Zur Grunderwerbsteuer bei Erwerb eines Nachlaßgrundstücks zur Pflichtteilsabgeltung
Das Finanzamt meint, die
Hamburger Hausmakler e.V. würden in der weit überwiegenden Zahl der Fälle die Verkäufer nicht von der Zahlung der
Maklergebühr freigestellt und diese Gebühr von den Käufern
getragen. Folgerichtig könne daher die Zahlung eines entsprechenden Teiles der Gebühr durch die Käufer nur auf einer Schuldübernahme beruhen.
Diese Einwände haben keinen Erfolg.
Soweit das Finanzamt damit die Beweiswürdigung des Finanzgerichts angreift, kann es nicht gehört werden. Es hat
gegen die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts
keine zulässige und begründete Verfahrensrüge erhoben. In
diesem Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen,
daß Verkäufer und Makler sich darüber einig waren, letztere
sollten von ersteren keinen Maklerlohn verlangen können.
Eine solche Vereinbarung (Ausschluß des Maklerlohnes) war
entgegen der Ansicht des Finanzamts trotz des
rechtlich möglich. Nach dem Grundsatz der schuldrechtlichen Gestaltungsfreiheit kann der Eigentümer eines Grundstückes vertraglich die Zahlung eines Maklerlohnes durch
ihn ausschließen, wenn er das Grundstück einem Makler
zum Verkauf an die Hand gibt. Es kann dem Makler überlassen bleiben, daß er durch entsprechende Vereinbarungen
mit dem Käufer zu seiner Provision kommt (vgl. das Urteil
des BGH vom 24. Mai 1967 VIII ZR 40/65, Lindenmaierl
Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 652
BGB Nr. 25 BI. 2).
Die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts, daß
die Verkäufer und die Makler im Verhältnis zueinander einen
Anspruch auf Maklerlohn ausgeschlossen haben, führen
zwangsläufig zu der Auslegung, daß in den Vereinbarungen
zwischen der Klägerin und den Maklern ausschließlich originäre Verpflichtungen zur Zahlung von Maklerlohn in der Person der Klägerin begründet und nicht teilweise bereits bestehende derartige Verbindlichkeiten der Verkäufer übernommen wurden. Die Grundsätze des
nicht verletzt. Es kommt nicht darauf an, was die Makler
nach der Auskunft des Verbandes Hamburger Hausmakler
grundsätzlich bei Grundstücksverkäufen mit den Verkäufern zu vereinbaren pflegen; die Feststellungen des Finanzgerichts im konkreten Fall gehen vor.
In dieses Gesamtbild fügt sich auch die Auslegung des jeweiligen § 12 der beiden Kaufverträge durch das Finanzgericht ein. Hatte die Klägerin die Zahlung der Maklergebühren
selbst mit den Maklern vereinbart, so konnte in den Kaufverträgen keine Übernahme solcher Gebührenverbindlichkeiten
der Verkäufer vereinbart sein. Selbst nach Auffassung des
Finanzamts können diese Vereinbarungen in § 12 zum Teil
nur eine Bestätigung der originären Gebührenschuld der
Klägerin gegenüber den Maklern sein; denn auch das Finanzamt geht davon aus, daß die Klägerin die Hälfte der
Maklergebühren aus eigener Vereinbarung mit den Maklern
schuldete.
Unter diesen Umständen scheidet auch die Möglichkeit aus,
in dem § 12 der Kaufverträge jeweils einen Vertrag zugunsten Dritter dergestalt zu sehen, daß die Klägerin den Verkäufern als Gegenleistung für die Übereignung der Grundstücke die Zahlung der Gebühren an die Makler versprach.
25. GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2; ErbStG 1974 § 3 Abs. 1
Nr. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 4; BGB § 2303, § 364 Abs. 1(Zur Grunderwerbsteuer bei Erwerb eines Nachlaßgrundstücks zur
Pflich tteilsabgel tung)
Der Erwerb des Pflichtteilsberechtigten, der vom Erben
statt Geldes ein Nachlaßgrundstück erhält, ist stets gemäß
Grunderwerbsteuer befreit, sofern und soweit das Grundstück nur für den Pflichtteil hingegeben wird (Aufgabe
des Urteils vom 17. November 19551170/55 U,
BStBl III 1956, 7).
BFH, Urteil vom 30.9.1981 — II R 64/80 — BStBl 1982 II 76
Aus dem Tatbestand:
Die Klägerin ist Alleinerbin ihrer Mutter S., die mit dem Stiefvater der
Klägerin, G., im Güterstand der Gütertrennung lebte. G. setzte seinen
Vetter, M., durch Testament als Alleinerben ein.
Durch einen privatschriftlichen Vertrag hatten S. und M. am 21. April
1975 „zur Regelung der Erbschaftsauseinandersetzung" u.a. die Aufteilung der zum Nachlaß gehörenden Grundstücke festgelegt.
Dieser Vertrag wurde durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23.
