BGH 20. April 2021
XI ZR 511/19
GwG §§ 12 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 u. 2

Identitätsüberprüfung eines für unbekannte Erben tätigen Nachlasspflegers

letzte Aktualisierung: 7.7.2021
BGH, Urt. v. 20.4.2021 – XI ZR 511/19

GwG §§ 12 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 u. 2
Identitätsüberprüfung eines für unbekannte Erben tätigen Nachlasspflegers

Zu den Anforderungen an die Identitätsüberprüfung eines für unbekannte Erben tätigen
Nachlasspflegers gemäß § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 GwG.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:

Die Klage sei derzeit unbegründet, weil der Beklagten die Erfüllung des
Auszahlungsanspruchs der Kläger jedenfalls vorübergehend rechtlich unmöglich
(§ 275 Abs. 1 BGB) sei. Mit der Auszahlung würde die Beklagte eine Ordnungswidrigkeit
gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 27 GwG (in der vom 26. Juni 2017 bis zum
31. Dezember 2019 geltenden Fassung) begehen, da sie derzeit die nach
§§ 10 ff. GwG erforderliche Identitätsüberprüfung des für die Kläger bestellten
Nachlasspflegers nicht ordnungsgemäß durchführen könne.

Gemäß § 10 Abs. 9 Satz 1 GwG dürfe eine Auszahlung nicht ohne eine
Identifizierung des für die Kläger bestellten Nachlasspflegers, zu der die Beklagte
nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 und 4, § 12 Abs. 1
GwG verpflichtet sei und die nach § 1 Abs. 3 GwG aus der Identitätsfeststellung
durch Erheben von Angaben sowie der Überprüfung der Identität bestehe, erfolgen.
Während § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG vorschreibe, welche Angaben zu erheben
seien, bestimmten § 12 Abs. 1 Satz 1 GwG und § 13 Abs. 1 GwG, anhand welcher
Dokumente und mit welchen Verfahren die Identität natürlicher Personen zu
überprüfen sei. Hier sei der Beklagten die Erfüllung ihrer Pflicht zur Identifizierung
des Nachlasspflegers zurzeit nicht möglich, weil dieser sich bislang nicht an einem
Verfahren zur Identitätsüberprüfung nach § 13 Abs. 1 GwG beteiligt habe.
Eine angemessene Prüfung eines vor Ort unter Anwesenden vorgelegten
Dokuments nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG sei derzeit nicht möglich, weil die übersandte
notariell beglaubigte Ablichtung des Personalausweises keine Kontrolle
des Dokuments durch Inaugenscheinnahme und haptische Prüfung ermögliche.
Die bloße Übersendung einer solchen Ablichtung erfülle auch nicht die Anforderungen
an ein "sonstiges Verfahren" im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG. Als
solche Verfahren kämen nur die in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 GwG aufgeführten
und hier nicht vorhandenen Mittel
der Identitätsüberprüfung sowie das Videoidentifizierungsverfahren
in Betracht. Etwas anderes folge auch nicht aus
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG, der nur regele, anhand welcher Dokumente, nicht
aber in welchem Verfahren die Identitätsüberprüfung vorzunehmen sei. Insbesondere
sei die Übersendung einer notariell beglaubigten Ablichtung des Personalausweises
nicht mit dem Videoidentifizierungsverfahren vergleichbar, da dieses
auch bei räumlicher Trennung eine sinnliche Wahrnehmung der am Identifizierungsverfahren
beteiligten natürlichen Personen ermögliche.

