Grundbuchkosten bei nachträglicher Zuweisung eines Sondernutzungsrechts
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 19.5.2015
OLG München, 23.04.2015 - 34 Wx 122/15
GNotKG KV Nr. 14160
Grundbuchkosten bei nachträglicher Zuweisung eines Sondernutzungsrechts
1. Die nachträgliche Zuweisung eines Sondernutzungsrechts an einer bislang der Gemeinschaft
zur Nutzung vorbehaltenen Fläche ist eine Inhaltsänderung des Sondereigentums, die die Festgebühr
nach Nr. 14160 Ziff. 5 KV GNotKG auslöst.
2. Betroffen i. S. v. Nr. 14160 Ziff. 5 KV GNotKG sind sämtliche Sondereigentumseinheiten,
denen der Gemeingebrauch entzogen wird, sowie die begünstigte Sondereigentumseinheit. Bei
einer Mehrhausanlage sind nur die Sondereigentumseinheiten des jeweiligen Hausblocks
betroffen, dem die Nutzung der Fläche zugewiesen ist. Die Gebühr für die Eintragung errechnet
sich demzufolge aus der Multiplikation von 50 EUR mit der Anzahl der
Sondereigentumseinheiten im jeweiligen Hausblock. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)
Gründe:
I.
Der vom Kostenschuldner beanstandete Kostenansatz des Grundbuchamts vom 26.8.2014
betrifft den Vollzug einer notariellen Urkunde - Änderung der Teilungserklärung - vom 28.5.2014,
durch die wegen geänderter Bauausführung an der Dachterasse der Wohneinheit Nr. 33 die
Gemeinschaftsordnung in der Vorurkunde (Teilungserklärung vom 29.5.2013) dahingehend
ergänzt wurde, dass mit der im Aufteilungsplan mit Nr. 33 bezeichneten Einheit nunmehr
zusätzlich das Recht verbunden ist, auch die verbreiterte Dachterrasse an der Westseite, wie
voranstehend näher beschrieben, unter Ausschluss der anderen Eigentümer zu nutzen.
Das Grundbuchamt hat die Änderung am 26.8.2014 eingetragen und eine Kostenrechnung über
5.250 € erstellt (Festgebühr von 50 € nach Nr. 14160 Ziff. 5 KV GNotKG, multipliziert mit der
Anzahl von 105 Sondereigentumseinheiten). Die Erinnerung hat das Grundbuchamt nach
Anhörung des zuständigen Bezirksrevisors als Vertreters der Staatskasse - Beteiligter zu 2 - am
3.2.2015 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kostenschuldnerin vom
2.3.2015, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
Die Beteiligte zu 1 begehrt, die Kosten dahin festzusetzen, dass lediglich eine Gebühr von 50 €,
hilfsweise eine solche von 1.100 € erhoben wird. Sie meint, es sei außer der Nr. 33 kein anderes
Sondereigentum im Sinne des Kostenverzeichnisses betroffen. Das ergebe sich unmittelbar aus
§ 12.2 der Gemeinschaftsordnung (ausschließliche Nutzungsbefugnis der Dachterrasse für die
Wohnung Nr. 33). Hilfsweise gelte die Erwägung, dass die anderen Einheiten die neu
geschaffene Nutzungsfläche nicht nutzen dürften. Sondereigentum der übrigen Einheiten sei
keinesfalls betroffen; vielmehr betreffe die Regelung das Sondernutzungsrecht am
Gemeinschaftseigentum. Letztlich sei noch zu berücksichtigen, dass der Komplex aus mehreren
Baukörpern bestehe und den Eigentümern der einzelnen Baukörper der ausschließliche
Gebrauch des jeweiligen Gemeinschafteigentums zugewiesen sei (§ 8 Gemeinschaftsordnung).
Damit seien die Eigentümer von Wohnungen in den Häusern 1 und 2 sowie der Tiefgarage
ohnehin vom Gebrauch der Dachterrasse im Haus 3 ausgeschlossen.