April 1975 bestätigt, nach dessen Inhalt S. drei zum Nachlaß gehörige
Grundstücke erwarb. In der Präambel dieses Vertrages erklärten die
Vertragschließenden, daß S. gegen den Alleinerben Pflichtteilsansprüche und Ansprüche auf Zugewinnausgleich geltend gemacht habe und daß der Vertrag zum Ausgleich dieser Ansprüche geschlossen
werde. Dies wurde im Abschn. III des Vertrages dahingehend erläutert, daß „zwischen den Parteien Einigkeit darüber besteht, daß sämtliche gegenseitigen Ansprüche zwischen ihnen aus dem Nachlaß des
am 10. November 1974 verstorbenen Erblassers, insbesondere aus
Pflichtteilsrechten und Ansprüchen aus Zugewinnausgleich ... ausgeglichen sind". Darüber hinaus bestehe zwischen den Vertragschließenden Einverständnis darüber, daß der Wert der Pflichtteilsund Zugewinnausgleichsansprüche ca. 1 Mio. DM, der Wert der
Grundstücke ca. 920.000 DM betrage.
Die Grunderwerbsteuer wurde vom beklagten Finanzamt auf 67.613
DM festgesetzt.
Der auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage hat das
Finanzgericht stattgegeben.
Mit der Revision rügt das Finanzamt Verletzung materiellen Rechts.
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
1. Der gemäß
1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen, weil S. die
Grundstücke von Todes wegen im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes erworben hat. Zweck der Vorschrift des § 3 Nr. 2
Halbsatz 1 GrEStG ist es, zu vermeiden, daß ein der Erbschaftsteuer unterliegender Grundstückserwerb zusätzlich
mit Grunderwerbsteuer belastet wird; die tatsächliche Belastung mit Erbschaftsteuer ist jedoch nicht Voraussetzung
für die Grunderwerbsteuerbefreiung.
Der Senat unterscheidet für die Erbschaftsteuererhebung
zwischen dem Erwerb aufgrund eines geltend gemachten
Pflichtteilsanspruchs (
Abfindung für den Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch (
BStBl 11 1973, 798). Er hat jedoch zum Ausdruck gebracht,
daß trotz verschiedener Ausgangspunkte sich unter bestimmten Umständen die beiden Besteuerungstatbestände
angleichen können (
der Erwerb eines Grundstücks zur Erfüllung des geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs nicht dem Erwerb des Grundstücks als Abfindung für den Verzicht auf den entstandenen,
MittBayNot 1982 Heft 3 151
aber noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruch
gleichzustellen. Die Übertragung eines Grundstücks zur Erfüllung eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs wurde als grunderwerbsteuerpflichtige. Hingabe an Erfüllungs
Statt angesehen (BFH-Urteil vom 17. November 1955 II 70/55
U,
dieser Rechtsprechung zur Grunderwerbsteuer hält der
Senat nicht mehr fest.
2. Die Vorschriften des § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 4
ErbStG dienen der lückenlosen erbschaftsteuerlichen Erfassung aller Zuwendungen aufgrund eines Pflichtteilsanspruchs. Dabei erfaßt
dem Pflichtteilsberechtigten aufgrund des geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs vom Erben zugewendet wird. Dagegen erfaßt
dem Vermögen des Erben oder eines Dritten für den Verzicht
auf den Pflichtteilsanspruch zugewendet wird. Die Abfindung tritt hier an die Stelle der erbrechtlichen Ansprüche.
Sie wird deshalb steuerlich wie ein Erwerb behandelt, der
aus dem Nachlaß des Erblassers stammt (Troll, Kommentar
zum Erbschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 3 Tz. 87). Die erbschaftsteuerrechtliche Fiktion dessen, was als Bereicherung aus dem Nachlaß anzusehen ist, geht hier so weit, eine
Bereicherung zu erfassen, die, im Fall der Abfindung durch
einen Dritten, jeder direkten Verbindung mit erbrechtlichen
Ansprüchen entbehrt, wenn auch diese Ansprüche Motiv für
die Leistung des Dritten sind. Wenn aber eine Leistung, die
nicht im Zusammenhang mit erbrechtlichen Ansprüchen
von einem Dritten erbracht wird, kraft erbschaftsteuerrechtlicher Fiktion als Erwerb von Todes wegen gilt, ist es folgerichtig, daß auch eine Leistung an Erfüllungs Statt zur Befriedigung des geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs als
Erwerb von Todes wegen angesehen wird. Denn der Erbe leistet an den Pflichtteilsberechtigten in Erfüllung seiner erbrechtlichen Verpflichtung.
3. Auch aus dem Wortlaut des
folgt, daß das an Erfüllungs Statt Geleistete als Erwerb von
Todes wegen anzusehen ist. Danach gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb a u f g r u n d eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs. Der Rechtsgrund für die Bereicherung muß also in dem zwischen Pflichtteilsschuldner und
Pflichtteilsberechtigten bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis, dem Pflichtteilsanspruch, liegen. Bei der Leistung an Erfüllungs Statt bleibt aber der Rechtsgrund der
Leistung gerade das ursprüngliche Schuldverhältnis (vgl.
