BGH 15. Oktober 1999
V ZR 77/99
BGB §§ 921, 922 Satz 3

Hecke als Grenzeinrichtung iSv §921 BGB

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Dokumentnummer: 5zr7799
letzte Aktualisierung: 24.März 2000
5zr7799
BGH
V ZR 77/99
15.10.1999
BGB §§ 921, 922 Satz 3

Eine Hecke ist insgesamt Grenzeinrichtung im Sinne von § 921
BGB, wenn auch nur einige Stämme der Heckenpflanzen, dort wo sie aus
dem Boden heraustreten, von der Grenze durchschnitten werden. Darauf, ob
dieser Zustand auch schon bei Anpflanzung der Hecke bestand, kommt es
nicht an.
Zum Umfang des Anspruchs auf Wiederherstellung und eventuellen Geldersatz,
wenn ein Nachbar unter Verstoß gegen § 922 Satz 3 BGB die Hecke abholzen
läßt.
Tatbestand:
Die Parteien sind Nachbarn von bebauten Grundstücken. In Höhe des
Terrassenbereichs beider Wohnhäuser stand an der Grundstücksgrenze eine
mehr als 6 m lange, etwa 3 bis 3,50 m hohe Hecke aus 12 Lebensbäumen
(Thuja), die einen Sichtschutz darstellen sollte. Die Bäume waren im Dezember
1988 von der Voreigentümerin des Grundstücks der Klägerin gepflanzt worden,


