BayObLG 14. März 1985
BReg. 2 Z 24/85
BGB §§ 1030, 1041

Inhaltsänderung eines Nießbrauchs

Die Vorinstanzen sind zwar zutreffend davon ausgegangen,
daß mit einer Grunddienstbarkeit im Sinn des § 1018 1. Alternative — nur eine solche steht hier in Rede — dem Berechtigten die Befugnis zur Benutzung des belasteten Wohnungseigentums nur in einzelnen Beziehungen eingeräumt
werden kann. Die Vorinstanzen haben weiter zu Recht angenommen, daß eine Eintragung, die eine Grunddienstbarkeit
mit darüber hinausgehenden Befugnissen verlautbart, nach
ihrem Inhalt unzulässig ist.
Nicht, beigetreten werden kann jedoch ihrer Ansicht, das Terrassennutzungsrecht überschreite den zulässigen Inhalt
einer Grunddienstbarkeit.
Eine Benutzung in einzelnen Beziehungen kann dann angenommen werden, wenn dem Eigentümer des belasteten
Grundstücks (Wohnungseigentumsrechts) — neben der Nutzung durch den Dienstbarkeitsberechtigten — nicht nur unwesentliche Nutzungsmöglichkeiten verbleiben (BayObLGZ
1979, 444/448 [= MittBayNot 1980, 14]; MünchKomm BGB
§ 1018 Rdnr. 28). Für die Beurteilung dieser Frage ist dabei
aber auf das belastete Gesamtgrundstück (Wohnungseigentum) und nicht nur auf den tatsächlich beanspruchten Teil
abzustellen (OLG Zweibrücken Rpfleger 1982, 98 [= DNotZ
1982, 444]; LG Passau Rpfleger 1972,135; MünchKomm aaO).
Diese Auffassung steht mit der ständigen Praxis in Übereinstimmung, die die Zulässigkeit von Bauwerken und technischen Anlagen usw. bejaht (vgl. LG Passau aaO; MünchKomm § 1018 Rdnr. 29).
Der Senat vermag die Ansicht des Landgerichts nicht zu teilen, daß der hier vertretene Standpunkt nur dann gelte, wenn
der Grundstücksteil, hinsichtlich dessen der Eigentümer
von der Nutzung vollständig ausgeschlossen wird, geringfügig ist. Im vorliegenden Fall ist eine wirtschaftlich sinnvolle
Nutzung des Wohnungseigentums auch ohne Benutzung
der Terrasse möglich, obwohl — wie das Landgericht ausgeführt hat — deren Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche
des Wohnungseigentums erheblich ist.
Soweit die angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken im Ergebnis eine inhaltlich unzulässige
Dienstbarkeit angenommen hat, beruht dies auf der Besonderheit des dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts: Der Berechtigte sollte ohne jede Einschränkung befugt sein, den Grundstücksteil zu nutzen oder nutzen zu lassen. Im Gegensatz dazu ist der Berechtigte im vorliegenden
Fall lediglich befugt, die Terrasse als solche zu benutzen.
b) Durch die Löschung des Terrassennutzungsrechts ist das
Grundbuch unrichtig geworden, denn die Grunddienstbarkeit hat in diesem Zeitpunkt noch bestanden und ist durch
sie nicht untergegangen (vgl. § 875 Abs. 1 BGB).
Das Grundbuch ist auch nicht — nachträglich — durch den
Erwerb des Wohnungseigentums durch die Beteiligten zu 3)
richtig geworden. Die Beteiligten zu 3) konnten das Wohnungseigentum nicht gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB frei
von der Grunddienstbarkeit erwerben, obwohl diese im Zeitpunkt der Eintragung der Auflassung gelöscht war. Denn
gegen die Richtigkeit der Löschung war ein Widerspruch
eingetragen (§ 892 Abs. 1 Satz 1 BGB).
3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung im Ergebnis stand, soweit sie die Zurückweisung des Antrags auf Eintragung des Terrassenalleinnutzungsrechts betrifft.
Der Eintragung steht jedenfalls entgegen, daß die Eintragungsbewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) fehlt.
