BGH 20. Januar 2023
V ZR 65/22
BGB §§ 894, 1028 Abs. 1 S. 2; WEG § 1 Abs. 2

Erlöschen einer Grunddienstbarkeit wegen Verjährung des Beseitigungsanspruchs

letzte Aktualisierung: 23.3.2023
BGH, Urt. v. 20.1.2023 – V ZR 65/22

BGB §§ 894, 1028 Abs. 1 S. 2; WEG § 1 Abs. 2
Erlöschen einer Grunddienstbarkeit wegen Verjährung des Beseitigungsanspruchs

1a. Mit der Verjährung des Beseitigungsanspruchs erlischt die Grunddienstbarkeit nach § 1028
Abs. 1 S. 2 BGB nur dann insgesamt, wenn die Ausübung der durch sie gewährten Berechtigung
aufgrund der Beeinträchtigung durch die Anlage gar nicht mehr möglich ist; wird die Dienstbarkeit
durch die Anlage nur teilweise beeinträchtigt, dann erlischt sie nur hinsichtlich des von der
Beeinträchtigung betroffenen Teils und bleibt im Übrigen bestehen.
1b. Dies gilt auch dann, wenn die Grunddienstbarkeit ein Bauverbot zum Inhalt hat, gegen das
durch die Errichtung eines Gebäudes verstoßen wurde. Verjährt der Anspruch auf Beseitigung des
Gebäudes, erlischt die Dienstbarkeit grundsätzlich nur insoweit, als das Unterlassen der Bebauung
mit einem Gebäude entsprechenden Ausmaßes nicht mehr verlangt werden kann.
2. Wird die Löschung einer Grunddienstbarkeit begehrt, die zugunsten eines in Wohnungseigentum
aufgeteilten Grundstücks besteht, so ist die auf § 894 BGB gestützte Klage gegen die
Wohnungseigentümer als (gemeinschaftlich) Berechtigte zu richten; nur wenn es sich um
Verwaltungsvermögen, d.h. um ein im Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
stehendes Grundstück handelt, ist diese die richtige Beklagte.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in ZfIR 2022, 331 veröffentlicht
ist, meint, der Klägerin stehe gegen die Beklagten über den von dem
Landgericht rechtskräftig tenorierten Berichtigungsanspruch hinaus ein Anspruch
aus § 894 BGB auf Bewilligung der Löschung der Grunddienstbarkeit zu, weil
diese wegen Verjährung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs aus
§§ 1027, 1004 BGB nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB erloschen sei. Zwar erlösche
eine Grunddienstbarkeit mit der Verjährung des Beseitigungs- und Unterlaslage
mit ihr im Widerspruch stehe. Die Grunddienstbarkeit bleibe also in dem
Umfang bestehen, in dem sie von der Anlage nicht beeinträchtigt werde. Etwas
anderes habe aber in dem hier gegebenen Fall eines durch Dienstbarkeit gesicherten
Bauverbots zu gelten. Werde gegen dieses verstoßen, so könne der Berechtigte
die Beseitigung des gesamten Gebäudes verlangen. Der (inzwischen
verjährte) Beseitigungsanspruch hätte also keinen Schranken unterlegen, insbesondere
nicht einem bestimmten Bebauungsmaß. Es gebe bei einem Bebauder
von einer Bebauung nicht beeinträchtigt wäre. Es bestünden vorliegend auch
keine gesicherten Anhaltspunkte dafür, dass es bei Vereinbarung der Grunddienstbarkeit
im Jahre 1889 um die Sicherung des freien Blicks nach Osten auf
die K. Förde gegangen sei. Ihr Zweck könne auch darin gelegen haben, die
künftige Erschließung zu sichern, das Grundstück von gewerblicher Nutzung freizuhalten
oder bloß eine Grün- und Freifläche vorzuhalten.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass mit dem Urteil des
Landgerichts rechtskräftig feststeht, dass die Klägerin von den Beklagten verlangen
kann, eine Änderung der Grunddienstbarkeit sinngemäß dahingehend zu bewilligen,
dass das klägerische Grundstück flächenmäßig nur in dem Umfang des
ehemaligen Autohauses bebaut werden darf und der Höhe nach nur mit einem
höchstens aus Kellergeschoss, Erdgeschoss und erstem Obergeschoss bestehenden
Gebäude. Denn die Beklagten haben dieses Urteil nicht mit der Berufung
angefochten und auf die Berufung der Klägerin kann es nicht zu ihrem Nachteil
abgeändert werden. In den Rechtsmittelverfahren geht es daher nur noch um die
Frage, ob die Klägerin aufgrund der Verjährung des Beseitigungsanspruchs über
die von dem Landgericht zugesprochene Änderung hinaus von den Beklagten
die Bewilligung der Löschung der gesamten Grunddienstbarkeit verlangen kann.

2. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen
die Beklagten keinen Anspruch aus § 894 BGB auf Bewilligung der Löschung
der gesamten Grunddienstbarkeit, weil diese mit Verjährung des Beseitigungsanspruchs
aus §§ 1027, 1004 BGB nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht insgesamt,
sondern nur in dem Umfang der Bebauung erloschen ist, deren Beseitigung
vor der Verjährung verlangt werden konnte.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der
Eigentümer des dienenden Grundstücks gegen den Eigentümer des herrschenden
Grundstücks einen Anspruch aus § 894 BGB auf Zustimmung zur Löschung
der Grunddienstbarkeit hat, wenn diese wegen der Verjährung des Beseitigungs-
und Unterlassungsanspruchs erloschen ist. Wird eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt,
stehen dem Berechtigten die in § 1004 BGB bestimmten Rechte zu
(§ 1027 BGB). Beeinträchtigung in diesem Sinn ist jede Störung oder Behinderung
der rechtmäßigen Ausübung der Dienstbarkeit. Der Dienstbarkeitsberechtigte
kann die Beseitigung bzw. die Unterlassung einer solchen Beeinträchtigung
verlangen (§ 1004 Abs. 1 BGB). Dieser Anspruch unterliegt jedoch nach § 1028
Abs. 1 Satz 1 BGB der Verjährung auch dann, wenn die Grunddienstbarkeit im
Grundbuch eingetragen ist; mit der Verjährung des Anspruchs erlischt das Recht,
soweit der Bestand der Anlage mit ihm in Widerspruch steht (zum Ganzen Senat,
Urteil vom 22. Oktober 2010 - V ZR 43/10, BGHZ 187, 185 Rn. 18, 23). Mit dem
Erlöschen der Grunddienstbarkeit wird das Grundbuch unrichtig, weil es eine
nicht mehr bestehende Belastung ausweist (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2014
- V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 27). Daher kann der Eigentümer des dienenden
Grundstücks von dem Berechtigten nach § 894 BGB insoweit (zum Umfang
des Anspruchs näher unten) die Bewilligung - in der Form des § 29 GBO -
der Berichtigung des Grundbuchs durch Löschung der Grunddienstbarkeit verlangen
(vgl. BeckOK-BGB/Reischl, [1.11.2022], § 1028 Rn. 6; BeckOGK/Kazele,
BGB [1.11.2022], § 1028 Rn. 42; Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 1028 Rn. 3;
NK-BGB/Otto, 5. Aufl., § 1028 Rn. 13; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1028
Rn. 5).

b) Die Beklagten sind für den Löschungsanspruch, wovon das Berufungsgericht
offenbar unausgesprochen ausgegangen ist, auch passivlegitimiert.
Namentlich fehlt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an der Passivlegitimation
der Beklagten zu 1 bis 6, weil diese hinsichtlich des Grundstücks
M. straße 8 eine Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) bilden. Wird
die Löschung einer Grunddienstbarkeit begehrt, die zugunsten eines (hier zwischenzeitlich)
in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks besteht, so ist die
auf § 894 BGB gestützte Klage gegen die Wohnungseigentümer als (gemeinschaftlich)
Berechtigte zu richten; nur wenn es sich um Verwaltungsvermögen,
d.h. um ein im Eigentum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stehendes
Grundstück handelt, ist diese die richtige Beklagte.