-2ohne daß die Beklagte hiergegen Einwendungen erhoben hatte. Im Frühjahr
1995 kam es zwischen den Parteien zu Differenzen über den Grenzverlauf und
die Einfriedung der gemeinsamen Grundstücksgrenze. Ein beauftragtes Vermessungsbüro ermittelte die Grundstücksgrenze. In einer Grenzniederschrift
über einen Ortstermin am 20. Mai 1995 heißt es u.a.:
"... Die Grenzeinrichtungen Zaun und Hecke stehen wie in der
Skizze dargestellt."
Danach verhandelten die Parteien über die Gestaltung der Einfriedung.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 13. Februar 1996 teilten die Kläger
dem Bevollmächtigten der Beklagten mit, daß die verlangte Versetzung der Hecke nicht möglich sei, weil diese "eingehen würde". Im übrigen werde darauf
hingewiesen, daß die Hecke auf der Grenze stehe, eine ortsübliche Einfriedung
darstelle und eine Beseitigung der Hecke nicht verlangt werden könne.
Ohne Vorankündigung ließ die Beklagte am 8. Mai 1996 die Stämme der
Hecke unmittelbar über der Erdoberfläche absägen.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zur Anpflanzung von 12 mindestens 3 m hohen Lebensbäumen auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze
anstelle der abgeholzten Hecke zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger, mit der diese neben ihrem ursprünglichen Klagehauptantrag u.a. hilfsweise einen Antrag auf Zahlung von
28.000 DM nebst Zinsen weiterverfolgt haben, hat das Oberlandesgericht unter
Abweisung der Klage im übrigen, die Beklagte zur Anpflanzung von vier mindestens 3 m hohen Lebensbäumen verurteilt. Dagegen wenden sich die zugelassenen Revisionen beider Parteien, die der Beklagten mit dem Ziel einer Klageabweisung, die der Kläger mit dem Ziel ihren Klagehauptantrag völlig, hilfsweise ihren Anspruch auf Zahlung von 28.000 DM nebst Zinsen durchzusetzen.
Entscheidungsgründe:
A.
Das Berufungsgericht sieht in der abgeholzten Hecke eine Grenzeinrichtung nach § 921 BGB, weil vier Stämme der Heckenpflanzen von der Grenze
durchschnitten worden seien, die Hecke unstreitig als Lärm- und Sichtschutz für
beide Grundstücke objektiv vorteilhaft gewesen und jedenfalls mit konkludenter
Zustimmung der Beklagten errichtet worden sei. Da die Kläger der Entfernung
der Hecke nicht zugestimmt hätten, könnten sie grundsätzlich eine Neuherstellung der Hecke in ihrem ursprünglichen Zustand verlangen, weil ihr Benutzungsrecht unzulässigerweise verletzt worden sei. Ihr Wiederherstellungsanspruch sei jedoch nach § 242 BGB auf die Anpflanzung von vier Lebensbäumen beschränkt. Im übrigen könnten sie insbesondere wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten eine Wiederherstellung nicht verlangen.
B.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht in allen
Punkten stand.
I. Revision der Beklagten
1. Ohne Rechtsverstoß geht das Berufungsgericht allerdings hinsichtlich
der abgeholzten Hecke von einer Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB
aus.
a) Es nimmt in rechtlicher Hinsicht zutreffend an, daß eine Grenzeinrichtung nur dann vorliegt, wenn die Anlage - nicht notwendigerweise in der Mitte von der Grenzlinie geschnitten wird (vgl. BGHZ 41, 177, 182; 68, 350, 352; 91,
282, 286; 112, 1, 3; OLGZ 78, 190, 191; Erman/Hagen, BGB, 9. Aufl., § 921
Rdn. 1;
Dehner,
Nachbarrecht
B§7I1
und 3;
MünchKomm-BGB/
Säcker, 3. Aufl., § 921 Rdn. 2 f; Palandt/Bassenge, BGB, 58. Aufl., § 921
Rdn. 1; Soergel/Baur, BGB, 12. Aufl., § 921 Rdn. 3 f; Staudinger/Roth, BGB
[1995] § 921 Rdn. 3). In tatsächlicher Hinsicht stellt es auf der Grundlage eines
Sachverständigengutachtens unangefochten fest, daß die Stämme von vier Heckenpflanzen die Grenze zum Grundstück der Kläger wenn auch nur um wenige Zentimeter überschritten haben. Dies genügt grundsätzlich, um die gesamte
Hecke als Grenzeinrichtung anzusehen. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der auch der Senat folgt, muß die Grenzeinrichtung
nicht notwendigerweise in der Mitte von der Grenze durchschnitten werden. Der
Gesetzgeber hat mit § 921 BGB eine gesetzliche Vermutung für ein Recht zur
gemeinschaftlichen Benutzung geschaffen, und zwar zur Streitvermeidung, weil
der Ursprung der Einrichtungen oft weiter zurückreicht und angesichts der Lage
zwischen den Grundstücken und dem manchmal unsicheren Grenzverlauf die
rechtlichen Verhältnisse ebenso leicht streitig werden, wie sie schwierig zu ermitteln sind (vgl. Staudinger/Roth, aaO Rdn. 1). In Anbetracht dieses Normzwecks wäre es unangebracht, grundsätzlich auch danach zu unterscheiden, in
welchem Umfang eine Einrichtung von der Grenze geteilt wird (Mot III, 275).
Dabei auftretende Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis würden dem
