geschlossen und konnte dessen Rechtsfolgen nicht mehr ohne Weiteres rückwirkend modifizieren oder beseitigen. Zum anderen hat das FG zutreffend unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 28.07.1999 - X R 38/98 (
f) Soweit der Kläger im Klageverfahren auf verschiedene Urteile des BFH verwiesen hatte, die seine gegenteilige Ansicht stützen sollten, hat das FG sie zu Recht als nicht relevant angesehen. Sie betreffen nicht die Frage des wirtschaftlichen Eigentums an sich, sondern die Berechtigung zur Absetzung für Abnutzung eines Nießbrauchers sowie die hier nicht vorliegende Einschränkung der Unternehmerinitiative.
2. Das zum 31.12.1995 bestehende Betriebsvermögen der M ist zum 01.01.1996 nicht in ein Betriebsvermögen, sondern in das Privatvermögen des Klägers gelangt, da zu diesem Stichtag keine unentgeltliche Betriebsübertragung im Ganzen stattgefunden hatte. Werden die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eines Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen, führt der Vorbehaltsnießbraucher jedoch seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fort, liegt darin keine unentgeltliche Übertragung des Gewerbebetriebs im Sinne von
a) Wird ein Betrieb unentgeltlich übertragen, sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben (
b) Die Übertragung eines Betriebs im Sinne des
Dies setzt weiter voraus, dass der Übertragende die im Rahmen des übertragenen Betriebs ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aufgibt. Der Begriff des Betriebs ist insoweit nicht allein gegenstands-, sondern auch tätigkeitsbezogen zu verstehen. Nur so ist sichergestellt, dass nicht lediglich einzelne Wirtschaftsgüter des Unternehmens, also Betriebsmittel, übertragen werden (vgl. nur BFH-Urteile vom 02.09.1992 - XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, unter II.2., m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung, sowie insbesondere auch vom 12.06.1996 - XI R 56, 57/95,
c) An dieser Rechtsprechung hält der erkennende Senat für die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs gemäß
aa) Gewerbebetrieb im Sinne des
bb) Überträgt der Gewerbetreibende die im Rahmen seiner aktiven gewerblichen Betätigung genutzten Wirtschaftsgüter auf eine andere Person, nutzt sie danach aber aufgrund eines Vorbehaltsnießbrauchs (oder aus anderem Recht) wie bislang weiter, führt er seinen bisherigen Betrieb fort. Zwar ändert sich die Zusammensetzung seines Aktivvermögens. Die Rechtsgrundlage für die Nutzung der Betriebsmittel ist nunmehr statt des Eigentumsrechts ein Nutzungsrecht (vgl. Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz J 14a). Er hat aber die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht beendet und insbesondere keine andere betriebliche Tätigkeit begonnen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sind nach Art und Intensität die bisherige und die "neue" Tätigkeit identisch. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob eine gewerbliche Tätigkeit mit eigenen oder fremden Wirtschaftsgütern ausgeübt wird (so für die Übertragung eines gewerblichen Verpachtungsbetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch auch das BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV R 1/20, BStBl II 2025, 122, Rz 38). Ob Gegenstand der Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch ein gewerblicher Verpachtungsbetrieb oder ein aktiv bewirtschafteter Betrieb ist, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
cc) Dem Zweck der in
(1) Die Buchwertfortführung nach
(2) Wird der Übernehmer der Wirtschaftsgüter nicht in die Lage versetzt, die gewerbliche Tätigkeit fortzuführen, weil der Betriebsinhaber weiterhin unter Einsatz des übertragenen, aber weiterhin von ihm genutzten Betriebsvermögens gewerblich tätig ist, kann eine wirtschaftliche Einheit nicht übergegangen sein. Die Übertragung eines Gewerbebetriebs in der Weise, dass zunächst nur das Betriebsvermögen, jedenfalls die wesentlichen Betriebsgrundlagen, und erst zu einem späteren Zeitpunkt die damit verbundene betriebliche Tätigkeit übergeht, wird nur unzureichend als "sukzessive oder zeitlich gestaffelte Betriebsübergabe" beschrieben. Fallen die wesentlichen Betriebsgrundlagen einerseits und die gewerbliche Tätigkeit andererseits auseinander, erlangt der Übernehmer der Wirtschaftsgüter nicht die bisherige wirtschaftliche Einheit, deren Erhalt die Buchwertfortführung ermöglichen soll (vgl. auch Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14,
d) Die hiergegen vorgebrachten Einwände überzeugen den Senat nicht.
