Keine Pflicht des Maklers zur Information über Auswirkungen der Kaufpreisgestaltung auf die Provision
letzte Aktualisierung: 6.8.2021
OLG Hamm, Urt. v. 7.1.2021 – 18 U 78/19
Keine Pflicht des Maklers zur Information über Auswirkungen der Kaufpreisgestaltung auf
die Provision
Nach Abschluss von zwei im Wesentlichen gleichlautenden Maklerverträgen des Eigentümers und
Veräußerers von zwei Doppelhaushälften (Beklagter) mit einem Makler (Kläger) für beide Objekte,
mit denen der Veräußerer dem Makler jeweils den Alleinauftrag erteilte und in denen jeweils ein
unterschiedlich hoher Mindesterlös vereinbart worden war, um die jeweilige Maklerprovision
auszulösen, muss der Makler bei einem zeitgleichen Verkauf beider Objekte an ein und denselben
Käufer seinen Kunden bzw. Veräußerer nicht über die Konsequenzen der sodann mit dem Käufer
vereinbarten Kaufpreisaufteilung für die zu zahlende Maklerprovision aufklären. Vielmehr kann der
Maklerkunde die ausgelöste und zu zahlende Provision vor Zustimmung zur jeweiligen
Kaufpreishöhe und bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages selbst berechnen und
berücksichtigen.
Gründe
I.
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin einen Provisionsanspruch aufgrund
Maklertätigkeit geltend.
Die Klägerin ist ein rechtlich und personell selbstständiges Unternehmen der ehemaligen
C, nunmehr Q Konzerngruppe. Sie befasst sich ausschließlich mit dem Nachweis und der
Vermittlung von Immobilien.
Der Beklagte war Eigentümer von zwei Doppelhaushälften in der C1str. 01 bzw. 02 in C2-I.
Eine Doppelhaushälfte wurde von ihm selbst genutzt und war entsprechend etwas
hochwertiger ausgebaut; die andere war fremdvermietet und stand zuletzt leer. Beide
Doppelhaushälften hatten eine gemeinsame Regenwasserversickerung.
Die Parteien schlossen am 15.05.2018 zwei im wesentlichen gleichlautende
Maklerverträge für die beiden Objekte, mit denen der Beklagte der Klägerin jeweils den
Alleinauftrag erteilte, über die Objekte eine Vertragsgelegenheit nachzuweisen oder einen
Vertrag zu vermitteln. Zugleich verpflichtete sich der Beklagte, jeweils mit Abschluss des
nachgewiesenen oder vermittelten Vertrags eine Provision in Höhe von 3,57 % „aus
dessen gesamtem Wirtschaftswert“ zu zahlen.
Zusätzlich vereinbarten die Parteien handschriftlich in dem Vertrag betreffend das Objekt
C1str. 01:
„Verkäuferprovision wird max in der Höhe zahlbar, dass min. 190.000 € beim Verkäufer
verbleiben.“
Hinsichtlich des Objekts C1str. 02 trafen die Parteien eine ähnliche Regelung, und zwar
bezogen auf eine Summe von 330.000 €.
Der Zeuge T, Mitarbeiter der Klägerin, der den Beklagten bereits seit mehreren Jahren
kannte und über den der Kontakt der Parteien zustande gekommen war, nahm in der
Folgezeit die Verkaufsbemühungen auf und bewarb die Immobilien unter Bestandskunden
und in verschiedenen Medien, auch im Internet. Für beide Objekte erstellte er jeweils
getrennte Exposés, die der Beklagte vor der Veröffentlichung zur Durchsicht, Prüfung und
Freigabe erhielt. Beide Häuser wurden im Internet und auch durch Aushang separat
beworben.
Der Zeuge T fand sodann die Eheleute S, die sich dazu entschlossen, beide Objekte
gleichzeitig zu erwerben. Die Käufer und der Beklagte einigten sich auf einen
Gesamtkaufpreis von 521.000 € und zwar für das Objekt in der C1str. 01 auf einen
Kaufpreis von 200.000,- € und für das Objekt in der C1str. 02 auf einen Kaufpreis von
321.000,- €.