aa) Passivlegitimiert für den Anspruch aus § 894 BGB ist derjenige, zu
dessen Gunsten der Grundbuchinhalt von der wirklichen Rechtslage abweicht
und dessen nach dem Grundbuch vermeintlich ihm zustehendes Recht durch die
Anpassung des Buchinhaltes an die wahre Rechtslage beseitigt oder geschmälert
werden müsste (Senat, Urteil vom 29. März 1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132,
245, 249). Die Grunddienstbarkeit, deren teilweise Löschung die Klägerin begehrt,
steht hinsichtlich des Grundstücks M. straße 8 den Beklagten zu 1 bis
6 zu, denn diese sind als Wohnungseigentümer Miteigentümer des in Wohnungseigentum
aufgeteilten herrschenden Grundstücks (§ 1 Abs. 2 WEG) und die - zu
Gunsten der Eigentümer des gesamten Grundstücks (nicht für die Eigentümer
einzelner Wohnungen) eingetragene - Grunddienstbarkeit ist nach § 96 BGB Bestandteil
dieses Grundstücks (vgl. Staudinger/Rapp, WEG [2018], § 1 Rn. 53a).
Die GdWE kann zwar Eigentum an Grundstücken erwerben (vgl. Senat, Urteil
vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, NJW 2016, 2177 Rn. 27), ist aber selbst nicht
Eigentümerin des nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilten Grundstücks.
Das Grundstück ist gemeinschaftliches Eigentum (§ 1 Abs. 5 WEG), aber
nicht Eigentum der Gemeinschaft. Die sachenrechtliche Berechtigung an diesem
Grundstück, und damit auch an der nach Aufteilung in Wohnungseigentum fortbestehenden
Grunddienstbarkeit, steht den Wohnungseigentümern (gemeinschaftlich)
zu (vgl. Staudinger/Rapp, WEG [2018], § 1 Rn. 42; BeckOGK/
M. Müller, WEG [1.9.2022], § 1 Rn. 413 und § 2 Rn. 47).

bb) Auch eine etwaige vorrangige Wahrnehmungsbefugnis der GdWE gemäß
§ 9a Abs. 2 WEG hinsichtlich des sich gegen die Wohnungseigentümer richtenden
Löschungsanspruchs kommt nicht in Betracht. Denn die Befugnis zur Bewilligung
einer Rechtsänderung gemäß § 19 GBO steht demjenigen zu, der zur
sachenrechtlichen Verfügung über das Recht befugt ist, hier also den Wohnungseigentümern
(vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl., § 19 Rn. 56; KEHE/Munzig, Grundbuchrecht,
8. Aufl., GBO § 19 Rn. 51). Die GdWE könnte daher die Löschung der
Grunddienstbarkeit nicht bewilligen, den Löschungsanspruch nicht erfüllen, und
ein gegen sie ergehendes Urteil wäre für die Klägerin nutzlos. Anders läge es
nur, wenn es um Verwaltungsvermögen der GdWE ginge, also um ein in ihrem
Eigentum stehendes (herrschendes) Grundstück, was hier nicht der Fall ist.

c) Richtig ist auch, dass die Voraussetzungen des § 1028 Abs. 1 Satz 2
BGB für das Erlöschen der Grunddienstbarkeit dem Grunde nach vorliegen.
aa) Das im Jahre 1963 errichtete Gebäude des Autohauses war eine Anlage,
durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wurde (§ 1028 Abs. 1
Satz 1 BGB). Unter dem Begriff der Anlage ist ebenso wie in § 1020 BGB eine
für eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Benutzung des
Grundstücks geschaffene Einrichtung zu verstehen; der Begriff geht, wie sich aus
§ 1022 BGB ergibt, über bauliche Anlagen hinaus (vgl. Senat, Urteil vom
18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 15), erfasst aber jedenfalls
auch diese. Da das errichtete Gebäude dem mit der Grunddienstbarkeit gesicherten
Bauverbot widersprach, lag bis zu seinem Abriss auch eine Beeinträchtigung
der Grunddienstbarkeit vor.

