BGH 26. März 2025
IV ZB 15/24
BGB § 2270

Keine Anwendung von § 2270 BGB auf Verfügungen in einem Erbvertrag

letzte Aktualisierung: 5.6.2025
BGH, Beschl. v. 26.3.2025 – IV ZB 15/24

BGB § 2270
Keine Anwendung von § 2270 BGB auf Verfügungen in einem Erbvertrag

Die Vorschrift des § 2270 BGB ist nur auf das gemeinschaftliche Testament und nicht (auch nicht
entsprechend) auf Verfügungen in einem Erbvertrag anwendbar.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Erbfolge nach der am 4. Mai 2023
verstorbenen Erblasserin.

Die Erblasserin, ihr am 21. Juni 2021 verstorbener Ehemann und ihr
am 2. März 2022 verstorbener gemeinsamer Sohn, dessen einzige Kinder
die Beteiligten zu 1 und 2 sind, schlossen am 12. März 1994 einen notariellen
Erbvertrag, in dem die Erblasserin und ihr Ehemann sich gegenseitig
zu Alleinerben und ihren Sohn - nach dem Vertragswortlaut "erbvertraglich"
- zum Erben des Längerlebenden einsetzten. Ferner erklärte ihr Sohn
für den Fall, dass in der Urkunde näher bezeichnete Leistungen zugunsten
ihrer Töchter - der Beteiligten zu 3, 4 und 5 - nicht mehr zu Lebzeiten der
Erblasserin und ihres Ehemannes erbracht werden sollten, die entsprechende
Verpflichtung zu übernehmen. In der gleichen Urkunde vereinbarten
die Eheleute mit ihren Töchtern Erb- und Pflichtteilsverzichte. Die
Urkunde enthält hierzu folgenden Passus:

"Wir, Elke L , Anette S und Monika R ,
haben von diesem Leistungsversprechen in Bezug auf uns
Kenntnis genommen. Unter Berücksichtigung dieser , von uns
noch zu erwartenden Leistungen und im Hinblick darauf, daß
wir weitere Leistungen unserer Eltern als Ausstattung und
Aussteuer erhalten haben, sehen wir uns als voll und ganz
abgefunden an deren Nachlaß an. Wir verzichten daher auf
alle weitergehenden Erb- und Pflichtteilsansprüche gegen unsere
Eltern.

Hermann und Anni R nehmen diesen Verzicht ihrer
Töchter Elke, Anette und Monika hiermit an."

Nach dem Tod der Erblasserin wurde an das Nachlassgericht ein
Notizzettel übermittelt, auf dem handschriftlich folgendes verfasst war:

"Ich gebe alles was in meinem Besitz ist, meiner Älsten Tochter
Elke.
Anni R
Anni 1.9.22"

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beim Nachlassgericht die Erteilung
eines Erbscheins beantragt, wonach sie die Erblasserin zu je 1/2 beerbt
haben. Das Amtsgericht hat den Antrag, das Oberlandesgericht die dagegen
gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich ihre vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde,
mit der sie ihren Antrag weiterverfolgen.

II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, aus dem Inhalt des Erbvertrags
und auch aus den sonst hierzu vorgetragenen und bekannten
Umständen ergäben sich keine tatsächlichen Anhaltspunkte für einen
(auch nur hypothetischen) Willen der Eheleute zur Einsetzung eines Ersatzerben
für den im Erbvertrag bestimmten Schlusserben. Es gelte die
gesetzliche Auslegungsregel des § 2069 BGB, die auch auf Erbverträge
anzuwenden sei. Weiter sei erforderlich, dass sich die Vertragsbindung
bzw. Wechselbezüglichkeit der erbvertraglichen Bindung auch auf die Ersatzerben
beziehe. Ob die Ersatzberufung wechselbezüglich sei, sei nach
den allgemeinen Grundsätzen gesondert festzustellen. Dabei sei für die
Anwendung des § 2270 Abs. 2 BGB kein Raum, wenn die Ersatzberufung
auf der Anwendung des § 2069 BGB beruhe. So liege der Fall hier. Die
Erblasserin habe daher neu verfügen dürfen. Hiervon habe sie mit handschriftlichem
Testament vom 1. September 2022 Gebrauch gemacht, wonach
sie die Beteiligte zu 3 zu ihrer Alleinerbin bestimmt habe. Etwas
anderes würde nur dann gelten, wenn sich aus den Gesamtumständen ein
anderer Wille der Testierenden feststellen ließe, sodass es wahlweise der
Zweifelsregelung des § 2069 BGB oder § 2270 Abs. 2 BGB nicht bedürfe.
Dies sei indes nicht der Fall. Aus der Übernahme der Abfindungsleistung
für die verzichtenden Schwestern lasse sich eine bindende Wirkung der
(Ersatz-)Erbeneinsetzung nicht ableiten. Eine Doppelbegünstigung liege
nicht vor, da aufgrund der neuen letztwilligen Verfügung vom 1. September
2022 die Bestimmungen aus dem Erbvertrag, und damit auch im Hinblick
auf die Abfindungsleistung, gegenstandslos seien. Aus dem Vertragstext
ergebe sich nicht, dass die Erblasser den "Stamm" des Vertragsschlusserben
begünstigen wollten. Ein entsprechender Wille lasse sich
dem Vertragstext nicht entnehmen. Dieser folge auch nicht aus dem
jeweils erklärten Erbverzicht der anderen Kinder. Vielmehr liege es nahe,
dass die Erblasser in erster Linie beabsichtigten, das Vermögen in den
Reihen der eigenen Kinder zu belassen. Hätten sie auch den Stamm des
Vertragsschlusserben begünstigen wollen, hätte es nahegelegen, sogleich
auch eine Ersatzerbenbestimmung mit in den Vertrag aufzunehmen.
III. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der beantragte Erbschein wird durch das Nachlassgericht zu
erteilen sein, da die Beteiligten zu 1 und 2 die Erblasserin zu je 1/2 aufgrund
des Erbvertrags vom 12. März 1994 im Wege der Ersatzerbfolge
beerbt haben.

