OLG München 08. Oktober 2024
34 Wx 234/24e
EGBGB Art. 229 § 21; GBO §§ 19, 22, 47

Voreintragungsgrundsatz; Löschung eines zugunsten einer GbR eingetragenen Rechts; keine teleologische Reduktion der Eintragungsvorschriften; Nachweis der Bewilligungsbefugnis im Grundbuchverfahren

letzte Aktualisierung: 12.12.2024
OLG München, Beschl. v. 8.10.2024 – 34 Wx 234/24e

EGBGB Art. 229 § 21; GBO §§ 19, 22, 47
Voreintragungsgrundsatz; Löschung eines zugunsten einer GbR eingetragenen Rechts;
keine teleologische Reduktion der Eintragungsvorschriften; Nachweis der Bewilligungsbefugnis
im Grundbuchverfahren

1. Auch im Falle der Löschung eines zugunsten einer GbR eingetragenen Rechts bedarf es gemäß
§ 47 Abs. 2 GBO i. V. m. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB der Voreintragung der GbR im
Gesellschaftsregister und der anschließenden Eintragung der eGbR im Grundbuch.
2. Eine teleologische Reduktion der Eintragungsvorschriften ist in diesem Fall wegen des abschließenden
Charakters der in Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB enthaltenen Ausnahmeregelungen
nicht vorzunehmen.
3. Aufgrund der Aufhebung des § 899a BGB und der Neufassung des § 47 Abs. 2 GBO zum
1.1.2024 kann der Nachweis der Bewilligungsbefugnis nur noch aufgrund der Eintragung im
Gesellschaftsregister erbracht werden.

Gründe

I.
Der Beteiligte zu 1 ist in Blatt 2… als Eigentümer zweier Flurstücke im Grundbuch eingetragen. In Abt. II
unter laufenden Nrn. 1 und 3 ist unter Bezugnahme auf eine Bewilligung vom 16.11.1927 bezüglich beider
Flurstücke ein Bauverbot für den jeweiligen Eigentümer von Flst.Nr. …9/28 eingetragen.
Ziffer VII. der Urkunde vom 16.11.1927 lautet wie folgt:
„Die Eheleute B. übernehmen zugunsten der bahneigenen Fl.Nr….9/28 der Steuergemeinde I. als dingliche
Last auf Fl.Nr….9/18 und …9/19, dass auf diesen Grundstücken keinerlei Gebäulichkeiten errichtet werden
dürfen. Die Vertragsteile bewilligen und beantragen die Eintragung einer Grunddienstbarkeit vorstehenden
Inhaltes im Grundbuch.“

Als Eigentümer des Flst.Nr. …9/28 ist derzeit die Beteiligte zu 2, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
bestehend aus den zwei Gesellschaftern D. K. und M. K., im Grundbuch eingetragen.
Mit notariell unterschriftsbeglaubigter Erklärung vom 03.05. bzw. 13.5.2024 bewilligten und beantragten D. K.
und M. K. den Vollzug der Löschung der Bauverbote im Grundbuch. Mit Schreiben an das Grundbuchamt
vom 16.5.2024 beantragte der Urkundsnotar namens der Beteiligten den Vollzug.

Mit Schreiben vom 21.5.2024 teilte das Grundbuchamt mit, dass der Antrag auf Löschung der Rechte Abt.
II/1 und 3 noch nicht vollzogen werden könne. Nach § 47 Abs. 2 GBO i.V.m. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB
bedürfe es zu einer Verfügung über ein Recht einer GbR der Voreintragung dieser GbR im
Gesellschaftsregister.