bb) Das Berufungsgericht nimmt auch zutreffend an, dass der Anspruch
auf Beseitigung der Beeinträchtigung des Autohauses nach dreißig Jahren verjährte,
somit spätestens Ende 1993. Der Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung
der Grunddienstbarkeit, die durch eine Anlage auf dem dienenden
Grundstück verursacht wird, verjährt in entsprechender Anwendung von § 197
Abs. 1 Nr. 2 BGB in dreißig Jahren, wenn es um die Verwirklichung des Rechts
selbst und nicht nur um eine Störung in der Ausübung geht (Senat, Urteil vom
18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 13, 29). So liegt es hier, denn
bei einem Verstoß gegen ein Bauverbot wird nicht lediglich die Ausübung eines
mit einer Grunddienstbarkeit gesicherten Rechts gestört, sondern die Grunddienstbarkeit
selbst i.S.v. § 1028 BGB beeinträchtigt. Der Anspruch auf Beseitigung
des Baus dient somit der Verwirklichung des Rechts.

cc) Richtig ist schließlich, dass der Löschungsanspruch nicht dadurch ausgeschlossen
ist, dass das Autohaus im Jahre 2019 abgerissen wurde, derzeit
also eine die Grunddienstbarkeit beeinträchtigende Anlage nicht mehr besteht.
Rechtsfolge der Verjährung ist nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB das Erlöschen
der Grunddienstbarkeit. Dieser Rechtsverlust tritt auch dann ein, wenn der
Eigentümer die die Rechtsverwirklichung beeinträchtigende Anlage nach dem
Ablauf der Verjährungsfrist aus eigenem Antrieb wieder entfernt (Senat, Urteil
vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 24).

d) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dass die
Grunddienstbarkeit mit der Verjährung des Anspruchs auf Beseitigung des Autohauses
nicht nur im Umfang der Bebauung, sondern insgesamt erloschen ist.

Bestand der Anlage mit ihr in Widerspruch steht. Es entspricht daher - soweit
ersichtlich - einhelliger Ansicht, dass die Grunddienstbarkeit nur dann insgesamt
erlischt, wenn die Ausübung der durch sie gewährten Berechtigung aufgrund der
Beeinträchtigung durch die Anlage gar nicht mehr möglich ist. Wird die Dienstbarkeit
durch die Anlage nur teilweise beeinträchtigt, dann erlischt sie nur hinsichtlich
des von der Beeinträchtigung betroffenen Teils und bleibt im Übrigen
bestehen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780
Rn. 12 aE; BayObLGZ 1959, 478, 489 f.; OLGR Hamburg 1998, 238, 239; OLG
Schleswig [11. Zivilsenat], SchlHAnz 2022, 179, 181; OLG Saarbrücken, NJOZ
2009, 4561, 4563; BeckOGK/Kazele, BGB [1.11.2022], § 1028 Rn. 41;
Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 1028 Rn. 3; jurisPK-BGB/Münch, 9. Aufl.,
§ 1028 Rn. 17; MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl., § 1028 Rn. 9; NK-BGB/Otto, 5. Aufl.,
§ 1028 Rn. 13; Staudinger/Weber, BGB [2017], § 1028 Rn. 5). Diese - von dem
Berufungsgericht auch nicht angezweifelte - Auffassung trifft zu.

(1) Für sie spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Da die Dienstbarkeit
nach § 1028 Abs. 1 Satz
wortlautgetreuer
Anwendung der Regelung nicht angenommen werden, dass die Dienstbarkeit
insgesamt erlischt, wenn die Ausübung jedenfalls teilweise noch möglich
ist.

(2) Sinn und Zweck der Regelung stützen dieses Ergebnis. Sie hat zum
Ziel, dass sich die Wirklichkeit nach einer gewissen Zeit gegen den Inhalt des
Grundbuchs durchsetzt, will also erreichen, dass eine Grunddienstbarkeit, die
ansonsten nur noch als leere Hülse bestünde, mit Wirkung gegenüber jedermann
erlischt (Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 20).
Dieses Ziel wird erreicht, indem die Grunddienstbarkeit erlischt, soweit ihre Ausübung
aufgrund der störenden Anlage, deren Beseitigung nicht mehr gefordert
werden kann, nicht mehr möglich ist. Nicht erforderlich ist hingegen ein Erlöschen
der Dienstbarkeit insoweit, als sie ihren Zweck nach wie vor erfüllen und dem
Berechtigten ungeachtet der störenden Anlage noch einen Vorteil (§ 1019 BGB)
bieten kann.