Von der Eintragung im Sinn des § 19 GBO betroffen sind die
Beteiligten zu 3), denn sie sind die Eigentümer des Wohnungseigentums, das von der Eintragung der Grunddienstbarkeit rechtlich beeinträchtigt wird. Die Bewilligung der Beteiligten zu 3) liegt jedoch nicht vor und ist auch, nicht zu erwarten.
10. BGB §§ 1030, 1041 (Inhaltsänderung eines Nießbrauchs)
Die Vereinbarung, daß der Nießbraucher die Kosten auch für
außerordentliche Ausbesserungen und Erneuerungen des
Grundstücks zu tragen hat, kann in das Grundbuch eingetragen werden.
BayObLG, Beschuß vom 15.3.1985 — BReg. 2 Z 24/85 — mitgeteilt von Dr. Martin Pfeuffer, Richter am BayObLG
Aus dem Tatbestand:
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, welche Regelungen
als Inhalt eines Nießbrauchs in das Grundbuch eingetragen werden
können. .
Die Beteiligte zu 1) bestellte an ihrem Erbbaurecht für den Beteiligten
zu 2) einen durch ihren Tod aufschiebend bedingten lebenslangen
Nießbrauch. In Abschnitt II der Bestellungsurkunde des Verfahrensbevollmächtigten ist u.a. bestimmt:
Abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen wird als Inhalt des
vorbestellten Nießbrauchsrechts folgendes vereinbart:
a) Unterhaltung
Der Nießbraucher hat alle laufenden, mit dem belasteten Grundbesitz zusammenhängenden Kosten der Unterhaltung, Ausbesserung
und Erneuerung und zwar auch insoweit zu tragen, als es sich um die
außergewöhnliche Unterhaltung handelt.
Der Nießbraucher hat ferner alle Veränderungen und Verschlechterungen der Sache, auch soweit sie durch ordnungsgemäße Ausübung des Nießbrauches herbeigeführt werden, zu vertreten.
b)Privatrechtliche Lasten
Der Nießbraucher ist im Verhältnis zum Eigentümer auf die Dauer
des Nießbrauches verpflichtet, nicht nur die während der NieBbrauchszeit anfallenden Zinsen, sondern auch die anfallenden Tilgungen aller derzeit in Abteilung III des Grundbuches eingetragenen
Belastungen zu leisten und den Eigentümer hiervon freizustellen.
Nach Beendigung des Nießbrauchs ist der Eigentümer verpflichtet,
alle Leistungen allein zu erbringen und die Haftentlassung des Nießbrauchers oder dessen Rechtsnachfolger durch die Gläubiger zu erwirken.
c) Der Nießbraucher trägt alle öffentlichen Lasten, die auf der Sache
ruhen, insbesondere auch die Kosten der Erschließung (§§ 127 ff.
BBauG).
Die Eintragung des vorbestellten aufschiebend bedingten Nießbrauchsrechtes im Grundbuch an nächstoffener Rangstelle wird
hiermit bewilligt und beantragt.
Das Grundbuchamt hat den gemäß § 15 GBO gestellten Vollzugsantrag beanstandet. Die Bestimmung in Ziffer II a der Urkunde, daß
der Nießbraucher alle Kosten u.a. zu tragen habe und zwar auch insoweit, als es sich um die außergewöhnliche Unterhaltung handelt, verstoße gegen § 1047 BGB und § 1047 Satz 2 BGB. § 1041 Satz 2 und
§ 1047 BGB seien zwar abdingbar, jedoch nicht mit dinglicher Wirkung dergestalt, daß gegen das Wesen des Nießbrauchs verstoßen
werde. Das Hindernis könne durch eine rein schuldrechtliche Vereinbarung der außergewöhnlichen Unterhaltungspflicht ohne dingliche
Sicherung beseitigt werden.
Das Landgericht hat das gegen die Zwischenverfügung gerichtete
Rechtsmittel - der Beteiligten mit Beschluß vom 17.1.1985 zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben gegen den Beschluß weitere Beschwerde eingelegt.
Aus den Gründen:
Die zulässige weitere Beschwerde (§§ 15, 78, 80 GBO) führte
zur Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen.
128 MittBayNot 1985 Heft 3