aa) Bei dem Eigentümer der unter Vorbehaltsnießbrauch übergegangenen Wirtschaftsgüter entsteht kein "ruhender Gewerbebetrieb", ganz abgesehen davon, dass dieser Begriff dem Gesetz fremd ist (so ausdrücklich Beschluss des Großen Senats des BFH vom 13.11.1963 - GrS 1/63 S,
(1) Anders ist es im Fall der Betriebsverpachtung. Hier geht die Rechtsprechung von einer Betriebsunterbrechung aus. Dem Betriebsverpächter, der nicht eindeutig die Betriebsaufgabe erklärt, wird unterstellt, dass er die Absicht hat, den bisherigen, nur unterbrochenen Betrieb wieder aufzunehmen, sofern dies mit den zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern objektiv möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 09.11.2017 - IV R 37/14,
(2) Die Übertragung eines Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch hingegen zielt darauf ab, die Verhältnisse in Bezug auf einen Teilbereich des betrieblichen Organismus endgültig zu ändern, nämlich hinsichtlich des Betriebsvermögens einen Rechtsträgerwechsel herbeizuführen, während die betriebliche Tätigkeit unverändert beim bisherigen Betriebsinhaber bleibt. Das ist eine grundlegend andere Ausgangslage. Zwar gleicht der Vorbehaltsnießbraucher insoweit einem Pächter im Rahmen einer Betriebsverpachtung im Ganzen, als allein er mit dem zur Nutzung überlassenen Betriebsvermögen am Markt tätig wird. Er beginnt jedoch nicht wie der Pächter eine neue Tätigkeit, die der Eigentümer des Betriebs, der bisherige Gewerbetreibende, unterbrochen hat, sondern führt seinen eigenen Betrieb fort. Umgekehrt gleicht zwar der neue Eigentümer des Betriebs insoweit dem Verpächter im Rahmen der Betriebsverpachtung im Ganzen, als er dem Nießbraucher das Betriebsvermögen für eine gewisse Zeit zur Nutzung überlässt. Er hat jedoch nicht wie der Verpächter seine bisherige Tätigkeit unterbrochen, sondern diese Tätigkeit nie ausgeübt. Auch erzielt er keinerlei Einnahmen, was aber ‑‑in Gestalt der Gewinnerzielungsabsicht (
(3) Für die Annahme, der Übernehmer sei fiktiv gewerblich tätig (so wohl Hübner/Friz, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2017, 2353, 2355), fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
bb) Richtig ist allerdings, worauf das BMF hinweist, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG seit der Änderung durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858), anders als
cc) Die zum Zuwendungsnießbrauch ergangene Rechtsprechung kann nicht auf den Vorbehaltsnießbrauch übertragen werden (so aber Hübner/Friz,
(1) Im Fall des Zuwendungsnießbrauchs wendet der Eigentümer dem Nießbrauchsberechtigten mit dem Nutzungsrecht am Betriebsvermögen das Recht zur Ausübung der gewerblichen Tätigkeit und zum Behaltendürfen der Ergebnisse dieser Tätigkeit zu. Der Nießbraucher trägt nunmehr anstelle des Eigentümers das Unternehmerrisiko und übt die Unternehmerinitiative aus ‑‑in diesem Fall also tatsächlich vergleichbar einem Betriebspächter‑‑ und erzielt die Erträge des Gewerbebetriebs. Bei der unentgeltlichen Überlassung des gesamten Betriebs zur Nutzung kommt der in
(2) An der für den Zuwendungsnießbrauch charakteristischen Übertragung des Nutzungsrechts, des Unternehmerrisikos und der Unternehmerinitiative fehlt es dagegen, wenn, wie im Fall des Vorbehaltsnießbrauchs, der bisherige Gewerbebetreibende nur seine betrieblichen Wirtschaftsgüter überträgt, aber das Nutzungsrecht behält und die gewerbliche Betätigung selbst unter Ausschluss des Rechtsnachfolgers fortsetzt. Der Zuwendungsnießbrauch entspricht strukturell einer (dinglich abgesicherten) Betriebsverpachtung im Ganzen, mit der die Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch gerade nicht vergleichbar ist.
