Prüfung der Wechselbezüglichkeit von Verfügungen im Berliner Testament
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 10296
letzte Aktualisierung: 27.05.2003
eines gemeinschaftlichen Testaments mit Sch1usserbeneineetzung
(Berliner Testament).
Gründe:
I.
Der 1940 geborene und 2000 verstorbene Erblasser war in einziger 1984 geschlossener
Ehe mit der 1938 geborenen S. kinderlos verheiratet. Der Beteiligte zu 2 ist der Sohn der
Ehefrau aus erster, geschiedener Ehe, die Beteiligte zu 3 seine Ehefrau., die Beteiligte zu
4 deren gemeinsame Tochter. Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter des Erblassers; dieser hat
zwei Schwestern.
Der Erblasser, der als Bauingenieur beschäftigt war, und seine Ehefrau, die kein Vermögen in die Ehe einbrachte, hatten mit Ehevertrag vom 26.7.1984 Gütertrennung vereinbart. Mit privatschriftlichem gemeinschaftlichem Testament vom 3.7.1987 setzten sie
sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Mit Kaufvertrag vom 12.9.1991 erwarb die Ehefrau
des Erblassers eine Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz zum Kaufpreis von DM
101.714,-, die als Ehewohnung diente. Der Kaufpreis wurde aus Mitteln des Erblassers
aufgebracht, als Eigentümerin wurde die Ehefrau des Erblassers am 29.4.1992 im Grundbuch eingetragen.
Am 19.7.1992 errichteten die Eheleute privatschriftlich ein gemeinschaftliches Testament, in dem es heißt:
Testament
Wir setzen uns hiermit gegenseitig zum Erben ein (Alleinerben!).
Für den Fall des Todes des letzten der beiden oben genannten bestimmen wir,
dass der/die Alleinerbe/erbin des gesamten beweglichen und unbeweglichen
Nachlasses einschließlich aller vorhandenen Geldwerte und Ansprüche die Familie ... (Beteiligte zu 2 und 3) sowie deren Tochter (Beteiligte zu 4) werden
soll.
Von der Erbfolge gänzlich ausgeschlossen werden:
1. die Beteiligte zu 1
2. deren leibliche Töchter.
Am 30.4.1993 verstarb die Ehefrau des Erblassers. Diesem wurde am 7.9.1993 ein Erbschein dahingehend erteilt, dass er seine Ehefrau allein beerbt hat. Deren Nachlass bestand im Wesentlichen aus der 1991 erworbenen Eigentumswohnung.
Der Erblasser errichtete am 18.9.1993, am 31.12.1993 und am 4.9:1994 verschiedene
privatschriftliche Testamente, in denen er Vermächtnisse und Ersatzerbenregelungen
verfügte, aber grundsätzlich an der Erbeinsetzung der Familie des Beteiligten zu 2 bzw.
des Beteiligten zu 2 festhielt. Die Testamente vom 31.12.1993 sind durchgestrichen, das
Testament vom 4.9.1994 ist vom Erblasser am 25.9.1994 ausdrücklich widerrufen worden.
Am 18.2.1998 errichtete der Erblasser ein privatschriftliches Testament, in dem es heißt:
Ich hebe hiermit das am 19.7.1992 errichtete "Testament auf Gegenseitigkeit"
auf, gemäß
Damit wird v.g. gegenseitiges Testament ebenso ungültig wie alle anderen evtl.
existierenden Testamente und Nachträge.
Bedingt durch den Tod seiner Ehefrau verfügt der überlebende Ehegatte seinen
"nur noch ausnahmsweise" möglichen Widerruf auf dem gemeinsam errichteten
Testament gemäß § 2271/2294 und 2336 (1) bis (3)
Im Einzelnen wird festgelegt und begründet:
Der Bedachte ... (Beteiligter zu 2) hat sich gemäß § 2294 einer "Verfehlung schuldig gemacht", die den Erblasser zur Entziehung des Pflichtteils
berechtigt. ...
