Grundbuchberichtigung bei Tod eines BGB-Gesellschafters
letzte Aktualisierung: 21.02.2020
OLG München, Beschl. v. 7.1.2020 – 34 Wx 420/19
GBO §§ 22, 29
Grundbuchberichtigung bei Tod eines BGB-Gesellschafters
Die Berichtigung des durch den Tod eines Gesellschafters bürgerlichen Rechts unrichtig
gewordenen Grundbuchs setzt neben dem Nachweis des Versterbens eines bisherigen
Gesellschafters und des Nachweises der Erbfolge einen Nachweis des Inhalts des
Gesellschaftsvertrags voraus. Wurde dieser privatschriftlich errichtet, kann die Vorlage dieses nicht
in der grundbuchrechtlichen Form entsprechenden Gesellschaftsvertrags genügen.
Gründe
I.
Im Grundbuch ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bestehend aus fünf Personen, darunter auch
Herrn X.X, als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen.
Im privatschriftlich verfassten, in beglaubigter Kopie vorgelegten Gesellschaftsvertrag vom 17.12.2007 ist in
§ 8 für den Fall des Todes eines Gesellschafters geregelt:
(1) Im Falle des Todes eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit den Erben
oder Vermächtnisnehmern des Verstorbenen fortgesetzt. Die Erben oder Vermächtnisnehmer haben einen
gemeinsamen Vertreter zu bestellen, der in der Gesellschaft alle Rechte und Pflichten des verstorbenen
Gesellschafters wahrzunehmen hat.
Die Erben eines Gesellschafters haben innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Ableben des
verstorbenen Gesellschafters das Recht, den Eintritt in die Gesellschaft durch Mitteilung an die übrigen
Gesellschafter abzulehnen. Treten keine Eben oder Vermächtnisnehmer als Rechtsnachfolger eines
verstorbenen Gesellschafters ein, so setzten die übrigen Gesellschafter die Gesellschaft fort. In diesem Fall
sind die Erben oder Vermächtnisnehmer gemäß Abs. 3 abzufinden. Ist nur noch ein Gesellschafter
vorhanden, so wächst diesem das Vermögen der Gesellschaft zu.
Herr X.X ist am 23.8.2017 verstorben. Er wurde gemäß Erbschein vom 7.11.2017, der dem Grundbuchamt in
Ausfertigung vorgelegt wurde, von X.X., X.X. (Beteiligter), X.X. und X.X. beerbt.
Am 18.7.2019 beantragte der Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend, dass der Erblasser
aus der GbR ausgeschieden und die Erben an seiner Stelle Gesellschafter geworden sind.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 1.8.2019 hat das Grundbuchamt - soweit hier von Belang - darauf
hingewiesen, dass der Eintragung das Fehlen von Berichtigungsbewilligungen aller verbliebenen
Gesellschafter und aller Erben entgegenstehe. Für einen Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 GBO wäre
nämlich der Gesellschaftsvertrag in der Form des § 29 GBO vorzulegen, was mangels notarieller Errichtung
jedoch ausscheide.
Dagegen wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde vom 20.8.2019. Da der Gesellschaftsvertrag nicht in
notarieller Form geschlossen sei, genüge nach der herrschenden Meinung die schriftliche Form.
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass aufgrund der Möglichkeit, einen Gesellschaftsvertrag formfrei zu
ändern, der Nachweis erforderlich sein könnte, dass der Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 2007 hinsichtlich
des § 8 (1) unverändert geblieben ist. Daraufhin legte der Beteiligte Erklärungen aller verbliebener
Gesellschafter der GbR sowie aller Erben nach X.X. vor, wonach § 8 (1) des Gesellschaftsvertrags vom
17.11.2007 unverändert sei und kein Erbe die Ablehnung seines Eintritts in die GbR erklärt habe.
II.
Die nach
Beschwerde gegen die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung hat in der Sache - zumindest
vorläufig - Erfolg.
1. In formeller Hinsicht lagen die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1
GBO nicht vor. Verlangt wird die Vorlage von Berichtigungsbewilligungen (§§ 22, 19 GBO) sämtlicher neben
dem Erblasser eingetragenen Gesellschafter und zudem nach § 22 Abs. 2 GBO die Zustimmung des oder
der neu hinzukommenden Gesellschafter (vgl. Senat vom 6.4.2016, 34 Wx 426/15 = FamRZ 2016,
1887/1889; Hügel/Kral GBO 3. Aufl. GesR Rn. 76). Mit diesem Inhalt hätte das Grundbuchamt, ausgehend
von seiner Rechtsauffassung, eine Zwischenverfügung nicht erlassen dürfen. Diese soll dem Antragsteller
den Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten, erhalten.
