Kammergericht 29. November 2021
9 W 96/21
GNotKG §§ 6 Abs. 3 S. 1 u. 2, 127 Abs. 1 u. 2 S. 2, 204 Abs. 1

Geltendmachung einer Verjährung im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen

letzte Aktualisierung: 23.3.2022
KG, Beschl. v. 29.11.2021 – 9 W 96/21

GNotKG §§ 6 Abs. 3 S. 1 u. 2, 127 Abs. 1 u. 2 S. 2, 204 Abs. 1
Geltendmachung einer Verjährung im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen

1. Die Verjährung kann im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen als nach der Zustellung
einer vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Kostenberechnung entstandene Einwendung im
Sinne von § 127 Abs. 2 Satz 2 GNotKG geltend gemacht werden.
2. Auch die erstmalige Übersendung einer Notarkostenberechnung ist eine Aufforderung zur
Zahlung im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 GNotKG.
3. Ein Notar kann den Neubeginn der Verjährung nicht durch wiederholt erfolgende
Zahlungsaufforderungen immer wieder erneut herbeiführen. Eine wiederholte
Zahlungsaufforderung kann ausnahmsweise nur dann zu einem Neubeginn der Verjährung führen,
wenn die erste Zahlungsaufforderung im Jahr der Fälligkeit der Kosten erfolgt ist, weil die
Verjährung nicht neu beginnen kann, wenn sie noch gar nicht zu laufen begonnen hat (Anschluss
BGH, Beschluss vom 7. Juli 2004 – V ZB 61/03, Rn. 21 sowie 25, juris).
4. Ein Antrag des Kostenschuldners auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 Abs. 1 GNotKG
führt nicht zu einer Hemmung analog gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 204
Abs. 1 BGB. Eine Hemmung kann nur eintreten, wenn der Notar entweder selbst einen Antrag auf
gerichtliche Entscheidung stellt oder dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung des
Kostenschuldners im gerichtlichen Verfahren entgegentritt, also Zurückweisung des Antrages
beantragt.

Gründe

I.
Auf Anforderung der Antragstellerin fertigte der Antragsgegner den Kaufvertragsentwurf
und übersandte diesen per E-Mail vom 28. April 2014 an die Antragstellerin. Unter dem 3.
November 2016 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin hierzu die beanstandete
Kostenberechnung.

Unter dem 6. Februar 2017 ließ der Antragsteller der Antragsgegnerin eine vollstreckbare
Ausfertigung der beanstandeten Kostenberechnung zustellen.

Mit Auftrag vom 1. Dezember 2020, eingegangen beim Gerichtsvollzieher am 7. Dezember
2020, beauftragte der Antragsgegner den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung
der Kostenforderung. Ein bereits 2018 erteilter Vollstreckungsauftrag war
zurückgenommen worden.

Die Antragstellerin behauptet, sie sei nur als Maklerin tätig geworden. Kostenschuldner
seien die damaligen potentiellen Kaufvertragspartner (F... P... P... GmbH & Co KG als
Verkäuferin sowie v... S... B... GmbH als Käuferin). Die Antragstellerin selbst habe
jedenfalls keinen Auftrag erteilt.

Die am 6. Februar 2017 erfolgte Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung der
beanstandeten Kostenberechnung hält die Antragstellerin für unwirksam. Insbesondere sei
die Zustellurkunde von dem die Zustellung ausführenden Mitarbeiter der Post nur mit einer
Paraphe unterzeichnet. Darüber hinaus habe die Kostenberechnung den formellen
Anforderungen des § 19 Absatz 3 Nr. 1 GNotKG nicht genügt.

Die Antragstellerin erhebt die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat den Antrag insoweit zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die
Beschwerde der Antragstellerin, die sich allein noch gegen die Kostenberechnung Nr.
1602012 vom 3. November 2016 über 10.062,64 Euro für die Fertigung eines Entwurfes für
einen Grundstückskaufvertrag richtet. Wegen weiterer Kostenforderungen hat sich das
Verfahren bereits in erster Instanz erledigt.

II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet.

Die Kostenberechnung des Antragsgegners war aufzuheben, weil der geltend gemachte
Kostenanspruch des Antragsgegners verjährt ist.

1. Die von der Antragstellerin gegen die beanstandete Kostenberechnung erhobene
Einwendung der Verjährung ist zulässig. Insbesondere steht § 127 Absatz 2 Satz 1
GNotKG der Verjährungseinrede nicht entgegen.

Nach dieser Vorschrift können Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen
Kostenberechnungen nicht mehr gestellt werden nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf
das Jahr folgt, in dem die vollstreckbare Ausfertigung der Kostenberechnung zugestellt ist.

Ob die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung der beanstandeten Kostenberechnung
am 6. Februar 2017 tatsächlich und wirksam erfolgt ist – was zwischen den Beteiligten
streitig ist – kann vorliegend dahingestellt bleiben, denn nach § 127 Absatz 2 Satz 2
GNotKG können Einwendungen gegen den Kostenanspruch, die auf Gründen beruhen,
die nach der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung entstanden sind, auch nach Ablauf
der Frist nach § 127 Absatz 2 Satz 1 GNotKG geltend gemacht werden.

