OLG Nürnberg 12. September 2025
1 U 2003/24 Erb
BGB §§ 818 ff., 2287

Den Vertragserben beeinträchtigende Schenkung; Herausgabeanspruch bei gemischter Schenkung

letzte Aktualisierung: 1.12.2025
OLG Nürnberg, Endurt. v. 12.9.2025 – 1 U 2003/24 Erb

BGB §§ 818 ff., 2287
Den Vertragserben beeinträchtigende Schenkung; Herausgabeanspruch bei gemischter
Schenkung

1. Die Beweiskraft eines elektronisch abgegebenen Empfangsbekenntnisses wird nicht allein durch
die Tatsache erschüttert, dass zwischen der Zusendung des Urteils an den Rechtsanwalt und dem im
Empfangsbekenntnis angegebenen Zustellzeitpunkt zwölf Tage liegen und die Partei von dem
Urteilstenor bereits Kenntnis erlangt hatte.
2. Im Fall der gemischten Schenkung eines Grundstücks, bei welcher der Schenkungsanteil überwiegt,
besteht der Anspruch auf Herausgabe nach § 2287 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 818 ff. BGB nur
Zug um Zug gegen Zahlung des Betrags, der wertmäßig der vereinbarten Gegenleistung entspricht.
Dabei ist nicht auf tatsächlich erbrachte Leistungen des Beschenkten an den Erblasser abzustellen,
vielmehr können sämtliche Leistungen, die der Beschenkte nach den vertraglichen Vereinbarungen
als Gegenleistungen schuldete, dem Herausgabeanspruch des Erben im Wege des Zurückbehaltungsrechts
entgegengehalten werden.

Entscheidungsgründe

I.
Die Parteien streiten um erbrechtliche Ansprüche nach dem Tod ihres Vaters.
Mit dem Hauptantrag machte der Kläger gemäß § 2287 BGB Herausgabeansprüche geltend, mit dem
Hilfsantrag verfolgte er in der ersten Instanz einen Herausgabeanspruch als Pflichtteilsberechtigter
gegenüber dem Beklagten gemäß § 2329 BGB.

Am ... 2018 verstarb der Erblasser … Er hinterließ seine beiden Söhne, den Kläger und den Beklagten,
sowie seine Tochter … Die Ehefrau des Erblassers und Mutter der Parteien war bereits im Jahr 2013
verstorben. Am 02.03.2009 hatten der Erblasser und seine Ehefrau ein gemeinsames Ehegattentestament
verfasst. In diesem Testament setzten sie sich zur Regelung der Erbfolge nach dem ersten Erbgang jeweils
gegenseitig zu Alleinerben ein. Für den zweiten Erbgang setzten sie den Kläger zum (Vor-) Erben des
Letztversterbenden ein. Zu ihren Nacherben setzten die Eheleute die Kinder des Beklagten (…) ein. Sie
bestimmten in dem Testament zudem, dass alle früheren Verfügungen von Todes wegen ungültig sein sollten
(Anlage K1).

Der Kläger nahm das Erbe an. Der Nachlass war wertlos.
Der Erblasser war Eigentümer des Grundbesitzes bestehend aus dem Grundstück … Blatt … Gemarkung
…, dem Grundstück … (landwirtschaftliche Waldfläche) FI.Nr. … sowie einem hälftigen Miteigentumsanteil
am Grundstück Gemarkung … Diesen Grundbesitz überließ der zu diesem Zeitpunkt 91 Jahre alte Erblasser
dem Beklagten mit Urkunde des Notars …, vom 23.10.2018, Urk.R.Nr. … zu Alleineigentum (Anlage K2). In
dieser Urkunde ist als Rechtsgrund unter XI ausgeführt:

„Die Überlassung erfolgt gegen die nachfolgend vereinbarten Auflagen bzw. Gegenleistungen (Nießbrauch,
Wartung, Pflege, Leibrente), also insoweit entgeltlich, im Übrigen – soweit der Wert des Objekts höher sein
sollte als der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs bzw. der Wart- und Pflegeverpflichtung bzw. der Leibrente
– ohne weitere Gegenleistung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und mit der Maßgabe, dass eine
Ausgleichungspflicht abbedungen wird (der Erwerber hat nach Angabe bereits auf sein Pflichtteilsrecht
gegenüber dem Veräußerer verzichtet). Herr … erklärt, dass er aufgrund gemeinschaftlichen Testaments
vom 02.03.2009 nach dem Vorversterben seiner Frau … erbrechtlich gebunden ist. Die Überlassung in
dieser Urkunde erfolgt jedoch zur Verbesserung der wirtschaftlichen Stellung von Herrn … Aufgrund der
vereinbarten Gegenleistung wird die wirtschaftliche Situation von Herrn … durch die Übertragung verbessert.

Derzeit könnte Herr … das Grundstück … nicht veräußern, da er auf dieses Grundstück und das darauf
errichtete Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken angewiesen ist. Durch die Übertragung kann er dieses
Grundstück aufgrund des Nießbrauchs wie bisher weiternutzen, erhält jedoch zusätzlich in Form der Wart
und Pflege geldwerte Wart- und Pflegeleistungen, sowie in Form der Leibrente finanzielle Mittel, die zur
Verbesserung seiner finanziellen Situation dienen. Ein lebzeitiges Eigeninteresse liegt daher vor. Weitere
Gegenleistungen (z. B. Rückforderungsrechte für bestimmte Fälle) wurden erörtert, jedoch nicht gewünscht.“
Unter Ziffer XII wurde dem Erblasser ein Nießbrauchsrecht auf Lebensdauer an dem Wohngrundstück …
eingeräumt.