1. Das Beschwerdegericht hat dem Erbvertrag im Ergebnis noch
rechtsfehlerfrei eine Ersatzerbenstellung der Beteiligten zu 1 und 2 jedenfalls
für den hier eingetretenen Fall des Wegfalls des eingesetzten
Schlusserben durch Versterben vor dem Längerlebenden entnommen.
Dabei kann dahinstehen, ob sich diese - wie das Beschwerdegericht
meint - erst aus einem Rückgriff auf die Auslegungsregel des § 2069 BGB
ergibt, die gemäß § 2279 Abs. 1 BGB auf vertragsmäßige Zuwendungen
- wie hier die Schlusserbeinsetzung des Vaters der Beteiligten zu 1 und
2 - entsprechende Anwendung findet (vgl. RGZ 67, 65, 66; OLG Celle Mitt-
BayNot 2013, 315 [juris Rn. 3 f.]; OLG München ErbR 2011, 379 [juris
Rn. 10, 18]; Burandt in Burandt/Rojahn, Erbrecht 4. Aufl. § 2279 Rn. 2;
B. Hamdan/M. Hamdan in jurisPK-BGB, 10. Aufl. § 2279 Rn. 5; Hoeren in
Schulze, BGB 12. Aufl. § 2279 Rn. 5; Musielak in MünchKomm-BGB,
9. Aufl. § 2279 Rn. 2; Raff in Staudinger (2022) BGB § 2279 Rn. 6; Stürner
in Jauernig, BGB 19. Aufl. § 2279 Rn. 1) oder dieses Ergebnis bereits aus
einer ergänzenden Auslegung des Erbvertrags folgt. Denn für die Feststellung
der Ersatzerbenstellung ist es ausreichend, dass sich ein einer Ersatzerbeinsetzung
entgegenstehender Erblasserwille - wie hier - nicht
feststellen lässt.

2. Anders als das Beschwerdegericht meint, vermag jedoch ein nach
Abschluss des Erbvertrags durch die Erblasserin errichtetes Testament,
in dem sie die Beteiligte zu 3 zu ihrer Erbin einsetzte, an der im Wege der
Ersatzerbfolge erlangten Erbenstellung der Beteiligten zu 1 und 2 nichts
zu ändern, denn eine solche letztwillige Verfügung wäre nach § 2289
Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Aus diesem Grund kann auch offenbleiben,
ob das dem Nachlassgericht vorgelegte, auf den 1. September 2022 datierte
Schreiben von der Erblasserin mit Testierwillen eigenhändig geschrieben
und unterschrieben worden ist und eine Einsetzung der Beteiligten
zu 3 zur Alleinerbin enthält.

a) Gemäß § 2289 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BGB ist eine spätere
Verfügung von Todes wegen unwirksam, soweit sie das Recht des vertragsmäßig
Bedachten beeinträchtigen würde. Vertragsmäßig bedacht ist
ein in einem Erbvertrag Begünstigter nur dann, wenn die zu seinen
Gunsten in dem Vertrag getroffene Zuwendung nicht auf einer einseitigen
Verfügung im Sinne des § 2299 BGB, sondern auf einer vertragsmäßigen
im Sinne des § 2278 BGB beruht, der Erblasser also mit Abschluss des
Erbvertrags an diese erbrechtlich gebunden ist. Eine erbvertragliche Bindung
hinsichtlich der Ersatzerbeinsetzung der Beteiligten zu 1 und 2 ergibt
sich nicht bereits aus der Verweisung des § 2279 Abs. 1 BGB auf § 2069
BGB (a.A. OLG Celle MittBayNot 2013, 315 [juris Rn. 4]), denn diese Vorschrift
findet nach § 2299 Abs. 2 Satz 1 BGB auch auf einseitige Verfügungen
Anwendung. § 2069 BGB regelt allein, wer bei Wegfall des bedachten
Abkömmlings im Zweifelsfall Erbe wird. Eine Aussage darüber,
welche Auswirkungen eine das Ersatzerbrecht beeinträchtigende spätere
Verfügung von Todes wegen auf die Ersatzerbenstellung hat, ist weder
der Vorschrift selbst noch der ihre entsprechende Geltung anordnenden
Verweisungsnorm zu entnehmen (ähnlich Keim, MittBayNot 2013, 316,
317).