r
f
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die in Abschnitt II a der Urkunde getroffenen Vereinbarungen seien mit dem Wesen des Nießbrauchs nicht mehr vereinbar. Abbedungen seien dadurch alle Vorschriften des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Nießbraucher und
Eigentümer, soweit sie diesen zur Tragung von Kosten und
Lasten verpflichteten oder bestimmten, daß der Nießbraucher den Substanzverzehr nicht zu vertreten habe. Damit sei
zu Gunsten des Eigentümers so weit vom gesetzlichen Leitbild der §§ 1041 bis 1050 BGB abgewichen, daß die Grenze
zwischen Eigentum und Nießbrauch verwischt würde. Mit
dinglicher Wirkung könne eine derartige Überwälzung von
Pflichten des Eigentümers auf den Nießbraucher nicht vereinbart werden. Allein die völlige Ausschaltung von § 1047
BGB verstoße gegen das Erfordernis, den Wesenskern des
Nießbrauchs nicht anzutasten.
Eine eigentümerähnliche Stellung des Nießbrauchers könne
wohl schuldrechtlich vereinbart werden; die erstrebte Verdinglichung könne jedoch nicht herbeigeführt werden.
2. Der Beschluß des Landgerichts und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts sind aufzuheben.
a) .....
b) .....
c) Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis besteht nicht. Die Beteiligten haben in Abschnitt II a
Abs. 1 vereinbart, daß der Nießbraucher über die gesetzliche
Regelung (§ 1041 Satz 2 BGB) hinaus auch die Kosten der außergewöhnlichen Ausbesserungen oder Erneuerungen der
belasteten Sache zu tragen hat. Wie der Senat in seinem zur
Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung (BayObLGZ
1985 Nr. 2 [= MittBayNot 1985, 70]) vorgesehenen Beschluß
vom 10.1.1985 entschieden hat, kann eine solche Vereinbarung als zulässige Abänderung des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Eigentümer und Nießbraucher in das
Grundbuch eingetragen werden.
(1) Mit der Begründung des Nießbrauchs entsteht zwischen
dem Grundstückseigentümer (im vorliegenen Fall der Erbbauberechtigten) und dem Nießbraucher neben der dinglichen Rechtsbeziehung zugleich ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus dem von beiden Seiten Rechte und Pflichten
erwachsen (BayObLGZ 1972; 364/366 f. m.Nachw. [= DNotZ
1973, 299]; 1977, 81/84 [= MittBayNot 1977, 120]; 1979,
273/276 [= MittBayNot 1979, 165]). Diese sind Inhalt des
dinglichen Rechts, denn sie gestalten das Rechtsverhältnis
zwischen dem Nießbraucher und dem jeweiligen Eigentümer der Sache (BayObLG aaO). Die gesetzlich vorgesehene Regelung, die den Inhalt des Schuldverhältnisses
bestimmt, kann - insoweit erleidet der sachenrechtliche
Grundsatz, daß der Inhalt eines dinglichen Rechts der Disposition der Beteiligten entzogen ist, eine Ausnahme grundsätzlich abgeändert oder aufgehoben werden, und
zwar, da sie den näheren Inhalt des Rechts gestaltet, mit
dinglicher Wirkung. Voraussetzung ist die Einigung zwischen Eigentümer und Nießbraucher sowie die Eintragung
im Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB); zur näheren Bezeichnung
des Inhalts des dinglichen Rechts kann dabei nach § 874
BGB auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen
werden.
Die Möglichkeit der Ausgestaltung des Schuldverhältnisses
unter Abweichung von der gesetzlichen Regelung besteht allerdings nicht schrankenlos. Die dogmatischen Grenzen zwischen Eigentum und Nießbrauch, also zwischen dem vollen
MittBayNot 1985 Heft 3
Verfügungsrecht und dem Nutzungsrecht als Belastung desselben müssen gewahrt bleiben. Nicht abdingbar sind mithin diejenigen Vorschriften, die das Wesen des Nießbrauchs
