BGH 14. Juni 2019
V ZR 254/17
BGB §§ 687 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, 951; WEG § 21 Abs. 4

Kein Ersatzanspruch bei eigenmächtiger Instandsetzungsarbeit des Wohnungseigentümers

letzte Aktualisierung: 26.8.2019
BGH, Urt. v. 14.6.2019 – V ZR 254/17

BGB §§ 687 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, 951; WEG § 21 Abs. 4
Kein Ersatzanspruch bei eigenmächtiger Instandsetzungsarbeit des Wohnungseigentümers

a) Dem Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am
Gemeinschaftseigentum durchführt, steht kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag
oder Bereicherungsrecht zu. Das gilt auch dann, wenn die von dem Wohnungseigentümer
durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen (insoweit Aufgabe von
Senat, Urteil vom 25. September 2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 12 f.).

b) Auch wenn der Wohnungseigentümer eine Maßnahme zur Instandsetzung oder Instandhaltung
des Gemeinschaftseigentums in der irrigen Annahme durchführt, er habe diese als
Sondereigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen (hier: Fenstererneuerung), besteht ein solcher
Anspruch nicht.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht meint, die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft
sei für den auf Bereicherungsrecht gestützten Zahlungsanspruch nicht
passiv legitimiert. Zwar komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs bei einer eigenmächtigen Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums
ein Bereicherungsanspruch des Wohnungseigentümers
in Betracht, wenn die Maßnahme ohnehin hätte beschlossen oder vorgenommen
werden müssen. Das gelte auch, wenn die Wohnungseigentümer, wie hier,
die Teilungserklärung falsch ausgelegt hätten. Ob das Ermessen der Wohnungseigentümer
im Jahr 2005 bei einer Entscheidung über die Erneuerung der
Fenster auf null reduziert gewesen wäre, könne aber dahinstehen. Die beklagte
Wohnungseigentümergemeinschaft schulde den Bereicherungsausgleich nur,
wenn die Maßnahme wegen eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer
oder wegen der Dringlichkeit durchzuführen gewesen wäre.

Daran fehle es. Daher hätte der Kläger die übrigen Wohnungseigentümer in
Anspruch nehmen müssen.

II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht verneint im Ergebnis
zu Recht einen Ersatzanspruch des Klägers aus allgemeinen Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend und von der Revision als ihr günstig
nicht angegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, dass die vollständige
Erneuerung der Fenster im räumlichen Bereich des Sondereigentums des Klägers
gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer war.

a) Die Fenster nebst Rahmen stehen gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend
im Gemeinschaftseigentum (Senat, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11,
NZM 2012, 419 Rn. 7). Dies hat nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung
zur Folge, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für ihren Aus-
tausch zuständig ist (§ 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG bzw. § 22 WEG) und die
damit verbundenen Kosten zu tragen hat (§ 16 Abs. 2 WEG). Durch Vereinbarung
können die Wohnungseigentümer hiervon zwar abweichen, sofern sie eine
klare und eindeutige Regelung treffen. Im Zweifel bleibt es aber bei der gesetzlichen
Zuständigkeit (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11, aaO
Rn. 7).

b) Eine abweichende Regelung der Erneuerung der Fenster und der damit
verbundenen Kosten enthält die Teilungserklärung nicht. Die uneingeschränkt
nachprüfbare Auslegung durch das Berufungsgericht, dass nach § 4
Abs. 1 der Teilungserklärung der Austausch der Fenster nicht dem Sondereigentümer
obliegt, sondern gemeinschaftliche Aufgabe der Wohnungseigentümer
ist, ist nicht zu beanstanden. Weist die Teilungserklärung die Pflicht zur
Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster nebst Rahmen in dem räumlichen
Bereich des Sondereigentums den einzelnen Wohnungseigentümern zu
und nimmt dabei den Außenanstrich aus, ist eine vollständige Erneuerung der
Fenster im Zweifel, und so auch hier, Sache der Gemeinschaft (vgl. Senat, Urteil
vom 2. März 2012 - V ZR 174/11, NZM 2012, 419 Rn. 9).