Mit Schreiben ebenfalls vom 21.5.2024 beantragte der Notar, den in Blatt 2… vorgetragenen Grundbesitz
von den Belastungen Abt. II/1 und 3 jeweils pfandfrei nach § 1026 BGB abzuschreiben. Mit Vollzug dieser
pfandfreien Abschreibungen werde der Antrag auf Vollzug der Löschung zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 4.7.2024 teilte das Grundbuchamt mit, dass eine pfandfreie Abschreibung nach § 1026
BGB nicht möglich sei. Gemäß § 1026 BGB würden infolge einer Teilung eines Grundstücks die Teile des
Grundstücks von einer Dienstbarkeit frei, sofern diese Teile nicht mehr vom Ausübungsbereich der
Dienstbarkeit betroffen seien. Das eine Flurstück sei seit Eintragung des Bauverbots nicht geteilt worden.
Hinsichtlich des anderen Flurstücks sei ein Ausübungsbereich in der Urkunde vom 16.11.1927 nicht
ausgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 24.7.2024 beantragte der Urkundsnotar nochmals, die Rechte in Abteilung II lfd. Nr. 1 und
lfd. Nr. 3 zu löschen. Sowohl die Eintragung einer Grunddienstbarkeit als auch der weitere Bestand nach §
1019 BGB hingen davon ab, dass die Grunddienstbarkeit dem herrschenden Grundstück einen Vorteil biete.
Der Vorteil habe für den ursprünglichen Eigentümer des herrschenden Grundstücks aus dem
„Eisenbahnbezug“ bestanden. Berechtigtes Grundstück sei das Bahnwärterhaus im Eigentum der
Reichsbahn entlang einer alten Bahnlinie gewesen. Mit Verlegung der Trasse und Aufgabe der alten
Eisenbahntrasse (dieser Vorgang sei beim Amtsgericht amtsbekannt) sei der Vorteil des herrschenden
Grundstücks auf Dauer entfallen. Die Tatsache, dass der Eigentümer des herrschenden Grundstücks der
Löschung zugestimmt habe, zeige, dass auch nach dessen Auftrag kein Vorteil für das Grundstück bestehe.
Dies ergebe sich auch daraus, dass die herrschenden und belasteten Grundstücke in einer räumlichen
Entfernung von ca. 200 Metern lägen. Die Löschbarkeit folge aus § 22 GBO. Ferner sei Art. 229 § 21
EGBGB in den Fällen, in denen Rechte, die durch den Eigentümer eines herrschenden Grundstücks
aufgegeben und zur Löschung bewilligt und beantragt werden, wenn der Eigentümer des herrschenden
Grundstücks eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist, dahingehend einschränkend auszulegen, dass in
diesen Fällen die Voreintragung einer GbR nicht erforderlich sei.

Mit Beschluss vom 6.8.2024 wies das Grundbuchamt den Antrag zurück. Die beantragte pfandfreie
Abschreibung der Rechte nach § 1026 BGB sei hier nicht möglich. Zur Löschung der Rechte wegen Entfall
des „Vorteils“ i.S.d. § 1019 BGB sei grundsätzlich ein Unrichtigkeitsnachweis in Form des § 29 Abs. 1 GBO
erforderlich, aus welchem sich die Gegenstandslosigkeit der Rechte ergebe. Die Nicht(-mehr-)Existenz der
Bahnstrecke sei zweifelsfrei amtsbekannt. Es könne aber nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob hierdurch
sämtliche in diesem Zusammenhang bestellten Rechte, somit auch die hier gegenständlichen Bauverbote,
durch Wegfall des Vorteils i.S.d. § 1019 BGB gegenstandslos geworden sind. Zu den hierzu erforderlichen
Tatsachenermittlungen sei das Grundbuchamt weder befugt noch verpflichtet.

Der mit Schreiben vom 16.8.2024 vom Notar ohne Begründung eingelegten Beschwerde hat das
Grundbuchamt mit Beschluss vom 22.8.2024 unter Bezugnahme auf den Zurückweisungsbeschluss vom
6.8.2024 nicht abgeholfen.