In Ziffer XIII wurde vereinbart:
„Bei Krankheit und Gebrechlichkeit hat der Erwerber die erforderliche Wart und Pflege auf dem Anwesen …
zu erbringen, so lange sich der Veräußerer auf vorgenanntem Anwesen aufhält und soweit die Wart- und
Pflegeverpflichtung für den Erwerber zumutbar ist. Als zumutbar wird es dabei angesehen, wenn der
gesundheitliche Zustand des Veräußerers Wart- und Pflegeleistungen bis einschließlich zur Pflegestufe 1
gem. SGB XI in der bis Ende 2016 gültigen gesetzlichen Fassung erfordert. […]" .

In Ziffer XIV wurde eine Leibrente wie folgt vereinbart:
„Der Erwerber verpflichtet sich, an den Veräußerer ab Beginn des auf die Beurkundung folgenden Monats
auf dessen Lebensdauer eine monatliche Rente in Höhe von 1.000,00 € zu zahlen. Die Rente dient der
Versorgung des Berechtigten…“.

Das Eigentum an den Grundstücken wurde im Grundbuch am 12.11.2018 auf den Beklagten umgeschrieben.
Das Grundstück mit Wohnhaus hatte zu diesem Zeitpunkt einen Verkehrswert von 392.000,00 €, die des
Weiteren überlassenen landwirtschaftlichen Flächen hatten folgende Werte im Zeitpunkt der Überlassung:
Fl.-Nr. …: 8.760,00 € und Fl.-Nr. …: 7.140,00 €. Das zuletzt aufgeführte Flurstück stand im hälftigen
Miteigentum des Erblassers, dieser Anteil ist mit 3.570,00 € zu bewerten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.02.2019 forderte der Kläger den Beklagten auf, einer Übereignung der
genannten Grundstücke an ihn zuzustimmen (Anlage K6), was der Beklagte ablehnte.

Ab dem Jahr 2015 bis zu seinem Tod überwies der Erblasser regelmäßig Geldbeträge an den Beklagten. Im
Einzelnen handelt es sich um folgende Beträge: Ab dem 03.05.2015 wurden monatlich 1.000,00 € an den
Beklagten überwiesen. Dieses wurde durch Einrichtung eines Dauerauftrags vom Konto des Erblassers auf
das Konto des Beklagten mit der IBAN DE… erreicht, der insgesamt 45 mal ausgeführt worden ist. Die letzte
Überweisung über 1.000,00 € erfolgte am 03.01.2019 (Anlage K4). Insgesamt sind auf diese Weise
45.000,00 € an den Beklagten geflossen. Zudem erfolgte am 07.04.2015 seitens des Erblassers eine
Einzelüberweisung auf das Konto des Beklagten in Höhe von 10.000,00 € mit dem angegebenen
Verwendungszweck „Schenkung“ (Überweisungsauftrag, Anlage K5). Insgesamt erfolgten somit
Geldzuwendungen in Höhe von 55.000,00 € an den Beklagten.

Der Kläger meint, er habe einen Anspruch aus Herausgabe der Grundstücke aus § 2287 BGB. Soweit eine
gemischte Schenkung in Betracht komme, sei der Wert der Gegenleistungen mit Null oder allenfalls mit
einem geringen Betrag anzusetzen, da der Übergeber etwa sieben Wochen nach der Beurkundung verstarb.
Die in den Vertrag aufgenommenen „Gegenleistungen“ seien nur zum Schein und allein zu dem Zweck
vereinbart worden, ein tatsächlich nicht gegebenes lebzeitiges Eigeninteresse vorzutäuschen. Falls dennoch
Gegenleistungen anzuerkennen seien, seien dem Beklagten diese nur in der tatsächlich erbrachten Höhe zu
ersetzen, die der Kläger wegen der nur noch kurzen Lebenszeit des Erblassers nach der
Grundstücksüberlassung auf höchstens 1.606,00 € bezifferte. Im Übrigen stünden dem Kläger erhebliche
Ansprüche aus Nutzungsentschädigung aufgrund des Verzugs des Beklagten zu, mit denen der Kläger
gegen eventuelle Zug-um-Zug-Ansprüche des Beklagten auf Herausgabe der gewährten Gegenleistungen
aufrechnet. Diese Ansprüche bestünden daraus, dass der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom
28.02.2019 seine Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht und Herausgabe des
Grundbesitzes sowie bis spätestens 11.03.2019 die Erklärung der Bereitschaft zur Mitwirkung bezüglich der
Übertragung des Grundbesitzes verlangt hatte. Seither befinde sich der Beklagte mit der Übereignung des
Grundbesitzes in Verzug. Für 54 Monate bis September 2023 betrage die dem Kläger zustehende
Nutzungsausfallentschädigung bei Annahme einer monatlichen Kaltmiete von 500,00 € bereits 27.000,00 €.
Auch bei der Zuwendung der Geldbeträge über 45 x 1.000,00 € und 10.000,00 € handele es sich um
Schenkungen des Erblassers an den Beklagten. Soweit die angeblichen Gegenansprüche des Beklagten
nicht bereits durch die vorrangigen Aufrechnungen mit Ansprüchen wegen einer
Nutzungsausfallentschädigung untergegangen sein sollten, werde auch dieser Zahlungsanspruch gegen
(angebliche) Gegenansprüche aufgerechnet. Hilfsweise machte der Kläger in der ersten Instanz einen
Herausgabeanspruch nach § 2329 BGB geltend.

Der Kläger beantragte
in erster Instanz – soweit für das Berufungsverfahren relevant –, den Beklagten zu verurteilen, die
erforderliche Willenserklärung zur Auflassung der oben genannten, ehemals im Eigentum des Erblassers
stehenden Grundstücke abzugeben und die Eintragung der Auflassung im Grundbuch zu bewilligen und zu
beantragen. Weiter beantragte der Kläger, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 55.000,00 € nebst
Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragte
erstinstanzlich Klageabweisung.