Der Umfang der Vertragsmäßigkeit und damit der Bindung richtet
sich vielmehr innerhalb der gesetzlichen Grenzen ausschließlich nach
dem Willen der Vertragsschließenden (vgl. RGZ 116, 321, 323; OLG
München ErbR 2024, 456 [juris Rn. 14]; BayObLG ZEV 1997, 160 [juris
Rn. 33]; B. Hamdan/M. Hamdan in jurisPK-BGB, 10. Aufl. § 2278 Rn. 5;
Schlinker in jurisPK-BGB, 10. Aufl. § 2289 Rn. 5; Stürner in Jauernig, BGB
19. Aufl. § 2278 Rn. 1; Weidlich in Grüneberg, BGB 84. Aufl. § 2289
Rn. 1). Dieser ist durch Auslegung des Erbvertrags zu ermitteln (vgl.
Senatsurteil vom 8. Januar 1958 - IV ZR 219/57, BGHZ 26, 204, 208).

b) Für die Feststellung des in einem Erbvertrag erklärten Erblasserwillens
gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 2084 BGB.
Hiernach ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an
dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Für die Auslegung vertragsmäßiger
Verfügungen im Sinne von § 2278 BGB gelten daneben und
modifizierend die Auslegungsregeln für Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB.
Maßgebend ist daher der gemeinsame Wille der Vertragsteile zum Zeitpunkt
der Errichtung des Erbvertrags (Senatsbeschlüsse vom 22. Mai
2024 - IV ZB 26/23, ZEV 2024, 607 Rn. 10; vom 9. März 2011
- IV ZB 16/10, ZEV 2011, 422 [juris Rn. 9] m.w.N.). Was die Frage betrifft,
ob eine Bestimmung im Erbvertrag eine einseitige Verfügung oder eine
vertragliche darstellt, so kann für die Auslegung maßgebend sein, ob der
Vertragspartner des jeweiligen Verfügenden ein Interesse an der Verfü-
gung hat. Ist dies der Fall, spricht dies für die Vertragsmäßigkeit der Verfügung
(BGH, Urteil vom 12. Oktober 1960 - V ZR 65/59, NJW 1961, 120
[juris Rn. 16] m.w.N.).

Die Aufgabe der (auch ergänzenden) Testamentsauslegung ist
grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Seine Auslegung kann aber mit
der Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche
Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften
verstößt (Senatsbeschlüsse vom 22. Mai 2024
- IV ZB 26/23, ZEV 2024, 607 Rn. 10; vom 19. Juni 2019 - IV ZB 30/18,
ZEV 2019, 477 Rn. 21; vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16, ZEV 2017, 629
Rn. 12; vom 9. März 2011 - IV ZB 16/10, ZEV 2011, 422 [juris Rn. 9]).
Solche Auslegungsfehler sind hier gegeben.