dd) Ebenfalls nicht folgen kann der Senat für den gewerblichen Bereich der Auffassung, dass bei Übertragung eines Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch die bisherige Tätigkeit deshalb eingestellt würde, weil sie aufgespalten würde in eine Tätigkeit, die der Eigentümer ausübte (Nutzung des Eigentums) und eine andere Tätigkeit (aktive Bewirtschaftung ohne Nutzung des Eigentums) (vgl. nur Uhl-Ludäscher in Herrmann/Heuer/Raupach,
Diese Ansicht wird dem Betriebsbegriff im Sinne des
ee) Eine Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch ist auch nicht als aufschiebend bedingt vorgenommene unentgeltliche Betriebsübertragung anzusehen (so aber Weber-Grellet, Betriebs-Berater 2018, 43, 50). Der Wortlaut des
ff) Wenn ‑‑so das BMF‑‑ aus praktischen Erwägungen ein mehrstufiger Übergang ermöglicht werden muss, um im Sinne einer Generationennachfolge die "neue Generation" schrittweise in ihre künftige Rolle und Verantwortung als Eigentümer des Betriebs heranzuführen, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber eine solche Möglichkeit im Rahmen der Einführung des
e) Soweit die dargestellte höchstrichterliche Rechtsprechung für die unentgeltliche Übertragung von Gewerbebetrieben zu anderen Ergebnissen kommt als die Rechtsprechung zur unentgeltlichen Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, ist dies nach fortbestehender Ansicht des Senats der bereichsspezifischen Auslegung des
f) Nach diesen Maßstäben hat im Streitfall eine Betriebsübertragung auf den Kläger zum 01.01.1996 nicht stattgefunden. Die auf ihn übergegangenen Forderungen sind Teil seines Privatvermögens geworden.
aa) Die Vertragsparteien haben im Rahmen des vorliegend zu beurteilenden Hofübergabevertrags zwar einen Hof im Sinne der Höfeordnung übertragen. Der Betrieb der X-Einrichtung stellt jedoch, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ertragsteuerrechtlich einen Gewerbebetrieb dar. Aus diesem Grunde bedarf es keiner Ausführungen zu der Frage, wie die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch zu beurteilen wäre (vgl. insoweit Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14,
bb) M hat ihre bisherige gewerbliche Tätigkeit nicht eingestellt, da sie die X-Einrichtung nach dem 31.12.1995 in gleicher Art und Weise weiterbetrieb. Sie war nach wie vor nach außen hin werbend tätig und unterlag insoweit keinen Beschränkungen seitens des Klägers. Für die Art ihrer betrieblichen Betätigung ist es unerheblich, dass sie das Betriebsvermögen zunächst als Eigentümerin und fortan lediglich aufgrund ihres Nießbrauchsrechts nutzte.
cc) Da es an einer Betriebsübertragung nach
3. Die Forderungen, die bis zum 31.12.1995 entstanden, zum 01.01.1996 in das Privatvermögen des Klägers übergegangen und zum 31.12.2002 dort noch vorhanden waren, sind mit dem Nießbrauchsverzicht der M zum 01.01.2003 im Wege der Einlage in das Betriebsvermögen des Klägers überführt worden. Der Kläger hatte sie in seiner auf den 01.01.2003 zu erstellenden ersten Bilanz mit ihrem aktuellen Teilwert anzusetzen.
Sind die Wirtschaftsgüter eines Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt auf einen Dritten in der Weise übertragen worden, dass der Nießbraucher seinen Betrieb fortführt, und erlischt zu einem späteren Zeitpunkt der Nießbrauch, ohne dass hierfür ein Entgelt gezahlt wird, geht der Betrieb des Nießbrauchers zu diesem Zeitpunkt auf den Eigentümer der Wirtschaftsgüter über, wenn dieser die bisherige betriebliche Tätigkeit des Vorbehaltsnießbrauchers fortsetzt. Zu diesem Zeitpunkt werden die mit der Übertragung zunächst in das Privatvermögen des Eigentümers übergegangenen, nießbrauchsbelasteten Wirtschaftsgüter zwingend notwendiges Betriebsvermögen des nunmehr übergegangenen Betriebs. Denn sie werdenmit dem Erlöschen des Nießbrauchs in einem eigenen gewerblichen Betrieb eingesetzt und dienen diesem Betrieb unmittelbar. Das führt zu einer Einlage, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen ist. Dies hat der IV. Senat ausdrücklich für die Übertragung eines gewerblichen Verpachtungsbetriebs entschieden und dabei exemplarisch auf das Erlöschen des Nießbrauchs durch den Tod des Nießbrauchers verwiesen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV R 1/20, BStBl II 2025, 122, Rz 40). Der erkennende Senat sieht keinen Grund, dies für einen aktiven Gewerbebetrieb anders zu betrachten. Es besteht auch kein Anlass, danach zu differenzieren, ob der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers oder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erlischt. In jedem Fall eröffnet das Erlöschen des Nießbrauchs dem Eigentümer die Möglichkeit, den Betrieb nunmehr selbst zu führen.