(3) So erlischt etwa eine Grunddienstbarkeit, die zum Begehen und Befahren
des dienenden Grundstücks berechtigt, wenn das Befahren des Grundstücks
mit PKW aufgrund einer Anlage, deren Beseitigung wegen Verjährung des
Anspruchs nach § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr verlangt werden kann,
nicht mehr möglich ist, nur in diesem Umfang, nicht aber hinsichtlich der Berechtigung
zum nach wie vor möglichen Begehen und zum Befahren mit Fahrrädern
(vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli 2014 - V ZR 151/13, NJW 2014, 3780 Rn. 12 a.E.;
zutreffend auch OLG Schleswig, SchlHAnz 2022, 179, 181; AG Saarbrücken,
Urteil vom 14. März 2013 - 128 C 258/12 [09], juris Rn. 19). Denn hinsichtlich
dieses sachlich abtrennbaren Teils der Berechtigung kann sie dem herrschenden
Grundstück nach wie vor einen Vorteil bieten.

bb) Dies gilt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch dann, wenn
die Grunddienstbarkeit ein Bauverbot zum Inhalt hat, gegen das durch die Errichtung
eines Gebäudes verstoßen wurde. Verjährt der Anspruch auf Beseitigung
des Gebäudes, erlischt die Dienstbarkeit grundsätzlich nur insoweit, als das
Unterlassen der Bebauung mit einem Gebäude entsprechenden Ausmaßes nicht
mehr verlangt werden kann.

(1) Der Wortlaut von § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB liefert keinen Anhaltspunkt
dafür, dass eine Grunddienstbarkeit, die ein Bauverbot zum Inhalt hat, stets insgesamt
erlischt, wenn auf dem belasteten Grundstück eine bauliche Anlage errichtet
wird. Soweit das Berufungsgericht meint, es gebe bei einem Bauverbot
keinen abgrenzbaren Teil der Grunddienstbarkeit, der durch eine Bebauung nicht
beeinträchtigt sei, trifft dies so nicht zu.

(a) Eine Grunddienstbarkeit ist die Belastung eines Grundstücks zugunsten
des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise, dass
dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf
dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder
dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum
an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt
(§ 1018 BGB). Eine Grunddienstbarkeit, die zu einer bestimmten Nutzung berechtigt,
kann folglich durch ein auf dem dienenden Grundstück errichtetes Gebäude
hinsichtlich ihres Inhalts beeinträchtigt werden (z.B. ist nur noch das Begehen,
nicht aber das Befahren eines Weges möglich) oder auch hinsichtlich ihres
Umfangs (z.B. ist das Parken nur noch auf einem Teil des Grundstücks bzw.
Ausübungsbereichs möglich). Und selbst in dem Fall, dass die bauliche Anlage
in Gänze mit der Grunddienstbarkeit nicht vereinbar ist, kann sie zu ihr nur teilweise
i.S.v. § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB in Widerspruch stehen, weil ein Grundstücksbereich
verbleibt, der weiter genutzt werden könnte, auf dem also die
Grunddienstbarkeit dem herrschenden Grundstück nach wie vor einen Vorteil
bietet. So stünde etwa bei einer Grunddienstbarkeit, die das Recht gewährt, auf
dem dienenden Grundstück beliebig hin- und herzugehen und darauf zu verweilen
(vgl. zur Zulässigkeit eines solchen Inhalts BGH, Urteil vom 17. Dezember
2021 - V ZR 44/21, NJW-RR 2022, 594 Rn. 8 ff.), ein auf dem dienenden
Grundstück errichtetes Gebäude mit der Dienstbarkeit zwar insgesamt nicht in
Einklang. Der Dienstbarkeitsberechtigte könnte daher die Beseitigung des gesamten
Gebäudes verlangen. Die Nutzungsmöglichkeit bestünde aber unabhän-
gig davon weiterhin auf dem nicht bebauten Grundstücksteil, und es ist nicht ersichtlich,
weshalb die Grunddienstbarkeit mit der Verjährung des auf das Gebäude
bezogenen Beseitigungsanspruchs auch insoweit erlöschen sollte.

