BGH 24. September 2002
K ZR 10/01
BGB § 139

Wirkung einer salvatorischen Klausel

tungsmacht eines Betreuers – auf die Dauer der Betreuungsbedürftigkeit beschränken sollte. Eine Fortgeltung der Vollmacht über den Tod der Vollmachtgeberin hinaus läge demgegenüber außerhalb des in der Urkunde zum Ausdruck gekommenen Zwecks der Vollmacht. Die Nichterwähnung dieses Punktes in einer nach notarieller Belehrung (§ 17 BeurkG)
erteilten Vollmacht deutet zusätzlich darauf hin, dass eine solche weitergehende Geltung der Vollmacht nicht gewollt ist.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den in Rechtsprechung
und Literatur entwickelten Grundsätzen bei der Prüfung, ob
der Vollmachtgeber entgegen der Auslegungsregel des § 672
S. 1 BGB eine Fortgeltung der Vollmacht über seinen Tod hinaus nicht gewollt hat. So wird zwar bei einer Generalvollmacht zur Ausführung eines Geschäftsbesorgungsvertrages,
der eine Vermögensverwaltung zum Gegenstand hat, deren
Fortbestand über den Tod des Vollmachtgebers hinaus angenommen (RG JW 1929, 1647). Ebenso anerkannt ist jedoch,
dass je mehr der Auftragsgegenstand auf die Person und die
persönlichen Verhältnisse und nicht nur auf das Vermögen des
Auftraggebers ausgerichtet ist, desto eher das Erlöschen des
Auftrags mit dem Tode des Auftraggebers anzunehmen ist
(Staudinger/Schilken, BGB, 12. Bearbeitung, § 168, Rdnr. 26;
Soergel/Beuthien, BGB, 12. Aufl., § 672, Rdnr. 5; MünchKomm/Seiler, 3. Aufl., § 672, Rdnr. 4). Dass die Vollmacht
und der zugrunde liegende Auftrag hier auf die persönlichen
Bedürfnisse der Vollmachtgeber während der Dauer ihrer Betreuungsbedürftigkeit zugeschnitten sind, ist bereits ausgeführt und wird in der Erstreckung der Vollmacht auf ihre persönlichen Angelegenheiten besonders deutlich. Der Gesichtspunkt, dass die Vollmacht sich – auch – auf sämtliche Vermögensangelegenheiten der Vollmachtgeberin erstreckt, vermag
an dieser Beurteilung nichts Entscheidendes zu ändern. Denn
das der Vollmacht zugrunde liegende Auftragsverhältnis kann
nur insgesamt bewertet werden. In diesem Rahmen kommt
der Erstreckung der Vollmacht auf die Vermögensangelegenheiten kein selbstständiges Gewicht zu. Denn wenn die Vollmachtgeberin eine an die Stelle einer Betreuerbestellung tretende rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung gewollt hat, hatte
sich auch die Vermögensverwaltung des Beteiligten dem
Rechtsgedanken des § 1901 BGB folgend allein an den persönlichen Bedürfnissen der Vollmachtgeberin während der
Dauer ihrer Betreuungsbedürftigkeit zu orientieren. (…)
2. BGB § 139 (Wirkung einer salvatorischen Klausel)
Die weit verbreitete, in der Regel standardmäßig verwendete salvatorische Klausel, nach der ein nichtiges Rechtsgeschäft auch ohne die nichtige Klausel wirksam sein soll,
entbindet nicht von der nach § 139 BGB vorzunehmenden
Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft als
Ganzes verworfen hätten oder aber den Rest hätten gelten
lassen. Bedeutsam ist sie lediglich für die von § 139 BGB
abweichende Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast;
diese trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel
den Vertrag als Ganzen für unwirksam hält (Aufgabe von
BGH, Urt. v. 8.2.1994 – KZR 2/93, WuW/E 2909, 2913 –
Pronuptia II).
BGH, Urteil vom 24.9.2002 – K ZR 10/01 –, mitgeteilt von
Wolfgang Wellner, Richter am BGH
126 MittBayNot 2/2003Bürgerliches Recht
3. GBO § 22 BGB § 328 (Kein dingliches Rechtsgeschäft
zugunsten Dritter)