Der Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, zum Zeitpunkt der Überlassung sei abzusehen gewesen,
dass der 91 Jahre alte Erblasser das Anwesen allein nicht mehr werde bewirtschaften können und der Pflege
bedürfe. Der Erblasser habe mit der Regelung im Überlassungsvertrag seine wirtschaftliche Position
verbessern wollen. Die Gegenleistungen seien mit einem Betrag von 122.760,00 € zu bewerten. Diesen
Betrag habe der Kläger im Falle der Verpflichtung zur Rückübertragung Zug-um-Zug zu erstatten.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Abgabe der für die Auflassung und deren Vollzug erforderlichen
Willenserklärungen Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrags von 56.646,14 € an den Kläger verurteilt und
die Klage im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Voraussetzungen für beeinträchtigende Schenkungen
seien sowohl für die Grundstücksübertragungen als auch für die geleisteten Zahlungen des Erblassers an
den Beklagten in Höhe von insgesamt 55.000,00 € erfüllt. Hinsichtlich der Übertragung des Grundbesitzes
handle es sich um eine gemischte Schenkung, da die werthaltigen Gegenleistungen den Wert der
Grundstücke nicht erreichten. Die vom Beklagten gegenüber dem Erblasser zu erbringenden
Gegenleistungen bewertete das Erstgericht nach einer „Gesamtabwägung“ wie folgt auf insgesamt
111.646,14 € wie folgt:

„- Leibrente: 37.212,00 € (12.000,00 € pro Jahr x Kapitalwertfaktor 3,101)
- Wart und Pflege: 9.079,73 € (Pflegesatz 2016 für Stufe 1: 244,00 € x 12 x Kapitalwertfaktor 3,101)
- Nießbrauch: 65.354,51 €: Wert des Grundstücks in Höhe von 392.000,00 € geteilt durch 18,6 (§ 16 BewG),
entspricht einem maximalen Jahreswert von 21.075,27 € x Kapitalwertfaktor 3,101.“

Der Beklagte könne die Zahlung des Betrags verlangen, bis zu dem der Kläger die Schenkung hinnehmen
muss, hier in Höhe von 111.646,14 €. Diesen Gegenanspruch könne der Beklagte den Ansprüchen des
Klägers auf Herausgabe der Schenkungen einredeweise entgegenhalten. Auf die tatsächlich erbrachten
Gegenleistungen komme es nicht an. Ein Anspruch des Klägers auf Nutzungsentschädigung bestehe nicht;
die an erster Stelle erklärte Aufrechnung gehe daher ins Leere. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers in
Höhe von 55.000,00 € sei durch die erfolgreiche Aufrechnung mit dem Gegenanspruch des Beklagten
erloschen.

Das Empfangsbekenntnis der Klägervertreter über den Erhalt des Ersturteils trägt das Datum 16.09.2024
(Blatt zu 136).

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt, die am15.10.2024 beim
Oberlandesgericht eingegangen ist. Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein erstinstanzliches Ziel auf
Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe des Grundstücks ohne Zug-um-Zug-Leistung und auf Zahlung
des Betrags von 55.000,00 € weiter. Den Hilfsantrag macht der Kläger in der Berufung nicht mehr geltend.
Zur Begründung führt der Kläger aus:

Das Landgericht habe zu Unrecht die Pflicht zur Zahlung des Werts von Gegenleistungen, die tatsächlich
nicht erbracht worden sind, als Zug-um-Zug-Leistung ausgesprochen und teilweise mit den Ansprüchen des
Klägers aufgerechnet. Das Erstgericht missinterpretiere die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
Tatsächlich spiele die Frage der Gegenleistungen und deren Wert nur eine Rolle für die Frage, ob es sich
aus Sicht der Vertragsschließenden um eine Schenkung oder einen Vertrag mit gegenseitigen Leistungen
handelt. Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs sage nicht aus, dass fiktive, tatsächlich nicht
erbrachte Leistungen zu erstatten seien. Überdies habe das Gericht die Höhe der Gegenleistungen nicht
richtig ermittelt. Das Erstgericht hätte zum Wert der Gegenleistungen ein Sachverständigengutachten
einholen müssen, insbesondere zur Frage der Bewertung des Nießbrauchs. Die Grundstückswerte seien
nicht unstreitig.

Der Kläger beantragt in der Berufung:

I. Das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 04.09.2024 -71 O 2625/21 Erb – wird teilweise aufgehoben.

II. Unter teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wird der Beklagte verurteilt, folgende
Willenserklärung abzugeben:

„Ich, …, geboren am 10.07.1962, biete Herrn …, geboren am …, die Übertragung folgenden, im Grundbuch
des Amtsgerichts Regensburg von Pettendorf eingetragenen Grundbesitzes zu Alleineigentum im Wege der
Auflassung an:

Blatt …:
- Fl-Nr. …,
- Fl-Nr. …, Blatt …:
- Fl.-Nr. … – Miteigentumsanteil zu ein Halb -.
Ich bewilligte und beantrage gegenüber dem Amtsgericht Regensburg -Grundbuchamt – diese Auflassung im
Grundbuch einzutragen.“

III. Unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 55.000,00 €
nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen.

Der Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.

Der Beklagte rügt die nicht fristgemäße Einlegung der Berufung. Es werde bestritten, dass das Endurteil der
Klagepartei erst am 16.09.2024 zugestellt worden sei. Der Berufungskläger habe sich persönlich mit
Schreiben vom 10.09.2024, eingegangen am 12.09.2024 in der Kanzlei der Beklagtenpartei, an den
Prozessbevollmächtigten des Beklagten gewandt und in diesem Schreiben das Endurteil vom 04.09.2024
zitiert.