2. Dennoch kann der Kläger von der Beklagten keine Erstattung der Kosten
verlangen. Ein solcher Erstattungsanspruch käme nur aus allgemeinen Vorschriften
der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 687 Abs. 1 BGB) oder des Bereicherungsrechts
(§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht. Diese Vorschriften
können aber als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch nicht herangezogen
werden.

a) Wie der Senat bereits entschieden hat, steht dem Wohnungseigentümer,
der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum
durchführt, grundsätzlich kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung
ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zu (Senat, Urteil vom
25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 13). Nach § 21 Abs. 4
WEG kann jeder Wohnungseigentümer eine Verwaltung verlangen, die den
Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse
der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen - mit
anderen Worten ordnungsmäßiger Verwaltung - entspricht. Zu der ordnungsmäßigen,
dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden
Verwaltung gehört gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG insbesondere die
ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen
Eigentums. Insoweit haben die Wohnungseigentümer einen Gestaltungsspielraum;
sie müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz
auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen. Deshalb
sind sie berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander
abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen
(vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 - V ZR 176/10, NJW 2011, 2958 Rn. 8; Urteil
vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 8; Urteil vom 17. Oktober
2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 10; Urteil vom 4. Mai 2018 - V ZR
203/17, NZM 2018, 611 Rn. 9). Diese Grundsätze finden in den Vorschriften der
Geschäftsführung ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts keinen Niederschlag.
Ihre Anwendung schließt § 21 Abs. 4 WEG aus; die Vorschrift geht als
speziellere Norm vor (Senat, Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14,
BGHZ 207, 40 Rn. 13).

b) Das gilt auch dann, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte
Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen.

aa) Allerdings kam nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ein
Bereicherungsausgleich für eine eigenmächtige Instandsetzung oder Instandhaltung
des Gemeinschaftseigentums ausnahmsweise dann in Betracht, wenn
die Maßnahme des Wohnungseigentümers ohnehin hätte beschlossen oder
vorgenommen werden müssen, sich das den Wohnungseigentümern zustehende
Ermessen bei der Entscheidung über die Instandsetzung oder Instandhaltung
also auf null reduziert hatte (vgl. Senat, Urteil vom 25. September 2015 - V
ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 12 f.). Dem lag die Erwägung zu Grunde, dass in
einem solchen Fall der einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch auf
Durchführung der Maßnahme gemäß § 21 Abs. 4 WEG hat (vgl. dazu Urteil
vom 17. Oktober
2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 10; siehe auch Urteil vom 4. Mai
2018 - V ZR 203/17, NZM 2018, 611 Rn. 10).

bb) Diese Ausnahme hält der Senat jedoch nicht weiter aufrecht. Der
Vorrang des § 21 Abs. 4 WEG schließt einen Ausgleich des Wohnungseigentümers
für eigenmächtige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum nach allgemeinen
Vorschriften auch dann aus, wenn diese zwingend vorgenommen
werden mussten.

(1) Gegen eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der eigenmächtig
handelnde Wohnungseigentümer keinen Ersatz seiner Kosten von den übrigen
Wohnungseigentümern verlangen kann, sprechen bereits die dadurch entstehenden
Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten. Ein Anspruch auf Durchführung
einer Instandsetzungsmaßnahme setzt nämlich voraus, dass nur ein ganz
bestimmtes und sofortiges Vorgehen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht
(Senat, Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 161/11, NJW 2012, 1724 Rn. 4; Urteil
vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 8). Das ist nicht schon
dann der Fall, wenn der Zustand des Gemeinschaftseigentums überhaupt ein
sofortiges Tätigwerden erfordert; das Ermessen der Wohnungseigentümer
muss vielmehr derart reduziert sein, dass zwingend eine bestimmte Art der Instandsetzung
zu ergreifen ist. Diese Voraussetzungen werden nur selten vorliegen
und im Nachhinein, d.h. nach der eigenmächtig vorgenommenen Reparatur,
nur schwer bzw. nur mit großem Aufwand festzustellen sein.

Vor allem bleibt den Wohnungseigentümern auch in den Fällen der Ermessensreduzierung
auf null regelmäßig ein Gestaltungsspielraum. Es ist insbesondere
ihre Sache zu entscheiden, ob sie die Maßnahme isoliert oder zusammen
mit anderen Arbeiten durchführen und welche Handwerker sie beauftragen.

Deshalb müssen die Wohnungseigentümer auch über eine zwingend
gebotene und keinen Aufschub duldende Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahme
einen Beschluss fassen.