Die Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zur Identitätsprüfung
stelle sich vorliegend auch nicht als unverhältnismäßig dar. Zwar könne
nach den Auslegungs- und Anwendungshinweisen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(künftig: BaFin) zu § 10 Abs. 9 GwG der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit dazu führen, dass die Pflicht zur Nichtdurchführung bzw. Beendigung
einer Geschäftsbeziehung bzw. zur Nichtdurchführung einer Transaktion
nicht zum Tragen komme, wenn sich die Einhaltung dieser Pflicht unter Abwägung
der Interessen des nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten sowie
des Vertragspartners als unangemessen darstellen würde. Hier hätten die Kläger
aber keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass dem für sie bestellten
Nachlasspfleger die von der Beklagten geforderte Identifizierung in einer
ihrer Filialen unzumutbar sei. Unverhältnismäßig sei eine Legitimationsprüfung
vor Ort auch nicht angesichts der dadurch verursachten Kostenbelastung des
Nachlasses, der eigenen Verpflichtung von Rechtsanwälten nach § 2 Abs. 1
Nr. 10 GwG und der bei Eröffnung des nicht
bei der Beklagten geführten Treuhandkontos
bereits erfolgten Identitätsprüfung. Denn auf der anderen Seite sei
zu berücksichtigen, dass der Beklagten bei Absehen von einer Identitätsüberprüfung
ein erheblicher Aufwand entstünde.

Die Beklagte sei auch nicht im Rahmen einer "Ermessensreduzierung auf
Null" unter Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten nach § 14 Abs. 1
GwG verpflichtet, die Übersendung der notariell beglaubigten Kopie des Personalausweises
als Verfahren zur Identitätsüberprüfung anzuerkennen.

II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis
stand.

Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass den
Klägern, in deren Namen der Nachlasspfleger die Klage erhoben hat und für die
er als gesetzlicher Vertreter handelt (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1967
VII ZR 86/65, BGHZ 49, 1, 5, vom 6. Oktober 1982 IVa
ZR 166/81, WM 1982, 1328 und vom 21. Juli 2000 V
ZR 393/99, WM 2000, 2057, 2058, jeweils mwN),
derzeit kein Anspruch gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB
i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB (vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 2005 XI
ZR 85/04, BGHZ 164, 275, 278 und vom 21. April 2015 XI
ZR 234/14, BGHZ 205,
90 Rn. 12) auf Auszahlung des Kontoguthabens zusteht.
Mangels der erforderlichen Mitwirkung des Nachlasspflegers bei der Überprüfung
seiner Identität besteht hier ein Leistungshindernis, weil die Beklagte
nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG Verpflichtete im Sinne des GwG ist und sie mit der
Auszahlung des Guthabens gegen § 10 Abs. 9 Satz 1 GwG verstoßen würde,
der vorschreibt, dass die Geschäftsbeziehung nicht begründet oder nicht fortgesetzt
werden und keine Transaktion durchgeführt werden darf, wenn der Verpflichtete
nicht in der Lage ist, die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10
Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG zu erfüllen.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte
gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG vor der Auszahlung des Guthabens zur
Identifizierung des Nachlasspflegers als für die Erben auftretende Person verpflichtet
ist.

a) Dabei kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob mit dem Erbfall eine
neue Geschäftsbeziehung im Sinne von § 1 Abs. 4 GwG zwischen dem kontoführenden
Kreditinstitut und den Erben begründet wird (so BaFin, Auslegungsund
Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Stand: Mai 2020, Nr. 4.1
S. 26), und deshalb die Pflicht zur Identifizierung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
GwG in der vom 26. Juni 2017 bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung
(künftig: aF) bzw. § 10 Abs. 3 Nr. 1 GwG in der seit dem 1. Januar 2020 geltenden
Fassung besteht, oder ob dies jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn wie
vorliegend das
Konto nicht fortgeführt, sondern aufgelöst werden soll (so
Tischbein/Langweg, Die Legitimationsprüfung/Identifizierung bei der Kontoeröffnung,
6. Aufl., Rn. 96), weil in einem solchen Fall anders
als von der Legaldefinition
der Geschäftsbeziehung in § 1 Abs. 4 GwG vorgesehen nicht
davon ausgegangen
werden könne, dass die Beziehung zwischen Erbe und Bank "von gewisser
Dauer" sein werde.