Soweit das Erstgericht von einer gemischten Schenkung ausgegangen sei, lägen die Voraussetzungen des §
2287 BGB nicht vor. Der Beklagte habe keinerlei wirtschaftliche Vorteile vom Erblasser erhalten. Eine
Kürzung der Gegenleistungen sei nicht gerechtfertigt. Vielmehr seien die Leistungen für Wart und Pflege
höher zu bewerten, da der Erblasser sich vor seinem Tod bereits in der Pflegestufe 4 befunden habe. Im
Berufungsverfahren macht der Beklagte in dem Schriftsatz vom 20.08.2025 geltend, das Erstgericht habe
irrtümlich angenommen, der Beklagte habe vom Erblasser einen Betrag von 25.000,00 € erhalten.
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Feststellungen im
erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts vom 04.09.2024 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

II.
1. Die Berufung ist zulässig.

Insbesondere ist die Berufung fristgerecht binnen der Notfrist von einem Monat (§ 517 ZPO) eingelegt
worden. Das Urteil des Landgerichts Regensburg ist dem Kläger am 16.09.2024 zugestellt worden, was
durch das Empfangsbekenntnis des Klägervertreters nachgewiesen wird.

a) Das von einem Rechtsanwalt elektronisch abgegebene Empfangsbekenntnis erbringt – wie das
herkömmliche papiergebundene (analoge) Empfangsbekenntnis – gegenüber dem Gericht den vollen
Beweis nicht nur für die Entgegennahme des Dokuments als zugestellt, sondern auch für den angegebenen
Zeitpunkt der Entgegennahme und damit der Zustellung (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2022 – 9B 2/22,
NJW 2023, 703 Rn. 12; OVG Saarlouis, Beschluss vom 27.09.2019, NJW 2019, 3664; Anders/Gehle/Vogt-
Beheim ZPO, 83. Aufl., ZPO § 173 Rn. 7). Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des Empfangsbekenntnisses
ist zwar grundsätzlich zulässig, setzt aber voraus, dass dessen Beweiswirkung vollständig entkräftet und
jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können; die
bloße Möglichkeit der Unrichtigkeit genügt nicht (BGH, NJW-RR 2021, 1584 Rn. 19; Wagner/Ernst, NJW
2021, 1564 Rn. 12). Selbst eine erhebliche zeitliche Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt der Übersendung
des Dokuments und dem im Empfangsbekenntnis angegebenen Zustelldatum erbringt den Gegenbeweis der
Unrichtigkeit des Datums für sich genommen noch nicht (BGH, Beschluss vom 19.04.2012, NJW 2012, 2117
Rn. 8; BGH, Beschluss vom 07.10.2021, NJW-RR 2021, 1584 Rn. 11; MüKoZPO/Häublein/ Müller ZPO, 7.
Aufl. 2025, ZPO § 175 Rn. 15).

Weiter kommt es nicht auf den Eingang der elektronischen Nachricht beim Rechtsanwalt an. Vielmehr bedarf
es darüber hinaus der Kenntniserlangung und empfangsbereiten Entgegennahme seitens des Rechtsanwalts
(BGH NJW 2024, 1120 Rn. 10; OLG München, Beschluss vom 19.06.2024 – 23 U 8369/21, NJW 2024, 2333
Rn. 19, beck-online; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl. 2024, ZPO, § 173 Rn. 15).

b) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte den mit dem Empfangsbekenntnis geführten Beweis nicht
entkräftet. Insbesondere beweist das Schreiben des Klägers vom 10.09.2024 (Anlage der Beklagtenseite
„Schreiben …“ in der Berufungsakte) an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten einen früheren
Zustellungszeitpunkt als den 16.09.2024 nicht. Zutreffend ist zwar, dass der Kläger in dem Schreiben das
Urteil vom 04.09.2024 zitiert und sich daraus schließen lässt, dass der Kläger bei Abfassung des Schreibens
vom Inhalt des Urteilstenors Kenntnis hatte. Allerdings kommt es nicht auf eine Kenntniserlangung einer
Prozesspartei, sondern auf die förmliche Zustellung des Urteils, hier an den Klägervertreter, an. Dass der
Kläger von dem Inhalt des Urteils bereits am 10.09.2024 Kenntnis hatte, erklärt sich durch den Umstand,
dass der Kläger beim Verkündungstermin persönlich anwesend war.

Eine erhebliche zeitliche Diskrepanz (12 Tage) zwischen dem Urteilserlass und der Zeichnung des
Empfangsbekenntnisses, die Zweifel an der Richtigkeit des angegebenen Zustelldatums begründen würde,
liegt nicht vor, zumal der Klägervertreter angegeben hat, bis einschließlich 15.09.2024 im Urlaub gewesen zu
sein. Auf die Frage, ob der Klägervertreter standesrechtlich verpflichtet gewesen wäre, in der Urlaubszeit für
eine Vertretung zu sorgen, kommt es in Bezug auf den Beweis des Zustellzeitpunkts nicht an.