(2) Dem betroffenen Wohnungseigentümer ist es auch zumutbar, in jedem
Fall das durch das Wohnungseigentumsgesetz vorgegebene Verfahren
einzuhalten. Er kann einen Beschluss der Wohnungseigentümer über die
Durchführung der erforderlichen Maßnahme herbeiführen. Findet der Antrag in
der Wohnungseigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit, kann er
die Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG erheben (vgl. dazu Senat,
Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 18; Urteil
vom 4. Mai 2018 - V ZR 203/17, NZM 2018, 611 Rn. 6). Bei Bedarf kommt der
Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni
2011 - V ZR 146/10, NJW 2011, 3025 Rn. 11; Urteil vom 25. September 2015 -
V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 18). Den Vollzug des von den Wohnungseigentümern
gefassten bzw. nach § 21 Abs. 8 WEG durch gerichtliches Gestal-
tungsurteil herbeigeführten Beschlusses kann der einzelne Wohnungseigentümer
von dem Verwalter als dem gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zuständige
Vollzugsorgan verlangen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR
125/17, NJW 2018, 3305 Rn. 24). Ein eigenmächtiges Vorgehen lässt das Gesetz
dagegen nur ausnahmsweise unter den engen Grenzen der Notgeschäftsführung
zu (§ 21 Abs. 2 WEG; vgl. dazu Senat, Urteil vom 25. September 2015
- V ZR 246/14, aaO Rn. 7).

(3) Dass ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung
ohne Auftrag und des Bereicherungsrechts ausgeschlossen ist, wenn das
Gesetz dem Verpflichteten vorrangig die Möglichkeit gibt, selbst den Erfolg herbeizuführen,
ist dem Zivilrecht nicht fremd. So schützen im Kaufrecht die Regelungen
über die Sachmängelhaftung, vor allem das sogenannte „Recht zur
zweiten Andienung“ (die Nacherfüllung), den Verkäufer. Beseitigt der Käufer
den Mangel selbst, ohne dem Verkäufer zuvor eine erforderliche Frist zur
Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er nicht gemäß § 326 Abs. 2 Satz 2, Abs.
4 BGB (analog) die Anrechnung der vom Verkäufer ersparten Aufwendungen
für die Mangelbeseitigung auf den Kaufpreis verlangen oder den bereits gezahlten
Kaufpreis in dieser Höhe zurückfordern. Anderenfalls würde dem Käufer im
Ergebnis ein Selbstvornahmerecht auf Kosten des Verkäufers zugebilligt, auf
das der Gesetzgeber bewusst verzichtet hat; zudem würde der Vorrang des
Nacherfüllungsanspruchs unterlaufen, der den §§ 437 ff. BGB zugrunde liegt
(vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 225;
Urteil vom 7. Dezember 2005 - VIII ZR 126/05, NJW 2006, 988, 989). Ebenso
ist für das Mietrecht anerkannt, dass der Mieter, der einen Mangel der Mietsache
selbst beseitigt, Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nur verlangen
kann, wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist. Beseitigt
der Wohnraummieter einen Mangel der Mietsache selbst, ohne den Vermie-
ter zuvor in Verzug gesetzt zu haben (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB), und liegt auch
keine Notmaßnahme im Sinne von § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB vor, so kann er die
Aufwendungen zur Mangelbeseitigung weder nach § 539 Abs. 1 BGB in Verbindung
mit den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag noch als
Schadensersatz gemäß § 536a Abs. 1 BGB vom Vermieter ersetzt verlangen;
andernfalls würde der Vorrang des Vermieters bei der Mängelbeseitigung unterlaufen
(vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2008 - VIII ZR 222/06, NJW 2008, 1216
Rn. 19, 22). Der Vorrang der spezialgesetzlichen Regelungen soll den Verpflichteten
davor schützen, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Entsprechendes
gilt für die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes über die
Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums.

c) Im vorliegenden Fall ist die Situation besonders gelagert, weil der Kläger
und die anderen Wohnungseigentümer aufgrund fehlerhafter Auslegung der
Teilungserklärung davon ausgegangen waren, die Erneuerung der Fenster sei
Aufgabe der jeweiligen Sondereigentümer. Dass dem Wohnungseigentümer bei
einer solchen Sachlage kein Ersatzanspruch nach den allgemeinen Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder die aufgedrängte Bereicherung
zusteht, liegt nicht auf der Hand. Geht der Wohnungseigentümer irrtümlich davon
aus, er müsse eine Maßnahme am Gemeinschaftseigentum auf eigene
Kosten durchführen, besteht für ihn regelmäßig nämlich keine Veranlassung,
die übrigen Wohnungseigentümer damit zu befassen. Das gilt umso mehr,
wenn - wie hier von dem Kläger vorgetragen - die Maßnahme mit dem Verwalter
abgestimmt wird.