Eine finale Besprechung fand jedenfalls zwischen den Erwerbern und dem Zeugen T in
dessen Büro am 11.07.2018 statt. Inwiefern der Beklagte anwesend war bzw. in dessen
Beisein über die Kaufpreisgestaltung gesprochen worden ist, ist streitig.
Die Beurkundung des notariellen Kaufvertrages erfolgte am 17.07.2018 vor dem Notar C3
in C2. Der Kaufpreis betrug insgesamt 521.000,- € und wurde in dem Kaufvertrag auf die
beiden Doppelhaushälften wie geschildert aufgeteilt.
Mit Rechnung vom 30.07.2018 stellte die Klägerin dem Beklagten für „die Vermittlung der
Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages für das Objekt C1str. 01“ einen Betrag in
Höhe von 7.140,- € in Rechnung, den der Beklagte nicht zahlte.
Mit E-Mail vom 21.08.2018 forderte die Klägerin den Beklagten über seinen
Prozessbevollmächtigten zur Begleichung der Rechnung unter Fristsetzung bis zum
03.09.2018 auf.
Die Klägerin hat bestritten, dass besprochen worden sei, beide Häuser nur an einen
Käufer zu verkaufen. Auch sei von einem Gesamtbetrag von 520.000,- € als Verkaufserlös
nie die Rede gewesen.
Sie hat behauptet, im Rahmen der Vertragsgespräche zwischen den Parteien sei vielmehr
vereinbart worden, die Objekte getrennt anzubieten, da der Beklagte befürchtet habe, dass
eins der Objekte schwieriger zu veräußern sei als das andere.
Von der gemeinsamen Regenwasserversickerung habe der Zeuge T erstmalig auf
Nachfrage der Prozessbevollmächtigten im Verfahren erfahren.
Die Kaufpreise seien im Vorfeld der Beurkundung mit dem Beklagten abgestimmt und
festgelegt worden. Der Beklagte habe nicht eingewandt, dass die Kaufpreisverteilung für
ihn nachteilig sei.
Wenn es der Wunsch des Beklagten gewesen sei, hätte er einen Gesamtauftrag erteilen
und die Wertgrenze hinsichtlich der Auslösung einer Provision insgesamt festlegen
können.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.140,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über Basiszinssatz ab dem 04.09.2018 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, er habe von Anfang der Maklergespräche an darauf hingewirkt, die
Grundstücke C1str. 01 und 02 gemeinsam zu veräußern, da die Grundstücke nur über
eine einheitliche Regenwasserversickerungsanlage verfügen. Er habe deshalb einen
Mehraufwand hinsichtlich der Abwicklung mit zwei Parteien auf Käuferseite gescheut.
Daher habe er die Suche nach nur einem einzigen Kaufinteressenten erwartet. Es sei ihm
darauf angekommen, dass insgesamt ein Mindesterlös von 520.000,- € erzielt werde, der
ihm abschlagsfrei zufließe. Der Klägerin habe es frei gestanden, durch eigenes
Verhandlungsgeschick einen Mehrerlös zu erzielen, der dann einen Provisionsanspruch
ausgelöst hätte.
Die Vereinbarungen seien so auszulegen, dass er nach Durchführung des Vertrages nach
Abzug der Maklerkosten so hätte gestellt sein wollen, dass ihm aus beiden Verträgen ein
Verkaufserlös von insgesamt 520.000,- € zufließe.
Der Beklagte hat weiter die Ansicht vertreten, der Zeuge T habe eine
Treuepflichtverletzung ihm gegenüber begangen, da er ihn in der Besprechung vom
11.07.2018 nicht über die provisionsauslösende Preisgestaltung aufgeklärt habe. Er, der
Zeuge T, habe ihn nicht ausdrücklich darüber aufgeklärt, dass für das Grundstück C1str.