Denn auch wenn in der vorliegenden Fallkonstellation die Begründung einer
(neuen) Geschäftsbeziehung verneint würde, ergäbe sich die Identifizierungspflicht
hier jedenfalls entweder aus § 10 Abs. 3a Satz 2 Nr. 1 GwG (ebenso
§ 10 Abs. 3 Satz 3 GwG aF), weil sich durch den Tod des Kontoinhabers, den
Eintritt der Erben in dessen vertragliche Rechtsstellung (vgl.
BeckOGK BGB/Preuß, 1.2.2021, § 1922 Rn. 239 f.) und die Bestellung des
Nachlasspflegers maßgebliche Umstände bei dem Kunden geändert haben, oder
wenn im Hinblick auf die begehrte Auflösung des Kontos sowohl die Begründung
als auch der Fortbestand einer auf Dauer angelegten Geschäftsbeziehung
zwischen den Erben und der Beklagten verneint würde aus
§ 10 Abs. 3 Nr. 2

Buchst. a GwG (ebenso § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a GwG aF). In diesem
Fall würde es sich bei der vom Nachlasspfleger begehrten Auszahlung des Guthabens
auf dem Girokonto durch Überweisung auf das von ihm errichtete Konto
um einen Geldtransfer nach Art. 3 Nr. 9 der Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung
von Angaben bei Geldtransfers und zur Aufhebung der Verordnung (EU)
Nr. 1781/2006 (ABl. L 141, S. 1) handeln (vgl. Findeisen in Ellenberger/Findeisen/
Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 27 ZAG
Rn. 740; Gittfried/Lienke in Gehra/Gittfried/Lienke, Prävention von Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung, 2. Aufl., 3. Kap. Rn. 22; Lienke/Gittfried, ebenda,
10. Kap. Rn. 8), der den Schwellenwert von 1.000 € übersteigt und außerhalb
einer Geschäftsbeziehung durchgeführt wird.

b) Die Identifizierungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG besteht unabhängig
davon, dass es sich bei der zu identifizierenden Person um einen gerichtlich
bestellten Nachlasspfleger handelt. Entgegen der Auffassung der Revision
folgt aus der Rechtslage zu § 154 AO nichts anderes.

Zwar sind in Bezug auf die in § 154 Abs. 2 AO geregelte Pflicht zur steuerrechtlich
notwendigen Identifizierung in dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung
vom 31. Januar 2014 (BStBl I S. 290), der zuletzt durch das BMF-Schreiben
vom 28. Januar 2021 (IV A 3 - S 0062/20/10005 :001, juris) geändert worden
ist (künftig: AEAO), Erleichterungen hinsichtlich der Verfügungsberechtigten vorgesehen.
So kann nach Nr. 11.1 Buchst. b und c AEAO zu § 154 AO zum einen
bei Vormundschaften und Pflegschaften, einschließlich Amtsvormundschaften
und Amtspflegschaften, sowie bei rechtlicher Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) und
zum anderen bei Parteien kraft Amtes (Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter,
Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker und ähnliche Personen) auf die Identifizierung
verzichtet werden. Diese Erleichterungen gelten aber nur für die Pflichten
aus § 154 AO und sind nicht auf die Pflichten aus dem Geldwäschegesetz
übertragbar. Denn sie beruhen auf der Regelung des § 154 Abs. 2d AO, nach
dem die Finanzbehörden für einzelne Fälle oder für bestimmte Fallgruppen Erleichterungen
zulassen können, wenn die Einhaltung der Pflichten nach § 154
Abs. 2 bis 2c AO unverhältnismäßige Härten mit sich bringt und die Besteuerung
durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Eine vergleichbare Ermächtigungsgrundlage
ist im Geldwäschegesetz nicht enthalten.