Mit Schreiben an das Oberlandesgericht vom 30.8.2024 begründete der Notar seine Beschwerde vom
16.8.2024. Soweit zur Begründung des Antrags auf § 1026 BGB Bezug genommen worden sei, werde dieser
Ansatz mit der Beschwerde nicht weiterverfolgt. Die Beschwerde sei aber begründet, da Artikel 229 § 21
EGBGB dahingehend eingeschränkt auszulegen sei, dass eine Voreintragung einer eGbR im vorliegenden
Fall nicht erforderlich sei. Der mittelbare Registrierungszwang von § 47 GBO und Artikel 229 § 21 EBGB
hätte nach einer strikt wörtlichen Auslegung zur Auswirkung, dass durch die Registrierung in das
Gesellschaftsregister und dann nachfolgend in das Transparenzregister eine Registerpublizität für die
Öffentlichkeit bzgl. des Beteiligungsverhältnisses und der Vertretungsbefugnis herbeigeführt werde und der
Eigentümer eines herrschenden Grundstücks eines Rechts diese Publizität selbst dann auf sich nehmen
müsse, wenn von der Eintragung im Grundbuch die bereits im Grundbuch eingetragene GbR nicht profitiere
oder einen Vorteil erhalte oder z.B. ein Rechtserwerb für die eGbR begründet werde, sondern auch, wenn
Dritte von Verfügungen der GbR profitierten, z.B. bei der Löschung eines gegenstandslosen Rechts. Dies
übersteige die Grenzen der Zumutbarkeit für Berechtigte eines Rechts, die zum Zeitpunkt der Eintragung
rechtlich korrekt in das Grundbuch eingetragen wurden. Eine entsprechende Auslegung hätte auch zur
Folge, dass in den beschriebenen Fällen die Gesellschafter einer berechtigten GbR z.B.
Löschungsbewilligungen für gegenstandslose Rechte nicht mehr abgeben würden. Darüber hinaus sei die
Löschung auch nach § 22 GBO gerechtfertigt. Es sei durch das Amtsgericht, Grundbuchamt, eingeräumt
worden, dass die Verlegung der Bahntrasse und die Aufgabe der alten Eisenbahntrasse beim Amtsgericht
amtsbekannt ist. Mit der Aufgabe der Trasse, Verlegung der Trasse, Verkauf der früher bahneigenen
Grundstücke an Private und deren Bebauung sei aber der frühere Vorteil des herrschenden Grundstücks aus
dem Bauverbot entfallen. Dass das Bauverbot dem Eisenbahnbetrieb zum einzigen Vorteil gereichte und nur
diesem diente, ergebe sich eindeutig aus dem Bahnbezug der der Dienstbarkeitsbestellung
zugrundeliegenden Urkunde. In diesem Zusammenhang sei auch die abgegebene Löschungsbewilligung,
selbst wenn das Gericht der hier vertretenen Auffassung zu Artikel 229 § 29 EGBGB [gemeint wohl: Artikel
229 § 21 EGBGB] nicht folge, nicht bedeutungslos, sondern zeige, dass auch der Eigentümer des
herrschenden Grundstücks einen Vorteil für das herrschende Grundstück nicht mehr sehe.

Mit Beschluss vom 25.9.2024 hat das Grundbuchamt der Beschwerde auch unter Berücksichtigung der
Begründung 30.8.2024 nicht abgeholfen. Gemäß Wortlaut des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB bestehe
zweifelsfrei die Obliegenheit zur Voreintragung der eGbR, sobald die GbR über ein Recht verfüge. Auch das
alleinige Fehlen einer der GbR profitierenden Wirkung der Registerpublizität oder des Erhalts eines Vorteils
berechtige zu keiner teleologischen Reduktion der Voreintragungsobligenheit des Art. 229 § 21 Abs. 1
EGBGB im Falle der Aufhebung eines Rechts einer GbR. Ferner sei mit Einführung des
Gesellschaftsregisters und Aufhebung des § 899 a BGB zum 01.01.2024 im Grundbuchverfahren keine
andere Möglichkeit zum Nachweis der Vertretungsberechtigung der einzelnen Gesellschafter einer GbR
mehr vorgesehen.