aa) Bereits die Annahme des Beschwerdegerichts, für die Anwendung
des § 2270 Abs. 2 BGB sei kein Raum, wenn die Ersatzberufung auf
der Anwendung des § 2069 BGB beruhe, weshalb hier eine erbrechtliche
Bindung nur dann anzunehmen sei, wenn es wahlweise der Zweifelsregelung
des § 2069 BGB oder der des § 2270 Abs. 2 BGB nicht bedürfe, ist
nicht frei von Rechtsfehlern. Die Vorschrift des § 2270 BGB ist - wie sich
schon aus ihrer systematischen Stellung im Buch 5 Abschnitt 3 Titel 8 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs, der die Überschrift "Gemeinschaftliches
Testament" trägt, und ihrem Wortlaut ergibt - nur auf das gemeinschaftliche
Testament und nicht (auch nicht entsprechend) auf Verfügungen in
einem Erbvertrag anwendbar (vgl. Braun/Schuhmann in Burandt/Rojahn,
Erbrecht 4. Aufl. § 2270 Rn. 2; Litzenburger in BeckOK-BGB, § 2270 Rn. 1
[Stand: 1. Februar 2025]). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem
in diesem Zusammenhang vom Beschwerdegericht zitierten Senatsbeschluss
vom 16. Januar 2002 (IV ZB 20/01, BGHZ 149, 363), denn die
dortige rechtliche Würdigung des Senats, wonach § 2270 Abs. 2 BGB auf
Ersatzerben nur anwendbar ist, wenn sich Anhaltspunkte für einen auf deren
Einsetzung gerichteten Willen der testierenden Eheleute feststellen
lassen, die Ersatzerbeinsetzung also nicht allein auf § 2069 BGB beruht,
bezieht sich allein auf Verfügungen in einem gemeinschaftl ichen Testament
(Senatsbeschluss vom 16. Januar 2002 aaO [juris Rn. 16 f]).
Auch von der Verweisungsnorm des § 2279 Abs. 1 BGB ist
§ 2270 BGB nicht umfasst (Hölscher/Kornexl in NK-BGB, 6. Aufl. § 2279
Rn. 17; Raff in Staudinger (2022) BGB § 2279 Rn. 14, Einleitung zu
§§ 2274 Rn. 28, 78; Röhl in BeckOGK-BGB, § 2279 Rn. 3 [Stand:
1. Februar 2025]; Zimmer in Schulze/Grziwotz/Lauda, BGB 5. Aufl. § 2279
Rn. 3), denn die für letztwillige Zuwendungen und Auflagen geltenden Vorschriften,
die nach § 2279 Abs. 1 BGB auf vertragsmäßige Zuwendungen
und Auflagen entsprechende Anwendung finden sollen, gelten nur insoweit,
als sich nicht aus den §§ 2274 bis 2298 BGB oder aus dem Wesen
des Erbvertrags etwas anderes ergibt (B. Hamdan/M. Hamdan in jurisPKBGB,
10. Aufl. § 2279 Rn. 4; Hölscher/Kornexl aaO Rn. 3; Musielak in
MünchKomm-BGB, 9. Aufl. § 2279 Rn. 1). Letzteres ist hier der Fall. Eine
entsprechende Anwendung kommt wegen der anders gearteten Bindungswirkung
von Erbvertrag und gemeinschaftlichem Testament nicht in Betracht
(Hölscher/Kornexl aaO Rn. 17). Die erbrechtliche Bindung des Erblassers
an die in einem Erbvertrag vertragsmäßig getroffenen Verfügungen,
die sich nicht erst aus § 2289 BGB, sondern aus der Vertragsnatur
des Rechtsgeschäfts selbst ergibt (Senatsurteil vom 8. Januar 1958
- IV ZR 219/57, BGHZ 26, 204, 207; BGH, Urteil vom 18. Dezember 1969
- III ZR 51/67, DNotZ 1970, 356, 358), geht über die Bindungswirkung
wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament
hinaus. Der Testator eines gemeinschaftlichen Testaments kann sich jederzeit
einseitig von seinen wechselbezüglichen Verfügungen lossagen:
zu Lebzeiten des anderen Ehegatten, indem er diese gemäß § 2271 Abs. 1
Satz 1, § 2296 BGB widerruft, und nach dessen Tod durch Ausschlagung
des ihm Zugewendeten gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB. Die
Bindung an eine vertragsmäßige Verfügung in einem Erbvertrag kann der
Erblasser hingegen in der Regel nur dann einseitig aufheben, wenn er sich
den Rücktritt in dem Erbvertrag vorbehalten hat (§ 2293 BGB). Die damit
einhergehende erhebliche Einschränkung der Testierfreiheit kann nicht
auf der Anwendung bloßer Auslegungsregeln beruhen. Vielmehr ist durch
(gegebenenfalls ergänzende) Auslegung der Wille einer vertragsmäßigen
Bindung zweifelsfrei festzustellen. Die Anwendung einer Zweifelsregel, bei
der ein Bindungswille unterstellt wird, lässt sich mit dem grundlegenden
Prinzip des Vertragsrechts, wonach es für die Herbeiführung und die Bestimmung
des Umfangs einer vertraglichen Bindung auf den übereinstimmenden
Willen der Vertragsparteien ankommt, nicht in Einklang bringen.

bb) Die Vertragsmäßigkeit der Ersatzerbeinsetzung der Beteiligten
zu 1 und 2 folgt aus einer ergänzenden Auslegung des Erbvertrags. Diese
kann der Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht erforderlich
sind, weil sie kein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes
Ergebnis erwarten lassen (vgl. BayObLG ZEV 1997, 160 [juris
Rn. 33]).