2. Gemäß § 1 Abs. 3 GwG besteht die Identifizierung einer Person im
Sinne dieses Gesetzes zum einen aus der Feststellung der Identität durch Erheben
von Angaben und zum anderen aus der Überprüfung der Identität. § 11
Abs. 4 Nr. 1 GwG bestimmt, welche Angaben bei der Identifizierung einer natürlichen
Person zu erheben sind. Diese Erhebung ist der Beklagten hier aufgrund
der vom Nachlasspfleger übersandten Unterlagen der
Bestallungsurkunde und
der Kopie seines Personalausweises möglich,
was die Beklagte auch nicht in
Frage stellt.

3. Die darüber hinaus erforderliche Überprüfung der Identität einer natürlichen
Person hat gemäß § 12 Abs. 1 und 3, § 13 GwG zu erfolgen. Das Berufungsgericht
hat zutreffend angenommen, dass die Übersendung einer notariell
beglaubigten Ablichtung des Personalausweises durch den Nachlasspfleger der
Beklagten nicht ermöglicht, eine diesen Vorschriften entsprechende Identitätsüberprüfung
vorzunehmen.

a) Zwar ist ein Personalausweis ein Dokument, anhand dessen gemäß
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG die Überprüfung der Identität erfolgen kann. Dies
setzt allerdings nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG voraus, dass dem Verpflichteten der
Ausweis im Original von der zu identifizierenden Person vorgelegt wird (ebenso
Krais, Geldwäsche und Compliance, 2018, Rn. 315 f.; Sonnenberg in Zentes/
Glaab, GwG, 2. Aufl., § 13 Rn. 2; Tischbein/Langweg, Die Legitimationsprüfung/
Identifizierung bei der Kontoeröffnung, 6. Aufl., Rn. 41; Breitkreutz/Jansing,
ErbR 2020, 70, 76).

Dies ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision schon aus dem
Wortlaut von § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG, nach dem die Identität durch Prüfung "des
vor Ort vorgelegten Dokuments" zu überprüfen ist. Damit ist das Originaldokument
gemeint. Die Prüfung anhand einer einfachen oder beglaubigten Ablichtung
ist in der seit dem 26. Juni 2017 geltenden Fassung des GwG nicht erwähnt,
während in § 6 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b GwG in der bis zum 25. Juni 2017
geltenden Fassung ausdrücklich die Möglichkeit der Überprüfung der Identität
eines nicht persönlich anwesenden Vertragspartners anhand einer beglaubigten
Kopie eines Personalausweises vorgesehen war. Zudem ist der Gesetzgeber bei
der Schaffung der §§ 12, 13 GwG in der seit dem 26. Juni 2017 geltenden Fassung
davon ausgegangen, dass es bei der Überprüfungspflicht nicht um eine
Überprüfung der Angaben im Ausweisdokument, sondern um die Überprüfung
der Identität der betreffenden Person anhand des Ausweises geht, und zwar
durch Inaugenscheinnahme und gegebenenfalls haptische Prüfung (BTDrucks.
18/11555, S. 118 f.).

