BayObLG 22. März 1989
BReg. 2 Z 32/89
BGB § 880 Abs. 2 S. 2; GBO §§ 18, 19

Grundbuchverfahrensrechtliche Mitwirkung des Eigentümers beim Rangrücktritt einer Grundschuld

4. BGB § 880 Abs. 2 Satz 2; GBO §§ 18, 19(Grundbuchverfahrensrechtliche Mitwirkung des Eigentümers beim Rangrücktritt einer Grundschuld)
1. Eintragungsvoraussetzung für den Rangrücktritt einer
Grundschuld ist die Eintragungsbewilligung, nicht die sachlich-rechtliche Zustimmung des Eigentümers. Verlangt die
Zwischenverfügung „die Eigentümerzustimmung gemäß
§ 880 Abs. 2 BGB`, so ist sie dahin auszulegen, daß die Eintragungsbewilligung gemäß § 19 GBO verlangt wird (Aufgabe von BayObLG NJW-RR 1988, 460 [= DNotZ 1988, 585]).
2. Die Zustimmung (Bewilligung) des Eigentümers zur Freistellung einer verkauften Teilfläche von einer Grundschuld
kann in der Regel nicht dahin ausgelegt werden, daß damit
auch die Bewilligung des Rangrücktritts der Grundschuld
hinter die zugunsten des Käufers einzutragende Auflassungsvormerkung erklärt ist.
BayObLG, Beschluß vom 23.3.1989 — BReg. 2 Z 32/89 — mitgeteilt von Johann Demharter, Richter am BayObLG
Aus dem Tatbestand:
Die Beteiligte zu 1 verkaufte zu notarieller Urkunde vom 13.4.1988 eine
noch zu vermessende Teilfläche eines Grundstücks an die Beteiligte
zu 2. Sie bewilligte in der Urkunde auch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung. Die Vormerkung wurde am 30.8.1988 in das Grundbuch eingetragen. Das Grundstück ist mit zwei Grundschulden zugunsten der Beteiligten zu 3 belastet. In Abschnitt B V der genannten
Urkunde heißt es:
„Der VeräuBerer haftet für ungehinderten Besitz- und Eigentumsübergang, sowie für die Freiheit von eingetragenen und nicht ausdrücklich übernommenen Belastungen. Er hat den Vertragsbesitz unverzüglich von allen wegzufertigenden Belastungen freizustellen. Allen
dazu notwendigen Erklärungen wird mit dem Antrag auf Vollzug zugestimmt und bewilligt, den Vertragsbesitz frei von Rechten eines
Vertragsteils umzuschreiben!'
In Abschnitt B IX ist bestimmt:
„Die Angestellten des Notars werden einzeln, befreit von gesetzlichen Beschränkungen und über den Tod der Vertragsteile hinaus
bevollmächtigt, zum Grundbuchvollzug erforderliche Änderungen
oder Ergänzungen zu erklären!'
Mit Erklärung vom 27.4.1988 gab die Beteiligte zu 3 die verkaufte Teilfläche von den beiden Grundschulden frei und trat außerdem mit
ihnen hinter die zugunsten der Beteiligten zu 2zur Eintragung gelangende Auflassungsvormerkung zurück; sie bewilligte und beantragte,
die Pfandfreigabe mit Eigentumsumschreibung auf den Erwerber
und den Rangrücktritt in das Grundbuch einzutragen.
Das Grundbuchamt hat den vom Notar vorgelegten Antrag auf Vollzug des Rangrücktritts mit Zwischenverfügung vom 20.9.1988 beanstandet, da die Eigentümerzustimmung gemäß § 880 Abs. 2 Satz 2
BGB in der Form des § 29 GBO fehle.
Daraufhin hat der Notar am 28.9.1988 unter Bezugnahme auf die Vollmacht in Abschnitt B IX der Urkunde vom 13.4.1988 eine beglaubigte
Zustimmungserklärung zum Rangrücktritt einer seiner Angestellten
eingereicht.
Mit weiterer Zwischenverfügung vom 3.11.1988 hat das Grundbuchamt ausgeführt, daß die Notariatsangestellte nicht bevollmächtigt
sei, die Zustimmungserklärung abzugeben und hat darauf bestanden, daß die Zustimmungserklärung der Grundstückseigentümerin
vorzulegen sei.
Daraufhin ging beim Amtsgericht eine vom Notar unterzeichnete Erinnerung ein. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde.
Aus den Gründen:
1....