1. In Sachen Bargeld ... setze ich meine Mutter (Beteiligte zu 1) zur Alleinerbin
ein.
Meine Immobilien und sonstige Habe fallen ebenfalls an meine Schwestern.
Nach dem Tod des Erblassers am .24.8.2000 erteilte das Nachlassgericht der Beteiligten
zu 1 auf ihren Antrag am 31.10.2000 einen Erbschein, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweist. Die Beteiligten zu 2 bis 4 beantragten, diesen Erbschein einzuziehen und
ihnen einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der sie als Miterben zu gleichen
Teilen ausweisen solle. Sie sind der Auffassung, das Testament vom 19.7.1992 enthalte
bezüglich der Schlusserbeneinsetzung eine wechselbezügliche Verfügung, die der Erblasser nicht mehr habe widerrufen können.
Mit Beschluss vom 17.1.2001 wies das Nachlassgericht den Einziehungsantrag und den
Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 bis 4 zurück. Auf ihre Beschwerde hob das Landgericht mit Beschluss vom 13.1.2003 den Beschluss des Nachlassgerichts vom 17.1.2001
auf und wies das Nachlassgericht an, den der Beteiligten zu 1 erteilten Erbschein vom
31.10.2000 einzuziehen. Auf den entsprechenden Beschluss des Nachlassgerichts vom
21.1.2003 reichte die Beteiligte zu 1 den ihr erteilten Erbschein am 2 8.1.2003 zurück.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte die Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde
ein, der die Beteiligten zu 2 bis 4, die am 10.3.2003 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
ihrer Verfahrensbevollmächtigten beantragten, entgegentraten.
II.
1. Die weitere Beschwerde ist mit dem Ziel, das Nachlassgericht zur Erteilung eines
neuen, gleichlautenden Erbscheins anzuweisen, zulässig, da die durchgeführte Einziehung des der Beteiligten zu 1 erteilten Erbscheins vom 30.10.2000 als solche nicht mehr
rückgängig gemacht werden kann (
(
ihren Ungunsten die Entscheidung des Nachlassgerichts abgeändert hat, das die Beteiligte
zu 1 als Alleinerbin des Erblassers und nicht die Beteiligten zu 2 bis 4 als dessen Erben
angesehen hatte. In der Sache hat die weitere Beschwerde aber keinen Erfolg.
2. Das Landgericht hat ausgeführt, bei der Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 2
bis 4 durch den Erblasser im gemeinschaftlichen Testament vom 19.7.1992 handle es sich
um eine wechselbezügliche Verfügung, die der Erblasser nach dem Tode seiner Ehefrau
nicht mehr habe widerrufen können. Die Auslegung der Erklärungen der Eheleute ergebe,
dass die Schlusserbeneinsetzung als bindend gewollt sei. Dabei müsse Berücksichtigung
finden, dass der Erblasser sich im Zeitpunk: der Testamentserrichtung von seiner Familie
abgewandt habe und bestrebt gewesen sei, seinen Stamm von der Erbfolge auszuschließen. Da es sich bei den Schlusserben um den Sohn der Ehefrau sowie dessen Ehefrau und
Tochter handle, sei auf Grund der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass zu diesen
Personen eine enge Bindung bestehe. Der Umstand, dass die Ehefrau des Erblassers zum
Zeitpunkt der Testamentserrichtung kein Vermögen gehabt habe, gebe zwar besonderen
Ausschluss der Annahme einer Wechselbezüglichkeit. Der nach dem Tod der Ehefrau
eingetretene Sinneswandel des Erblassers habe außer Betracht zu bleiben. Im Ergebnis
führe die Erforschung des Willens beider Ehegatten nicht zu einem eindeutigen Ergebnis.