(b) Für eine Grunddienstbarkeit, durch die dem Eigentümer des dienenden
Grundstücks verboten wird, sein Grundstück oder Teile davon zu bebauen, gilt
nichts anderes. Auch eine solche Dienstbarkeit kann einen abgrenzbaren Teil
haben, der durch eine Bebauung nicht beeinträchtigt wird und daher nach dem
Wortlaut von § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht erlischt.

(aa) Auch ein Bauverbot kann inhaltlich abgrenzbare Teile aufweisen. So
läge es etwa bei dem Verbot der Errichtung von Geräteschuppen, Pavillons, Grillplätzen
und Swimmingpools. Eine solche Grunddienstbarkeit erlischt, wenn der
Eigentümer des dienenden Grundstücks (nur) einen Pavillon errichtet, mit Verjährung
des Beseitigungsanspruchs nur insoweit. Die Errichtung von Geräteschuppen,
Grillplätzen und Swimmingpools bleibt hingegen verboten.

(bb) Handelt es sich - wie hier - um ein generelles Bauverbot, wird dieses
zwar durch die Errichtung einer baulichen Anlage inhaltlich stets im Ganzen beeinträchtigt,
weil das Verbot keinen abgrenzbaren Inhalt hat, gegen den durch
den Bau nicht verstoßen wird. Räumlich, d.h. dem Umfang des Verbots - der dem
Ausübungsbereich bei der Nutzungsdienstbarkeit entspricht - nach, kann aber
ein abgrenzbarer Teil des Bauverbots verbleiben, wenn das errichtete Gebäude
den von dem Bauverbot erfassten Bereich des Grundstücks nicht ausschöpft.
Denn zu dem Bereich, in dem die Grunddienstbarkeit nicht beeinträchtigt ist, steht
die Anlage nicht i.S.v. § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB im Widerspruch; auf ihn bezieht
sich das in der Norm angeordnete Erlöschen der Dienstbarkeit dem Wortlaut

(cc) Aber selbst wenn das gesamte Grundstück oder die gesamte, von der
Grunddienstbarkeit erfasste Grundstücksfläche bebaut wird, kann räumlich noch
ein nicht beeinträchtigter Bereich verbleiben, nämlich insoweit, als es um die
Höhe der Bebauung geht. Denn das Recht des Eigentümers eines Grundstücks
erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche (§ 905 Satz 1 BGB), so dass
ein generelles Bauverbot die Ausübung seines Eigentümerrechts auch in der
Höhe ausschließt.

(2) Auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sprechen nicht für
die von dem Berufungsgericht befürwortete Differenzierung. Das Ziel, eine
Grunddienstbarkeit, die ansonsten nur noch als leere Hülse bestünde, mit Wirkung
gegenüber jedermann erlöschen zu lassen (siehe oben Rn. 18), erfordert
es nicht, die ein Bauverbot sichernde Grunddienstbarkeit stets in Gänze erlöschen
zu lassen, wenn der Beseitigungsanspruch hinsichtlich eines dem Verbot
zuwider errichteten Gebäudes verjährt ist. Ihm wird ebenso entsprochen, wenn
gungsanspruch reichte, und im Übrigen bestehen bleibt. Denn in dem nicht bebauten
Bereich bleibt für das Bauverbot noch ein sinnvoller Anwendungsbereich,
weil insoweit künftig neue Beseitigungsansprüche entstehen können. Dies gilt
auch in der Höhe (vgl. schon Elvers, Die römische Servitutenlehre, 1856, S. 353,
778 zum römischen Recht).

Durch die in § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB angeordnete Begrenzung des Erlöschens
bleibt dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks die Möglichkeit,
eine entgegen dem Bauverbot errichtete Anlage, die ihn aus seiner Sicht nicht,
nur teilweise oder nur geringfügig beeinträchtigt, zu dulden, ohne Gefahr zu laufen,
dass die Grunddienstbarkeit hierdurch insgesamt erlischt. Die von dem Be-
rufungsgericht befürwortete Auslegung hätte hingegen zur Folge, dass der Berechtigte
seinen Beseitigungsanspruch auch gegen kleinste bauliche Anlagen
- notfalls auch gerichtlich - durchsetzen müsste, um sein Recht nicht insgesamt
zu verlieren.