01 ein Provisionsanspruch in Höhe von 7.140,- € entstehen werde. Der Makler habe
insbesondere dann eine Informationspflicht, wenn er selbst Preisverhandlungen führe oder
Aufklärungstätigkeiten aufgrund wirtschaftlicher Unerfahrenheit zum Auftrag dazu
gehörten.
Eine Treuepflichtverletzung liege aber auch darin, dass der Zeuge T eine Preisgestaltung
vorgenommen habe, die seinen, des Beklagten, wirtschaftlichen Interessen zuwider
gelegen habe. Der Zeuge T habe eine Rabattierung auf beide Grundstücke vorgenommen,
allerdings nur auf ein Grundstück eine rabattierfähige Handelsspanne aufgeschlagen. Die
Klägerin habe damit eigenwirtschaftliche Interessen in den Verkaufsvorgang einfließen
lassen. Maßstab für die Ermittlung des pflichtwidrigen Verhaltens sei nicht die getrennte
Betrachtung eines jeden Maklerauftrages für sich, sondern die gesamtwirtschaftliche
Betrachtung.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, 1.000,- € nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2018 an die Klägerin zu zahlen.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, der
Beklagte habe dem Verkauf nur zugestimmt, weil er aufgrund der schriftlichen Verträge
davon habe ausgehen dürfen, dass ihm ein Mindesterlös von insgesamt 520.000 €
verbleibe. Indem der Zeuge T zugelassen habe, dass die Parteien für das Objekt Nr. 02
einen um 9.000 € unter dem Mindestverkaufspreis liegenden Preis vereinbarten, habe er
sich in Höhe von 6.140 € gegenüber dem Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht.
Dagegen wenden sich die Parteien mit ihren wechselseitigen Berufungen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen,
welches das Landgericht unzureichend gewürdigt habe. Sie wendet ein, eine
Gesamtbewertung, d.h. das Anbieten der Objekte nur an einen Erwerber, sei weder
vorgesehen noch besprochen worden. Ein „Gesamtmindesterlös“ sei nicht vereinbart
worden, auch keine Verknüpfung der einzelnen Maklerverträge, d.h. dass der eine habe
„stehen und fallen“ sollen mit der Durchführung des anderen.
Der Verteilung und auch der Vereinbarung der Höhe der Kaufpreise habe eine
gemeinsame Besprechung und Einigung der Kaufvertragsparteien im Büro und Beisein
des Zeugen T zugrunde gelegen. Der Beklagte habe der Aufteilung der Kaufpreise nicht
widersprochen. Er habe auch nicht erklärt, dass er damit nur einverstanden sei, wenn die
Mindesterlöse der jeweiligen Maklerverträge addiert, mithin 520.000,- € als
Gesamtmindesterlös, zugrunde gelegt würden. Der Beklagte habe das Thema der
Provisionshöhen in diesem Zusammenhang nicht angesprochen.
Das Landgericht hätte zudem hinsichtlich der Behauptung des Mindesterlöses von
520.000,- € Beweis erheben müssen.
Auch hätten die Kaufvertragsparteien die Kaufvertragsverhandlungen selbst geführt. Der
Beklagte habe sich ohne Einschränkung mit dem Kaufpreis und der Verteilung
einverstanden erklärt. Eine Pflichtverletzung auf ihrer Seite liege daher nicht vor. Der
Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, den Abschluss des Kaufvertrages abzulehnen oder
von weiteren Bedingungen abhängig zu machen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bochum insoweit abzuändern, dass der Beklagte
insgesamt verurteilt wird, an die Klägerin 7.140,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über Basiszinssatz ab dem 04.09.2018 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und
auf seine Berufung unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils – I-2 O 106/19
– der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 16.06.2019 die Klage insgesamt
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte rügt, dass auch der Überschuss in Höhe von 1.000,- € nicht an die Klägerin
abzuführen sei, weil der gesamte Provisionsanspruch der Verwirkung des
analog unterliege. Maßstab für die Ermittlung des pflichtwidrigen Verhaltens sei nicht die
getrennte Betrachtung eines jeden Maklerauftrages für sich, sondern die
gesamtwirtschaftliche Betrachtung. Die Maklerverträge seien so auszulegen, dass er nach
Durchführung des Verkaufes nach Abzug der Maklerkosten in jedem Fall so gestellt
werden solle, dass ihm aus beiden Verträgen ein Verkaufserlös von mindestens insgesamt
520.000,- € zufließe. Aus den Umständen sei auch erkennbar, dass der Zeuge T diese
Auffassung, die er, der Beklagte, gehabt habe, auch so verstanden habe. Ansonsten wäre
der Zeuge T nicht auf den Verkaufserlös von insgesamt 521.000 € gekommen.