(1) Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass die letztwillige
Verfügung eine ungewollte Regelungslücke aufweist . Eine solche
liegt vor, wenn ein bestimmter, tatsächlich eingetretener Fall vom Erblasser
nicht bedacht und deshalb nicht geregelt wurde, aber geregelt worden
wäre, wenn er ihn bedacht hätte. Ein nach Testamentserrichtung eingetretenes
Ereignis kommt hierfür in Betracht, falls dessen Kenntnis für die
Entschließung des späteren Erblassers bedeutsam gewesen wäre. Hierfür
ist eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände bei Errichtung der
letztwilligen Verfügung vorzunehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Juli
2017 - IV ZB 15/16, ZEV 2017, 629 Rn. 13-15 m.w.N.). Nach dieser Maßgabe
ist hier von einer ungewollten Regelungslücke auszugehen.

Wer Erbe des längerlebenden Ehegatten wird, wenn der Schlusserbe
- wie hier - vorverstirbt, wurde in dem Erbvertrag nicht geregelt. Dass
der als Schlusserbe eingesetzte Sohn vor seinen Eltern versterben würde,
haben die Eheleute bei Vertragsabschluss ersichtlich nicht in Erwägung
gezogen. Eine Regelung ist allein aus diesem Grund unterblieben. Dies
ergibt eine Gesamtwürdigung des Inhalts des Erbvertrags einschließlich
aller - auch außerhalb des Erbvertrags liegender - Nebenumstände.

(a) Einen Anhaltspunkt für die Planwidrigkeit dieser Unvollständigkeit
bildet bereits das Alter des eingesetzten Schlusserben zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses. Dieser war seinerzeit 27 Jahre alt und befand sich
damit in einem Alter, in dem gemeinhin mit einem zeitnahen Ableben - zumal
vor der Elterngeneration - nicht zu rechnen war.

(b) Insbesondere der sonstige Vertragsinhalt spricht gegen die Annahme,
dass die Erblasserin und ihr Ehemann eine Ersatzerbenbestimmung
in Erwägung gezogen und bewusst unterlassen haben. Die Eheleute
haben in derselben Urkunde mit ihren Töchtern, den Beteiligten zu 3 bis
5, Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge geschlossen. Sie haben damit
zum Ausdruck gebracht, dass sie ihren Nachlass umfassend regeln wollen.
Dieses von den Erblassern ersichtlich verfolgte Ziel wäre nicht erreicht,
wenn ungeregelt bliebe, wer für den Fall des Wegfalls des Schlusserben
Erbe wird. Zwar wären die Beteiligten zu 1 und 2 in diesem Fall
entweder nach der Auslegungsregel des § 2069 BGB oder aber nach den
Regelungen der gesetzlichen Erbfolge (§ 1924 Abs. 1 BGB) Erben. Dieser
Umstand spricht hier aber nicht dafür, dass die Eheleute mit Blick auf
diese Regelungen bewusst von einer Ersatzerbenbestimmung abgesehen
haben. Denn auch ihr Sohn wäre angesichts der mit den Beteiligten zu 3
bis 5 geschlossenen Erbverzichtsverträge gemäß § 1924 Abs. 1, § 2346
Abs. 1 Satz 2 BGB Alleinerbe nach dem Längerlebenden, ohne dass es
seiner Erbeinsetzung bedurft hätte. Dennoch haben sich die Eheleute
dazu entschlossen, sowohl Erbeinsetzung als auch Erbverzichte beurkunden
zu lassen, obwohl nur eine dieser Regelungen genügt hätte, um die
gewünschte gewillkürte Erbfolge herbeizuführen. Dass Erblasser, die derart
umfassende Regelungen zur erbrechtlichen Nachfolge in ihr Vermögen
auf dem zeit- und kostenaufwendigen Weg des Erbvertrags treffen, die
zentrale Frage, wer im Falle des Wegfalls des eingesetzten Schlusserben
Erbe wird, einer Auslegungsregel sowie der gesetzlichen Erbfolge überlassen
wollen, ist nicht anzunehmen.