Normzweck zuwiderlaufen.
Diese normzweckorientierte Auslegung von § 921 BGB rechtfertigt, entgegen der Auffassung der Revision, auch den Standpunkt des Berufungsgerichts, daß auf den aktuellen Zustand abzustellen ist und nicht darauf, ob die
Stämme der Heckenpflanzen bereits bei ihrer Pflanzung auf der Grenze standen. Diese Auffassung ist jedenfalls bei einer Grenzhecke rechtlich unbedenklich. § 921 BGB vermutet ein gemeinschaftliches Nutzungsrecht der Nachbarn
an allen Einrichtungen, die zwei Grundstücke voneinander scheiden und zu deren beiderseitigen Vorteil dienen. Dies geschieht für den Konfliktfall und wird in
den Motiven zum BGB damit begründet, daß in den meisten praktischen Fällen
zweifelhaft sei, wo die konkrete Grenze verlaufe und dies wegen der gemeinschaftlichen Benutzung auch einstweilen gleichgültig sei. Es werde deshalb
vermutet, daß (auch) die "scheinbare Grenzeinrichtung eine wirkliche Grenzeinrichtung" sei. Diese Vermutung könne durch den Nachweis des tatsächlichen
Grenzverlaufs oder dadurch widerlegt werden, daß äußere Merkmale für das
Alleineigentum eines Nachbarn sprächen (Mot. III, 275 ff). Aus dieser Sicht
kann es nicht darauf ankommen, ob die Hecke im Zeitpunkt ihrer Anpflanzung
auf der Grenze steht. Entscheidend ist allein, daß nunmehr einige Stämme der
Hecke - und zwar dort, wo sie aus dem Boden heraustreten (vgl. Staudinger/Roth, aaO, § 923 Rdn. 2) - von der Grenze geschnitten werden. Keiner der
Nachbarn wird im übrigen beim Anpflanzen einer für beide Grundstücke vorteilhaften Grenzhecke den genauen Verlauf der Grenze kennen, wenn sie nicht
vorher zentimetergenau vermessen worden ist, was in der Praxis schon aus
Kostengründen kaum geschieht. Auch in Fällen einer grenznahen Pflanzung
muß damit gerechnet werden, daß die Stämme von Bäumen und Sträuchern in
kürzerer Zeit die Grenze überschreiten. Steht diese Überschreitung im Streitfall
fest, dann muß die vom Gesetz aufgestellte Vermutung greifen und kann nicht
von einer praktisch kaum oder nur äußerst schwierig zu treffenden Feststellung
darüber abhängig sein, ob dieser Zustand auch schon bei der Anpflanzung gegeben war. Ob der von der Revision angezogene Fall einer Grenzmauer, die
bei ihrem Bau eindeutig neben der Grenze stand und später teilweise auf das
Nachbargrundstück ausbauchte (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 464), anders entschieden werden müßte, kann offenbleiben. Hier ergibt sich jedenfalls
schon eine Besonderheit aus dem natürlichen Wachstum der Pflanzen.
b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des Berufungsgerichts, die Hecke sei als Lärm- und Sichtschutz objektiv vorteilhaft für
beide Grundstücke gewesen. Es bezeichnet diesen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich als unstreitig. Dies hat Tatbestandswirkung (§ 561
Abs. 1, § 314 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich nicht aus
dem Tatbestand des Berufungsurteils, daß die Sichtschutzfunktion der genannten Hecke zwischen den Parteien streitig war. Die Beklagte hat nach dem Inhalt
des Berufungsurteils lediglich in Zweifel gezogen, daß vier Thujabäume für sich
genommen eine Sichtschutzfunktion erfüllen können. Im übrigen folgt schon
nach der Lebenserfahrung aus der Lage der Hecke zwischen den Terrassenbereichen der benachbarten Grundstücke sowie der Länge und der Höhe der Hecke, daß sie jedenfalls objektiv Sichtschutzfunktion für beide Grundstücke hatte.
c) Rechtsfehlerfrei stellt das Berufungsgericht ferner eine mindestens
konkludente Zustimmung der Beklagten zur Hecke als gemeinsame Grenzeinrichtung fest. Die Notwendigkeit einer solchen Zustimmung ist zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen, wird aber nach ganz allgemeiner Meinung daraus gefolgert, daß es nicht der Willkür eines Grundstückseigentümers überlassen bleibe könne, ohne oder gegen den Willen seines Nachbarn
eine Grenzeinrichtung zu schaffen, dafür dessen Grund und Boden in Anspruch
zu nehmen und diesen auch noch mit Unterhaltungskosten zu belasten (vgl.
BGHZ 91, 282, 286; Staudinger/Roth, BGB [1995] § 921 Rdn. 9). Soweit sich
die Revision gegen die tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichts wendet,
zeigt sie einen Rechtsfehler nicht auf. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts hat die Rechtsvorgängerin der Kläger der Heckenanpflanzung im Jahre
1988 nicht widersprochen und sie jahrelang geduldet, obwohl sie überwiegend
auf ihrem Grundstück stand. Richtig ist zwar, daß von einer Zustimmung der