Im Übrigen habe er, der Beklagte, nicht aktiv auf die Preisgestaltung Einfluss genommen.
Die Preisgestaltung habe der Zeuge T schon im Vorfeld zur Besprechung eingeleitet,
indem er Handelsspannen in die Preise eingearbeitet und diese asymmetrisch von den
Ursprungspreisen rabattiert habe. Dies habe der Zeuge T nur getan, um sich durch das
rechnerische Ergebnis eines Übersteigens des Mindesterlöses seinen Provisionsanspruch
zu sichern.
Die Klägerin habe aber auch bei rechtlicher Trennung eine Pflichtverletzung begangen,
indem sie die Preise in dem von ihr vorgenommenen Verfahren festgesetzt habe.
Eine weitere eigenständige Treuwidrigkeit liege darin, dass der Zeuge T in der
Besprechung am 11.07.2018 nicht ausdrücklich auf die provisionszahlungsauslösende
Preisgestaltung hingewiesen habe. Er habe im Moment der geführten Preisverhandlungen
eine Gesamtkaufsumme von 521.000,- € rabattiert, so dass für ihn, den Beklagten, die
Fehlvorstellung provoziert worden sei, dass eine Provisionszahlung nicht würde ausgelöst
werden können. Die Einzelpreise seien aus nicht näher begründbaren Umständen
unterschiedlich verschoben worden.
Im Übrigen sei er bei der Besprechung am 11.07.2018 nicht dabei gewesen. Ihm sei nur
das Ehepaar S kurz vorgestellt worden.
Am Tag der Unterschrift beim Notar habe er – insoweit unstreitig – den Zeugen T darauf
angesprochen, dass für die beiden Häuser nicht jeweils diejenigen Preise erzielt seien, die
ihm vorschwebten, woraufhin der Zeuge T beschwichtigend mitgeteilt habe, dass für ihn
immer noch ein Gesamterlös von 520.000 € herauskäme und deshalb alles in Ordnung
sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze
nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Der Senat hat den Zeugen T vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme
auf den Berichterstattervermerk vom 14.12.2020 verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet; die zulässige Berufung der
Klägerin führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils.
1.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 7.140.00 € gem. §
652 Abs. 1 S. 1 BGB.
a)
Zwischen den Parteien ist u.a. ein wirksamer (schriftlicher) Maklervertrag hinsichtlich des
Objekts C1str. 01 zustande gekommen. Der Beklagte hat sich darin verpflichtet, mit
Abschluss des nachgewiesenen oder vermittelten Vertrages eine Provision in Höhe von
3,57% „aus dem gesamten Wirtschaftswert“, also dem Kaufpreis, zu zahlen. Zugleich
haben die Parteien vereinbart, dass die Verkäuferprovision maximal in der Höhe zahlbar
ist, dass mindestens 190.000,- € beim Verkäufer verbleiben.
b)
Die Klägerin hat, vertreten durch den Zeugen T, eine Nachweisleistung erbracht. Denn der
Zeuge T hat nach entsprechenden Verkaufsbemühungen die Eheleute S als
Kaufinteressenten auch des Objektes C1str. 01 ausfindig gemacht hat und dem Beklagten
benannt. Hierdurch wurde der Beklagte in die Lage versetzt, in konkrete Verhandlungen
einzusteigen. Dass er diese Gelegenheit ggf. nicht konkret dazu genutzt hat, über den
Kaufpreis zu verhandeln, ändert nichts an dem erfolgten Nachweis, d.h. der Mitteilung über
den Interessenten, der ihn grundsätzlich in die Lage versetzte, in konkrete Verhandlungen
über den angestrebten Hauptvertrag einzutreten.