Das Grundbuchamt hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II.
Über das nach
über die Erinnerung zulässige Rechtsmittel der Kostenschuldnerin an das Oberlandesgericht
(
der Senat nach Übertragung durch den Einzelrichter in seiner Besetzung nach
entscheiden (vgl.
Der angegriffene Beschluss geht im Ergebnis unzutreffend davon aus, dass die eingetragene
Änderung der Teilungserklärung sämtliche 105 Einheiten in der Anlage „betrifft“. Tatsächlich
betroffen sind nur die 22 Einheiten in Haus 3.
1. Die Gebühren sind nach dem Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte
und Notare (GNotKG) vom 23.7.2013 (BGBl I S. 2586; siehe § 1 Abs. 1) zu erheben. Dabei
richtet sich die Höhe der Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 (§ 3 Abs. 2
GNotKG). Gebührentatbestand für die eingetragene Änderung der Teilungserklärung bildet im
Hauptabschnitt 4. (Grundbuchsachen) Nr. 14160 KV GNotKG (sonstige Eintragung), und zwar
Ziff. 5. Hiernach wird die Festgebühr (u. a.) erhoben für die Eintragung einer (oder mehrerer)
Änderungen des Inhalts des Sondereigentums.
Sondernutzungsrechte beruhen auf Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, die damit ihr
Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung zum Gesetz (WEG) regeln (vgl. § 10
Abs. 3 WEG). Es handelt sich um ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht, das mit der Eintragung
im Grundbuch eine Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte bewirkt, wozu materiell
gemäß
343/346; BGH
erstmalige Einräumung - nicht anders die Erweiterung - eines Sondernutzungsrechts bewirkt bei
den übrigen Wohnungseigentümern einen entsprechenden Rechtsverlust, weil sie von dem aus
dem Miteigentum fließenden Recht zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums in dem
Umfang ausgeschlossen werden, in dem einem Wohnungseigentümer das Recht zum alleinigen
Gebrauch eingeräumt wird (
Die Zuweisung (auch) der erweiterten Terrassenfläche zum Wohnungseigentum Nr. 33 mit dem
ausschließlichen Recht, sie unter Ausschluss der anderen Eigentümer zu nutzen, ist eine
derartige Inhaltsänderung des Sondereigentums, die die Festgebühr nach Nr. 14160 Ziff. 5 KV
GNotKG auslöst (ebenso Wilsch
2. Nr. 14160 Ziff. 5 KV GNotKG ordnet indessen an, dass die Gebühr (von 50 €) „für jedes
betroffene Sondereigentum“ gesondert erhoben wird. Welche Einheiten in diesem Sinne
„betroffen“ sind, namentlich ob nur dasjenige Sondereigentum gemeint ist, dem die abgeänderte
Vereinbarung zugute kommt, oder ob auch die „negativ betroffenen“ Einheiten mitzuzählen sind,
ist bisher ungeklärt. Der Senat hatte sich zwar bereits mit der Vorschrift befasst (Beschluss vom
11.8.2014, 34 Wx 319/14 Kost, bei juris), ausdrücklich jedoch nur zur Frage „gleichzeitig
beantragter“ Änderungen.
a) Nach der früher maßgeblichen Kostenordnung wurde für Änderungen des Inhalts des Sonder
eigentums keine Festgebühr erhoben. Vielmehr bemaß sich die anfallende halbe Gebühr nach
dem Wert des geänderten Rechts (§ 76 Abs. 2 mit
1994, 758), wobei sich die Bewertung nach
veränderten Rechts selbst begrenzt war (z. B. Hartmann Kostengesetze 40. Aufl.
Rn. 6,
b) Nach den Gesetzesmaterialien zum GNotKG (siehe Referentenentwurf zum 2. KostRMoG, S.