prägen (BayObLG aaO; Staudinger BGB 12. Aufl. Rdnrn. 10,
11, Erman BGB 7. Aufl. Rdnr. 17, je vor § 1030). Zu diesen Regelungen gehört, daß dem Eigentümer gegenüber dem Nießbraucher mit dinglicher Wirkung keine über die gesetzliche
Regelung hinausgehenden Leistungspflichten auferlegt
werden können, weil eine solche Verpflichtung mit dem
Wesen des Nießbrauchs als einer Dienstbarkeit unvereinbar
wäre (BayObLGZ 1972, 364/367 [= DNotZ 1973, 299]; 1985
Nr. 2, je m. Nachw. [= MittBayNot 1985, 70]). Wesentlich für
das Verhältnis von Eigentümer und Nießbraucher ist weiter,
daß die Substanz der belasteten Sache erhalten bleiben
muß (§ 1037 Abs. 1 BGB; BayObLGZ 1977, 81184 m. Nachw.
[= MittBayNot 1977, 120]; BayObLGZ 1977, 205 [= MittBayNot 1977, 189]), daß der Nießbraucher. Besitzer der belasteten Sache ist (§ 1036 Abs. 1 BGB; OLG Hamm Rpfleger 1983,
144; Palandt BGB 44. Aufl. Anm. 1, Staudinger Rdnr. 3,
MünchKomm BGB Rdnr. 2, BGB-RGRK 12. Aufl. Rdnr. 1, je zu
§ 1036) und daß dem Nießbraucher grundsätzlich alle Nutzungen der belasteten Sache (mit der Möglichkeit des Ausschlusses einzelner Nutzungen, § 1030 Abs. 2 BGB) zustehen (BayObLG DNotZ 1982, 438; Palandt Anm. 4 b, Staudinger Rdnr.41, MünchKomm Rdnr. 30, BGB-RGRK Rdnr. 7, je zu
§ 1030).
(2) Es hebt die wesensbedingten Grenzen zwischen dem Eigentumsrecht und dem beschränkten dinglichen Nutzungsrecht nicht auf, wenn der Nießbraucher die Verpflichtung
übernimmt, über den in § 1041 Satz 2 BGB bestimmten Rahmen hinaus Ausbesserungen und Erneuerungen auch dann
durchführen zu lassen und die Kosten hierfür zu tragen,
wenn sie nicht zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Die Frage, inwieweit dies auch für eine Verpflichtung
gilt, eine völlig zerstörte Sache wiederherzustellen (vgl. BGH
§ 1090 LM Nr. 10), braucht hierbei nicht mitentschieden zu
werden.
Nach § 1041 Satz 2 BGB obliegen dem Nießbraucher Ausbesserungen und Erneuerungen nur insoweit, als sie zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Dem liegt die
Erwägung zugrunde, daß dem Nießbraucher gemäß § 1039
Ab; 1 Satz 1 BGB auch nur die gewöhnlichen Nutzungen gebühren (Palandt Anm. 1 b, Staudinger Rdnr. 4, MünchKomm
Rdnr. 1, je zu § 1041). Es ist aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen, daß der Nießbraucher mit dinglicher Wirkung gegenüber dem Eigentümer die Verpflichtung zu zusätzlichen
Leistungen übernimmt; dies ist z.B. für die Verpflichtung zur
Zahlung eines Entgelts anerkannt (vgl. BayObLGZ 1979,
273/277 [= MittBayNot 1979, 165]; Staudinger § 1042
Rdnr. 5). Die wesensbedingten Grenzen zwischen Eigentum
und Nießbrauch werden davon nicht berührt.
Der Nießbraucher ist nach der gesetzlichen Regelung zwar
nicht verpflichtet, aber berechtigt, außergewöhnliche Instandsetzungen und Unterhaltungsmaßnahmen durchzuführen (vgl. §§ 1043, 1044 BGB; Palandt aaO; Staudinger § 1042
Rdnr. 2, MünchKomm § 1042 Rdnr. 2, § 1043 Rdnrn. 1, 3; Soergel BGB 11. Aufl. § 1041 Rdnr. 1). Andererseits ist auch der
Eigentümer nicht verpflichtet, außerordentliche Instandsetzungen und Unterhaltungen durchführen zu lassen (BGH
aaO; Palandt aaO; Staudinger § 1043 Rdnr. 3; MünchKomm
§ 1041 Rdnr. 2; Soergel § 1041 Rdnr. 1 und § 1043 Rdnr. 4).
Macht der Nießbraucher Verwendungen auf die Sache, zu
denen er nicht verpflichtet ist, so hat er gemäß § 1049 Abs. 1
BGB einen Anspruch gegen den Eigentümer auf Ersatz der