2. Die Berufung ist teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Übereignung der vom Erblasser dem Beklagten überlassenen
Grundstücke gemäß § 2287 Abs. 1, § 818 BGB Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 9.897,93 €
an den Beklagten. Den Ansprüchen des Klägers kann der Beklagte Gegenansprüche in Höhe von insgesamt
64.897,73 € entgegenhalten, die in Höhe von 55.000,00 € durch Aufrechnung erloschen sind, § 389 BGB.
Der Anspruch besteht nach § 2287 Abs. 1 BGB i.V. mit §§ 818 ff BGB analog auf Herausgabe der mit Vertrag
vom 23.10.2018 überlassenen Grundstücke. Die Vorschrift des § 2287 BGB ist wegen der gleichen
Interessenlage auf bindend gewordene wechselbezügliche Verfügungen in gemeinschaftlichen Testamenten
entsprechend anzuwenden (MüKoBGB/Musielak, 9. Aufl. 2022, BGB § 2287 Rn. 2, beck-online).

a) Ein einredefreier Anspruch nach § 117 i. V. mit § 812 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des Grundstücks liegt
nicht vor. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass hinsichtlich der Vereinbarung von Gegenleistungen
ein Scheingeschäft weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen wurde. Insoweit hat der Kläger
lediglich vorgebracht, die Vereinbarung der Gegenleistungen habe allein dazu gedient, ein lebzeitiges
Eigeninteresse des Erblassers vorzutäuschen. Nach dem Vortrag des Klägers seien die Gegenleistungen
nicht werthaltig, was sich darin zeige, dass der Erblasser dem Beklagten durch einen Dauerauftrag monatlich
einen Betrag von 1.000,00 € habe zukommen lassen und diesen Dauerauftrag nach Abschluss des Vertrags
nicht gekündigt habe. Die Behauptung des Klägers, die Vertragsparteien seien bei Vertragsschluss davon
ausgegangen, die vereinbarten Gegenleistungen seien in Wahrheit zu keinem Zeitpunkt geschuldet
gewesen, hat der Kläger jedoch nicht unter Beweis gestellt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der
Erblasser nach dem Beklagtenvortrag, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist und was angesichts des
hohen Alters des Erblassers nachvollziehbar ist, bei Vertragsschluss der Pflege bedurfte. Überdies hat der
Kläger selbst einen Betrag für Leistungen in Höhe von maximal 1.606,00 € (Schriftsatz vom 16.01.2023)
ermittelt.

Insgesamt sieht der Senat eine zum Schein getroffene Gegenleistungsvereinbarung als nicht erwiesen an.

b) Der Anspruch des Klägers nach § 2287 Abs. 1 BGB i.V. mit §§ 818 ff BGB besteht nur gegen Erstattung
der Gegenleistung, die der Beklagte dem Kläger im Wege eines Zurückbehaltungsrechts nach § 274 BGB
entgegenhalten kann. Der Anspruch auf Erstattung der Gegenleistungen bestand zunächst in Höhe von
insgesamt 64.897,73 € und ist in Höhe von 55.000,00 € durch Aufrechnung nach § 389 BGB erloschen.
i) Zu Recht ist das Landgericht von einer gemischten Schenkung ausgegangen, bei der die Voraussetzungen
des § 2287 BGB erfüllt sind.

Für die Rückabwicklung einer gemischten Schenkung bei einer Grundstücksüberlassung hat der
Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Schenkung nur bei entsprechender Zug-um-Zug-Leistung
herausverlangt werden könne, wenn die Schenkung überwiegend nicht anzuerkennen ist, wenn also
derjenige Wertanteil der Schenkung, der hinzunehmen ist, geringer wiegt als der nach § 2287 BGB
auszugleichende überschießende Anteil. Hierbei sei allerdings keine rein rechnerische Gegenüberstellung
des Wertes der erbrachten Leistungen mit dem Wert des Grundstücks vorzunehmen. Vielmehr habe auch
unter Berücksichtigung des Umstands, dass Leistungen noch in Zukunft erfolgen sollten und der Erblasser
sich ihm erbrachte oder zu erbringende Leistungen „etwas kosten lassen darf“, eine umfassende
Gesamtabwägung zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 26.10.2011 – IV ZR 72/11 – Rn. 14 mit weiteren
Nachweisen; BGH, Urteil vom 12.06.1980 – IV a ZR 5/80).

Ohne Rechtsfehler hat das Erstgericht festgestellt, dass der Schenkungsanteil des Überlassungsvertrags
den entgeltlichen Vertragsteil überwiegt. Nach den Grundsätzen der Rückabwicklung einer gemischten
Schenkung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12.06.1980 – IV a ZR 5/80 mit zahlreichen weiteren Nachweisen) ist
in diesem Fall das Grundstück an den Erben zu übereignen. Der Anspruch besteht aber nur gegen Zug-um-
Zug-Leistung des Betrags, der wertmäßig dem gegenseitigen Vertragsanteil entspricht, da die Pflicht zur
Erstattung der Gegenleistung den Betrag umfasst, bis zu dem der Kläger die Schenkung hinnehmen muss
(vgl. BGH, Beschluss vom 26.10.2011 – IV ZR 72/11 – Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.06.1980 – IV a ZR 5/80;
BGH, Beschluss vom 26.10.2011 – IV ZR 72/11; OLG Oldenburg, Urteil vom 18-02-1992 – 5 U 102/9, beckonline)
und damit nicht nur in Höhe tatsächlich erbrachter Leistungen in Form von Wart und Pflege, Zahlung
der Leibrente und Einräumung eines Nießbrauchs an dem Wohnanwesen. Die Vertragsparteien haben die
genannten Positionen ausdrücklich als Gegenleistungen und insoweit als entgeltlichen Vertragsteil
bezeichnet. Dem Anspruch auf Herausgabe der Schenkung können demnach sämtliche Leistungen, die der
Beschenkte nach den vertraglichen Vereinbarungen als Gegenleistungen schuldete, im Wege des
Zurückbehaltungsrechts entgegengehalten werden. Darauf, in welchem Umfang die Gegenleistungen in der
Folgezeit nach Vertragsschluss tatsächlich erbracht worden sind, kommt es demgegenüber nicht an.