Beklagten nur dann ausgegangen werden kann, wenn sie von der Grenzüberschreitung wußte oder jedenfalls mit ihr rechnete (vgl. BGHZ aaO, 287; Staudinger/Roth aaO Rdn. 9). Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, daß das Berufungsgericht dies verkannt hätte. Auch die Revision zeigt keinen Vortrag der
Beklagten auf, mit dem sie behauptet hätte, sie sei von einer fehlenden Grenzüberschreitung ausgegangen. Aus dem Vortrag der Beklagten selbst folgt vielmehr ihre Kenntnis von der Grenzüberschreitung.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraussetzungen von § 922 Satz 3 BGB.
Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Kläger ein Interesse am Fortbestand
der Hecke hatten, was sowohl aus ihrem Schreiben vom 13. Februar 1996 als
auch aus der Sicht- und Lärmschutzfunktion der Hecke folge. Es entnimmt dem
Schreiben vom 13. Februar 1996 ersichtlich auch, daß die Kläger ihre Zustimmung zur Entfernung der Hecke ausdrücklich verweigerten. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision sind unbegründet. Sie verweist lediglich auf den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, daß der Kläger bei einem Gespräch am 1. April 1995 erklärt habe, sie (die Beklagte) könne die Bäume fällen
lassen, falls diese der Errichtung eines Zaunes entgegenstünden und dieser
Tatsache auf Vorhalt in einem Termin vor dem Amtsgericht Ratingen am
4. November 1996 auch nicht widersprochen habe. Dieser Vortrag ist unerheblich, denn aus dem Schreiben des Bevollmächtigten der Kläger vom
13. Februar 1996 ergibt sich eindeutig, daß diese ihre Zustimmung zu einer von
der Beklagten verlangten Entfernung der Hecke nunmehr ausdrücklich verweigerten. Nur hierauf kommt es an.
3. Hat die Beklagte das Nutzungsrecht und den Anspruch der Kläger auf
Fortbestand der Hecke verletzt, so haben die Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf deren Wiederherstellung, und zwar sowohl nach § 1004 Abs. 1 BGB
als auch aus § 823 Abs. 2 i.V. mit §§ 1004, 922 Satz 3, 249 Satz 1 BGB, weil
1989, 2541; und v. 23. November 1984, V ZR 176/83, NJW 1985, 1458, 1459;
MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 922 Rdn. 7; Palandt/Bassenge, 58. Aufl.,
§ 922 Rdn. 4; Soergel/Baur, BGB, 12. Aufl., § 922; Staudinger/Roth, BGB,
[1995] § 922 Rdn. 9).
Dieser Anspruch ist jedoch unabhängig von seiner Rechtsgrundlage unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit begrenzt. Wenn die Herstellung nur
mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen möglich ist, dann besteht kein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustands. Dies hat die Rechtsprechung gerade in Fällen der Zerstörung oder Beschädigung von Bäumen in aller
Regel angenommen und aus dem Rechtsgedanken von § 251 Abs. 2 Satz 1
BGB abgeleitet (vgl. BGH, Urt. v. 13. Mai 1975, VI ZR 85/74, NJW 1975, 2061;
BGH, Beschl. v. 7. März 1989, VI ZR 147/88, NuR 91, 94; OLG Celle, NJW
1983, 2391; OLG Koblenz OLG-Report 97, 138; Palandt/Heinrichs, 58. Aufl.,
§ 251 Rdn. 7 und § 249 Rdn. 26; Staudinger/Schiemann, BGB [1998] § 251
Rdn. 89 ff; für den Anspruch aus § 1004 BGB vgl. BGHZ 62, 388, 391).
Das Berufungsgericht hat dies im Ansatz nicht verkannt. Es stellt fest,
daß nach der Behauptung der Kläger die Kosten für die Neupflanzung einer
Hecke in der Höhe von 3 m Kosten von ca. 38.000 DM anfallen würden. Dies
steht in keinem Verhältnis zu der Beeinträchtigung die das Grundstück der Kläger durch die Entfernung der Hecke erlitten hat. Die Beklagten haben ihrerseits
vorgetragen, daß Lebensbäume in einer Größe von 50 bis 70 cm 20 DM pro
Stück kosten und in etwa sechs bis acht Jahren die ursprüngliche Höhe erreicht
haben würden. In der Regel ist es deshalb sinnvoll und geboten, beim Verlust
eines älteren Baumes einen jüngeren nachzupflanzen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Fall Art, Standort und Funktion des Baumes
für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen
gleichartigen Baum der ursprünglichen Größe wenigstens nahelegen würden
(vgl. BGH, Urt. v. 13. Mai 1975, aaO).
Das Berufungsgericht hat das Problem der Zumutbarkeit dadurch gelöst,
daß es den Klägern nur einen Wiederherstellungsanspruch für vier Bäume in
ursprünglicher Höhe zugebilligt hat und zwar an der Stelle, die den Terrassen
der Parteien am nächsten liegt, weil insoweit die Sichtschutzfunktion besonders
ausgeprägt, im übrigen aber deutlich abgeschwächt sei. Dies ist rechtlich nicht
haltbar. Es geht um den Wiederherstellungsanspruch hinsichtlich der gesamten
abgeholzten Hecke, der nur einheitlich beurteilt werden kann und insgesamt der
Zumutbarkeitsschranke unterliegt. Die Beklagte kann verlangen, daß sich die
Kläger insgesamt zur Wiederherstellung zunächst mit der Anpflanzung jüngerer