Münchner Kommentar — Heinrichs, § 364, Rdnr. 1; Erman,
.BGB-Handkommentar § 364 Rdnr. 2).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob man in der Leistung an
Erfüllungs Statt einen entgeltlichen Austausch- oder Veräußerungsvertrag (Leistung gegen Forderung) erblickt, wie die
herrschende Meinung, oder die Erfüllung der lediglich abgeänderten Schuld. Denn auch wenn man mit der herrschenden Meinung das durch den Austauschvertrag entstandene
Schuldverhältnis als Rechtsgrund für die ersatzweise erbrachte Leistung betrachtet, so kann dieses Schuldverhältnis nicht losgelöst von dem ihm zugrunde liegenden gesetzlichen Schuldverhältnis des Pflichtteilsanspruchs gesehen
werden. Denn hier ist der Pflichtteilsanspruch nicht nur Motiv für die Leistung, sondern Rechtsgrund des Austauschvertrages, und der Anspruch aus dem Austauschvertrag (Anspruch auf Grundstücksübereignung) tritt, wie in § 3 Abs. 2
Nr. 4 ErbStG die Abfindung, an die Stelle der erbrechtlichen
Ansprüche. Daß ein direkter rechtlicher Zusammenhang zwischen Erfüllungsleistung und dem Rechtsgrund'Pflichtteilsanspruch notwendig ist, läßt sich dem Wortsinn der Vorschrift nicht entnehmen. Damit ist gewährleistet, daß dem
Grundsatz des Erbschaftsteuerrechts entsprechend, die
wirkliche Bereicherung — und nur diese — erfaßt wird (vgl.
die Entscheidung des Senats vom 24. Juli 1972 11 R 35/70,
4. Auch nach Sinn und Zweck des Gesetzes erscheint diese
Auslegung als richtig. Die Entstehungsgeschichte zeigt,
daß der Pflichtteilsanspruch (vgl.
unabhängig von seiner Geltendmachung besteuert wurde.
Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, hat dann das Erbschaftsteuergesetz 1919, entsprechend den Entwürfen von
1908 und 1913, die Steuerpflicht an die Vorbedingung der
Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs geknüpft. Nachdem die Besteuerung dadurch eingeengt war, hat der Gesetzgeber zur Vermeidung von Steuerumgehungen (wie es
das Erbschaftsteuergesetz 1906 in § 2 Nr. 2 schon für einen
Erbverzicht oder die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses vorsah) als Auffangtatbestand den Verzicht des Pflichtteilsberechtigten zur Geltendmachung seines Anspruchs gegen Abfindung in das Gesetz aufgenommen. Dieser Erwerb ist als Erwerb von Todes wegen seit'jeher grunderwerbsteuerfrei. Es wäre aber mit Sinn und Zweck
des
besteuern.
5. S. hat die Grundstücke aufgrund ihres Pflichtteilsanspruchs erworben. Das Finanzgericht hat zutreffend ausgeführt, daß S. nicht im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat. Da die Verwaltung und Nutznießung des
Ehemanns durch Ehevertrag vom 27. Mai 1947 ausgeschlossen worden war, lebten die Ehegatten gemäß
a.F. im Güterstand der Gütertrennung, der Güterstand der
Zugewinngemeinschaft wurde für sie gemäß Art. 8 1 Nr. 5
Satz 1 des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957
nicht eingeführt. Dies ergibt sich auch aus der privatschriftlichen Vereinbarung zwischen S. und M., die nur zur „Regelung der Erbauseinandersetzung" geschlossen wurde, und
die zur Auslegung herangezogen werden muß. Die Anführung der Zugewinnausgleichsansprüche in der notariellen
Vereinbarung erweist sich insofern als Leerformel des beurkundenden Notars.
6. Der Senat schließt sich damit der Auffassung von
Boruttau-Klein-Egly-Sigloch, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 10. Aufl., § 3 Rdnr. 25c, an, daß der Erwerb des
Pflichtteilsberechtigten, wenn er vom Erben statt Geldes ein
Nachlaßgrundstück erhält, stets von der Grunderwerbsteuer
befreit ist, sofern und soweit das Grundstück nur für den
Pflichtteil hingegeben wird. Das Finanzgericht hat deshalb
im Ergebnis zu Recht die Frage offengelassen, ob die eine
oder andere Alternative des
Anmerkung der Schriftleitung:
Zur Bemessung der Erbschaftsteuer vgl. das nachfolgend
abgedruckte Urteil des BFH vom 17.2.1982.
26. ErbStG 1959 §2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4, § 23 Abs. 2;
ErbStG 1974 § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4, § 12 Abs. 2 (Erbschaftsteuerbemessung bei Pflichtteilserfüllung durch
Grundstücksübertragung)
Wird einem Pflichtteilsberechtigten ein Grundstück an Erfüllungs Statt zur Befriedigung des geltend gemachten
MittBayNot 1982 Heft 3
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:30.09.1981
Aktenzeichen:II R 64/80
Erschienen in:
MittBayNot 1982, 151-152
MittRhNotK 1982, 156-157
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2; ErbStG 1974 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Nr. 4; BGB § 2303, § 364 Abs. 1