309; ihm folgend Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 17/11471 - neu - S. 209/210)
sollen die vorgeschlagenen Festgebühren die regelmäßig schwierige Wertbestimmmung
vereinfachen. Um der Komplexität dieser Vorgänge dennoch Rechnung zu tragen, solle die
Festgebühr für jedes betroffene Sondereigentum anfallen. Die gesonderte Erhebung für jedes
Sondereigentum entspreche bereits geltender Praxis. Die Gesetzesmaterialien beziehen sich
hierzu auf die Kommentierung bei Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann (KostO 18. Aufl. § 76
Rn. 23: „und zwar bei jedem betroffenen Raumeigentum“). Indessen ist der Vergleich zur
früheren Rechtslage wenig aufschlussreich, weil es seinerzeit nahe lag, alle jeweils veränderten
Rechte zu bewerten, es also auf die Frage der Betroffenheit von Raumeinheiten - rechtlich
und/oder tatsächlich - durch die Änderung nicht ankam. Hingegen macht es die Feststellung,
wieviele Festgebühren zu erheben sind, erforderlich, die „Betroffenheit“ der jeweiligen
Sondereigentumseinheiten gesondert zu ermitteln.
c) Wilsch vertritt die Ansicht, die Regelung stelle ausdrücklich auf jedes „betroffene“
Sondereigentum ab, nicht aber auf die Zahl der „begünstigten“ Wohnungseigentumseinheiten (a.
a. O.; unklar Gutfried in Bormann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG Nr. 14112 Rn. 9 und 10; Nr.
14160 Rn. 23).
d) Nach Hey'l (Korintenberg GNotKG 19. Aufl. Nr. 14160 Rn. 29) ist ein Sondereigentum nicht
schon dann betroffen, wenn auf seinem Grundbuchblatt eine Eintragung erfolgt, sondern nur
dann, wenn die Eintragung eine, sowohl begünstigende als auch beeinträchtigende, Auswirkung
auf das konkrete Sondereigentum hat. Es sei also die rechtliche Betroffenheit zu ermitteln. Als
Beispiel für die Betroffenheit aller Einheiten wird die Aufhebung einer
Veräußerungsbeschränkung nach
von Einheiten werden Tausch eines Sondernutzungsrechts oder die Umverteilung der
Aufzugskosten in einem Haus einer Mehrhausanlage aufgeführt.
e) Auch nach Meinung des Senats stellt die Bestimmung auf jedes „betroffene“, nicht nur ein
„begünstigtes“ Wohnungseigentum ab. Andernfalls wären Änderungen nur unzureichend erfasst,
die ein Wohnungseigentum begünstigen, jedoch zugleich und unmittelbar damit
korrespondierend bei einem anderen zu einer Schmälerung von Rechten führen (wie z. B. bei
der Übertragung eines Sondernutzungsrechts von der einen auf eine andere Einheit; siehe
Wilsch
Gesetzgeber nur diejenigen Einheiten einbeziehen wollen, denen die Änderung zugute kommt,
wäre dies unschwer zum Ausdruck zu bringen gewesen. Eine abweichende Lesart widerspräche
auch der Intention, trotz der bezweckten Vereinfachung den Gesichtspunkt der Kostendeckung
im Auge zu behalten (siehe Drucks. 17/11471 - neu - S. 303). Nicht anders sind aber auch
Änderungen zu behandeln, die für die übrigen Einheiten nur mit einem negativen Ausschluss
von Rechten verbunden sind, etwa indem für diese der Gebrauch des Gemeinschaftseigentums
eine Einschränkung erfährt (ebenso Wilsch
Grund, diese nach
gebührenrechtlich anders als das vorgenannte Beispiel zu behandeln. Denn in beiden Fällen ist
die rechtliche Situation beim „betroffenen“ Sondereigentum insofern dieselbe, als es zum
Ausschluss des Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums und damit zu einer auch rechtlichen
Beeinträchtigung kommt. Ob auch die tatsächlichen Gebrauchsmöglichkeiten eine (weitere)
Schmälerung erfahren oder - etwa durch die baulichen Gegebenheiten - ohnehin „faktisch“ nicht
bestehen, ist ohne Bedeutung.