§§ 677 ff. BGB. Nicht immer also kann der Nießbraucher Ersatz seiner Aufwendungen für außerordentliche Instandsetzungen und Unterhaltungsmaßnahmen verlangen (vgl.
§§ 683, 684 BGB). In diesen Fällen trifft ihn mithin ohnehin
die wirtschaftliche Last, wenn außergewöhnliche Instandsetzungen oder Unterhaltungsmaßnahmen anfallen.
Für den Inhalt des Nießbrauchs ist auch nicht wesensbestimmend, daß der Nießbraucher die Lasten der Sache und
die Aufwendungen für deren Unterhaltung nur insoweit zu
tragen hätte, als sie durch die Erträgnisse der Sache gedeckt sind (vgl. RGZ 72, 101/102; 153, 29/35; Staudinger
Rdnr. 4, MünchKomm Rdnr. 5, BGB-RGRK Rdnr. 3, Soergel
Rdnr. 1, je zu § 1047). Darin liegt für den Nießbraucher kein
unbilliger Nachteil, da er sein Recht jederzeit gemäß § 875
BGB durch einseitige Erklärung aufgeben und sich damit für
die Zukunft von der Verpflichtung, die Lasten und Kosten zu
tragen, befreien kann.
Dies alles spricht dafür, daß es mit dem Wesen des Nießbrauchs vereinbar ist, dem Nießbraucher die Aufwendungen
für außergewöhnliche Instandsetzungen und Unterhaltungsmaßnahmen auch mit dinglicher Wirkung aufzuerlegen (anderer Meinung wohl Wo/ff-Ra/serSachenrecht 10. Aufl. § 117
III 2 S. 473).
Die Zwischenverfügung des Grundbuchamts und der Beschluß des Landgerichts sind deshalb aufzuheben.
3. Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gegen eine Zwischenverfügung ist nur das in ihr angenommene Eintragungshindernis, nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst (BayObLGZ 1982, 348/351 m. Nachw.;
1984 136/138 [= MittBayNot 1984, 184]). Das Rechtsmittelgericht darf die Beschwerde nicht zurückweisen, wenn der Eintragung ein anderes als das vom Grundbuchamt angenommene. Eintragungshindernis entgegensteht (BayObLG aaO);
es darf nur in den Gründen seiner Entscheidung „wegweisend" auf diese Hindernisse und auf andere rechtliche Bedenken, die im Zusammenhang mit der beantragten Eintragung bestehen, hinweisen. Das Landgericht hat über diese
Einschränkung hinaus Hinderungsgründe für die Eintragung
erörtert, die nicht Gegenstand der Zwischenverfügung
waren. Dies hat seine Entscheidung im Ergebnis jedoch
nicht beeinflußt.
4. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes
hin:
a) Abschnitt II der Urkunde enthält insgesamt fünf Vereinbarungen, die durch Eintragung in das Grundbuch zum dinglichen Inhalt des Nießbrauchs gemacht werden sollen. Nach
den oben dargelegten Grundsätzen ist dies rechtlich möglich, soweit es sich um die unter Buchstabe b Satz 1 und
unter Buchstabe c getroffenen Regelungen handelt, daß der
Nießbraucher über die gesetzliche Verpflichtung des § 1047
BGB hinaus auch die Tilgung von Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden sowie die außerordentlichen
öffentlichen Lasten übernimmt. § 1047 BGB kann mit dinglicher Wirkung abgeändert werden (vgl. RG Soerge/s Rechtsprechung 1920 § 1047 Nr. 1; RGZ 153, 29/34; Palandt Anm. 5,
Staudinger Rdnrn. 18 und 26, BGB-RGRK Rdnr. 3, Soergel
Rdnr. 9, je zu § 1047).
b) Nicht eintragungsfähig ist dagegen die in Abschnitt II
Buchst. a Abs. 2 der Urkunde getroffene Regelung. Hier sollen die Pflichten des Nießbrauchers gegenüber der gesetzlichen Regelung des § 1050 BGB erweitert werden. Der sachliche Inhalt der Vereinbarung besteht im wesentlichen darin,
daß der Nießbraucher für eine etwaige Wertminderung der
belasteten Liegenschaft Ersatz zu leisten hat. Denn wenn
Veränderungen oder Verschlechterungen der mit dem Nießbrauch belasteten Sache, die durch deren ordnungsmäßigen