Ob die Klägerin darüber hinaus Vermittlungsleistungen erbracht hat, kann angesichts der
erfolgten Nachweisleistung dahinstehen.
c)
Der beabsichtigte Hauptvertrag mit einem Dritten, hier den Eheleuten S, ist zustande
gekommen. Der notarielle Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und den Eheleuten S, u.a.
betreffend das Objekt C1str. 01, wurde am 17.07.2018 geschlossen.
d)
Damit ist ein Provisionsanspruch in Höhe von 7.140,00 € entstanden. Dieser Betrag ergibt
sich rechnerisch angesichts der vereinbarten Provision von 3,57 % des Verkaufspreises,
der sich auf 200.000,- € belief.
aa)
Bei einer Provision in dieser Höhe verbleibt dem Beklagten aus dem zu zahlenden
Kaufpreis ein Betrag in Höhe von 192.860,- €, der über dem im Maklervertrag vereinbarten
Mindesterlös von 190.000,- € liegt, so dass auch die vereinbarte Mindesterlösklausel für
das Objekt C1str. 01 dem Provisionsanspruch nicht entgegensteht.
bb)
Eine darüberhinausgehende Mindesterlösklausel, die sich auf beide Doppelhaushälften
und einen Gesamtmindesterlös von 520.000 € bezieht, ist nicht vereinbart worden und
steht daher dem Provisionsanspruch nicht entgegen.
Denn entgegen der Argumentation des Beklagten sind die – getrennten –
Provisionsvereinbarungen nicht gem.
nach Abzug der Maklerkosten so gestellt werden sollte, dass ihm aus beiden Verträgen ein
Verkaufserlös in Höhe von mindestens 520.000,- € zufließen sollte.
Gegen eine entsprechende Gesamtbetrachtung spricht, dass die Parteien für beide
Objekte zwei verschiedene Maklerverträge geschlossen haben und in beiden Verträgen
unterschiedliche Mindesterlöse aufgeführt sind, die dem Beklagten im Falle des Verkaufs
weiterhin zur Verfügung stehen sollten. Hätte es sich um einen Gesamtmindesterlös in
Höhe von 520.000,- € gehandelt, der im Falle des Verkaufs beim Beklagten verbleiben soll,
wäre zu erwarten gewesen, dass dieser Gesamtbetrag in beiden Maklerverträgen oder in
einem Maklervertrag für beide Objekte festgehalten worden wäre. Auch in dem notariellen
Kaufvertrag vom 17.07.2018 werden in § 3 des Vertrages die Kaufpreise für die beiden
Objekte getrennt ausgewiesen. Die beiden Maklerverträge sehen auch keine Verknüpfung
vor und stehen in keinem – ausdrücklich geregelten oder erkennbaren –
Abhängigkeitsverhältnis. Es wäre ebenso denkbar gewesen, dass die Doppelhaushälften
an unterschiedliche Erwerber veräußert worden wären. Allein die Besonderheit, dass hier
ein Erwerber beide Doppelhaushälften erworben hat, führt nicht zu einer abweichenden
wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung im Sinne der Auslegung des Beklagten, dass ein
Mindesterlös von 520.000,- € insgesamt vereinbart worden wäre.