2. Die weitere Beschwerde ist nicht begründet.
a) Das Landgericht hat ausgeführt:
Zum Rangrücktritt einer Grundschuld sei gemäß § 880
Abs. 2 Satz 2 BGB die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich. Diese Zustimmung habe hier nicht wirksam durch die Notariatsangestellte erklärt werden können.
Die Urkunde vom 13.4.1988 enthalte zwar die Zustimmung
des Veräußerers zur Lastenfreistellung, nicht aber die davon
zu unterscheidende Zustimmung zum Rangrücktritt. Da die
sich aus der Urkunde vom 13.4.1988 ergebende Vollmacht
der Notariatsangestellten nur dazu berechtige, zum Grund.
buchvollzug erforderliche Änderungen oder Ergänzungen
erklären zu können, sei die Zustimmung zum Rangrücktritt
von der Vollmacht nicht umfaßt.
b) Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
Nachprüfung stand.
aa) Die Zwischenverfügung verlangt die Beibringung der Eigentümerzustimmung gemäß § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die
Eintragung des Rangrücktritts darf allerdings nicht von der
sachlich-rechtlichen Zustimmung im Sinne des § 880 Abs. 2
Satz 2 BGB abhängig gemacht werden. Erforderlich ist vielmehr die Eintragungsbewilligung des Grundstückseigentümers im Sinn des § 19 GBO. Der Senat legt die Zwischenverfügung jedoch so aus, daß nicht die sachlich-rechtliche Zustimmung, sondern die nach § 19 GBO erforderliche Bewilligung verlangt wird. Die Vorinstanzen haben sich, ersichtlich
davon ausgehend, daß die Bewilligung in der Regel in der
Zustimmung nach § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB enthalten ist
(Palandt/Bassenge BGB 48. Aufl. § 880 Anm. 2 b und c), mit
dem Begriff „Zustimmung" einer ungenauen Ausdrucksweise für das tatsächlich Gewollte, die Eintragungsbewilligung,
bedient, die aber das Gewollte noch hinreichend zum Ausdruck bringt. Soweit der Senat früher anders entschieden
hat (BayObLG NJW-RR 1988, 460 [= DNotZ 1988, 585]), hält
er daran nicht fest.
bb) Der vorgelegten. Urkunde (Abschnitt B V) kann die zur
Eintragung des Rangrücktritts erforderliche Bewilligung der
Grundstückseigentümerin nicht entnommen werden.
Das Landgericht hat die genannte Vertragsbestimmung gewürdigt und darin keine Anhaltspunkte dafür gefunden, daß
sie die erforderliche Zustimmung (Bewilligung) zum Rangrücktritt enthält.
Es braucht nicht entschieden zu werden, ob diese Auslegung durch den Tatrichter nur auf Rechtsfehler überprüft
werden darf (vgl. Senatsbeschluß vom 5.10.1988 BReg. 2 Z
11/88 m. w. Nachw.). Denn sowohl bei selbständiger Auslegung der Erklärungen durch den Senat wie auch bei Zugrundelegung der Ansicht von der eingeschränkten Überprüfbarkeit der Auslegung kommt der Senat zu demselben
Ergebnis wie das Landgericht.
Für die Auslegung von Grundbucherklärungen gilt der
Grundsatz, daß auf deren Wortlaut und Sinn abzustellen ist,
wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BGHZ 59, 205/209;
BayObLGZ 1984, 155/158 [= MittBayNot 1984, 186]). Die Auslegung muß im Hinblick auf die Anforderungen des Grundbuchverkehrs an Klarheit und Bestimmtheit des objektiven
Inhalts einer Grundbucherklärung zu einem dieser Bestimmtheit entsprechenden eindeutigen Ergebnis führen
(BayObLGZ a. a. 0.). Diese Auslegungsgrundsätze gelten
auch für die Feststellung, ob überhaupt eine Grundbucherklärung vorliegt (Horber/Demharter § 19 Anm. 8 b).
In Abschnitt B V der Urkunde vom 13.4.1988 hat sich der Veräußerer verpflichtet, den Vertragsbesitz unverzüglich von
allen wegzufertigenden Belastungen freizustellen. Allen
310 MittBayNot 1989 Heft 6