Letzteres trifft auf die von der Antragstellerin geltend gemachte Verjährung des
Kostenanspruchs des Antragsgegners zu. Diese konnte vorliegend erst nach der vom
Antragsgegner behaupteten Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung der
Kostenberechnung am 6. Februar 2017 geltend gemacht werden (vgl. Sikora in:
Korintenberg, GNotKG, 21. Auflage 2020, § 127 Rn. 23).

Gemäß § 6 Absatz 1 Satz 3 GNotKG verjähren Ansprüche auf Zahlung von Notarkosten
in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Kosten fällig geworden sind.
Nach § 10 GNotKG werden Notargebühren mit der Beendigung des Verfahrens oder des
Geschäfts fällig, eine Entwurfsgebühr also mit Fertigstellung des Entwurfs. Wann der
Entwurf „fertig“ ist, entscheidet dabei der Notar unter verständiger Würdigung des ihm
erteilten Auftrags (Diehn in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Auflage 2021,
§ 10 Rn. 29; Hey’l in: Korintenberg, GNotKG, 21. Auflage 2020, § 10 Rn. 8).

Vorliegend hat Rechtsanwalt M... als Notarvertreter des Antragsgegners per Mail vom
28. April 2014 den Kaufvertragsentwurf „zur gefälligen Verwendung“ an die Antragstellerin
übersandt (vgl. Notarnebenakten). Er hat damit zum Ausdruck gebracht, seine
Entwurfstätigkeit abgeschlossen zu haben. Danach begann die Verjährung des dadurch
begründeten Kostenanspruchs des Antragsgegners mit Ablauf des Jahres 2014 und lief
zunächst bis Ende 2018. Die Verjährung des mit der beanstandeten Kostenberechnung
geltend gemachten Kostenanspruchs konnte also jedenfalls erst nach der vom
Antragsgegner behaupteten Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung am 6. Februar 2017
eintreten.

2. Die Antragstellerin ist berechtigt, die Zahlung der mit der beanstandeten
Kostenberechnung geltend gemachten Notarkosten zu verweigern, da der zugrunde
liegende Gebührenanspruch des Antragsgegners verjährt ist (§ 214 BGB in Verbindung mit
§ 6 Absatz 3 Satz 1 GNotKG).

a) Verjährung ist jedenfalls im November 2020 eingetreten.

Wie oben bereits ausgeführt, begann die Verjährung des Kostenanspruchs des
Antragsgegners mit Ablauf des Jahres 2014. Die gemäß § 6 Absatz 1 Satz 3 GNotKG
vierjährige Verjährungsfrist begann gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 GNotKG bereits mit Zugang
der unter dem 3. November 2016 an die Antragstellerin übersandten Kostenberechnung
erneut.

Nach dieser Vorschrift beginnt die Verjährung durch „die Aufforderung zur Zahlung“
erneut. Grundsätzlich ist jede Zahlungsaufforderung, auch eine einfache Mahnung, geeignet,
den Neubeginn der Verjährung gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 GNotKG herbeizuführen. Auch
die erstmalige Übersendung einer Notarkostenberechnung stellt deshalb eine
Zahlungsaufforderung im Sinne dieser Vorschrift dar. Hierbei ist der Zugang der
Zahlungsaufforderung ausreichend, eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich.

Der Antragsteller hat vorgetragen, die Kostenberechnung bereits am 3. November 2016 an
die Antragstellerin übersandt zu haben. Die Antragstellerin hat dies nicht in Abrede gestellt
(vgl. Schriftsatz vom 11. Juni 2021, S. 5, Ziff. 3). Auch die Notarnebenakten bestätigen die
Übersendung der Kostenberechnung an die Antragstellerin unter dem 3. November 2016.

Die Verjährung ist danach – ausgehend von einem Neubeginn zeitnah nach dem
3. November 2016 – jedenfalls im November 2020 eingetreten.

b) Die Verjährung konnte anschließend nicht erneut gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 GNotKG
neu beginnen.