Gebrauch eingetreten sind, im Rahmen der gewöhnlichen
Unterhaltung eine Ausbesserung oder'Erneuerung (etwa den
Neuanstrich eines Hauses) erforderlich machen, ist der
Nießbraucher dazu unabhängig von der Regelung des § 1050
BGB schon nach § 1041 Satz 2 BGB verpflichtet (vgl. Staudinger Rdnr. 2, BGB-RGRK Rdnr. 1, je zu § 1050). Es würde
aber nach Ansicht des Senats die wesensmäßigen Grenzen
zwischen dem Eigentum und dem beschränkten dinglichen
Nutzungsrecht des Nießbrauchs aufheben, wenn der Nießbraucher auch für eine etwaige, durch ordnungsmäßige Ausübung des Nießbrauchs herbeigeführte Wertminderung der
belasteten Sache aufkommen und dem Eigentümer dafür
nach Beendigung des Nießbrauchs Ersatz leisten müßte.
c) Nicht eintragungsfähig ist auch die in Abschnitt II b Satz 2
getroffene Regelung, daß der „Eigentümer" nach Beendigung des Nießbrauchs verpflichtet sein soll, alle Leistungen
allein zu erbringen und die Haftentlassung des Nießbrauchers oder des Rechtsnachfolgers durch die Gläubiger zu
erwirken. Die Verpflichtung des Eigentümers, nach Beendigung des Nießbrauchs alle Leistungen allein zu erbringen,
folgt aus § 103 BGB (vgl. Palandt Anm. 2, Staudinger Rdnr. 6,
je zu § 1047); etwas anderes haben auch die Beteiligten nicht
bestimmt. Eine „Haftentlassung" des Nießbrauchers kommt
nicht in Frage, da dessen Verpflichtung, Hypothekenforderungen, Grundschulden oder Rentenschulden zu tilgen und
zu verzinsen sowie die öffentlichen Lasten zu übernehmen,
nur gegenüber dem Eigentümer, aber nicht gegenüber den
dinglichen Gläubigern oder den zur Erhebung von öffentlichen Lasten berechtigten Stellen besteht (Palandt aaO;
Staudinger Rdnr. 3, MünchKomm Rdnr. 2, BGB-RGRK Rdnr.
4, je zu § 1047). Die Regelung wiederholt also teilweise nur,was ohnehin kraft Gesetzes gilt; im übrigen ist sie gegenstandslos. Sie kann deshalb nicht eingetragen werden
(KEHE Einleitung Rdnr. B 2).
11. BGB § 96, GBVfg § 7, WEG § 1 (Beschränkbarkeit eines
Gemeinderechts sowie einer Wirtschaftsgerechtsame auf
Wohnungs- bzw. Teileigentum)
Ein Gemeinderecht sowie eine reale radizierte Wirtschaftsgerechtsame können auf ein bestimmtes einzelnes Teil- bzw.
Wohnungseigentum beschränkt werden.
(Leitsatz nicht amtlich)
LG München II, Beschluß vom 11.9.1984 —2 T 1304/84 — mitgeteilt von Notar Dr. Friedrich Kastenbauer, Starnberg
Aus dem Tatbestand:
1. Die Beteiligten zu 1) sind Eigentümer eines Grundstücks in W. Im
Bestandsverzeichnis ist für das Grundstück u.a. eingetragen:
„Gemeinderecht zu einem ganzen Nutzanteil an den noch unverteilten Gemeindebesitzungen, reale radizierte Wirtschaftsgerechtsame".
In der zweiten Abteilung des Grundbuchs ist hinsichtlich einer Teilfläche von 1210 qm eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2) eingetragen.
2. Mit notariellem Vertrag vom 21.11.1983 änderten die Beteiligten zu
1) und 2) die Vorurkunden dahingehend ab, daß der Beteiligte zu 2)
einen Miteigentumsanteil zu 541,61/1000 an dem Grundstück erhält.
Hinsichtlich des Gemeinderechts und der real radizierten Gewerbegerechtsame bestimmt die Urkunde unter Abschnitt A V:
„Das bei FI.Nr. 93 vermerkte Gemeinderecht zu einem ganzen Nutzanteil und die reale radizierte Wirtschaftsgerechtsame ist nicht mitzuübertragen, sondern verbleibt an dem Miteigentumsanteil zu
MittBayNot 1985 Heft 3

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

14.03.1985

Aktenzeichen:

BReg. 2 Z 24/85

Erschienen in:

MittBayNot 1985, 128-130

Normen in Titel:

BGB §§ 1030, 1041