(3) Gegen die Auslegung des Berufungsgerichts spricht zudem, dass die
in §
des Erlöschens der Grunddienstbarkeit bei Bauverboten nicht zur Anwendung
fend Berger, ZfIR 2022, 334, 335; krit. auch MüKoBGB/Mohr, 9. Aufl. § 1028
Rn. 9 Fn. 43).

(4) Soweit die Revision meint, das Bauverbot werde durch die teilweise
Löschung zu einer Baubeschränkung, darin liege eine Inhaltsänderung, die eine
Einigung der Eigentümer voraussetze und nicht durch eine stillschweigende Duldung
bewirkt werden könne, weil anderenfalls gegen das durch die Formstrenge
gesicherte sachenrechtliche Publizitätsprinzip verstoßen würde, überzeugt dies
nicht.

(a) Auf Änderungen des Inhalts des Rechts an einem Grundstück finden
materiell-rechtlich nach § 877 BGB die Vorschriften der §§ 873, 874, 876 BGB
Anwendung. Während für die Aufhebung des Rechts nach § 875 BGB die Erklärung
des Berechtigten ausreicht, erfordert die inhaltliche Änderung des Rechts,
die auch Rechte des Eigentümers des belasteten Grundstücks betreffen kann,
nach § 873 Abs. 1 BGB grundsätzlich die Einigung der Eigentümer. Dies gilt indes
nur für die rechtsgeschäftliche Änderung eines Rechts, inhaltliche Änderungen,
die von Gesetzes wegen eintreten, regelt § 877 BGB nicht (vgl. MüKoBGB/
Kohler, 8. Aufl., § 877 Rn. 3). Das teilweise Erlöschen der Grunddienstbarkeit
nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB beruht aber auf einer gesetzlichen Anordnung.
Es wird daher von § 877 BGB selbst dann nicht erfasst, wenn mit ihm im Einzelfall
eine inhaltliche Änderung des Rechts einhergeht.

(b) Hierin liegt auch kein Verstoß gegen das Publizitätsprinzip. Soweit die
Revision darauf verweist, dass nach der Rechtsprechung des Senats die längere
widerspruchslose Duldung einer bestimmten Ausübung auf Grund wirtschaftlicher
und technischer Veränderungen für sich genommen keine rechtsgeschäftliche
Änderung der Grunddienstbarkeit darstellt, sondern nur einen Anhaltspunkt
für die Auslegung ihres Inhalts und Umfangs bietet (Senat, Urteil vom 27. Januar
1960 - V ZR 148/58, NJW 1960, 673), folgt daraus nichts anderes. Denn die
inhaltliche Änderung der Grunddienstbarkeit beruht bei dem teilweisen Erlöschen
des Bauverbots nicht auf der bloßen Duldung der baulichen Anlage durch den
Eigentümer des herrschenden Grundstücks. Sie beruht vielmehr darauf, dass
aufgrund der mehr als 30 Jahre andauernden Duldung der Beseitigungsanspruch
hinsichtlich dieser Anlage verjährt und der Gesetzgeber sich mit der Regelung in
§ 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB dafür entschieden hat, in einem solchen Fall die
Grunddienstbarkeit, die ansonsten im Umfang des verjährten Anspruchs nur
noch als leere Hülle bestünde, mit Wirkung gegenüber jedermann erlöschen zu
lassen. Zwar wird mit dieser Rechtsfolge das Grundbuch unrichtig und kann ein
Erwerber, wie die Revision zutreffend ausführt, nicht mehr allein durch die Einsichtnahme
in das Grundbuch erkennen, mit welchem Inhalt und Umfang das
Bauverbot noch besteht. Dies ist aber unmittelbare Folge des Ziels der gesetzlichen
Regelung, die bewirken soll, dass sich die Wirklichkeit nach einer gewissen
Zeit gegen den Inhalt des Grundbuchs durchsetzt (hierzu oben Rn. 18). Durch
die Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs aus § 894 BGB - hier durch
die Klägerin - werden Wirklichkeit und Grundbuchinhalt wieder in Übereinstimmung
gebracht.