3. Für den konkreten Fall bedeutet dies:
a) Der Senat folgt nicht der Sichtweise der Kostenschuldnerin, dass bereits das ursprünglich für
die Einheit Nr. 33 eingeräumte - und eingetragene - Sondernutzungsrecht bezüglich der
Dachterrasse deren Erweiterung mitumfasst. Die Gemeinschaftsordnung (§ 12.2) in der
Ursprungsfassung bezieht sich für das bezeichnete Sondernutzungsrecht auf die damaligen
Aufteilungspläne, die durch die notariellen Erklärungen vom 28.5.2014 gerade eine Änderung
erfahren sollen. Das ursprüngliche Sondernutzungsrecht erfährt ausdrücklich und gewollt eine
„Erweiterung“ auf die nun tatsächlich vorhandene - größere - Dachfläche. Dann hätte es für die
Kostenerhebung aber schon keine Rolle gespielt, dass die Urkundsbeteiligten den
maßgeblichen Akt nachträglich nur als „Klarstellung“ ohne materielle Auswirkungen (namentlich
für die übrigen Wohnungseigentümer) bewertet wissen wollen.
b) Ebenfalls nicht gefolgt werden kann der Meinung, „betroffen“ sei keinesfalls das
Sondereigentum der anderen Einheiten. Zutreffend ist insofern, dass nicht allein die Eintragung
in anderen (allen) Grundbüchern die Gebühr auslöst, es vielmehr auf die rechtliche Betroffenheit
des konkreten Sondereigentums ankommt (Korintenberg/Hey'l Nr. 14160 KV Rn. 29). So dürfte
auch die Löschung eines Sondernutzungsrechts, ohne dass dem eine geänderte Vereinbarung
der Wohnungseigentümer nach
„berühren“, aber nicht (rechtlich) „betreffen“ (siehe Wilsch
Vandenhouten WEG 11. Aufl. § 13 Rn. 46). Ergänzend wird auf 2.e) verwiesen.
c) Hingegen zu berücksichtigen ist hier der Umstand, dass die Gemeinschaftsordnung in ihrer
Urfassung (§ 8) neben der Tiefgarage bereits die Bildung dreier - weitestgehend unabhängiger -
Baukörper beinhaltete, deren jeweiligen Wohnungs- und Teileigentümern der ausschließliche
Gebrauch des am und im jeweiligen Baukörper vorhandenen, von ihnen gemeinsam benutzten
Gemeinschaftseigentums zugewiesen ist. Hiernach waren die Wohnungs- und Teileigentümer
der Häuser 1 und 2 sowie der Tiefgarage bereits von den Gemeinschaftsflächen in Haus 3
ausgeschlossen, ohne dass es noch auf die bauliche Abweichung im Bereich der Dachterrasse
des dritten Hauses angekommen wäre. Eine für den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums
erhebliche - zusätzliche - Betroffenheit löst also die gegenständliche Veränderung für diese
Eigentümer nicht aus, weil sie zuvor schon umfassend ausgeschlossen waren. Unabhängig von
der Ergänzung der für alle Wohnungs- und Teileigentümer einheitlich geltenden
Gemeinschaftsordnung und deren Eintragung in sämtlichen Wohnungsgrundbüchern kann
deshalb die Gebühr nur für jede Einheit in Haus 3 erhoben werden, weil allein diese „betroffen“
von der Änderung sind.
Nach dem Aufteilungsplan umfasst Haus 3 insgesamt 22 Sondereigentumseinheiten
(Wohnungen und Keller), so dass sich die Gebühren für die Eintragung des 2. Nachtrags vom
28.5.2014 zur Teilungserklärung vom 29.5.2013 zutreffend auf (22 x 50 €) 1.100 € belaufen.
4. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 81 Abs. 8
GNotKG).
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:23.04.2015
Aktenzeichen:34 Wx 122/15
Rechtsgebiete:Kostenrecht
Normen in Titel:GNotKG KV Nr. 14160