ii) Die vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung vom 26.10.2011 (Az.: IV ZR 72/11) genannten
Grundsätze sind nach Auffassung des Senats nicht nur relevant für die Frage, ob es sich um eine Schenkung
handelt und ob der Beschenkte das Grundstück selbst oder nur den geschenkten Wertanteil herausgeben
muss. Der Bundesgerichtshof definiert die Zug-um-Zug-Leistung als den Betrag, „bis zu dem er (Anm: der
Erbe) die Schenkung hinnehmen muss“ und präzisiert weiter, dass nicht allein auf die rechnerische
Gegenüberstellung der erbrachten Leistungen abzustellen sei. Vielmehr seien sowohl erbrachte als auch zu
erbringende Leistungen in die Gesamtabwägung einzubeziehen.

Zutreffend ist zwar, dass diese Ausführungen auch die Frage betreffen, wie eine gemischte Schenkung nach
§ 2287 BGB grundsätzlich rückabzuwickeln ist. Es würde allerdings einen Wertungswiderspruch darstellen,
wenn der Umfang der Gegenleistung nur für die Frage, was vom Beschenkten herauszugeben ist –
Grundstück oder Wertanteil – und nicht auch für die Frage, was im Gegenzug vom Erben an den
Beschenkten zu erstatten ist, von Bedeutung wäre. Nach Ansicht des Senats können diese Fragen nur
einheitlich beantwortet werden. Abzustellen ist bei beiden Beurteilungen auf die Leistungen, die aus der Sicht
der Vertragsschließenden bei einer exante-Betrachtung geschuldet waren. Diese Sichtweise ist
rechtsdogmatisch zutreffend, da der Beschenkte nur den Schenkungsanteil nach bereicherungsrechtlichen
Grundsätzen herausgeben muss; die Herausgabepflicht bezieht sich nach § 2287 BGB nicht auf den zu
billigenden Vertragsteil und somit nicht auf den Wertanteil des Grundstücks, den der Beschenkte aufgrund
des gegenseitigen Vertragsteils erhalten hat.

iii) Der Senat verkennt nicht, dass in der Kommentarliteratur auch die Meinung vertreten wird, der
Gegenanspruch beziehe sich auf „erbrachte“ Gegenleistungen (vgl. BeckOGK/Müller-Engels BGB § 2287
Rn. 101, BeckOK BGB/Litzenburger BGB § 2287 Rn. 29, Keim ZEV 2002, 93, 94). Die in diesem
Zusammenhang zitierten Gerichtsentscheidungen befassen sich allerdings nicht mit der hier konkret
aufgeworfenen Frage, ob hinsichtlich eines Gegenanspruchs nur tatsächliche Leistungen zu erstatten sind
(BGH, Urteil vom 28.09.2016, IV ZR 513/15; BGH, Urteil vom 27.11.1952, IV ZR 146/52; BGH, Urteil vom
12.08.1980, IVa ZR 5/80; BGHZ 88, 269, 272), vielmehr überwiegend mit der Frage, ob eine gemischte
Schenkung vorliegt und was, etwa der Schenkungsgegenstand selbst oder Wertersatz, herauszugeben ist.

iv) Der Kläger führt in zutreffender Weise aus, dass die Vorschrift des § 2287 BGB keine Regelung im
Hinblick auf die Erstattung von Gegenleistungen enthält. Soweit sich dieser Anspruch nach den Grundsätzen
des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, §§ 346, 349 BGB herleiten lässt, ist
für die Frage des Umfangs der „empfangenen Leistungen“ zu berücksichtigen, dass der Beschenkte im
Gegenzug für die (Teil-) Schenkung eine Gegenleistungsverpflichtung übernommen hat. Da – wie der
Bundesgerichtshof ausgeführt hat – der Erbe „Übereignung des Grundstücks Zug um Zug gegen Zahlung
des Betrags verlangen kann, bis zu dem er die Schenkung hinnehmen muss“ (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 14),
bezieht sich die Herausgabepflicht auf den Wert der Gegenleistungsverpflichtung und nicht nur auf
tatsächlich erbrachte Leistungen. Entsprechendes würde für eine Rückabwicklung nach
bereicherungsrechtlichen Grundsätzen gelten.

v) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger angeführten Billigkeitserwägungen und
der möglichen Gefahr der Umgehung der bindend gewordenen Verfügungen von Todes wegen in einem
gemeinschaftlichen Ehegattentestament.

Der Senat verkennt nicht, dass die hier vertretene Ansicht in Einzelfällen zu unbillig wirkenden Ergebnissen
führen kann. Diese können grundsätzlich sowohl – wie im vorliegenden Fall – zu Gunsten des Beschenkten
als auch zu Gunsten des Erben ausfallen, je nachdem in welchem Umfang Gegenleistungen nach dem
Vertragsschluss (noch) erbracht werden.

Soweit – wie im vorliegenden Fall – Gegenleistungen in Form von Wart, Pflege und Gewährung des
Wohnrechts gar nicht mehr oder in nur sehr geringem Umfang erbracht wurden, weil der Erblasser vor dem
Erreichen seiner statistischen Lebenserwartung verstarb, muss das dadurch entstandene Ungleichgewicht
zwischen zu erstattenden Gegenleistungen und tatsächlich erbrachten Leistungen hingenommen werden.
Umgekehrt besteht die Möglichkeit, dass der Beschenkte entgegen den Vorstellungen der Vertragsparteien
in einem höheren Maße Leistungen erbringen muss als nach der Lebenszeitstatistik zu erwarten war.

c) Der Senat beziffert den Umfang der vom Beklagten geschuldeten Gegenleistungen auf einen Betrag von
insgesamt 64.897,73 €.

