Kammergericht 17. Juli 2024
22 W 25/24
HGB § 12; BeurkG § 40a

Verwendbarkeit einer durch einen österreichischen Notar im Online-Verfahren beglaubigten Anmeldung im deutschen Handelsregisterverfahren

HGB § 12; BeurkG § 40a
Verwendbarkeit einer durch einen österreichischen Notar im Online-Verfahren beglaubigten Anmeldung im deutschen Handelsregisterverfahren

Die nach österreichischem Recht erfolgte notarielle Online-Beglaubigung ist einer deutschen Beglaubigung mittels Videokommunikation nach § 40a BeurkG nicht gleichwertig. Eine Pflicht zur Anerkennung ergibt sich auch nicht aus der Gesellschaftsrechtsrichtlinie in der Fassung der Digitalisierungsrechtlinie der EU.

KG, Beschl. v. 17.7.2024 – 22 W 25/24

Problem
Der Geschäftsführer einer im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg registrierten GmbH meldete eine Änderung der inländischen Geschäftsanschrift der GmbH an. Die Anmeldung wurde durch einen Notar mit Amtssitz in Österreich im Online-Verfahren nach österreichischem Recht beglaubigt.

Das AG Charlottenburg wies die Anmeldung zurück. Eine im Ausland vorgenommene Beglaubigung im dortigen Online-Verfahren könne nur dann anerkannt werden, wenn das Verfahren den §§ 40a, 16a Abs. 1 BeurkG gleichstünde. Dies sei bei einer nach österreichischem Recht vorgenommenen Online-Beglaubigung nicht der Fall.

Entscheidung
Das Kammergericht wies die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts als unbe­gründet zurück. Die Anmeldung zum Handelsregister erfülle nicht die Voraussetzung der § 12 Abs. 1 S. 1, 2 HGB, §§ 16a Abs. 1, 40a Abs. 1 BeurkG, § 78p BNotO. Insbesondere sei die notarielle Beglaubigung der qualifizierten elektronischen Signatur des Geschäftsführers durch den österreichischen Notar im Wege des Online-Verfahrens nicht nach der in BeurkG und BNotO vorgeschriebenen Weise erfolgt (Rn. 10).

Das in Österreich vorgesehene Verfahren weiche in drei wesentlichen Punkten von dem deutschen Verfahren ab (Rn. 22): Zunächst sehe das österreichische Verfahren anders als § 16c S. 1, 2 BeurkG kein zweistufiges Verfahren zur Feststellung der Person der Urkundsbeteiligten vor. Vielmehr genüge nach österreichischem Recht ein optischer Abgleich des per Video sichtbaren Ausweisdokuments mit der per Video zugeschalteten Person (allg. bekannt als Video-Identifikationsverfahren). Zudem müsse der österreichische Notar – anders als der deutsche Notar – die Identifizierung der Beteiligten nicht selbst vornehmen, sondern könne hierfür auch geschulte und zuverlässige Mitarbeiter einsetzen (s. a. Rn. 14). Drittens müsse der österreichische Notar nicht ein von der Notarkammer bereit gestelltes Videokommunikationssystem nutzen, sondern könne sich auch diesbezüglich eines Dienstleisters bedienen.

Das Verfahren nach österreichischem Recht sei aus diesen Gründen nicht gleichwertig zu dem deutschen Verfahren.

Das KG führt weiter aus, dass mit §§ 16c, 40a BeurkG, § 78p BNotO tragende Grundsätze des deutschen Beurkundungsrechts geschaffen worden seien. Es bezieht sich insoweit auf die Gesetzesbegründung zum sog. DiREG (BR-Drucks. 171/22), wonach auch dort, wo das deutsche Recht notarielle Online-Verfahren zulässt, ausländische Online-Verfahren nur dann als gleichwertig anerkannt werden können, wenn diese den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entsprechen. Dies sei allenfalls dann der Fall, wenn eine vergleichbar sichere persönliche Identifizierung der Beteiligten durch die Notarin oder den Notar anhand von elektronischen Identifizierungsmitteln und elektronisch übermittelten Lichtbildern ermöglicht werde (Rn. 26).

Zuletzt verneint das Gericht noch einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit (Rn. 30). Die Beschränkungen seien hier aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt (Rn. 33).

Weitere Hinweise
Das Kammergericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese ist bereits beim Bundes­gerichtshof eingelegt (Az. II ZB 13/24). Zur Thematik bereits DNotI-Report 2023, 9.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

17.07.2024

Aktenzeichen:

22 W 25/24

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Notarielles Berufsrecht
Beurkundungsverfahren

Erschienen in:

DNotI-Report 2024, 141-142

Normen in Titel:

HGB § 12; BeurkG § 40a