Daher sei die Auslegungsregel des
Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung durch den Erblasser auszugehen sei
und die deshalb vom Erblasser nicht mehr habe widerrufen werden können. Zwar müsse
die Berufung von Verwandten des einen Ehegatten durch ihn selbst nicht wechselbezüglich sein; dies gelte aber nicht, wenn - wie hier - der Erblasser Verwandte des anderen
Ehegatten bedacht habe. Da die Voraussetzungen für einen Widerruf der Schlusserbeneinsetzung aus Gründen, die zur Entziehung oder Beschränkung des Pflichtteils berechtigen, nicht vorlagen, sei für die Erbfolge allein das Testament vom 19.7.1992 maßgeblich. Die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 im Testament vom 8.2.1998 habe keine
Wirksamkeit erlangt. Der zugunsten der Beteiligten zu 1 ausgestellte Erbschein vom
30.10.2000 sei unrichtig und daher: einzuziehen.
3. Die landgerichtliche Entscheidung halt der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1
FGG,
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass es sich bei dem Testament vom
19,7.1992 um ein formgerecht errichtetes gemeinschaftliches eigenhändiges Testament
(§ 2231 Nr. 2, § 2265, § 2267 i.V.m.
bis 4 als Schlusserben eingesetzt sind ( 2269 Abs. 1 BGB; sog. Berliner Testament). Ob
sie zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt sind oder nur der Beteiligte zu 2
Schlusserbe ist und die Beteiligten zu 3 und 4 seine Ersatzerben sind (vgl. unten zu 4 . ) ,
kann für die Frage, ob der dem Beteiligten zu 1 erteilte Erbschein zu Recht eingezogen
wurde, offen bleiben. Das Landgericht hat weiter angenommen, dass die Einsetzung des
Sohnes der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers und dessen Ehefrau und Tochter zu
Schlusserben gemäß
nach dem Tod der Ehefrau gemäß
diese Schlusserbenbestimmung durch das Testament vom 8.2.1998 zu ändern. Zu dieser
Annahme ist das Landgericht durch Auslegung der testamentarischen Erklärungen der
Eheleute gekommen, die es wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Anordnung der
Wechselbezüglichkeit und de Meinungsverschiedenheit der Beteiligten über diese Frage
z Recht für erforderlich gehalten hat (vgl.
a) Die Testamentsauslegung ist Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung in der
Rechtsbeschwerdeinstanz ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere
darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln,
allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in
Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt
gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum
Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (
BayObLG
Nach
Ehegatten nicht ohne die Verfügung des. anderen Ehegatten getroffen worden wäre,
wenn also ein Zusammenhang des Motivs derart besteht, dass die Verfügung des einen
Ehegatten deshalb getroffen wurde, weil der andere Ehegatte eine bestimmte andere Verfügung getroffen hatte. Die Prüfung und Bejahung der Wechselbezüglichkeit ist also
nicht möglich ohne konkrete Bestimmung, welche Verfügung des anderen Ehegatten zu
der Verfügung, deren Wechselbezüglichkeit in Frage steht, kotrespektiv sein soll (vgl.
BayObLG
Das Landgericht hat zwar herausgestellt, dass es bei der Frage der Wechselbezüglichkeit
um die Schlusserbeneinsetzung durch den Erblasser geht; es sagt aber nicht, zu welcher
Verfügung seiner Ehefrau diese kotrespektiv sein soll. Das Landgericht prüft nicht die
entscheidende Frage, ob die Schlusserbeneinsetzung durch den Erblasser mit Rücksicht
auf die Erbeinsetzung des Erblassers durch die Ehefrau getroffen wurde (vgl. unten zu 3,
c aa), sondern stellt stattdessen auf die Motivation des Erblassers ab, die Familie des Beteiligten zu 2 als Schlusserben einzusetzen (enge Bindung zu diesen Personen, Bruch mit
der eigenen Familie).