4. Eine Gewinnerhöhung in einem Folgejahr durch Ansatz eines den Einlagewert übersteigenden Werts im Wege einer Wertaufholung ist ausgeschlossen (dazu unten a). Auch im Fall eines zu niedrigen Einlagewerts käme es im Ergebnis nicht zu einer Gewinnerhöhung (unten b).
a) Die gewinnerhöhende Wertaufholung nach
aa) Die Wirtschaftsgüter des Betriebs sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um Absetzungen und Sonderabschreibungen (im Fall von Anlagevermögen) sowie weitere Abzüge anzusetzen (
Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Anlagevermögen/Umlaufvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, sind in den folgenden Wirtschaftsjahren gemäß
bb) Der Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG ist ein "an deren Stelle" ‑‑an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten‑‑ tretender Wert im Sinne des
b) Eine gewinnerhöhende Bilanzkorrektur im Jahre 2004 wäre auch dann nicht möglich, wenn und soweit der Wert der bis zum 31.12.1995 entstandenen Forderungen in der Eröffnungsbilanz des Klägers zum 01.01.2003 zu niedrig angesetzt worden sein sollte.
aa) Das ist denkbar, weil der Kläger fälschlich die Buchwerte der M fortgeführt hatte, die ihrerseits, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in allen Bilanzen bis zum 31.12.2002 denjenigen Wert angesetzt hatte, der Ergebnis der zum 31.12.1999 vorgenommenen Teilwertabschreibung war. Ob es sich dabei überhaupt (noch) um den nach
bb) Sollte der Teilwert der Forderungen zum 01.01.2003 höher gewesen sein als der bei M zum 31.12.2002 angesetzte und durch den Kläger übernommene Buchwert, wäre dieser Bilanzierungsfehler zwar in dem ersten noch offenen Jahr, hier 2004, zu korrigieren, jedoch, da er sich auf den Gewinn des Klägers nicht ausgewirkt hatte, erfolgsneutral durch Einbuchung in die Anfangsbilanz, denn die Voraussetzungen einer gewinnerhöhenden Korrektur lägen in diesem Fall nicht vor.
(1) Der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs besagt, dass ein fehlerhafter Bilanzansatz, der einer bestandskräftigen Veranlagung zugrunde liegt, in der Schlussbilanz des ersten Wirtschaftsjahres zu berichtigen ist, dessen Ergebnis unter Beachtung der Rechtsregeln über die Bestandskraft und Verjährung noch Eingang in die Steuerveranlagung oder einen hierfür bindenden Feststellungsbescheid finden kann. Die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs gelten für alle aktiven und passiven Bilanzposten. Diese Korrektur ist nach dem sogenannten Stornierungsgedanken dann erfolgswirksam vorzunehmen, wenn auch der Bilanzierungsfehler den Gewinn oder Verlust beeinflusst hat. Wenn sich ein Bilanzierungsfehler steuerlich bislang nicht ausgewirkt hat, ist der fehlerhafte Bilanzansatz unter Durchbrechung des formellen Bilanzenzusammenhangs hingegen in der Anfangsbilanz des ersten noch änderbaren Veranlagungszeitraumes gewinnneutral durch den richtigen zu ersetzen (BFH-Urteil vom 20.10.2015 - VIII R 33/13,
(2) Ein etwa fehlerhafter Wertansatz in der Eröffnungsbilanz des Klägers auf den 01.01.2003 wäre gewinnneutral in der Anfangsbilanz des ersten noch offenen Jahres, hier zum 01.01.2004, zu korrigieren, denn er hat sich auf den Gewinn (des Jahres 2003) nicht ausgewirkt.
II.