Das ist nur gerechtfertigt, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Eine
später erklärte Berichtigungsbewilligung wirkt jedoch nicht zurück. Deshalb kann es nicht Gegenstand einer
Zwischenverfügung sein, dem Antragsteller die Vorlage einer Eintragungsbewilligung aufzugeben, die erst
Grundlage für die vorzunehmende Eintragung sein soll (ständige Rechtspr.; BGH
Senat vom 26.10.2015, 34 Wx 233/15 =
N.). Für den Fall der Berichtigungsbewilligung gilt nichts Abweichendes (Senat vom 6.4.2016, 34 Wx 426/15
=
Rechtsauffassung des Grundbuchamts hätte der Berichtigungsantrag daher sofort zurückgewiesen werden
müssen.
2. Der Senat weist für das weitere Verfahren - nicht bindend - auf folgendes hin:
a) Soll das Grundbuch hinsichtlich der Eigentümerstellung berichtigt werden, so kann dies auf der Basis von
Berichtigungsbewilligungen bei lediglich schlüssiger Darlegung der Grundbuchunrichtigkeit (§§ 19, 22 Abs.
2,
Unrichtigkeit des Grundbuchs bedingenden Tatsachen (§ 22 Abs. 1 GBO) erfolgen (Hügel/Holzer § 22 Rn.
71 f.; Demharter § 22 Rn. 28, 31).
An die Erbringung des Unrichtigkeitsnachweises sind strenge Anforderungen zu stellen (BayObLGZ 1986,
317/320; Demharter § 22 Rn. 37). Als ausreichende Grundlage für eine Berichtigung ohne Bewilligung der
Betroffenen genügt eine bloße gewisse Wahrscheinlichkeit der vorgetragenen Umstände nicht (BayObLGZ
1985, 225/228; Hügel/Holzer § 22 Rn. 59 m. w. N.). Es ist grundsätzlich in der Form des § 29 GBO, somit
durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, lückenlos jede Möglichkeit auszuräumen, die der
Richtigkeit der vorhandenen Eintragung entgegenstehen könnte (Senat vom 12.12.2007, 34 Wx 118/07 =
Frage stellen könnten, brauchen nicht widerlegt zu werden (
Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 22 Rn. 171).
b) Diese Grundsätze gelten gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 GBO ebenfalls für die Berichtigung der
Gesellschafterzusammensetzung der als Eigentümer von Grundbesitz eingetragenen GbR. Dazu bedarf es
im Fall der Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben neben dem Nachweis des Versterbens eines
bisherigen Gesellschafters entweder der Vorlage eines Gesellschaftsvertrags, aus dem sich eine
Nachfolgevereinbarung ergibt, sowie des Nachweises der Erbfolge (Hügel/Kral GesR Rn. 75 ff.), oder die
bestehenden Gesellschafter legen eine Fortsetzungsvereinbarung vor, wonach die Gesellschaft mit den
übrigen mindestens zwei Gesellschaftern fortgesetzt wird (Hügel/Kral GesR Rn. 71).
c) Ein Abweichen von dem strengen Formerfordernis wird allerdings dann für möglich gehalten, wenn sich
die Beteiligten andernfalls in einer unüberwindbaren Beweisnot befinden würden. Trotz der Formvorschrift
des § 29 GBO kann daher auch ein nur in privatschriftlicher Form geschlossener Gesellschaftsvertrag der
GbR als Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 22 GBO genügen (Senat vom 28.7.2015, 34 Wx 106/15 = FGPrax
2015, 250, vom 24.10.2014, 34 Wx 176/14 =
307/308; OLG Schleswig
41 f.; Hügel/Kral GesR Rn. 66 f.; Hügel/Holzer § 22 Rn. 67; Bayer/Lieder in Bauer/Schaub J 41;
Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 4274 ff. und FN 288; nach a. A. ist die Vorlage eines
Gesellschaftsvertrags nicht erforderlich, es müssen jedoch alle Erben in der Form des § 29 GBO zustimmen,
vgl. KG
Dies ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in Teilen der Literatur bei einem Antrag auf
Berichtigung eines aufgrund des Todes eines BGB-Gesellschafters unrichtig gewordenen Grundbuchs
anerkannt, wenn andernfalls die Grundbuchunrichtigkeit auch aufgrund einer Berichtigungsbewilligung (§§
19, 22 GBO) nicht beseitigt werden könnte (s. etwa
Wx 303/12 =
befürwortet und die Vorlage eines nicht der grundbuchrechtlichen Form des § 29 GBO entsprechenden
Gesellschaftsvertrages als ausreichend angesehen (OLG Schleswig
allem, dass es keine Vorschriften gibt, nach denen der Gesellschaftsvertrag einer GbR in einer bestimmten
Form geschlossen werden müsste (vgl. Hügel/Holzer § 22 Rn. 67). Es besteht daher für Gesellschafter
oftmals keine Notwendigkeit bei Errichtung des Gesellschaftsvertrags einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, dies beurkunden zu lassen.