II.
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere ist gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags die
Beschwerde statthaft, § 71 GBO. Auch gegen die Ablehnung des Antrags auf Berichtigung einer Eintragung
wegen nachträglicher Unrichtigkeit findet gemäß § 71 Abs. 1 GBO die unbeschränkte Beschwerde statt (vgl.
OLG Düsseldorf FGPrax 2014, 8/9; Demharter GBO 33. Aufl. § 71 Rn. 29; Hügel/Holzer GBO 5. Aufl. § 22
Rn. 100).

Die Beschwerde konnte durch den Urkundsnotar erhoben werden. Nachdem dieser gemäß § 15 Abs. 2 GBO
bereits für die Beteiligten die Eintragung beantragt hatte, gilt er auch als ermächtigt, gegen die darauf
ergangene Antragszurückweisung für sie Beschwerde einzulegen (Demharter § 71 Rn. 74; Schöner/Stöber
GBR 16. Aufl. Rn. 189; Bauer/Schaub/Sellner GBO 5. Aufl. § 73 Rn. 17). Wird der Rechtsmittelführer nicht
benannt, so ist anzunehmen, dass die Beschwerdeeinlegung im Namen aller Antragsberechtigten erfolgt
(Senat NJW-RR 2021, 42/43; OLG Schleswig FGPrax 2010, 282/283; Demharter § 15 Rn. 20; Hügel/Kramer
§ 71 Rn. 226 f.). Dies sind hier gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO sämtliche Beteiligten.

2. Die Beschwerde ist allerdings unbegründet.

Die Berichtigung nach § 22 Abs. 1 GBO setzt voraus, dass entweder die Bewilligung des Buchberechtigten
vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen ist. Beides ist nicht der Fall.

a) Berichtigungsbewilligungen gemäß § 19 GBO genügen für eine Eintragung, wenn gleichzeitig die zu
berichtigende Grundbuchunrichtigkeit schlüssig dargetan ist (Senat v. 27.11.2012, 34 Wx 406/12 = BeckRS
2013, 1172). Unabhängig von Letzerem liegt hier eine hinreichende Berichtigungsbewilligung nicht vor.

aa) Zutreffend hat das Grundbuchamt insoweit darauf hingewiesen, dass gemäß § 47 Abs. 2 GBO i.V.m. Art.
229 § 21 Abs. 1 EGBGB die Voreintragung der Beteiligten zu 2 im Gesellschaftsregister und anschließend
die Eintragung der eGbR im Grundbuch erforderlich ist. Gemäß Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB sollen
Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffen, nicht
erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und daraufhin nach den seit
1.1.2024 gültigen Vorschriften im Grundbuch eingetragen ist. Gemäß § 46 Abs. 1 GBO stellt auch die
Löschung eines Rechts eine Eintragung in diesem Sinne dar. Von der mittelbaren Eintragungspflicht sind
daher grundsätzlich auch Löschungen betroffen (Hügel/Reetz § 47 Rn. 94). Zweifelsfrei ist das doppelte
Voreintragungserfordernis hier nicht erfüllt. Die in Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB vorgesehene Ausnahmeregel
greift vorliegend nicht ein, da der Eintragungsantrag nicht vor dem 1.1.2024 bei dem Grundbuchamt
eingegangen ist.

bb) Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass im Falle der Löschung eines
zugunsten einer GbR eingetragenen Rechts die Voreintragungsobliegenheit entfällt, ist jedenfalls in der
vorliegenden Konstellation nicht veranlasst. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass im Falle des
Ausscheidens einer Bestands GbR aus dem Grundbuch analog § 40 GBO auf die Voreintragung der eGbR
verzichtet werden könne (Bolkart MittBayNot 2021, 319/329). Dem steht allerdings bereits entgegen, dass
dem Gesetzgeber die Problemlage bekannt war, dieser sich aber dennoch dagegen entschieden hat, auf die
Voreintragung der aus dem Grundbuch ausscheidenden GbR im Gesellschaftsregister zu verzichten. Von
einer ausfüllungsbedürftigen planwidrigen Regelungslücke kann daher nicht ausgegangen werden (Meier
NJW 2024, 465/466). Eine teleologische Reduktion der Eintragungsvorschriften ist wegen des
abschließenden Charakters der Ausnahmen, die durch Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB vermittelt werden, nicht
vorzunehmen (Hügel/Reetz § 47 Rn. 95). Es kann hier dahinstehen, ob dies anders zu beurteilen ist, wenn
die GbR aufgrund gesetzlicher Vorschriften aus dem Grundbuch ausscheidet.