1. An der Notwendigkeit eines Unrichtigkeitsnachweises
in der Form des § 29 GBO ist auch dann festzuhalten,
wenn die Möglichkeit, einen formgerechten Nachweis
zu führen, im Einzelfall erschwert ist.
2. Die Bestellung einer Dienstbarkeit oder einer Reallast
zugunsten eines an dem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Dritten ist unwirksam, weil § 328 BGB auf dingliche Rechte nicht anwendbar ist.
BayObLG, Beschluss vom 17.10.2002 – 2Z BR 57/02 –, mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
Zum Sachverhalt:
Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 16.1.1986 zwischen der
Beteiligten und ihren Eltern wurde der Beteiligten ein Grundstück
überlassen. In dem Vertrag räumte die Beteiligte unter Nr. XVII als
Gegenleistung ihrer geistig und körperlich behinderten Schwester ein
Wohnrecht ein. Außerdem verpflichtete sie sich, ihrer Schwester
Wart und Pflege zu gewähren. Für das Wohnrecht bestellte die Beteiligte ihrer Schwester unter Nr. XX des Vertrags eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, für die übrigen wiederkehrenden Leistungen
eine Reallast. Der Eigentumsübergang und das Altenteil wurden am
31.1.1986 im Grundbuch eingetragen.
Mit notarieller Nachtragsurkunde vom 21.7.1987 vereinbarten die
Beteiligte und ihre Eltern, dass unter anderem Nr. XVII und XX des
Vertrags vom 16.1.1986 aufgehoben werden und die Beteiligte den
Vertragsgrundbesitz unentgeltlich erhält.
Den Antrag der Beteiligten, das zugunsten ihrer Schwester eingetragene Altenteil zu löschen, hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom
12.11.1996 abgewiesen. Das Landgericht hat am 16.5.2002 die
Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich
deren weitere Beschwerde.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
(…)
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung stand.
Die Berichtigung des Grundbuchs setzt die Bewilligung des
Betroffenen (§ 19 GBO) oder den Nachweis der Unrichtigkeit
voraus (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An beidem fehlt es.
a) Unrichtig ist das Grundbuch dann, wenn die zur Entstehung der einzelnen dinglichen Rechte, die unter dem Sammelbegriff „Altenteil“ eingetragen sind (vgl. § 49 GBO; OLG
Zweibrücken MittBayNot 1996, 211 f.), nach § 873 BGB erforderliche Einigung fehlt (Demharter GBO, 24. Aufl., § 22
Rdnr. 7). Den Nachweis dafür hat die Beteiligte nicht erbracht.
b) Bei der Beurkundung des notariellen Vertrages vom
16.1.1986 war die Berechtigte nicht anwesend. Ob die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einer
Reallast zugunsten eines an dem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Dritten unwirksam ist, weil § 328 BGB auf dingliche
Rechte nicht angewendet werden kann, ist umstritten (vgl.
Staudinger/Gursky BGB, Neubearb. 2000, § 873 Rdnr. 108
m.w.N.). Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs an (NJW 1993, 2617), der von der Unwirksamkeit ausgeht.
c) Entscheidend kommt es hierauf aber nicht an, weil an
den Unrichtigkeitsnachweis strenge Anforderungen zu stellen
sind (Demharter § 22 Rdnr. 37) und die Beteiligte nicht alle
Möglichkeiten ausgeräumt hat, die für eine wirksame Einigung sprechen.
Rechtsprechung


Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

24.09.2002

Aktenzeichen:

K ZR 10/01

Rechtsgebiete:

Verein
Beurkundungsverfahren
Allgemeines Schuldrecht
Grundbuchrecht
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen

Erschienen in:

MittBayNot 2003, 126
NJW 2019, 661-669

Normen in Titel:

BGB § 139