b) Die Übersendung einer notariell beglaubigten Kopie des Personalausweises
stellt kein sonstiges Verfahren im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG dar.
Bei Schaffung der Regelung des § 13 GwG ist der Gesetzgeber davon
ausgegangen, dass im Hinblick auf den technischen Fortschritt nach Abs. 1 Nr. 2
dieser Vorschrift auch andere geeignete Verfahren zulässig sind, die ein der in
Abs. 1 Nr. 1 vorgesehenen Prüfung des vor Ort vorgelegten Dokuments gleichwertiges
Sicherheitsniveau aufweisen (BT-Drucks. 18/11555, S. 119). Nach der
Vorstellung des Gesetzgebers fallen hierunter ein elektronisches Identifizierungssystem
im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GwG, die in § 12 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 und 3 GwG genannten und schon nach der bisherigen Rechtslage zulässigen
Nachweise sowie die Überprüfung durch Videoidentifizierungsverfahren, soweit
dieses den in einem Rundschreiben der BaFin formulierten Voraussetzungen
entspricht, während die Bestimmung anderer geeigneter Verfahren durch
Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 GwG erfolgen soll (BT-Drucks.
18/11555, S. 119; Sonnenberg in Zentes/Glaab, GwG, 2. Aufl., § 13 Rn. 4 f.).
Die Übersendung einer wenn
auch notariell beglaubigten
Ablichtung
des Personalausweises kann nicht als sonstiges Verfahren im Sinne von § 13
Abs. 1 Nr. 2 GwG angesehen werden, da dieses Vorgehen kein dem in § 13
Abs. 1 Nr. 1 GwG genannten Verfahren gleichwertiges Sicherheitsniveau auf-
weist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Dafür spricht überdies,
dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des GwG im Jahr 2017 die in § 6
Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b GwG in der bis zum 25. Juni 2017 geltenden Fassung
vorgesehene Möglichkeit der Überprüfung der Identität eines nicht persönlich
anwesenden Vertragspartners anhand einer beglaubigten Kopie eines Personalausweises
ersatzlos gestrichen hat. Außerdem diente die Einführung eines
elektronischen Identitätsnachweises im Personalausweis durch das Gesetz über
Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis sowie zur Änderung
weiterer Vorschriften vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1346) gerade dazu, die
Erfüllung der Identifizierungspflichten nach dem Geldwäschegesetz zu vereinfachen
und statt der Vorlage des Personalausweises unter Anwesenden die Identifizierung
einer physisch nicht anwesenden Person mittels eines elektronischen
Identitätsnachweises nach § 18 Personalausweisgesetz zu ermöglichen (BTDrucks.
16/10489, S. 23, 49).

c) Die notariell beglaubigte Ablichtung des Personalausweises ermöglicht
der Beklagten auch nicht deshalb eine den Anforderungen der § 12 Abs. 1, § 13
Abs. 1 GwG entsprechende Überprüfung der Identität des Nachlasspflegers, weil
dieser der Beklagten zusätzlich die Bestallungsurkunde vorgelegt hat.
Die Bestallungsurkunde des Nachlasspflegers (§ 1791 BGB i.V.m. § 1915
Abs. 1 Satz 1, § 1960 Abs. 2 BGB) ist kein amtlicher Ausweis im Sinne von § 12
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG.

Überdies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GwG in Verbindung mit
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Zahlungskonto-Identitätsprüfungsverordnung (ZIdPrüfV), dass
die Vorlage der Bestellungsurkunde nicht die Überprüfung der Identität des Nachlasspflegers
anhand einer der in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 GwG genannten
Mittel ersetzen kann. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob wie
die Revision
geltend macht für
die Nachlasspflegschaft § 340 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 290
FamFG gilt. Denn auch wenn nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GwG in Verbindung
mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 ZIdPrüfV die Bestellungsurkunde des Betreuers nach § 290
FamFG zur Überprüfung der Identität einer nach dem Geldwäschegesetz zu
identifizierenden Person zugelassen ist, gilt dies nur hinsichtlich der Person des
Betreuten und nur "in Verbindung mit der Überprüfung der Identität des Betreuers
anhand eines Dokuments nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG" (vgl. Gittfried/
Lienke in Gehra/Gittfried/Lienke, Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,
2. Aufl., 3. Kap. Rn. 68). Damit bleibt die Überprüfung der Identität
des Betreuers nach den allgemeinen Regeln erforderlich.

4. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass hier gemäß § 14
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GwG die Vorlage der notariell beglaubigten Kopie des Personalausweises
und der Bestallungsurkunde zur Identifizierung des Nachlasspflegers
genüge.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 GwG können Verpflichtete bei Anwendbarkeit der
vereinfachten Sorgfaltspflichten gemäß § 14 Abs. 1 GwG den Umfang der Maßnahmen,
die zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten zu treffen sind, angemessen
reduzieren und insbesondere die Überprüfung der Identität abweichend
von den §§ 12, 13 GwG auf der Grundlage von sonstigen Dokumenten,
Daten oder Informationen durchführen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen
Quelle stammen und für die Überprüfung geeignet sind. Es bedarf hier
keiner Entscheidung, welche Dokumente danach ausreichend sind (vgl. dazu
BeckOK GwG/Pfandl, 5. Edition, Stand: 1. März 2021, § 14 Rn. 44; Herzog/
Figura, GwG, 4. Aufl., § 14 Rn. 10; BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise
zum Geldwäschegesetz, Stand: Mai 2020, Nr. 6.3 S. 60). Denn vorliegend
kann nicht mit der gemäß § 14 Abs. 1 GwG erforderlichen Gewissheit festgestellt
werden, dass die Geschäftsbeziehung bzw. Transaktion unter Berücksichtigung
der in den Anlagen 1 und 2 zu den §§ 5, 10, 14, 15 GwG genannten Risikofakto-
ren tatsächlich mit einem geringeren Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung
verbunden ist. Dagegen spricht, dass die Kläger selbst bisher unbekannt
sind und daher insoweit überhaupt keine Identifizierung möglich ist. Zudem
ist nach Nr. 2 Buchst. c der Anlage 2 zu den §§ 5, 10, 14, 15 GwG der Umstand,
dass kein persönlicher Kontakt stattfindet und auch keines der in § 12 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 bis 4 GwG genannten Verfahren zur Identifizierung aus der Ferne
oder auf elektronischem Weg eingesetzt wird, gerade ein Anzeichen für ein potenziell
höheres Risiko nach § 15 GwG. Schließlich kann vorliegend ein geringes
Risiko auch nicht mit der Höhe der streitigen Forderung begründet werden, da
sich aus den in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, § 14 Abs. 5
Nr. 3 GwG festgelegten Wertgrenzen ergibt, dass ein Betrag, der 1.000 € übersteigt,
nicht als für das Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung
irrelevant angesehen werden kann.

5. Entgegen der Ansicht der Revision begründet die Weigerung der Beklagten,
die Identitätsüberprüfung des Nachlasspflegers abweichend von § 13
Abs. 1 Nr. 1 GwG anhand der notariell beglaubigten Kopie seines Personalausweises
und der Bestallungsurkunde vorzunehmen, und die Anwendung von § 10
Abs. 9 Satz 1 GwG vorliegend keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
bzw. gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es bedarf deshalb keiner
Entscheidung, inwiefern der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei
es im Verhältnis Staat - Verpflichteter, sei es im Verhältnis zwischen den Parteien eine
einschränkende Auslegung von § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG und § 10 Abs. 9 Satz 1
GwG gebietet (vgl. dazu BT-Drucks. 18/11555, S. 117; BaFin, Auslegungs- und
Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Stand: Mai 2020, Nr. 5.8.2 S. 58;
Herzog/Figura, GwG, 4. Aufl., § 10 Rn. 133; Krais, Geldwäsche und Compliance,
2018, Rn. 417).

Denn die Vorlage des Personalausweises kann in einer beliebigen Filiale
der bundesweit flächendeckend agierenden Beklagten erfolgen und gemäß § 11
Abs. 3 GwG ist bei künftigen Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen eine erneute
Identifizierung nicht zwingend. Überdies stehen gerade einem berufsmäßigen
Nachlasspfleger, der den Aufwand für Identitätsüberprüfungen anhand des
vor Ort vorgelegten Personalausweises gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 13
Abs. 1 Nr. 1 GwG vermeiden möchte, mit den in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4
GwG vorgesehenen Mitteln mehrere Alternativen zur Verfügung, insbesondere
der elektronische Identitätsnachweis nach § 18 Personalausweisgesetz, der bereits
durch das Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis
sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 18. Juni 2009 (BGBl. I
1346) eingeführt worden ist, um die Identifizierung einer physisch nicht anwesenden
Person zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/10489, S. 23, 49).