Der Einwand des Klägers, das Erstgericht hätte hinsichtlich der Höhe der zu erbringenden Gegenleistungen,
insbesondere zum Nießbrauch, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erheben
müssen, trifft nicht zu. Die vom Erstgericht vorgenommene Bewertung der Gegenleistungen begegnet im
Grundsatz keinen Bedenken. Der Senat ist ebenso in der Lage, die Werte der geschuldeten Leistungen zu
ermitteln und – soweit erforderlich – die erforderlichen Grundlagen nach § 287 ZPO zu schätzen. Hinsichtlich
der Wart- und Pflegeleistungen und der Leibrente ist die Wertberechnung anhand der bekannten Werte für
den Senat ohne weiteres möglich.

Mit Schreiben IV C 7 – S 3104/09/10001, 2016/1012678 vom 04.11.2016 gab das Bundesfinanzministerium
gemäß § 14 Absatz 1 Satz 4 BewG die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher
Nutzungen oder Leistungen bekannt. Diese wurden nach der am 20.10.2016 veröffentlichten Sterbetafel
2013 / 2015 des Statistischen Bundesamtes ermittelt und sind für Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2017
anzuwenden.

Danach waren die jährlich zu erbringenden Leistungen entsprechend der statistischen Lebenserwartung des
Erblassers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von 3,39 Jahren mit dem Kapitalwertfaktor von 3,101 (Anlage
zu § 14 Abs. 1 S. 4 BewG) zu multiplizieren. Maßgebend ist insoweit die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses
abstrakt ermittelte Lebenserwartung des Erblassers auf der Grundlage einer ex-ante-Betrachtung.
Demgegenüber kommt es – wie ausgeführt – nicht darauf an, wie lange der Erblasser tatsächlich noch gelebt
hat.

Im Einzelnen ermitteln sich die Gegenansprüche des Beklagten danach wie folgt:

i) Der Senat beurteilt den kapitalisierten Wert des Nießbrauchs als eine vom Beklagten geschuldete
Gegenleistung. Zwar handelt es sich bei einem Nießbrauch im Grundsatz nicht um eine typische
Verpflichtung des Empfängers im Austausch für die Leistung, sondern um einen um den Nießbrauch
geminderten Zuwendungsgegenstand (MAH ErbR/Ridder, 6. Aufl. 2024, § 32 Rn. 131, beck-online; vgl. auch
BGH, Urteil vom 28.9.2016 – IV ZR 513/15; BGH, Urteil vom 07.04.1989 – V ZR 252/87996, 754). In der
Regel stellt der Nießbrauch daher keine Gegenleistung dar (BGH, Urteil vom 07.04.1989 – V ZR 252/87,
juris). Im vorliegenden Fall aber ist der Vorbehalt des Nießbrauchs nach dem Willen der Vertragsparteien als
eine vom Beklagten geschuldete Gegenleistung anzusehen. Nach Ziffer XI des Vertrags erfolgt die
Überlassung des Grundbesitzes gegen die Auflagen und Gegenleistungen von Nießbrauch, Wart und Pflege
und der Leibrente und ausdrücklich „insoweit entgeltlich“. Nach dieser vertraglichen Vereinbarung sollte der
Nießbrauch nicht allein den Wert des Grundstücks mindern. Dieser wurde von den Vertragsschließenden
konkret als Leistung des Beklagten bezeichnet, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Zuwendung
steht. Daraus kann der ausdrückliche Wille der Vertragsparteien entnommen werden, dem Nießbrauch die
Bedeutung einer Gegenleistung beizumessen (vgl. BGH, Urteil vom 07.04.1989 – V ZR 252/87, juris, Rn.
17).

Die Höhe des Wertes des Nießbrauchs konnte der Senat anhand des durch Schätzung (§ 287 ZPO)
ermittelten monatlichen Nutzwerts des Wohnanwesens selbst berechnen. Dabei ist der Nießbrauch mit dem
kapitalisierten Wert der hieraus zu ziehenden Nutzungen anzusetzen (BGH a.a.O., BGH NJW 1992, 2888).
Zur Kapitalisierung ist – wie dargestellt – der jährliche Nettoertrag des Nutzwerts mit der Lebenserwartung
des Nießbrauchers auf der Grundlage des Vervielfältigungsfaktors gem. Anlage zu § 14 BewG in der zum
Zeitpunkt der Grundstücksübertragung gültigen Fassung zu multiplizieren.

Der Senat setzt als Wert der monatlichen Nutzung einen Betrag von 500,00 € an. Dies entspricht dem vom
Kläger (Schriftsatz vom 29.09.2023, Blatt 108 ff) angegebenen Nutzwert, dem der Beklagte nicht
entgegengetreten ist. Ausgehend von einem Jahresnutzwert von 6.000,00 € errechnet sich für den
Nießbrauch ein Wert von 18.606,00 €.

Der Ansicht des Erstgerichts, dass hier der maximal denkbare Jahresnutzungswert nach § 16 BewG von
21.075,27 € anzusetzen sei, woraus sich ein Betrag für den Nießbrauch von 65.354,41 € ergäbe, folgt der
Senat nicht. Anhaltspunkte für ein erhöhtes lebzeitiges Interesse des Erblassers an der Einräumung des
Nießbrauchs sind nicht erkennbar und wurden von den Parteien nicht vorgetragen. Dem Umstand, dass die
Leistungen aus Sicht der Vertragsschließenden auch noch in der Zukunft erfolgen sollten, wird durch die
Multiplikation mit dem Kapitalwertfaktor Rechnung getragen. Insgesamt erscheint auch nach der
umfassenden Gesamtabwägung, die nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.10.2011
vorzunehmen ist, der angesetzte Wert für eine Monatskaltmiete von 500,00 € sachgerecht und ausreichend.

ii) Das Erstgericht hat den Wert der übernommenen Verpflichtung für Wart und Pflege zu Recht mit einem
Betrag von 9.079,73 € ermittelt. Dies entspricht auch der Bewertung durch den Senat.