Dabei geht es ferner von unzutreffenden Tatsachen aus. Entgegen seiner Annahme war
die Ehefrau des Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments vom 19.7.1992 keineswegs vermögenslos. Vielmehr war sie auf Grund des Kaufvertrages vom 12.9.1991 Eigentümerin einer Eigentumswohnung im wert von DM
101.714,- geworden. Auch wenn der Erwerb mit Mitteln des Erblassers stattgefunden
hatte, war dieser wert ausschließlich ihrem Vermögen zugeordnet. Die Eheleute hatten
Gütertrennung vereinbart (
c) Diese Mangel führen aber nicht zur Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und
zur Zurückverweisung der Sache, weil das Rechtsbeschwerdegericht die erforderliche
Auslegung selbst vornehmen kann, da weitere Ermittlungen hierzu nicht geboten sind
(vgl.
Erblasser sei an seine Schlusserbenbestimmung im gemeinschaftlichen Testament vom
19.7.1992 gebunden gewesen, als im Ergebnis zutreffend erweist ( 27 Abs. 1 FGG i.V.m.
aa) Als korrespektive Verfügungen kommen die Einsetzung des Erblassers als Erben
durch die Ehefrau und die Einsetzung ihres Sohnes (sowie seiner Familie) als Schlusserben durch den Erblasser in Betracht. Die durch Auslegung zu beantworten Frage ist, ob
die Ehefrau dazu, dass sie abweichend von der gesetzlichen Erbfolge allein ihren Ehemann zu ihrem Erben einsetzte und damit ihren Sohn enterbte, im Hinblick darauf bestimmt wurde, dass der Ehemann ihren Sohn und dessen Familie als Schlusserben einsetzte, Dafür spricht vor allem der Umstand, dass die Ehegatten bereits am 3.7.1987 ein
gemeinschaftliches Testament errichtet hatten, mit dem sie sich gegenseitig zu Erben
eingesetzt hatten, ohne eine Schlusserbeneinsetzung vorzunehmen, und dass sie nach dem
durch dasjenige vom 19.7.1992 ersetzt hatten, das eine Schlusserbeneinsetzung zugunsten
des Sohnes der Ehefrau (und seiner Familie) enthielt, der wegen der gegenseitigen Erbeinsetzung der Ehegatten im Falle des Vorversterbens seiner Mutter nicht Erbe werden
konnte. Wenn es allein darum gegangen wäre, sicherzustellen, dass die Eigentumswohnung nach dem Tod der Ehefrau dem Erblasser zufiele, aus dessen Vermögen die Mittel
zu ihrem Erwerb stammten, hätten die Eheleute es bei dem gemeinschaftlichen Testament
vom 3.7.1987 bewenden lassen können. Die Errichtung des neuen gemeinschaftlichen
Testaments spricht also dafür, dass es den Eheleuten darauf ankam, ihr Vermögen, insbesondere die Eigentumswohnung der Ehefrau, nach dem Tod des Ehemannes dem Sohn
der Ehefrau (mit Familie) zuzuwenden. Hinzu kommt, dass der Erblasser noch bei Errichtung . des Testaments vom 8.2.1998 (wie vorher schon in seinem Schreiben an die
Familie des Sohnes der Ehefrau vom 3.2.1998) selbst davon ausging, dass es sich bei
dem gemeinschaftlichen Testament vom 19.7.1992 um ein "Testament auf Gegenseitigkeit" handelte, an das er grundsätzlich "gemäß
BGB) gebunden sei, und dass er sich von dieser Bindung "nur noch ausnahmsweise"
durch Widerruf nach § 2271 (Abs. 2 Satz 2), 2294, 2336 BGB läsen könne.