aa) In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum wird angenommen,
der Wohnungseigentümer, der irrtümlich anstelle der Gemeinschaft seine erneuerungsbedürftigen
Fenster austausche, könne Wertersatz unter dem Ge-
sichtspunkt der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 BGB
i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB) verlangen (OLG Hamburg, NZM 2002, 872, 873; AG
Hannover, ZMR 2003, 147, 148; so wohl auch LG Berlin, Grundeigentum 2019,
467). Habe der Wohnungseigentümer die Fenster aufgrund eines nichtigen Beschlusses
auf eigene Kosten durchgeführt, stehe ihm ein Anspruch auf Ersatz
seiner Aufwendungen aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683
BGB) zu (OLG Düsseldorf, NJW 2008, 3227, 3228; BeckOK/Gehrlein, BGB
[1.5.2019], § 683 Rn. 4; Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG,
12. Aufl., § 16 Rn. 100; Wenzel, ZWE 2001, 226, 235; vgl. auch Rampp, NZM
2017, 625, 626). Ein Beschluss, ihm die Instandsetzungskosten aus der Instandhaltungsrücklage
zu erstatten, entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung
(LG Düsseldorf, ZMR 2015, 478, 479; AG Neuss, NZM 2002, 31, 32; Niedenführ,
aaO).

bb) Die besseren Argumente sprechen aber auch in dieser Fallkonstellation
gegen einen Ersatzanspruch. Auch wenn der Wohnungseigentümer eine
Maßnahme zur Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums
in der irrigen Annahme durchführt, er habe diese als Sondereigentümer
auf eigene Kosten vorzunehmen, besteht ein solcher Anspruch nicht.

(1) Ein Ausgleich nach den allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung
ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts liefe den schutzwürdigen Interessen
der anderen Wohnungseigentümer zuwider. Zwar müssen Wohnungseigentümer
stets damit rechnen, dass es durch Mängel des Gemeinschaftseigentums
zu unvorhersehbaren Ausgaben kommt, für die sie einzustehen haben
(vgl. dazu Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375
Rn. 12 ff.). Sie müssen ihre private Finanzplanung aber nicht darauf einrichten,
dass sie im Nachhinein für abgeschlossene Maßnahmen aus der Vergangen-
heit, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten, herangezogen werden. Eine
solche Ausgleichspflicht kann die Wohnungseigentümer auch zur Unzeit treffen,
etwa weil sie eine andere kostenintensive Maßnahme beschlossen oder durchgeführt
haben, die sie bei Kenntnis eines bestehenden Erstattungsanspruchs
zurückgestellt hätten. Schwierigkeiten entstünden auch bei einem zwischenzeitlichen
Verkauf von Wohnungen. Könnte ein Wohnungseigentümer nachträglich
Ausgleich für von ihm durchgeführte Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum
verlangen, wäre für Käufer und Verkäufer nicht sicher bestimmbar, welche finanziellen
Verpflichtungen aus einer bereits abgeschlossenen Maßnahme noch
offen und ggf. von dem Käufer zu übernehmen sind.

(2) Hinzu kommt, dass es in tatsächlicher Hinsicht häufig schwierig ist,
irrtümliches Handeln von eigenmächtigem Vorgehen abzugrenzen; regelmäßig
wird kaum feststellbar sein, ob der Wohnungseigentümer tatsächlich irrtümlich
davon ausgegangen war, ein eigenes Geschäft zu führen. Hier liegt der zu beurteilende
Sachverhalt zwar anders; eine Ausnahme für „eindeutige“ Irrtumsfälle
würde aber wiederum zu Abgrenzungsschwierigkeiten und damit zu Rechtsunsicherheit
führen. Wurde eine Teilungserklärung, wie hier, jahrelang unzutreffend
ausgelegt, werden zudem häufig viele Wohnungseigentümer einen Erstattungsanspruch
haben; der dann erforderliche „Hin-und-Her-Ausgleich“ zwischen
allen Betroffenen führte zu einem hohen Ermittlungs- und Berechnungsaufwand,
ohne dass sich zwangsläufig ein von allen als „gerecht“ empfundenes
Ergebnis einstellte.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

14.06.2019

Aktenzeichen:

V ZR 254/17

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
WEG
Miete
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

NJW 2019, 3780-3783
ZWE 2019, 484-485

Normen in Titel:

BGB §§ 687 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, 951; WEG § 21 Abs. 4