Die Beklagte missachtet mit ihrer Weigerung auch nicht den risikobasierten
Ansatz der Geldwäschebekämpfung. Denn soweit § 10 Abs. 2 Satz 1 GwG
in Umsetzung dieses Ansatzes vorschreibt, dass die Verpflichteten den konkreten
Maßnahmenumfang bei der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten entsprechend
dem Risiko des jeweiligen Vertragspartners, der jeweiligen Geschäftsbeziehung
oder der jeweiligen Transaktion zu bestimmen haben (s. dazu Herzog/
Figura, GwG, 4. Aufl., § 10 Rn. 38 f.; BeckOK GwG/Krais, 5. Edition, Stand
1. März 2021, § 10 Rn. 31; Sonnenberg in Zentes/Glaab, GwG, 2. Aufl., § 10
Rn. 82 f.; Häberle in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 233. EL Oktober
2020, § 10 GwG Rn. 8), gilt dies ausdrücklich nur für die Pflichten aus § 10
Abs. 1 Nr. 2 bis 5 GwG, nicht aber für die hier in Rede stehende Identifizierungspflicht
aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG. Insoweit ist es nicht zulässig, den Umfang der
Maßnahmen nach § 10 Abs. 2 GwG risikoorientiert zu bestimmen, sofern nicht
die Voraussetzungen des § 14 GwG vorliegen (BeckOK GwG/Krais, aaO), was
hier jedoch wie
bereits ausgeführt nicht
der Fall ist.

Unerheblich ist ferner, dass die zu identifizierende Person gerichtlich bestellter
Nachlasspfleger und Rechtsanwalt ist. Zum einen sieht wie
bereits oben
ausgeführt das
Geldwäschegesetz anders als § 154 AO keine Ausnahmen von
der Identifizierungspflicht bei Pflegschaften und Parteien kraft Amtes vor. Zum
anderen ist der Umstand, dass Rechtsanwälte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG nur
unter bestimmten Voraussetzungen Verpflichtete im Sinne des GwG sind, ohne
Bedeutung für die Frage, wann und in welcher Art und Weise sie als Vertragspartner
eines anderen Verpflichteten oder als für einen solchen Vertragspartner
auftretende Person von diesem anderen Verpflichteten zu identifizieren sind.
Die Beklagte muss sich ferner nicht darauf verweisen lassen, dass der
Nachlasspfleger bei Eröffnung des Treuhandkontos durch eine andere Bank
identifiziert worden sei. Denn auch wenn ein Verpflichteter gemäß § 17 Abs. 1
GwG zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis
4 GwG auf Dritte zurückgreifen darf, obliegt es nach dem "Know Your Customer
Prinzip" grundsätzlich dem Verpflichteten bzw. seinen Mitarbeitern selbst, die allgemeinen
Sorgfaltspflichten auszuführen (BeckOK GwG/Brian, 5. Edition, Stand
1. März 2021, § 17 Rn. 1; Herzog/Achtelik, GwG, 4. Aufl., § 17 Rn. 2). Zudem
trägt der Verpflichtete selbst in jedem Fall die Verantwortung für die Erfüllung der
allgemeinen Sorgfaltspflichten (§ 17 Abs. 1 Satz 3 GwG).