(c) Auch verfahrensrechtlich ist zwar für eine inhaltliche Änderung im Zweifel
die Bewilligung beider Seiten erforderlich, weil zumindest nicht ausgeschlossen
ist, dass beide Teile rechtliche Nachteile erleiden oder wenigstens erleiden
können. Nur wenn ausnahmsweise klar ersichtlich ist, dass nur ein Teil einen
Rechtsnachteil erleiden kann, ist nur dieser bewilligungsberechtigt und reicht
seine Bewilligung grundbuchrechtlich für die Vornahme der Eintragung aus (vgl.
KEHE/Munzig, Grundbuchrecht, 8. Aufl., GBO § 19 Rn. 50, 66 ff.). Das hat aber
lediglich zur Konsequenz, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks (hier
die Klägerin), der nach § 894 BGB von dem Eigentümer des herrschenden
Grundstücks (hier von den Beklagten) nur die Bewilligung einer teilweisen
Löschung der Grunddienstbarkeit in Form einer Inhaltsänderung (räumliche Einschränkung)
verlangen kann, zur Bewirkung der Änderung im Grundbuch unter
Umständen auch selbst eine entsprechende Erklärung in der Form des § 29 GBO
gegenüber dem Grundbuchamt abgeben muss.

e) Die streitgegenständliche Grunddienstbarkeit ist nach diesen Maßstäben
mit der Verjährung des Anspruchs auf Beseitigung des ehemals auf dem
dienenden Grundstück befindlichen Gebäudes (Autohaus) nicht vollständig erloschen.
Das Gebäude schöpfte zum einen nach dem von dem Landgericht zur
Konkretisierung des Tenors in Bezug genommenen Lageplan nicht das gesamte
Grundstück aus, so dass die Grunddienstbarkeit hinsichtlich der nicht bebauten
Grundstücksfläche bestehen blieb. Zum anderen bestand das Gebäude nur aus
zwei Geschossen mit einer Gesamthöhe von etwa sechs Metern. Daher blieb die
Grunddienstbarkeit auch insoweit bestehen, als eine Bebauung mit einem höheren
Gebäude verboten blieb und bleibt. Dass die Dienstbarkeit den Grundstücken
der Beklagten auch insoweit noch einen Vorteil bieten kann, zeigt sich vorliegend
an dem Umstand, dass die Klägerin beabsichtigt, ein Gebäude mit einer Gesamthöhe
von 18,5 Metern zu errichten. Dabei kommt es auf die von den Parteien im
vorliegenden Verfahren diskutierte Frage, welchen Zweck die Grunddienstbarkeit
bei ihrer Bestellung hatte, namentlich ob der Blick von den herrschenden Grundstücken
auf die Förde erhalten bleiben sollte, nicht an. Grundsätzlich ist davon
auszugehen, dass auch eine in der Höhe beschränkte Dienstbarkeit noch einen
Vorteil i.S.v. § 1019 BGB bietet, denn ein Grundstück wird durch höhere Gebäude
auf dem Nachbargrundstück regelmäßig stärker beeinträchtigt als durch flachere.
Ein Erlöschen der Grunddienstbarkeit nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB hinsichtlich
der Höhe - mit der Folge, dass die Grunddienstbarkeit im Umfang der bebauten
Grundstücksfläche vollständig erlischt - käme daher nur in Betracht, wenn die
Bebauung, hinsichtlich derer der Beseitigungsanspruch verjährt ist, so hoch ist,
dass ein verbleibendes Bauverbot dem herrschenden Grundstück keinen Vorteil
mehr böte. Das ist hier nicht der Fall, und zwar unabhängig davon, ob die Grunddienstbarkeit
auch oder sogar in erster Linie den Zweck hatte, den Fördeblick zu
sichern.

III.
1. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen
nicht zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563
Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung
der erstinstanzlichen Entscheidung, da der Klägerin über den dort zugesprochenen
Anspruch gegen die Beklagten auf teilweise Löschung der Grunddienstbarkeit
hinaus ein Anspruch auf vollständige Löschung des Rechts nicht
zusteht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

20.01.2023

Aktenzeichen:

V ZR 65/22

Rechtsgebiete:

Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

BGB §§ 894, 1028 Abs. 1 S. 2; WEG § 1 Abs. 2