Ohne Erfolg beruft sich der Antragsgegner auf die Zustellung der vollstreckbaren
Ausfertigung der beanstandeten Kostenberechnung vom 6. Februar 2017, um einen
Neubeginn der Verjährung im Sinne von § 6 Absatz 3 Satz 2 GNotKG darzulegen. Die
Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung vom 6. Februar 2017 konnte jedoch nicht mehr
zu einem Neubeginn der Verjährung führen, weil der Antragsgegner bereits die
Antragstellerin mit der übersandten Kostenberechnung vom 3. November 2016 zur
Zahlung aufgefordert und damit erstmalig einen Neubeginn der Verjährung herbeigeführt
hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 07. Juli 2004 –
V ZB 61/03 –, Rn. 21, juris), die in der Literatur einhellig anerkannt ist, (Neie in:
Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Auflage 2021, § 6 Rn. 34; Otto in:
Korintenberg, GNotKG, 21. Auflage 2020, § 6 Rn. 13; Klahr in:
Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, 35. Edition Stand:
01.10.2021, GNotKG Rn. 203), kann ein Notar den Neubeginn der Verjährung nicht durch
wiederholt erfolgende Zahlungsaufforderungen immer wieder erneut herbeiführen. Deshalb
führt nur die erste Zahlungsaufforderung zum Neubeginn der Verjährung. Eine erneute
Zahlungsaufforderung kann ausnahmsweise nur dann zu einem Neubeginn der Verjährung
führen, wenn die erste Zahlungsaufforderung im Jahr der Fälligkeit der Kosten erfolgt ist,
weil die Verjährung nicht neu beginnen kann, wenn sie noch gar nicht zu laufen begonnen
hat (BGH, a.a.O. Rn. 25, juris; Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG,
4. Auflage 2021, § 6 Rn. 37; Otto in: Korintenberg, GNotKG, 21. Auflage 2020, § 6 Rn. 18;
Klahr in: Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, 35. Edition
Stand: 01.10.2021, GNotKG Rn. 204).

Da die Kostenberechnung der Antragstellerin im November 2016 zugegangen ist, hat die
Verjährung, die nach den obigen Ausführungen mit Ablauf des Jahres 2014 begonnen hatte,
bereits im Zeitpunkt dieses Zugangs der Notarkostenberechnung, erstmalig neu begonnen.
Ein erneuter Neubeginn gemäß § 6 Absatz 3 Satz 2 GNotKG konnte daher nicht mehr
durch die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung am 6. Februar 2017 erfolgen. Auf die
– zwischen den Beteiligten umstrittene – Wirksamkeit dieser Zustellung kommt es daher
nicht an. Auch kann offenbleiben, ob die Kostenberechnung den formellen Anforderungen
des § 19 Absatz 3 Nr. 1 GNotKG genügt.

c) Ein Neubeginn der Verjährung konnte auch nicht mehr gemäß § 6 Absatz 3 Satz 1
GNotKG in Verbindung mit § 212 Absatz 1 Nr. 2 BGB durch den Vollstreckungsauftrag
des Antragsgegners vom 1. Dezember 2020 (eingegangen beim Gerichtsvollzieher am
7. Dezember 2020) erfolgen, da Verjährung in diesem Zeitpunkt bereits eingetreten war.

Soweit der Gerichtsvollzieher nach Angaben der Antragstellerin auch bereits 2018
„betreffend hier maßgeblichen Notarkostenberechnungen“ tätig gewesen ist (Bl. 16), konnte
auch dies nicht gemäß § 6 Absatz 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 212 Absatz 1
Nr. 2 BGB zu einem Neubeginn der Verjährung führen, da der Vollstreckungsauftrag
zurückgenommen worden ist. Gemäß § 212 Absatz 3 BGB gilt der erneute Beginn der
Verjährung durch den Antrag auf Vornahme einer Vollstreckungshandlung als nicht
eingetreten, wenn der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen wird.

d) Schließlich konnte auch eine Hemmung analog gemäß § 6 Absatz 3 Satz 1 GNotKG in
Verbindung mit § 204 Absatz 1 BGB den Ablauf der Verjährung im November 2020 nicht
mehr hindern.

Der Antrag der Antragstellerin gemäß § 127 Absatz 1 GNotKG stammt vom 23. Dezember
2020, ist mithin erst nach Eintritt der Verjährung im November 2020 erfolgt. Ohnehin führt
nicht die Antragstellung des Kostenschuldners zu einer Hemmung. Hemmung kann nur
eintreten, wenn der Notar entweder selbst den Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellt
oder dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Kostenschuldners im gerichtlichen
Verfahren entgegentritt, also Zurückweisung des Antrages beantragt (Otto in: Korintenberg,
GNotKG, 21. Auflage 2020, § 6 Rn. 11; Klahr in: Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn,
BeckOK Kostenrecht, 35. Edition Stand: 01.10.2021, GNotKG Rn. 180). Dies muss
vorliegend zwingend nach dem 23. Dezember 2020 erfolgt sein.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 130 Abs. 3 GNotKG in Verbindung mit § 81 Absatz
1 FamFG. Es entspricht regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG
die Kostenentscheidung am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu orientieren, wenn
nicht im Einzelfall besondere Umstände eine abweichende Kostenentscheidung
rechtfertigen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. März 2015 - 9 W 42 - 46/14 -, Rn. 26 ff., juris).
Billigkeitsgründe, die gegen eine Kostenlast des Antragsgegners sprechen, sind nicht
ersichtlich.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 130 Abs. 3 GNotKG in Verbindung mit § 70 Absatz 2
FamFG nicht zuzulassen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

29.11.2021

Aktenzeichen:

9 W 96/21

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GNotKG §§ 6 Abs. 3 S. 1 u. 2, 127 Abs. 1 u. 2 S. 2, 204 Abs. 1