Die Planwidrigkeit der Unvollständigkeit offenbart sich auch mit
Blick auf die im Vertrag aufgenommene (bedingte) Verpflichtung des eingesetzten
Schlusserben. Verstirbt dieser und erbringen die Eheleute die
den Beteiligten zu 3 bis 5 im Vertrag zugewandten Leistungen nicht mehr
zu ihren Lebzeiten, bleibt offen, wer anstelle des weggefallenen Schlusserben
hierzu nach dem Willen der Vertragsschließenden verpflichtet sein
soll, denn auch insoweit wurde keine Regelung für den Fall des Vorversterbens
des eingesetzten Erben getroffen. Da die Verpflichtung ersichtlich
an die Erbenstellung geknüpft ist und insoweit nicht auf Auslegungsregeln
zurückgegriffen werden kann, ist davon auszugehen, dass die Eheleute
den Fall, dass der eingesetzte Schlusserbe wegfällt, nicht bedacht
und ihn allein aus diesem Grund auch nicht geregelt haben.
(2) Neben einer planwidrigen Unvollständigkeit setzt die ergänzende
Auslegung einer letztwilligen Verfügung weiter voraus, dass ein hypothetischer
Wille des Erblassers ermittelt werden kann, anhand dessen die
vorhandene Lücke geschlossen werden könnte. Dabei handelt es sich
nicht um den mutmaßlichen wirklichen Willen des Erblassers, sondern den
Willen, den er vermutlich gehabt hätte, wenn er die planwidrige Unvollkommenheit
der letztwilligen Verfügung im Zeitpunkt ihrer Errichtung erkannt
hätte. Ein den Verhältnissen entsprechender Erblasserwille darf nur
unterstellt werden, wenn er auf eine bestimmte, durch Auslegung der letztwilligen
Verfügung erkennbare Willensrichtung des Erblassers zurückgeführt
werden kann. Lässt sich ein solcher Wille nicht feststellen, so muss
es trotz vorhandener Regelungslücken bei dem bisherigen Auslegungsergebnis
verbleiben (Senatsbeschluss vom 12. Juli 2017 - IV ZB 15/16,
ZEV 2017, 629 Rn. 23 f. m.w.N.).

(a) Nach dieser Maßgabe ist dem Erbvertrag der hypothetische Wille
der Eheleute zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrags, für den Fall
des Vorversterbens des eingesetzten Schlusserben dessen Abkömmlinge
als Ersatzerben zu bestimmen, zu entnehmen. Zunächst spricht schon die
allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass Eltern, die - wie hier - darum bemüht
sind, sämtliche Kinder entweder bereits zu Lebzeiten oder aber im
Wege der Erbfolge an ihrem Vermögen teilhaben zu lassen, einen Stamm
nicht leer ausgehen lassen wollen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich bei
dem betroffenen Stamm um denjenigen des eingesetzten Alleinerben
handelt.

Darüber hinaus ergibt sich die Absicht der Eheleute, nicht nur den
eingesetzten Schlusserben als solchen, sondern in seiner Eigenschaft als
Ältesten seines Stammes zu bedenken, entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts
auch aus der gleichzeitigen Beurkundung der zwischen
den Eheleuten und ihren Töchtern, den Beteiligten zu 3 bis 5, geschlossenen
Erbverzichtsverträge. Dadurch haben die Erblasserin und ihr Ehemann,
die sich auch auf die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts hätten
beschränken können, um die Beteiligten zu 3 bis 5 nicht an ihrem Nachlass
teilhaben zu lassen, ihren Willen, die übrigen Stämme von der Erbfolge
auszuschließen, klar zum Ausdruck gebracht. Denn dieser Verzicht erstreckt
sich gemäß § 2349 BGB mangels anderweitiger Regelung im Vertrag
auf die Abkömmlinge der Beteiligten zu 3 bis 5. Es ist daher nicht
anzunehmen, dass die Eheleute bei Vertragsschluss für den Fall des Wegfalls
des eingesetzten Schlusserben eine oder mehrere ihrer Töchter oder
deren Abkömmlinge zu Ersatzerben bestimmt hätten. Vielmehr folgt aus
den im Erbvertrag erwähnten erbrachten und noch zu erbringenden Zuwendungen
sowie den Erbverzichten, dass die Eheleute die Beteiligten zu
3 bis 5 als ausreichend abgefunden angesehen haben. Eine weitere Begünstigung
der Beteiligten zu 3 bis 5 oder deren Abkömmlinge durch deren
Einsetzung zu Ersatzerben zu Lasten des Stammes des eingesetzten
Schlusserben war in Anbetracht dessen von den Eheleuten ersichtlich
nicht gewollt.

Die Bestimmung entfernterer Verwandter oder gar familienfremder
Personen zu Ersatzerben entsprach ebenfalls nicht dem hypothetischen
Willen der Eheleute. Den Regelungen des Vertrags vom 12. März 1994 ist
zu entnehmen, dass diese ihr Vermögen sowohl zu Lebzeiten als auch
nach ihrem Tod allein an ihre Abkömmlinge weitergeben wollten.
(b) Die ergänzende Auslegung des Erbvertrags ergibt überdies,
dass die Eheleute die Ersatzerbenbestimmung vertragsmäßig im Sinne
des § 2278 BGB getroffen hätten, wenn sie die Möglichkeit des Ablebens
ihres Sohnes vor dem Eintritt des Erbfalls des Längerlebenden bedacht
hätten. Dies folgt maßgeblich aus dem Interesse der anderen Erbvertragspartner
am Herbeiführen einer erbrechtlichen Bindung, das diese - für den
jeweils verfügenden Ehegatten erkennbar - gehabt hätten, wenn sie den
Wegfall des eingesetzten Schlusserben bei Vertragsschluss in Erwägung
gezogen hätten.