Soweit der Beklagte vorgetragen hat, er habe von Anfang an eine gemeinsame
Veräußerung angestrebt, mag dies zutreffend gewesen sein, hat aber im Ergebnis keinen
Niederschlag in den schließlich getrennt geschlossenen Maklerverträgen gefunden. Zu
denen ist es möglicherweise gekommen, nachdem der Zeuge T – wie er glaubhaft
bekundet hat – darauf verwiesen hatte, dass auch die gemeinsame
Regenversickerungsanlage einer getrennten Veräußerung nicht entgegensteht und diese
„Problematik“ durch entsprechende Regelungen in den Kaufverträgen gelöst werden kann.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Parteien, abweichend von den schriftlichen
Maklerverträgen, mündlich eine andere Vereinbarung, nämlich eine solche hinsichtlich
eines „Gesamtmindesterlös“, getroffen hätten. Unabhängig davon, ob der Zeuge T
überhaupt befugt gewesen wäre, für die Klägerin neben den schriftlichen Vereinbarungen
abweichende mündliche Vereinbarungen zu treffen, reicht der diesbezügliche Vortrag des
Beklagten zur Annahme einer abweichenden Vereinbarung – die die Klägerin zudem in
Abrede gestellt hat – nicht aus. Der Beklagte ist nämlich insofern darlegungs- und
beweispflichtig. Es gilt der Erfahrungssatz bzw. die Vermutung, dass unterschriebene
Vertragsurkunden die vollständigen Willenserklärungen der Vertragspartner vollständig und
richtig wiedergeben (BGH
darüberhinausgehende Vereinbarung hinsichtlich der Mindestgesamtkaufpreissumme in
Höhe von 520.000,00 € beweisen.
Da es daran vorliegend fehlt – der Zeuge T hat die vom Beklagten behauptete
Vereinbarung im Zuge seiner Vernehmung nicht bestätigt – , kommt es auch nicht mehr
darauf an, ob eine ggf. mündliche Abrede an der in dem Maklervertrag unter Ziffer 9
festgehalten Schriftformklausel, wonach mündlich getroffene Nebenabreden zur
rechtlichen Wirksamkeit der schriftlichen Bestätigung der Q Immobilien GmbH bedürfen,
scheiterte.
e)
Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht gem.
Zwar kann der Provisionsanspruch wegen lohnunwürdigen Fehlverhaltens aberkannt
werden. Es ist anerkannt, dass
der Doppeltätigkeit des Maklers betrifft, sondern immer dann eingreift, wenn der Makler
vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden leichtfertigen Weise den Interessen
des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwiderhandelt, dass er seines Lohnes
„unwürdig“ erscheint. Der Makler erweist sich seines Lohnes als „unwürdig”, wenn er seine
Treuepflichten vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, zumindest aber in einer dem Vorsatz
nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat (BGH Urt. v. 05.02.1962, Az.: VII
ZR 248/60,
OLG Koblenz, Urt. v. 23.03.1995, Az.: 5 U 1530/94,
der Verwirkung des Provisionsanspruchs ist mithin eine schwerwiegende
Vertragsverletzung, wobei sich diese in erster Linie nach dem subjektiven Tatbestand der
dem Makler zur Last gelegten Treuepflichtverletzung bestimmt.
Eine solche Treuepflichtverletzung lässt sich aber vorliegend nicht feststellen. Der
erforderliche Beweis ist dem Beklagten nicht gelungen.
aa)
Eine Treuepflichtverletzung liegt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht darin, dass der
Zeuge T den Beklagten in der Besprechung vom 11.07.2018 oder an einem anderen Tag
vor Kaufvertragsschluss nicht über die provisionsauslösende Preisgestaltung in Höhe von
7.140,- € aufgeklärt hat.
Unabhängig davon, ob eine gemeinsame Besprechung der Kaufvertragsparteien mit dem
Zeugen T am 11.07.2018 oder jeweils getrennte Besprechungen der Erwerber und des
Beklagten mit dem Zeugen T erfolgten, musste der Zeuge T den Beklagten nicht über die
Konsequenzen der Kaufpreisaufteilung für die zu zahlende Provision aufklären.