Der Wert einer für die Grundstücksübertragung zugesagten Wart und Pflege des Erblassers bis zu dessen
Lebensende ist durch Kapitalisierung der Pflegedienste vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an ebenfalls
nach der statistischen Lebenserwartung des Erblassers zu ermitteln (OLG Oldenburg, NJW-RR 1997, 263;
Grüneberg/Weidlich, BGB, 84. Aufl., § 2325 Rn. 9).

Der Beklagte schuldete dem Erblasser nach Ziffer XIII des Überlassungsvertrags Wart- und Pflegeleistungen,
soweit diese zumutbar waren. Als zumutbar wurde die Erbringung dieser Leistungen angesehen, wenn der
gesundheitliche Zustand des Veräußerers Wart- und Pflegeleistungen bis einschließlich der Pflegestufe I
gemäß SGB XI in der bis Ende 2016 gültigen gesetzlichen Fassung erforderte.

Als obere Grenze ist somit der Pflegesatz der Pflegestufe I gemäß SGB XI in der bis Ende 2016 gültigen
gesetzlichen Fassung, hier der Betrag von 244,00 € monatlich, anzusetzen. Nur insoweit schuldete der
Beklagte dem Erblasser Wart- und Pflegeleistungen. Darauf, dass der Erblasser – wie vom Beklagten
behauptet – vor seinem Tod in einem weit höheren Maße (entsprechend der Pflegestufe IV) pflegebedürftig
war, kommt es nicht an. Wart- und Pflegeleistungen über den Umfang der Pflegestufe I hinaus waren nicht
geschuldet und sind damit nicht zu berücksichtigen.

Die Berechnung des Erstgerichts auf einen Betrag von 9.079,73 € (244,00 € x 12 x 3,101) ist sachlich richtig
und rechnerisch korrekt.

iii) Die Berechnung des Werts der zu erbringenden Leibrente ist ebenfalls zutreffend. Dieser beträgt wie vom
Erstgericht richtig ermittelt 37.212,00 € (12 x 1.000,00 € x 3,101). Auch insoweit kommt es nicht darauf an,
ob die Raten tatsächlich gezahlt wurden, vielmehr ist der vertraglich geschuldete Betrag anzusetzen.

iv) Insgesamt beläuft sich der Wert der Gegenleistungen auf einen Betrag von 64.897,73 €.
Soweit der Kläger in der ersten Instanz eine Aufrechnung mit einer Ersatzforderung wegen verspäteter
Übereignung der Grundstücke geltend gemacht hat, war ein Abzug nicht vorzunehmen. Insoweit wird auf die
zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts, denen sich der Senat anschließt, verwiesen. Der Kläger greift
das erstinstanzliche Urteil in der Berufung diesbezüglich auch nicht an.

d) Durch die Aufrechnung mit einem Teil des Gegenanspruchs des Beklagten ist der Zahlungsanspruch des
Klägers in Höhe von 55.000,00 € erloschen, § 389 BGB. Soweit der Beklagte nach Schluss der
Berufungsverhandlung in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.08.2025 bestreitet, einen Betrag von
25.000,00 € vom Erblasser erhalten zu haben, ist dieses Vorbringen im Hinblick auf die Höhe des Betrags
schon nicht nachvollziehbar und zudem nicht zu berücksichtigen, da der Erhalt des Betrags von 55.000,00 €
als unstreitig im Ersturteil festgestellt worden ist und ein Berichtigungsantrag nicht gestellt worden ist, § 314
ZPO. Zu Recht hat das Erstgericht das Vorbringen des Beklagten über einen Rückfluss von Geldbeträgen an
den Erblasser als unsubstantiiert und als nicht bewiesen angesehen.

Dem Anspruch auf Herausgabe der Schenkung nach § 2287 Abs. 1 BGB kann der Beklagte einen
Gegenanspruch in Höhe von noch 9.897,73 € nach § 274 BGB entgegenhalten.

Im Übrigen blieb die Berufung erfolglos und war daher zurückzuweisen.

III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 709 Sätze 1, 2 ZPO.
3. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu,
wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich
in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der
Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH,
Hinweisbeschluss vom 23.02.2022 – IV ZR 150/20, NJW-RR 2022, 684 Rn. 14 m. w. N.).

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die Frage, ob dem Anspruch auf Herausgabe des
Schenkungsgegenstands bei einer gemischten Schenkung, bei dem der Schenkungsanteil überwiegt, nur
tatsächlich erbrachte oder sämtliche zu erbringende Gegenleistungen entgegengehalten werden können,
wird – wie dargestellt – in der Rechtsprechung und der Literatur nicht einheitlich betrachtet. Teilweise wird in
der Literatur die Ansicht vertreten, dass nur tatsächlich erbrachte Gegenleistungen in Abzug zu bringen oder
nach § 274 BGB entgegengehalten werden können. Diese klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage kann sich in einer Vielzahl von Fällen stellen, woraus sich deren grundsätzliche Bedeutung
ableitet.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Nürnberg

Erscheinungsdatum:

12.09.2025

Aktenzeichen:

1 U 2003/24 Erb

Rechtsgebiete:

Erbvertrag
Allgemeines Schuldrecht
Pflichtteil
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB §§ 818 ff., 2287