Von einem solchen hypothetischen Interesse ist insbesondere auf
Seiten des eingesetzten Schlusserben auszugehen. Als Ältester seines
Stammes hätte der Vater der Beteiligten zu 1 und 2 ein Interesse daran
gehabt, dass seine Kinder an seine Stelle treten, sollte er wegen Vorversterbens
nicht Erbe werden. Hierfür spricht bereits das zwischen Eltern
und ihren Kindern regelmäßig bestehende oder für den Fall, dass solche
bei Erbvertragsschluss noch nicht geboren sind, zumindest zu erwartende
persönliche Näheverhältnis. Enthält eine Verfügung eine Zuwendung an
einen dem Erbvertragspartner nahestehenden (insbesondere verwandten)
Dritten, so wird sie in aller Regel bindend und daher vertragsmäßig gewollt
sein (vgl. BGH, Urteile vom 18. Dezember 1969 - III ZR 51/67, DNotZ
1970, 356, 357; vom 12. Oktober 1960 - V ZR 65/59, NJW 1961, 120 [juris
Rn. 16]). Diese Annahme gilt auch, wenn sich eine Verfügung - wie hier
die Ersatzerbeinsetzung der Abkömmlinge des Vertragsschlusserben -
erst im Wege der ergänzenden Auslegung feststellen lässt. Aber auch die
sich aus dem Vertrag ergebenden Zuwendungen an die Beteiligten zu 3
bis 5 aus dem elterlichen Vermögen, die die Erblasserin und ihr Ehemann
zu ihren Lebzeiten bereits geleistet oder noch zu leisten in Aussicht gestellt
haben, lassen nach der Lebenserfahrung auf ein hypothetisches Interesse
des eingesetzten Schlusserben schließen, durch eine erbrechtlich
bindende Ersatzerbeinsetzung seiner Abkömmlinge zu gewährleisten,
dass auch sein Stamm ausreichend bedacht wird.

Eine durch den verfügenden Ehegatten ohne erbrechtliche Bindung
getroffene Ersatzerbenbestimmung entspräche auch nicht dem hypothetischen
Interesse des anderen Ehegatten - hier des Ehemannes - als
weiterem Vertragspartner neben dem eingesetzten Schlusserben. Dies ist
zum einen - wie beim eingesetzten Schlusserben - aus dem (künftigen)
Verwandtschaftsverhältnis der Ersatzschlusserben zu ihm zu folgern. Zum
anderen ergibt sich solches aber auch aus dem Umstand, dass der zuerst
verstorbene Ehegatte den Überlebenden zum Alleinerben eingesetzt hat.
Die damit einhergehende Enterbung des gemeinsamen Sohnes nahm der
Ehemann der Erblasserin ersichtlich nur in Kauf, weil die Erblasserin diesen
im Gegenzug mittels vertragsmäßiger Verfügung - und damit erbrechtlich
bindend - zum Schlusserben einsetzte. Wer sein Vermögen letztendlich
an einen Abkömmling weitergeben will, ihn aber für den ersten eigenen
Todesfall enterbt, tut das im Bewusstsein und Vertrauen darauf, dass
wegen der Schlusserbeinsetzung des anderen Ehegatten das gemeinsame
Vermögen eines Tages auf den vorgesehenen Abkömmling übergehen
wird (vgl. OLG Düsseldorf, ZEV 2020, 361 Rn. 28; OLG Düsseldorf
ErbR 2018, 511 [juris Rn. 16]; OLG Bamberg ZEV 2016, 397 Rn. 15; OLG
Frankfurt ErbR 2016, 650 [juris Rn. 38]; KG ErbR 2015, 501 Rn. 14; OLG
München NJW-RR 2011, 227 [juris Rn. 11]; OLG München NJW-RR 2011,
1020 [juris Rn. 19]; Litzenburger in BeckOK-BGB, § 2270 Rn. 21 [Stand:
1. Februar 2025]; Raff in Staudinger (2022) BGB § 2270 Rn. 49).
Nicht anders ist die Interessenlage zu beurteilen, wenn der Ehemann
der Erblasserin bei Vertragsschluss die Möglichkeit, dass sein Sohn
zwar nach ihm, aber vor der Erblasserin verstirbt, bedacht hätte. Auch in
diesem Fall ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass es
dem Ehemann der Erblasserin - für die Erblasserin erkennbar - maßgeblich
darauf angekommen wäre, durch eine von der Erblasserin verfügte,
erbrechtlich bindende Ersatzerbeinsetzung sicherzustellen, dass sein
- dann im Nachlass der Erblasserin enthaltener Restnachlass - den Abkömmlingen
seines Sohnes anfällt.