bb) Selbst wenn danach noch Zweifel blieben, dass die Ersetzung des Erblassers durch
die Ehefrau im Hinblick auf die Schlusserbeneinsetzung des Erblassers zugunsten des
Sohnes der Ehefrau (und seiner Familie) vorgenommen wurde, würde - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - die Auslegungsregel des
Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, wenn dem einen
Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens
des Bedachten (von diesem) eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die
mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht. Dies beruht auf der
Erwägung, dass der eine Ehegatte in der Verfügung, die zugunsten einer ihm verwandten
Person oder sonst nahestehenden Person von dem anderen Ehegatten getroffen wird, eine
Ar': Gegenleistung dafür zu sehen pflegt, dass er seinerseits dem letzteren eine Zuwendung macht. Daraus rechtfertigt sich regelmäßig die Folgerung, dass er ohne die Verfügung des anderen Ehegatten seine Verfügung nicht getroffen hätte (BayObLG FamRZ
1999, 1538/1540; KG
Rn. 7). Die Ehefrau hat hier dem Erblasser insoweit eine Zuwendung gemacht, als sie ihn
zu ihrem Alleinerben eingesetzt hat; dieser hat seinerseits für den Fall seines Überlebens
eine Verfügung zugunsten der Angehörigen der Ehefrau getroffen. Diese Schlusserbeneinsetzung ist daher mit der Erbeinsetzung durch die vorverstorbene Ehefrau jedenfalls
nach der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 Alternative 2 BGB wechselbezüglich. Da
keiner der zur Entziehung des Pflichtteils berechtigenden Gründe vorlag (vgl. § 2335
BGB}, konnte der Erblasser seine in dem gemeinschaftlichen Testament vom 19.7.1992
enthaltene Schlusserbeneinsetzung durch das Testament vom 8.2.1998 nicht wirksam
widerrufen oder ändern ( § ' 2271 Abs. 1 Satz 2 BGB).
4. Das Nachlassgericht hat es in seinem Beschluss vom 17.1.2001 nicht nur abgelehnt,
den der Beteiligten zu 1 erteilten Erbschein einzuziehen, sondern "auch konkludent den
entgegenstehenden Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen". Das Landgebis 4, ohne allerdings insoweit selbst eine Entscheidung zu treffen. Dies kann dahin verstanden werden, dass das Landgericht es dem Nachlassgericht überlassen wallte, über den
Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 bis 4 vom 30.10.2000 erneut zu entscheiden und
insbesondere dabei durch Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 19.7.1992
zu klären, wie die Formulierung, "dass der/die Alleinerbe/erbin des gesamten ... Nachlasses ... die Familie ... (Beteiligte zu 2 und 3) sowie deren Tochter ... werden soll", zu verstehen ist. Der Erblasser ist in seinem Testament vom 8.2.1998 davon ausgegangen, der
Beteiligte zu 2 sei "der Bedachte". I-i seinem Testament vom 31.12.1993 hat er - noch
"im Sinne meiner am 30.4.1993 verstorbenen Frau ... " - den Beteiligten zu 2 als Erben,
die Beteiligte zu 4 als Ersatzerbin und die Beteiligte zu 3 als weitere Ersatzerbin eingesetzt. Dies sind Anhaltspunkte dafür, dass auch die Formulierung im gemeinschaftlichen
Testament vom 9.7.1992 ("der/die Alleinerbe/erbin") im Sinne einer Einsetzung des Beteiligten zu 2 als Erben und der Beteiligten zu 3 und 4 als Ersatzerben verstandet werden
könnte.
5. Die Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zugunsten der Beteiligten zu 2 bis 4 beruht auf
Satz 1, Abs. 2, § 121 Abs. 1, Abs. 2, § 127 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 ZPO.
6. Für die Gerichtskosten ergibt sich die Kostenfolge unmittelbar aus dem Gesetz. Nach
Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde. beruht
auf
die Beteiligte zu 1 eingereichten Nachlassverzeichnis sowie der berichtigten Wertangabe
für die Eigentumswohnung aus und berücksichtigt den Pflichtteilsanspruch der Beteiligten zu 1 (
Entscheidung, Urteil
Gericht:BayObLG
Erscheinungsdatum:15.04.2003
Aktenzeichen:1Z BR 10/03
Rechtsgebiete:Gemeinschaftliches Testament
Normen in Titel:BGB § 2270