Die Berichtigung der Gesellschafter einer GbR nach dem Tod eines Gesellschafters im Grundbuch ist
allerdings auch über eine Berichtigungsbewilligung nach §§ 22, 19 GBO nicht ohne weiteres möglich, wenn
der Nachweis der Bewilligungsberechtigung ebenfalls nur anhand des nicht formgerechten
Gesellschaftsvertrages geführt werden könnte (vgl.
339/340; Demharter § 22 Rn. 41 f.; a. A. Weber
außer den eingetragenen Gesellschaftern noch diejenigen, die aufgrund der Nachfolgeklausel neue
Gesellschafter sind (§ 22 Abs. 2 GBO; Senat vom 28.7.2015, 34 Wx 106/15 =
Person ist jedoch wiederum nur aus dem Gesellschaftsvertrag, gegebenenfalls in Verbindung mit einem
Erbschein festzustellen.
In einem solchen Fall zwar die Führung eines Unrichtigkeitsnachweises für unmöglich zu halten, da der
Gesellschaftsvertrag nicht die Form des § 29 GBO wahrt, andererseits aber an den Nachweis der
Bewilligungsbefugnis reduzierte Anforderungen zu stellen und dafür die Vorlage eines bloße
privatschriftlichen Gesellschaftsvertrags ausreichen zu lassen, ist in sich widersprüchlich, ohne dass es dafür
einen hinreichenden Grund gibt (vgl. Senat vom 24.10.2014, 34 Wx 176/14 =
d) Für eine Reduzierung der Anforderungen auch beim Unrichtigkeitsnachweis spricht im Übrigen, dass die
Beteiligten, die gesellschaftsrechtlich keinen Anlass zur Wahrung einer bestimmten Form haben, auch einen
notariell errichteten Gesellschaftsvertrag ohne weiteres im Nachhinein formlos ändern können. Ein notarieller
Vertrag birgt daher nicht die Gewissheit in sich, dass diese Regelungen noch fortbestehen. Der
Gesetzgeber, der diese Probleme auch bei Normierung von
keinerlei Formvorschriften für den Gesellschaftsvertrag der GbR geregelt.
Soweit es bei Gesellschaftsverträgen Zweifel geben kann, ob diese ohne Änderungen weiterhin bestehen,
sind ebenfalls die Anforderungen an den Nachweis reduziert. Insoweit wird vertreten, dass
Gesellschaftsverträge wegen eines fortlaufenden Anpassungsbedarfs an die aktuellen personellen und
finanziellen Verhältnisse einem häufigeren Wandel unterworfen sind und nach allgemeiner Lebenserfahrung
ein unverändertes Fortbestehen des Gesellschaftsvertrags nach Ablauf von „mehreren Jahren“ nicht mehr
anzunehmen ist (so Meikel/Böttcher § 22 Rn. 124; Kohler im Bauer/Schaub § 22 Rn. 212; zweifelnd
Hügel/Wilsch § 35 Rn. 155; zum Meinungsstand
24.10.2014, 34 Wx 176/14 =
Nachweis der Bewilligungsberechtigung). Um insofern Zweifel auszuräumen, wird jedoch eine
privatschriftliche Erklärung aller eingetragenen ursprünglichen Gesellschafter sowie der Erben und
Erbeserben (vgl. OLG Schleswig
als ausreichender Nachweis angesehen (Senat vom 28.7.2015, 34 Wx 106/15 =
Senat vom 24.10.2014, 34 Wx 176/14 =
Im übrigen wird auch dann, wenn es im Grundbuchverfahren auf die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse
als solche ankommt, die Vorlage des privatschriftlichen Gesellschaftsvertrags als ausreichend angesehen
(Senat vom 15.6.2015, 34 Wx 513/13 =
e) Aus diesen Gründen erscheint es sachgerecht, an den Unrichtigkeitsnachweis keine anderen
Anforderungen zu stellen als an den Nachweis der Berichtigungsbewilligungsbefugnis und einen Nachweis
der Nachfolgeklausel durch einen nur privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag für zulässig zu erachten
(
f) Soweit neben dem Nachweis der fehlenden Änderung des Gesellschaftsvertrags auch der Nachweis der
fehlenden Ablehnung des Eintritts in die GbR durch die Erben erforderlich ist, wurden dazu privatschriftliche
Erklärungen aller Gesellschafter und aller Erben vorgelegt.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 08.01.2020.
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG München
Erscheinungsdatum:07.01.2020
Aktenzeichen:34 Wx 420/19
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
RNotZ 2020, 218-221
BWNotZ 2020, 31-34
FGPrax 2020, 64-66
GBO §§ 22, 29