Auf das Interesse der Beteiligten zu 3 bis 5 kommt es demgegenüber
nicht entscheidend an, denn diese sollten nach dem Willen der Eheleute
nicht an ihrem jeweiligen Nachlass teilhaben. Sie wurden ersichtlich
nur zu dem Zweck Vertragsparteien, um in einer einzigen Urkunde sowohl
erbvertragliche Regelungen als auch Erb- und Pflichtteilsverzichte, die
sämtlich der notariellen Beurkundung bedürfen (§§ 2276, 2346, 2348
BGB), aufzunehmen. An dem erbvertraglichen Teil des Rechtsgeschäfts
waren sie nicht beteiligt.

cc) Der so ermittelte Wille der Eheleute ist auch nicht deswegen
unbeachtlich, weil er nicht unter Einhaltung des Formerfordernisses des
§ 2276 Abs. 1 BGB erklärt worden ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn
er in dem Erbvertrag nicht auch nur andeutungsweise oder versteckt zum
Ausdruck gekommen wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 24. März 2021
- IV ZR 269/20, NJW-RR 2021, 660 Rn. 21 m.w.N.). Der (hypothetische)
Wille der Eheleute, die Abkömmlinge des eingesetzten Schlusserben erbrechtlich
bindend zu Ersatzerben einzusetzen, ergibt sich hier aus der Gesamtheit
der vertraglichen Regelungen, insbesondere der Schlusserbeinsetzung
des gemeinsamen Sohnes, den Ausführungen über bereits erbrachte
und noch zu erbringende Zuwendungen an die Beteiligten zu 3 bis
5 und den von den Eheleuten mit diesen vereinbarten Erb- und Pflichtteilsverzichten.
dd) Die Erblasserin vermochte auch nicht ihre vertragsmäßige
Ersatzerbenbestimmung nachträglich einseitig abzuändern. Ein ausdrücklicher
Änderungsvorbehalt wurde nicht geregelt. Zwar kann sich einem
Erbvertrag in Ermangelung einer dahingehenden ausdrücklichen Regelung
durch Auslegung entnehmen lassen, dass die Vertragsschließenden
dem überlebenden Vertragsteil die (gegebenenfalls eingeschränkte) Abänderung
der Ersatzschlusserbfolge vorbehalten wollten (vgl. Senatsurteil
vom 8. Januar 1958 - IV ZR 219/57, BGHZ 26, 204, 208; BGH, Urteil vom
18. Dezember 1969 - III ZR 51/67, DNotZ 1970, 356, 358). Für einen dahingehenden
Willen ergeben sich aber weder aus dem Vertragstext selbst
noch aus Umständen außerhalb der Urkunde Anhaltspunkte. Vielmehr
hätte eine derartige Abänderungsbefugnis insbesondere dem hypothetischen
Willen des Vaters der Beteiligten zu 1 und 2 widersprochen, da sie
seinen Stamm benachteiligt hätte. Im Übrigen muss ein Vorbehalt gegenüber
einer grundsätzlich feststehenden Bindung des Erblassers dem
Formerfordernis des § 2276 BGB entsprechen, denn er ist Teil des Erbvertrags
und muss daher in der für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form
vereinbart werden (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1958 aaO). Auch dies
ist nicht der Fall, denn aus dem Erbvertrag ergibt sich nicht wenigstens
andeutungsweise, dass der überlebende Ehegatte berechtigt sein soll, abweichend
zu verfügen.

c) Eine Einsetzung der Beteiligten zu 3 als Erbin durch ein nach
Abschluss des Erbvertrags von der Erblasserin errichtetes Testament
würde das Recht der vertragsmäßig bedachten Beteiligten zu 1 und 2 beeinträchtigen,
denn es entzöge ihnen ihre Erbenstellung. Dies hat gemäß
§ 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB die Unwirksamkeit einer solchen Verfügung und
damit des Testaments vom 1. September 2022 zur Folge, sollte dieses
tatsächlich von der Erblasserin unter Beachtung der Formvorschriften des
§ 2247 Abs. 1 BGB mit dem Willen, die Beteiligte zu 3 zur Alleinerbin einzusetzen,
errichtet worden sein.

3. Die Rechtsbeschwerde hat daher insgesamt Erfolg. Sie führt zur
Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts, zum Erlass des Beschlusses
nach § 352e Abs. 1 FamFG sowie zur Anweisung an das Amtsgericht
Nachlassgericht
-, den Erbschein wie von den Beteiligten zu 1
und 2 beantragt zu erteilen.

Eine Kostenentscheidung nach § 81 FamFG ist nicht veranlasst.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

26.03.2025

Aktenzeichen:

IV ZB 15/24

Rechtsgebiete:

Erbvertrag
Gemeinschaftliches Testament
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Gesetzliche Erbfolge
Erbverzicht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Testamentsform

Normen in Titel:

BGB § 2270