OLG Zweibrücken 07. Dezember 2010
3 W 175/10
PStG § 34 Abs. 1

„Handschuhehe“ nach pakistanischem Recht in das deutsche Eheregister einzutragen - Stellvertretung bei Eheschließung unschädlich

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 3w175_10
letzte Aktualisierung: 14.04.2011
OLG Zweibrücken, 08.12.2010 - 3 W 175/10
PStG § 34 Abs. 1
Stellvertretung bei Eheschließung unschädlich
Der Anerkennung einer in Pakistan durch einen Vertreter eines Ehegatten geschlossenen Ehe
(„Handschuhehe“) steht nicht entgegen, dass sich die Ehegatten zum Zeitpunkt der
Eheschließung nicht kannten.


Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 2) haben am 24. Februar 2009 in K..../Pakistan die Ehe geschlossen. Vor dem
Standesbeamten anwesend waren dabei die Ehefrau, die die pakistanische Staatsangehörigkeit
besitzt, sowie ein Onkel des Ehemannes, welcher zum damaligen Zeitpunkt staatenlos war. Der
Ehemann war der Trauungszeremonie telefonisch zugeschaltet. Beide Ehegatten waren sich zum
Zeitpunkt der Eheschließung persönlich noch nie begegnet; sie trafen sich erstmals im Oktober
2009.
Den durch den Ehemann gestellten Antrag auf Beurkundung der Eheschließung nach §§ 15, 35
PstG hat der Standesbeamte dem Amtsgericht im Rahmen einer Zweifelsvorlage nach § 49 Abs.
2 PstG zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat den Standesbeamten daraufhin
angewiesen, von der Wirksamkeit der Eheschließung auszugehen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Standesamtes.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft und in zulässiger Weise eingelegt (§§ 51 PStG, §§ 58 ff FamFG).
Das Beschwerderecht der Beteiligten zu 1) folgt aus § 51 Abs. 2 PStG.
2. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet. Das Amtsgericht hat mit zutreffender
Begründung die Voraussetzungen für die Beurkundung der Eheschließung im Eheregister für die
von den Beteiligten zu 2. am 24. Februar 2009 in Pakistan geschlossene Ehe nach 34 Abs. 1
PStG bejaht.
Gemäß § 34 Abs. 1 PStG kann auf Antrag eine im Ausland geschlossene Ehe u.a. eines
Staatenlosen im Eheregister beurkundet werden. Die Beurkundung im Eheregister setzt dabei das
Bestehen einer Ehe voraus, weshalb der Standesbeamte zu prüfen hat, ob eine nach materiellem
Recht wirksame Ehe zustande gekommen ist (BGH FamRZ 1991, 300). Nach welchem
materiellen Recht sich die Wirksamkeit der Eheschließung richtet und welche Form dabei
einzuhalten ist, bestimmt sich nach Art. 11 und 13 EGBGB.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht insoweit auch das Standesamt davon aus, dass die
Eheschließung, bei der sich der Ehemann durch seinen Onkel in der Abgabe der Erklärung zur
Eheschließung vertreten ließ, nach den gemäß Art. 11 und 13 Abs. 3 Satz 1 EGBGB
maßgeblichen Grundsätzen des pakistanischen Rechts formwirksam war, weil das pakistanische
Recht die Stellvertretung bei der Eheschließung zulässt (KG, KGR 2004, 326: LG Stuttgart,
StAZ 1992, 379). Die Wirksamkeit einer solchen in Pakistan geschlossenen „Handschuhehe"
wird in Deutschland auch dann anerkannt, wenn bei der Eheschließung keine notariell
beglaubigte und den Heiratspartner genau bezeichnende Vollmacht vorlag, solange nur eine
Willensvertretung, die jedenfalls dem deutschen ordre public, also den grundlegenden
Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung zuwider liefe (Art. 6 EGBGB), den
Umständen nach ausgeschlossen werden kann (KG, KGR Berlin 2004, 326). Eine solche
Vertretung im Willen läge vor, wenn der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgeben würde,
er insbesondere über das Ob der Abgabe der Willenserklärung zu entscheiden hätte oder ihm die
Auswahl des Ehegatten überlassen wäre. Anhaltspunkte für eine solche Willensvertretung fehlen
hier. Eine Willensvertretung lag insbesondere auch nicht deshalb vor, weil sich die Ehegatten
zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nie begegnet waren. Ausreichend zum Ausschluss einer
Willensvertretung ist vielmehr, dass der Vertretene die Identität der Verlobten kennt und seine
Vollmacht sich auf diese bestimmte, unverwechselbare Person beschränkt, so dass
auszuschließen ist, dass der für einen Verlobten handelnde Vertreter jedweder anderen, zum
Termin der Eheschließung erscheinenden Person das Ja – Wort des Vertretenen übermitteln
würde. Dies war hier gewährleistet, denn die Verlobte war nach Namen, Alter und Wohnort,
Namen ihres Vaters und dessen Ausweisnummer eindeutig und unverwechselbar bezeichnet.
Anhaltspunkte dafür, dass der Ehemann seinem Onkel eine nicht nur auf diese eindeutig zu
identifizierende Person beschränkte Vollmacht erteilt hat, fehlen.
3. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, weil die Beteiligte zu 1) nach § 1 Abs. 1 Nr. 2
JGebBefrG von der Zahlung von Gerichtsgebühren befreit ist und der Senat die Ehegatten am
Beschwerdeverfahren nicht beteiligt hat. Daher erübrigt sich auch die Festsetzung des
Geschäftswerts für das Verfahren der Beschwerde.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Zweibrücken

Erscheinungsdatum:

07.12.2010

Aktenzeichen:

3 W 175/10

Erschienen in:

NJW-RR 2011, 725

Normen in Titel:

PStG § 34 Abs. 1