Ausführung einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung; Vollzugsanweisung an den Notar, Eintragungsbewilligung erst bei Nachweis der Kaufpreiszahlung vorzulegen; Ausführung im Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung
letzte Aktualisierung: 20.2.2025
BFH, Urt. v. 21.8.2024 – II R 11/21
Ausführung einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung; Vollzugsanweisung an den
Notar, Eintragungsbewilligung erst bei Nachweis der Kaufpreiszahlung vorzulegen;
Ausführung im Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung
Haben die Vertragsparteien bei einer gemischt-freigebigen Grundstücksschenkung eine Vollzugshemmung
vereinbart, wonach der bevollmächtigte Notar von der bereits erteilten Eintragungsbewilligung
erst dann Gebrauch machen darf, wenn die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist,
ist die gemischt-freigebige Schenkung erst im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Kaufpreiszahlung
im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes ausgeführt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorentscheidung ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich nach Verkündung des Urteils des FG der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). An die Stelle des Schenkungsteuerbescheides vom 19.05.2016, über den das FG mit Urteil vom 27.05.2020 entschieden hat, ist der Änderungsbescheid vom 17.07.2020 getreten und nach § 121 Satz 1 i.V.m.
III.
Die Sache ist nicht spruchreif und an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen (
1. Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die Rechtmäßigkeit des Schenkungsteuerbescheides vom 17.07.2020 abschließend beurteilen zu können. Der Senat kann anhand der Feststellungen des FG nicht prüfen, ob die gemischte Schenkung aus dem notariellen Vertrag vom 09.10.2012 ausgeführt wurde und wann in diesem Fall die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) entstanden ist.
a) Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer gemäß
b) Eine Grundstücksschenkung ist noch nicht ausgeführt, wenn aufgrund vertraglicher Abrede der Beschenkte von der Eintragungsbewilligung erst zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch machen darf. In diesem Fall tritt die Ausführung der Zuwendung erst zu diesem späteren Zeitpunkt ein (BFH-Urteil vom 02.02.2005 - II R 26/02,
c) Ob eine solche Vollzugshemmung vereinbart wurde, ist eine Frage der Vertragsauslegung. Die Vertragsauslegung unter Berücksichtigung dessen, was die Erklärenden bei der Erklärungshandlung subjektiv gewollt haben, obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil vom 22.09.2010 - II R 62/08, BFH/NV 2011, 7, Rz 27, m.w.N.) und bindet das Revisionsgericht gemäß
d) Ausgehend von diesen Voraussetzungen kann der Senat anhand der bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend prüfen, zu welchem Zeitpunkt die Grundstücksschenkung ausgeführt wurde. Dafür fehlt es an der Feststellung, ob und wann der nach dem Kaufvertrag zu leistende Barkaufpreis von der Klägerin gezahlt wurde. Die Vertragsparteien haben eine Vollzugshemmung bis zur Kaufpreiszahlung vereinbart, sodass die Schenkung erst im Zeitpunkt der Zahlung des Barkaufpreises ausgeführt und die Steuer nach
aa) Die Schenkung wurde ‑‑wovon die Beteiligten offensichtlich ausgehen‑‑ nicht bereits mit Abschluss des notariellen Vertrags vom 09.10.2012 ausgeführt. Die Klägerin konnte ohne Zahlung des Barkaufpreises nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht zu jeder Zeit den Eintritt der dinglichen Rechtsänderung durch einen entsprechenden Antrag beim Grundbuchamt herbeiführen. Den Vertragsparteien wurden zur Sicherung der Rechte des Verkäufers lediglich Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften ohne Auflassungserklärung erteilt (sogenannte Auflassungssperre oder Kopierlösung). Die Klägerin konnte über den bevollmächtigten Notar von der erteilten Eintragungsbewilligung daher erst nach Eingang des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto Gebrauch machen. Bis dahin bestand nach den vertraglichen Abreden ein Vollzugshemmnis. Der zur Eintragung bevollmächtigte Notar wurde unter II. "Ausfertigungen, Abschriften" angewiesen, eine Vertragsausfertigung mit der Auflassungserklärung dem Grundbuchamt einzureichen, also von der Eintragungsbewilligung erst dann Gebrauch zu machen, sobald ihm alle Unterlagen, gegebenenfalls mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung, vorliegen und alle vertraglichen Bedingungen für deren Erreichung erfüllt oder sichergestellt sind, insbesondere die Belegung des Kaufpreises. Für die Belegung des Kaufpreises ‑‑also den Nachweis der Kaufpreiszahlung‑‑ war nach § 2 (1) des Vertrags die Zahlung bis spätestens zum 01.02.2013 auf ein Notaranderkonto vorgesehen. Diesem Vollzugshemmnis entsprechend war nach § 4 (1) des Vertrags auch die Übergabeverpflichtung der Verkäuferin bis zur Zahlung des Kaufpreises spätestens bis zum 01.02.2013 aufgeschoben.
bb) Dass die Beteiligten im Verlauf des Verfahrens von einer ausgeführten gemischten Schenkung ausgegangen sind und die Klägerin ihren Einwand der fehlenden Ausführung der Schenkung nicht weiter verfolgte, ist unerheblich. Bei der Frage der Ausführung einer Schenkung handelt es sich um eine Rechtsfrage, über die die Beteiligten insoweit nicht disponieren können.
2. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis gelangen, dass die Schenkung bis zum Tod der P nicht mehr ausgeführt wurde, dürfte das Schenkungsversprechen durch Kollision erloschen sein, soweit keine Ausnahmekonstellation vorliegt, was nach Aktenlage nicht ersichtlich ist und nicht festgestellt wurde. In diesem Fall ist das FG nicht gehindert, über den von der Klägerin gestellten Änderungsantrag hinaus den Schenkungsteuerbescheid vom 17.07.2020 insgesamt aufzuheben.
a) Zwar darf das Gericht in seinem Urteil, wenn der Kläger die Herabsetzung einer festgesetzten Steuerschuld um einen bestimmten Betrag begehrt, über dieses Klagebegehren nicht hinausgehen (
b) Dies ist der Fall, wenn ‑‑wie hier‑‑ mangels Ausführung einer Schenkung ein Schenkungsteuerbescheid schon dem Grunde nach nicht ergehen durfte. Auch in einem solchen Fall betrifft die Rechtswidrigkeit den gesamten Bescheid und für eine bloße Herabsetzung der Steuerschuld im Rahmen des Klagebegehrens ist kein Raum.
3. Sollte das FG hingegen zu dem Ergebnis gelangen, dass die Schenkung noch zu Lebzeiten der P ausgeführt wurde, weist der Senat darauf hin, dass das FA bei der Ermittlung der Gegenleistung für die teilentgeltliche Übertragung des Grundstücks an die Klägerin den Kapitalwert der Nutzungs- und Leistungsauflagen nach
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:21.08.2024
Aktenzeichen:II R 11/21
Rechtsgebiete:Erbschafts- und Schenkungsteuer
Normen in Titel:ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2; BewG § 14 Abs. 2