Die provisionsauslösenden schriftlichen Maklerverträge mit der Provisionshöhe und den
jeweiligen Mindestsummen hatte der Beklagte bereits einige Zeit zuvor am 15.05.2018
unterschrieben. Einer gesonderten Aufklärung bedurfte es daher nicht. Der Beklagte hätte
sich die Höhe der zu zahlenden Provision eigenständig errechnen können. Dem Beklagten
waren die Höhe der zu zahlenden Provision (3,57 % in Bezug auf den Verkaufspreis) und
der jeweils vereinbarte Mindesterlös bekannt. Er hätte die zu zahlende Provision bei seiner
Zustimmung zur jeweiligen Kaufpreishöhe und bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages
berücksichtigen können. Da dem Beklagten insoweit die entscheidenden Umstände
bekannt waren, bedurfte es keiner erneuten Aufklärung seitens des Zeugen T. Es ist auch
nicht davon auszugehen, dass der Beklagte nicht in der Lage gewesen wäre, bei gehöriger
Anspannung die zu zahlende Provision zu erkennen bzw. zu errechnen oder er dermaßen
wirtschaftlich unerfahren ist, dass aufgrund dessen besonderer Anlass zur Aufklärung
durch den Zeugen T bestanden hätte. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob der
Aussage des Zeugen T, er habe dem Beklagten klar kommuniziert, dass bei dem einen
Objekt kein Provisionsanspruch entsteht, bei dem anderen Objekt aber schon, Glauben zu
schenken ist.
Im Hinblick auf die Kenntnis des Beklagten von den schriftlichen Vereinbarungen hätte der
Beklagte auch entsprechend nachfragen können und müssen, wenn für ihn die Frage der
Entstehung von Provision unklar war. Dass er dies getan hat und ggf. von dem Zeugen T
„vertröstet“ oder „in Sicherheit“ gewogen worden ist, lässt sich nicht feststellen. Soweit der
Beklagte erstmals in zweiter Instanz unbestritten vorgetragen hat, er habe unmittelbar vor
dem Notartermin bei dem Zeugen T wegen der Kaufpreisaufteilung nachgefragt und dieser
habe ihm beschwichtigend mitgeteilt, dass für ihn immer noch ein Gesamterlös von
520.000 € herauskäme und deshalb alles in Ordnung sei, hat der Beklagte dies im
Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat nicht aufrechterhalten.
Unerheblich wäre auch, wenn der Beklagte sich die schriftlichen Vereinbarungen im
jeweiligen Maklervertrag im Einzelnen vor Unterschrift nicht durchgelesen hätte.
Unabhängig davon, dass die handschriftlichen Vereinbarungen zu den Mindesterlösen
bereits unmittelbar ins Auge fallen, entlastet das Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen einer durch
Unterschrift bestätigten Vereinbarung grundsätzlich nicht (vgl. Münchener Kommentar zum
BGB/Armbrüster, 8. Auflage, § 119 Rn. 51). Ebenfalls unerheblich ist es, wenn der
Beklagte dem Zeugen T dermaßen vertraute, dass er sich keine weiteren Gedanken über
die Aufteilung des Kaufpreises gemacht hat.
bb)
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Zeuge T Treuepflichten gegenüber dem
Beklagten dadurch verletzt hat, dass er auf die Preisgestaltung Einfluss genommen hat
und dies den wirtschaftlichen Interessen des Beklagten zuwidergelaufen ist.
(1)
Dies gilt zunächst insoweit, als der Beklagte vorgetragen hat, der Zeuge T habe
unterschiedlich „Aufschläge“ vorgenommen, was dann bei einem Objekt zum
Unterschreiten der Mindestsumme und bei dem anderen Objekt trotz Nachlass zu einem
Preis oberhalb der Mindestsumme und damit einer Provisionspflicht geführt habe.