cc) Ferner ist die Bewilligungsbefugnis von D. K. und M. K. für die Beteiligte zu 2 nicht in der nach § 29 GBO
erforderlichen Form nachgewiesen. Die Bewilligungsbefugnis ist von Amts wegen zu prüfen (Demharter § 19
Rn. 58). Zutreffend hat das Grundbuchamt insoweit darauf hingewiesen, dass aufgrund der Aufhebung des §
899a BGB mit Ablauf des 31.12.2023 dessen Vermutungswirkung entfallen ist. Damit ist die gesetzliche
Vermutung, dass die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO a.F. im Grundbuch als Gesellschafter eingetragenen
Personen Gesellschafter sind und keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind, entfallen. Aus § 47 Abs. 2
Satz 2 GBO a.F. leitete sich die Befugnis der eingetragenen Gesellschafter ab, wie ein Berechtigter über die
im Grundbuch eingetragenen Rechte der Gesellschaft zu verfügen. Dies schloss ihre verfahrensrechtliche
Bewilligungsbefugnis ein (Demharter § 47 Rn. 30). Aufgrund der Neufassung des § 47 Abs. 2 GBO zum
1.1.2024 kann der Nachweis der Bewilligungsbefugnis nunmehr nur noch aufgrund der Eintragung im
Gesellschaftsregister erbracht werden.

b) Auch ein Unrichtigkeitsnachweis wurde nicht geführt. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn sein Inhalt nicht
mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt. An die Führung des Nachweises sind strenge Anforderungen
zu stellen. Ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller hat vielmehr alle
Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der Eintragung entgehen stehen könnten. Der Nachweis ist
grundsätzlich in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO zu führen, selbst wenn dies im Einzelfall schwierig
oder unzumutbar erscheint (BayObLGZ 1991, 301/305; Demharter § 22 Rn. 37). Notfalls ist die
Berichtigungsbewilligung durch Urteil zu erwirken (Senat vom 25.4.2018, 34 Wx 359/17 = NJOZ 2018,
972/973; Demharter § 22 Rn. 42; Hügel/Holzer § 22 Rn. 65).

aa) Die Beteiligten haben mit der Beschwerdebegründung klargestellt, dass sie die behauptete Unrichtigkeit
nicht mehr auf § 1026 BGB stützen. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass sich auch nach Auffassung
des Senats jedenfalls aus den vorliegenden Unterlagen nicht ergibt, dass bei der Belastung der Grundstücke
ein beschränkter Ausübungsbereich festgelegt worden wäre.

bb) Auch im Hinblick auf § 1019 BGB wurde der Unrichtigkeitsnachweis nicht geführt.

(1) Gemäß § 1019 Satz 1 BGB kann eine Grunddienstbarkeit nur in einer Belastung bestehen, die für die
Benutzung des Grundstücks des Berechtigten Vorteil bietet. Ein nachträglicher dauernder oder endgültiger
objektiver Wegfall des Vorteils, etwa infolge grundlegender Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse oder
der rechtlichen Grundlagen oder durch dauernde tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Ausübung
des Rechts führt zum Erlöschen der Grunddienstbarkeit (Staudinger/Weber BGB Neubearb. 2017 § 1019 Rn.
17; Senat vom 30.6.2010, 34 Wx 57/10 = NJW-RR 2011, 97/98). Unter Umständen kommt dann eine
Grundbuchberichtigung in Betracht, wenn der Vorteilswegfall in der Form des § 29 GBO nachgewiesen
werden kann.