dazu notwendigen Erklärungen hat er mit dem Antrag auf
Vollzug zugestimmt und bewilligt, den Vertragsbesitz frei
von Rechten eines Vertragsteils umzuschreiben.
Aus dem Tatbestand:
Die Bewilligung, den Vertragsbesitz frei von Rechten eines
Vertragsteils umzuschreiben, ist für den vorliegenden Fall, in
dem es nicht um die Rechte der Vertragsteile, sondern um
Rechte der Beteiligten zu 3 geht, ohne Belang.
Straßenumbauten der Gemeinde G. schlossen die Beteiligte und die
Ob in der Erklärung des Beteiligten zu 1, er stimme allen zur
Freistellung der Teilfläche von Belastungen notwendigen
Erklärungen mit dem Antrag auf Vollzug zu, zugleich die
im Ergebnis entbehrliche Eintragungsbewilligung für die
Löschung der Grundschulden liegt, kann dahingestellt
bleiben.
Jedenfalls kann unter Anwendung der oben genannten
Rechtsgrundsätze nicht davon ausgegangen werden, daß
die Bewilligung zur Löschung eines Grundpfandrechts die
Bewilligung zur Eintragung eines Rangrücktritts enthält, da
das Erlöschen der Grundschuld an einem abgeschriebenen
Trennstück eines Grundstücks (Pfandfreigabe, §§ 1192, 1175
Abs. 1 Satz 2 BGB) etwas anderes ist als die nachträgliche
Rangänderung zwischen bestehenden Grundstücksrechten
(vgl. Haegele/Schöner/Stöber Grundbuchrecht B. Aufl.
Rdnr. 2562).
Die. Beteiligte ist im Grundbuch als Eigentümerin mehrerer Grundstücke eingetragen, darunter auch der Grundstücke FIst. 186111, Flst.
186112 zu 1258 m2 und Fist. 186/2 zu 3332 m2. Zur Durchführung von
Gemeinde 1986 einen notariellen Tauschvertrag, nach dem aus dem
Grundstück Fist. 186112 ein Teilstück von 1241 m2 in das Eigentüm
der Gemeinde übergehen und zusammen mit einem Teilstück von
130 m2 aus einem Gründstück der Gemeinde das neue Grundstück
Flst. 186112 bilden sollte. Ein weiteres Trennstück von 6 m2 aus dem
alten Grundstück FIst. 186112 sollte zusammen mit einem Trennstück
von 184 m2 aus dem Grundstück FIst. 18612 ebenfalls in das Eigentum der Gemeinde übergehen und das Grundstück FIst. 186155
werden. Die Beteiligte sollte von der Gemeinde Trennstücke von insgesamt 222 m2 aus deren Eigentum erhalten.
Die von dem Tauschvertrag nicht betroffene Restfläche von 11 m 2
aus dem alten Grundstück Fist. 186/12 ist gemäß einem Veränderungsnachweis in Trennstücke zu 3 m2, 2 m2 und 6 m2 zerlegt
worden.
In einem Nachtrag von 1988 zum Tauschvertrag von 1986 hat die Beteiligte u. a. erklärt, daß das Trennstück von 2 m 2 aus dem alten
Grundstück Flst. 186112 einer am Grundstück Fist. 186111 eingetragenen Buchgrundschuld als weiteres Pfand unterstellt werden soll.
Nach einem Veränderungsnachweis soll dieses Trennstück dem
Grundstück FIst. 186111 zugeschrieben werden.
Nachdem das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung die „Vereinigung" des Trennstücks von 2 m2 aus dem alten Grundstück Flst.
186112 mit dem Grundstück FIst. 186111 von Pfandfreigabeerklärungen für die auf dem alten Grundstück Flst. 186112 eingetragenen
Ob bei der Veräußerung von unvermessenen Teilflächen, die
mit der Verpflichtung des-Veräußerers zur unverzüglichen
Lastenfreistellung verbunden ist, der Rangrücktritt von
Grundschulden hinter die Auflassungsvormerkung des Erwerbers zur Zwischenabsicherung des Erwerbers bezüglich
wegzufertigender Belastungen notwendig ist, bedarf keiner
Erörterung. Jedenfalls läßt die hier maßgebliche Erklärung
die Bewilligung des Eigentümers zum Rangrücktritt der
Grundschulden nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit
erkennen (vgl. BayObLG Rpfleger 1985, 288 und BayObLG
NJW-RR 1988, 460). Es handelt sich vielmehr bei dieser