Die Forderungen, die zwischen dem 01.01.1996 und dem 31.12.1997 entstanden sind, könnten hingegen tauglicher Gegenstand einer gewinnerhöhenden Wertaufholung in den Streitjahren 2004 bis 2008 sein. Diese Forderungen sind mit dem am 23.12.2002 ausgesprochenen Verzicht der M auf ihr Nießbrauchsrecht zum 01.01.2003 zum Buchwert auf den Kläger übertragen worden (unten 1.). Die maßgebende Obergrenze der Wertaufholung ist insoweit nicht der Eröffnungsbilanzwert des Klägers, sondern entspricht der für M geltenden Obergrenze (unten 2.).
1. Anders als vom FG angenommen sind die nach dem 31.12.1995 entstandenen Forderungen der M gegen die GmbH aufgrund des Verzichts der M auf den Nießbrauch zum 31.12.2002 als Betriebsvermögen in den vom Kläger zum 01.01.2003 aufgenommenen Betrieb gemäß
a) Ist mit dem Erlöschen des Nießbrauchs der Betrieb auf den Eigentümer übergegangen, ohne dass ein Entgelt zu entrichten war (s. bereits oben unter I.3.), liegen die Voraussetzungen einer unentgeltlichen Betriebsübertragung nach
b) Nach diesen Grundsätzen sind aufgrund des von M zum 31.12.2002 ausgesprochenen unentgeltlichen Verzichts auf den Vorbehaltsnießbrauch die Forderungen der M gegenüber der GmbH, soweit sie nach dem 31.12.1995 in ihrem Betrieb entstanden waren, zum 01.01.2003 zu Buchwerten in das Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs des Klägers übergegangen. Einer besonderen und diesbezüglich ausdrücklich gefassten Vereinbarung zwischen M und dem Kläger bedurfte es nicht. Die Verzichtserklärung reicht aus.
2. Hinsichtlich der nach dem 31.12.1995 entstandenen Forderungen ist eine gewinnerhöhende Wertaufholung im Betrieb des Klägers zum 31.12.2004 und/oder zu späteren Zeitpunkten denkbar.
a) Die Buchwertfortführung bewirkt, dass die bilanziellen Verhältnisse des Rechtsvorgängers dem Rechtsnachfolger zugerechnet werden. Insoweit besteht ein interpersoneller Bilanzenzusammenhang (s. oben, unter B.I.2.c cc (1)). Die Wertobergrenze nach
b) Nach diesem Maßstab hat der Kläger in den Schlussbilanzen aller noch offenen folgenden Jahre die nach dem 31.12.1995 entstandenen Forderungen grundsätzlich zum Nennwert anzusetzen, es sei denn, er wiese nach, dass ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden kann. Soweit dies zu einem höheren Ansatz als in der Schlussbilanz des vorhergehenden Jahres führt, ist die Erhöhung gewinnwirksam. Das gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung tatsächlich bereits im Jahre 2003 nicht erfüllt gewesen sein sollten. Dies ergibt sich sowohl aus den Grundsätzen über den formellen Bilanzenzusammenhang als auch daraus, dass eine Wertaufholung nach
Nicht anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn die Grundlage für die Teilwertabschreibung noch vor 2003 und damit noch bei M entfallen sein sollte. Der auf der Buchwertfortführung beruhende Bilanzenzusammenhang zwischen M und dem Kläger ermöglicht erfolgswirksame Bilanzkorrekturen auch über den Rechtsträgerwechsel hinweg und steht damit der Erfolgswirksamkeit einer etwaig verspätet vorgenommenen Wertaufholung nicht im Wege.
III.
Die Sache ist nicht spruchreif. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (
1. Das FG hat, auf Grundlage seiner Rechtsauffassung zu Recht, die zur Bezifferung einer etwaigen Wertaufholung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen. Es steht schon nicht fest, welcher Teil der zum 31.12.1997 vorhandenen und von der Teilwertabschreibung umfassten Forderungen bis zum 31.12.1995 und welcher seit dem 01.01.1996 entstanden ist. Soweit überhaupt eine Wertaufholung in Betracht kommt, nämlich hinsichtlich der seit dem 01.01.1996 entstandenen Forderungen, steht auch nicht fest, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Ausmaß die Forderungen wieder werthaltig geworden sein mögen.
2. Im Rahmen des zweiten Rechtsgangs wird das FG zu beachten haben, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Wertaufholungsrücklage (
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:29.01.2025
Aktenzeichen:X R 35/19
Rechtsgebiete:
Einkommens- und Körperschaftssteuer
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
EStG §§ 6 Abs. 1 u. 3, 15 Abs. 2, 16 Abs. 1