(2) Vorliegend fehlt bereits ein hinreichender Nachweis dahingehend, dass die Bestellung der Dienstbarkeit
im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich aufgegebenen Bahntrasse stand. Aus der Bestellung unter Ziffer
VII. der Urkunde vom 16.11.1027 ergibt sich hierfür nichts. Allein aus der Tatsache, dass die
Reichseisenbahn Vertragsbeteiligte und Eigentümerin des herrschenden Grundstücks war, kann nicht
zwangsläufig geschlossen werden, dass die Grunddienstbarkeit mit dem Bau oder Betrieb einer bestimmten
Bahnstrecke im Zusammenhang stand. Zwar erfolgte gemäß der Urkunde vom 16.11.1927 vor der
Bestellung der Grunddienstbarkeit die Abtretung von Grundstücksflächen im Tauschwege, wobei aus dem
Grundstück Fl.Nr. …9/28 von der Deutschen Reichsbahngesellschaft die Teilflächen Fl.Nrn. …9/18 und …
9/19 an die Eheleute J. B. und C. B. zum Eigentum abgetreten wurden. Im Gegenzug wurde von den
Eheleuten M. R. und G. R. eine hier nicht gegenständliche Teilfläche eines Flurstücks „für Zwecke der
Reichseisenbahnen im Tauschwege an das Deutsche Reich (Reichseisenbahnvermögen)“ zum Eigentum
abgetreten. Allein hieraus lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass auch das Bauverbot auf den an die
Eheleute B. abgetretenen Teilflächen zwangsläufig auch „für Zwecke der Reichseisenbahnen“ bzw. konkret
für den Betrieb der zwischenzeitlich aufgegebenen Bahntrasse als Dienstbarkeit bestellt wurde. Mangels
Angabe eines konkreten Zwecks kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Bauverbot anderen Zwecken
diente (z.B. Gewährleistung von Abstandsflächen zu bestehenden oder geplanten Gebäuden auf dem
herrschenden Grundstück), die auch heute noch Relevanz besitzen.

(3) Auch die behauptete räumliche Entfernung zwischen belastetem und herrschendem Grundstück führt
nicht zwangsläufig zu einem Wegfall des Vorteils. Abgesehen davon, dass die tatsächlichen damaligen und
heutigen Grundstückszuschnitte und örtlichen Gegebenheiten bislang nicht in der Form des § 29 GBO
nachgewiesen sind, ist das Bestehen eines Vorteils für das herrschende Grundstück nicht zwingend von
einer Nachbarschaft oder der räumlichen Nähe der betroffenen Grundstücke abhängig (OLG Düsseldorf
BeckRS 2021, 15990). Unergiebig ist ferner der Verweis auf die abgegebene Löschungsbewilligung. Wie
bereits unter II. 2. a) ausgeführt, ist nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen, dass die Bewilligung von
der Beteiligten zu 2 stammt. Darüber hinaus kann eine Löschungsbewilligung des Eigentümers des
herrschenden Grundstücks auch auf anderen Gründen als dem Wegfall des Vorteils beruhen.

III.
1. Eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens konnte unterbleiben, weil die Beteiligten
als Beschwerdeführer gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG diese schon von Gesetzes wegen zu tragen haben.
2. Bei der Festsetzung des Geschäftswerts kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte
wirtschaftliche Interesse, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie die sonstigen Umstände
des Einzelfalls an (Demharter § 77 Rn. 44). Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für die Bestimmung war der
Wert auf der Grundlage des § 36 Abs. 3 GNotKG mit dem Auffangwert anzusetzen.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 78 Abs. 2 GBO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

08.10.2024

Aktenzeichen:

34 Wx 234/24e

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Kostenrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch

Normen in Titel:

EGBGB Art. 229 § 21; GBO §§ 19, 22, 47