Schließlich stellt sich der streitgegenständliche Betrag nicht als geringfügig
dar, da er die in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, § 14
Abs. 5 Nr. 3 GwG vorgesehene Wertgrenze von 1.000 € übersteigt.
6. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Notwendigkeit der Überprüfung
der Identität des Nachlasspflegers gemäß §§ 12, 13 GwG nicht durch die
Geltendmachung des Zahlungsanspruchs im Wege des Zivilprozesses entfallen.
Die Pflicht zur Identifizierung des Nachlasspflegers ist nicht an dessen
Stellung als Prozessbevollmächtigter der Kläger bei der gerichtlichen Geltendmachung
des Zahlungsanspruchs, sondern daran geknüpft, dass er für die Kläger
im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG auftritt und deshalb ohne die Erfüllung
der Sorgfaltspflicht aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG die Auszahlung nach § 10 Abs. 9
Satz 1 GwG zu unterbleiben hat. Weder die unbekannten
Kläger
noch der sie
vertretende Nachlasspfleger haben der Beklagten im laufenden Rechtsstreit eine
Identitätsüberprüfung anhand der in § 12 Abs. 1 Satz 1 GwG genannten Mittel
ermöglicht. Unerheblich ist insoweit auch, ob die Beklagte im Rechtsstreit Behauptungen
der Kläger zur Identität des Nachlasspflegers bestritten hat. Die Beklagte
unterliegt nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG der Pflicht zur Identifizierung durch
eine Identitätsüberprüfung gemäß § 12 GwG in einem Verfahren nach § 13
Abs. 1 GwG ungeachtet dessen, ob sie Zweifel an der Identität von Vertragspartnern,
der für diese auftretenden Personen oder wirtschaftlich Berechtigten hat.
7. Entgegen der Auffassung der Revision führt die Berücksichtigung der
Richtlinien, deren Umsetzung das Geldwäschegesetz dient, nicht zu einem anderen
Ergebnis und ist auch keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen
Union (EuGH) erforderlich.

§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 13 GwG dienen der Umsetzung von Art. 13
Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems
zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 141,
S. 73, künftig: Vierte Geldwäscherichtlinie) (vgl. BT-Drucks. 18/11555, S. 118).
Danach umfassen die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden die Feststellung der
Identität des Kunden und die Überprüfung der Kundenidentität "auf der Grundlage
von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen
und unabhängigen Quelle stammen". Diese Vorgabe ist durch die Richtlinie (EU)
2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 (ABl.
L 156, S. 43, künftig: Änderungsrichtlinie) dahingehend ergänzt worden, dass die
Identifizierung auch auf der Grundlage verfügbarer elektronischer Mittel für die
Identitätsfeststellung, einschlägiger Vertrauensdienste gemäß der Verordnung
(EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli
2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische
Transaktionen im Binnenmarkt (ABl. L 257, S. 73) oder mittels anderer von den
zuständigen nationalen Behörden regulierter, anerkannter, gebilligter oder akzeptierter
sicherer Verfahren zur Identifizierung aus der Ferne oder auf elektronischem
Weg erfolgen kann. Die nähere Ausgestaltung der Art und Weise der
Überprüfung der Identität bleibt in Ermangelung weiterer Vorgaben dem nationalen
Gesetzgeber überlassen (BeckOK GwG/Frey, 5. Edition, Stand 1. März 2021,
§ 1 Rn. 37, § 12 Rn. 2).

Zudem können die Mitgliedstaaten nach Art. 5 der Vierten Geldwäscherichtlinie
zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung strengere
Vorschriften auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen oder
beibehalten. Damit beschränkt sich die Vierte Geldwäscherichtlinie, die insoweit
durch die Änderungsrichtlinie keine Modifizierung erfahren hat, auf eine Mindestharmonisierung
(vgl. BT-Drucks. 19/13827, S. 48).

Unter diesen Umständen bedarf die Frage, ob wie
die Revision geltend
macht nach der Vierten Geldwäscherichtlinie für die Überprüfung der Identität
des Nachlasspflegers die notariell beglaubigte Kopie seines Personalausweises
und die Bestallungsurkunde ausreichend wären, keiner Entscheidung und damit
auch keiner Klärung durch den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens
nach Art. 267 AEUV.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

20.04.2021

Aktenzeichen:

XI ZR 511/19

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Allgemeines Schuldrecht
Gesetzliche Erbfolge
Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GwG §§ 12 Abs. 1 Nr. 1 u. Abs. 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 u. 2