Nach den Maklerverträgen waren die Angebotspreise mit 210.000 € und 349.000 €
vereinbart. Dass der Zeuge T die Objekte abweichend angeboten hat, lässt sich nicht mit
der erforderlichen Sicherheit feststellen. Zwar spricht der Umstand, dass der Klägerin für
das teurere Objekt lediglich ein Exposé über 330.000 € vorlag und der Zeuge T
angegeben hat, sich an eine Änderung des Exposés nicht erinnern zu können, da alles
relativ schnell gegangen sei, dass dieses Objekt von Anfang an für 330.000 € angeboten
worden ist, was dann bereits der vom Beklagten gewünschten Mindestsumme
entsprochen hätte. Andererseits hat der Zeuge T ebenso angegeben, ein Objekt bei
entsprechender Vereinbarung eines Angebotspreises nicht ohne Rücksprache mit dem
Auftraggeber anders anbieten zu dürfen.
Im Übrigen dürfte auch ein Angebot von 330.000 € betreffend das Objekt C1str. 02 noch
nicht eine entsprechende Treuepflichtverletzung, die zur Lohnunwürdigkeit betreffend das
Objekt C1str. 01 führt, darstellen. Denn im Fall eines Erwerbers für beide Objekte dürfte
das Vornehmen eines „Aufschlags“ bei allein einem Objekt die Interessen des Beklagten
nicht in schwerwiegender Weise verletzen. Denn selbst wenn der Erwerber das Objekt 02
nur zu einem geringeren Preis hätte erwerben wollen, wäre es aus Sicht des Beklagten
möglich gewesen, den Verkauf beider Objekte von einer Aufteilung der
Gesamtkaufpreissumme entsprechend der vereinbarten Mindestsummen abhängig zu
machen.
(2)
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Zeuge T auf die Preisgestaltung in der Form
Einfluss genommen hat, dass darauf die von den Erwerbern konkret angebotenen Preise
von 200.000 € und 321.000 € beruhen.
Die Klägerin hat – von dem Zeugen T bestätigt – vorgetragen, die von den Erwerbern in
dieser Höhe angebotenen Preise hätten auch von den Beleihungswerten der
finanzierenden Bank abgehangen. Der Zeuge T hat weiter angegeben, auf die von den
Erwerbern angebotenen Preise keinen Einfluss genommen zu haben, weil er die Angebote
ja nur habe entgegennehmen können. Auch wenn es auffällt, dass die Eheleute S mit ihren
unter den in den Exposés angegebenen Kaufpreisen liegenden Angebot i.H.v. insgesamt
521.000 € noch knapp über dem vom Beklagten erwünschten Gesamterlös von 520.000 €
„gelandet“ sind, reicht dies nicht aus, um eine Beteiligung der Klägerin bzw. des Zeugen T
daran anzunehmen.
Dass die Klägerin – wie in den vom Beklagten zitierten Entscheidungen des Senats vom
01.02.1990 (18 U 77/89) und vom 23.05.1996 (18 U 147/95) – ihren Provisionsanspruch
verwirkt hätte, weil sie nicht strenge Unparteilichkeit gegenüber beiden Auftraggebern
eingehalten oder Erklärungen über die Kaufpreisvorstellung der anderen Seite getätigt hat,
ist damit nicht der Fall.
(3)
Schließlich war die Klägerin auch nicht dazu verpflichtet, die in den Maklerverträgen
avisierten Mindesterlöse für den Beklagten zu erzielen und hat auch keine Garantie hierfür
übernommen.
2.
Die Klägerin hat des Weiteren einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem
04.09.2018 gem.
den Beklagten erfolglos dazu aufgefordert, die streitgegenständliche Zahlung bis zum
03.09.2018 vorzunehmen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung
über die Vollstreckbarkeit auf den
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung,
die Fortbildung des Rechts verlangt nicht nach einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofs und der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von
höchstrichterlichen oder anderen obergerichtlichen Urteilen ab, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Hamm
Erscheinungsdatum:07.01.2021
Aktenzeichen:18 U 78/19
Rechtsgebiete:
Maklervertrag
Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 654