Verhältnis zwischen postmortaler Vollmacht und Testamentsvollstreckung
BGB §§ 133, 2224, 2197
Verhältnis zwischen postmortaler Vollmacht und Testamentsvollstreckung
Das Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung kann nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall aufgrund einer Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ermittelt werden.
BGH, Beschl. v. 14.9.2022 – IV ZB 34/21
Problem
Die Enkeltochter und Alleinerbin der am 27.4.2020 verstorbenen ursprünglichen Antragstellerin (=Erblasserin) erklärte in deren Namen in einem Güterrechtsverfahren eine Antragsrücknahme hinsichtlich vermögensrechtlicher Ansprüche gegen den Ehemann der Antragstellerin. Die Wirksamkeit dieser Antragsrücknahme ist streitig.
Die Erblasserin erteilte am 31.1.2020 ihrer Enkeltochter eine transmortale Vorsorgevollmacht, sie in allen persönlichen und Vermögensangelegenheiten gerichtlich zu vertreten. Mit eigenhändigem Testament vom 11.2.2020 setzte die Erblasserin ihre Enkeltochter zur Alleinerbin ein, ordnete Testamentsvollstreckung an und berief die Beschwerdeführerin zur Testamentsvollstreckerin. Am selben Tag erteilte die Erblasserin der Beschwerdeführerin eine postmortale Vollmacht auf den Todesfall, um sie nach ihrem Tod „in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten gegenüber jedermann und in jeder Weise zu vertreten“. Am 22.2.2020 errichtete die Erblasserin nochmals ein eigenhändiges Testament, worin sie die Alleinerbeinsetzung der Enkelin wiederholte, aber nunmehr eigens „wegen der Geltendmachung und Durchsetzung (ihrer) Ansprüche gegen (den Ehemann)“ Testamentsvollstreckung anordnete. Zum Testamentsvollstrecker wurde ein Rechtsanwalt berufen. Für die von dieser Testamentsvollstreckung nicht betroffenen Aufgabenkreise sollte es im Übrigen bei der Testamentsvollstreckung durch die Beschwerdeführerin verbleiben.
Das Amtsgericht hielt in seiner Kostenentscheidung die Antragsrücknahme durch die transmortal bevollmächtigte Enkeltochter für wirksam. Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin wurde vom OLG Rostock verworfen, da die Beschwerdeführerin nicht beschwerdeberechtigt sei. Für diese Berechtigung böten weder ihre Stellung als Testamentsvollstreckerin noch die ihr erteilte Vollmacht auf den Todesfall eine hinreichende Grundlage.
Entscheidung
Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG Rostock und wies die Rechtsbeschwerde zurück. Die Beschwerdebefugnis folge zunächst nicht aus
Schließlich schloss sich der BGH der Auffassung des OLG an, wonach die Beschwerdeführerin auch aufgrund der ihr am 11.2.2020 erteilten postmortalen Generalvollmacht nicht zur Einlegung der Beschwerde befugt gewesen sei. Er bestätigte im Grundsatz die h. M., dass eine postmortale Vollmacht selbständig neben einer Testamentsvollstreckung stehe und dem Bevollmächtigten eigenständige, vom Erblasser und nicht vom Testamentsvollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen könne (OLG München
Praxishinweis
Der durch drei Instanzen geführte Rechtsstreit unterstreicht die Bedeutung des vorsorglichen Ratschlags, bei Errichtung einer trans-/postmortalen Vollmacht und einer Verfügung von Todes wegen das Vorliegen der jeweils anderen Urkunde zu erfragen und im Falle angeordneter Testamentsvollstreckung besonders auf die eindeutige inhaltliche Abstimmung beider Urkunden zu achten. Dasselbe gilt, wenn eine angeordnete Vor- und Nacherbfolge Unklarheiten über die Reichweite einer Vollmacht begründen kann (s. hierzu OLG München
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:14.09.2022
Aktenzeichen:IV ZB 34/21
Rechtsgebiete:
Testamentsvollstreckung
Testamentsform
BGB §§ 133, 2224, 2197