Erklärung um eine allgemein gehaltene, pauschale Zustimmung/Bewilligung zu Gläubigererklärungen, die nur die
Lastenfreistellung betreffen.
Grundpfandrechte abhängig gemacht hatte, hatte die Beteiligte beim
Amtsgericht die Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses für die
Abtrennung von 2 m2 aus dem alten Grundstück Flst. 186112 beantragt.
cc) Zutreffend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Zustimmungserklärung (Bewilligung) der Notariatsangestellten vom 23.9.1988 zum Rangrücktritt von der Vollmacht nach
Abschnitt B IX der Urkunde vom 13.4.1988 nicht gedeckt ist.
Nach der dort getroffenen Regelung werden die Angestellten des Notars bevollmächtigt, zum Grundbuchvollzug erforderliche Änderungen oder Ergänzungen zu erklären. Die Bewilligung der Eintragung eines Rangrücktritts ist aber keine
zum grundbuchmäßigen Vollzug der Urkunde vom 13.4.1988
erforderliche Erklärung, da, wie sich in entsprechender Anwendung der obigen Ausführungen ergibt, der Kaufvertrag
eine materiell-rechtliche Zustimmungserklärung des Grundstücksveräußerers zum Rangrücktritt nicht enthält.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen
5. Gesetz, das Unschädlichkeitszeugnis betreffend vom
15.6.1898 (Kein Unschädlichkeitszeugnis bei Abschreibung
einer Teilfläche ohne Eigentümerwechsel)
Die Anwendung des UnschG kommt nicht in Betracht, wenn
ein Eigentümer von einem Grundstück eine Teilfläche
lastenfrei abschreiben lassen will, um sie einem anderen
Grundstück in seinem Eigentum zuschreiben zu lassen.
BayObLG, Beschluß vom 7.6.1989 — BReg. 2 Z 10/89 —
mitgeteilt von Johannes Demharter, Richter am BayObLG
MittBayNot 1989 Heft 6
Das Amtsgericht hat diesen Antrag abgewiesen. Die Beschwerde der
Beteiligten dagegen hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der
weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte ihren Antrag auf Erteilung des Unschädlichkeitszeugnisses weiter.
Aus den Gründen:
Die nach §§ 27, 29 Abs. 1 FGG zulässige weitere Beschwerde (vgl. BayObLGZ 1988, 1 [= MittBayNot 1988, 75]) der
Beteiligten ist unbegründet.
1....
Nachprüfung stand:
a) Art. 1 Satz 1 UnschG, auf dessen Auslegung es hier allein
ankommt, lautet: „Wird eine Teilfläche eines Grundstücks,
das mit Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden oder
Reallasten belastet ist, veräußert, so wird das Trennstück
ohne Einwilligung der Berechtigten von den Belastungen
frei, wenn von dem Amtsgericht, bei welchem das Grundbuch für das Grundstück geführt wird, festgestellt ist, daß
die Veräußerung für die Berechtigten unschädlich ist:'
Diese Regelung des UnschG geht auf den Vorbehalt in
Art. 120 EGBGB zurück (Kaisenberg, Gesetz, das Unschädlichkeitszeugnis betreffend, 1899, Einleitung S. 3/4). Art. 120
EGBGB läßt unberührt landesgesetzliche „Vorschriften,
nach welchen im Falle der Veräußerung eines Teiles eines
Grundstücks dieser Teil von den Belastungen des Grundstücks befreit wird, wenn von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten
unschädlich ist:'
b) Die Formulierung in Art. 120 EGBGB läßt eindeutig erkennen, daß nur für den Teil eines Grundstücks ein Unschädlichkeitszeugnis erteilt werden kann, der an einen Dritten
veräußert wird. Das ist nach dem Wortlaut der Bestimmung
der zu veräußernde Teil und nicht etwa der beim bisherigen
Eigentümer verbleibende. Auch wenn Art. 1 Satz 1 UnschG

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

22.03.1989

Aktenzeichen:

BReg. 2 Z 32/89

Erschienen in:

MittBayNot 1989, 310-311

Normen in Titel:

BGB § 880 Abs. 2 S. 2; GBO §§ 18, 19