Bäume bescheiden und damit auch hinsichtlich jener vier Bäume für die das
Berufungsgericht einen Wiederherstellungsanspruch bejaht hat. Der Ausspruch
des Berufungsgerichts schlägt damit auch zum Nachteil der Beklagten aus, was
zur Aufhebung des Berufungsurteils zwingt.
II. Revision der Kläger
1. Schon aus den obigen Ausführungen folgt, daß die Revision unbegründet ist, soweit die Kläger einen Anspruch auf Wiederherstellung einer Hecke in der ursprünglichen Größe und des ursprünglichen Umfangs (12 Bäume
mit mindestens 3 m Höhe) weiterverfolgen. Der Revision ist zwar zuzugeben,
daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufteilung unzulässig ist, weil
sich der Anspruch der Kläger auf die ganze Grenzeinrichtung, nämlich die aus
12 Lebensbäumen bestehende Hecke bezieht. Andererseits bezweifelt sie aber
auch nicht die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum unverhältnismäßigen Aufwand einer Wiederherstellung der Hecke in ihrem ursprünglichen Zustand, die entscheidend auf dem Sachvortrag der Kläger selbst beruhen.
2. Das Berufungsgericht verneint einen Zahlungsanspruch der Kläger
nach derem ersten Hilfsantrag, den sie allein in der Revision weiterverfolgen.
Es hält insoweit einen Schadensersatzanspruch der Kläger schon deshalb nicht
für gegeben, weil bezüglich der restlichen 8 Thujapflanzen, die alle auf dem
Grundstück der Beklagten standen, eine Eigentumsverletzung nicht vorliege. Es
geht insoweit zur Eigentumsfrage vom Prinzip der realen und vertikalen Teilung
aus, wie es überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird (vgl.
Staudinger/Roth, aaO, § 921 Rdn. 17 m.w.N.). Auf diese Frage kommt es aber
nicht an. Es geht um einen Ersatzanspruch der Kläger wegen der Beeinträchtigung ihres Rechts auf Fortbestand der ganzen Hecke (§ 922 Satz 3 BGB), der
nicht von der Eigentumslage an den jeweiligen Bestandteilen der Hecke abhängt. Der Senat muß deshalb auch nicht zur umstrittenen Eigentumsfrage (vgl.
dazu auch Dehner, Nachbarrecht B § 7 III) Stellung nehmen.
In zweiter Linie begründet das Berufungsgericht die Abweisung des
hilfsweise geltend gemachten Zahlungsanspruchs damit, die Kläger hätten einen Schaden schon nicht schlüssig dargetan, es fehle an einem Sachvortrag
zur Kausalität von "Eigentumsverletzung und behauptetem Schaden" (= Wertminderung des Grundstücks in Höhe von 28.000 DM), weil auf der Hand liege,
daß ein interessierter Käufer nicht allein "wegen der Verletzung des geringfügigen Miteigentumsanteils an vier Heckenpflanzen einen geringeren Kaufpreis für
das Hausgrundstück der Kläger zahlen würde". Auch insoweit stellt das Berufungsgericht unzulässigerweise wieder nur auf das Miteigentum an vier Thujabäumen ab und läßt außer Betracht, daß es um die Beeinträchtigung des
Grundstücks der Kläger durch Wegfall der gesamten Hecke geht.
Im Rahmen des weiteren Verfahrens wird allerdings zu berücksichtigen
sein, daß eine Schadensberechnung und Schätzung von einem grundsätzlich
anderen Ausgangspunkt erfolgen muß (dazu unten III).
III. Entscheidungsreif ist allein der Anspruch auf völlige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Insoweit war der Klagehauptantrag abzuweisen. Allerdings könnte dieser Antrag - insbesondere vor dem Hintergrund der
einschlägigen Rechtsprechung (vgl. insbesondere BGH, Urt. v. 13. Mai 1975,
VI ZR 85/74, NJW 1975, 2061 und BGH, Beschl. v. 7. März 1989,
VI ZR 147/88, NuR 91, 94) - auch so verstanden werden, daß er als ein Weniger das Verlangen nach Teilwiederherstellung durch Anpflanzung einer jüngeren Hecke enthält. Das Berufungsgericht wird in diesem Fall allerdings die Art
der Pflanzen (Alter, Höhe) näher bestimmen müssen. Das Verständnis des
Wiederherstellungsantrags beeinflußt auch die Berechnung für den Hilfsantrag
auf Zahlung von Schadenersatz. Danach ist dem Interesse des Geschädigten
an der Wiederherstellung des früheren Zustands in der Weise Rechnung zu
tragen, daß er die Herstellungskosten für die Anpflanzung jüngerer Bäume und
deren Anwuchspflege erhält und der Schädiger darüber hinaus gegebenenfalls
nur Geldersatz für den verbleibenden Minderwert des Grundstücks zu leisten
hat, für den die obergerichtliche Rechtsprechung die Bewertungsansätze nach
der Methode Koch anwendet (vgl. OLG Celle, NJW 1983, 2391; OLG Karlsruhe
NuR 91, 94; OLG Koblenz OLG-Report 97, 138), die der Bundesgerichtshof
ausdrücklich gebilligt hat (BGH, Urt. v. 13. Mai 1975 und v. 7. März 1989, jeweils aaO).

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

15.10.1999

Aktenzeichen:

V ZR 77/99

Erschienen in:

BGHZ 143, 1-9
NJW 2000, 512-515

Normen in Titel:

BGB §§ 921, 922 Satz 3