Kammergericht 21. Dezember 2021
22 W 41/21
GmbHG § 40 Abs. 1; FamFG §§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 2 S. 2

Unzulässige Beschwerde bei Verpflichtung zur Rücknahme des Rechtsmittels

letzte Aktualisierung: 6.7.2022
KG, Beschl. v. 21.12.2021 – 22 W 41/21

GmbHG § 40 Abs. 1; FamFG §§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 2 S. 2
Unzulässige Beschwerde bei Verpflichtung zur Rücknahme des Rechtsmittels

Eine gegen die Ablehnung der Aufnahme einer GmbH-Gesellschafterliste gerichtete Beschwerde
der Gesellschaft ist als unzulässig zu verwerfen, wenn ihr durch eine einstweilige Verfügung
aufgegeben ist, den Antrag auf Aufnahme der Liste zurückzunehmen.

Gründe

I.
Die Beteiligte, eine GmbH, ist seit dem 11. April 1967 in Abteilung B des beim
Amtsgerichts Charlottenburg geführten Handelsregisters eingetragen. Die Beteiligte ist
alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite
Komplementärin der unter HRA 52454 in Abteilung A des Handelsregisters eingetragenen
M... Verwaltungs GmbH & Co. KG. Eingetragene Kommanditisten sind Herr Dr. EM mit
einer Einlage von 501.000 EUR und Frau VW mit einer Einlage von 1.000 EUR. Beide sind
zugleich als Geschäftsführer der Beteiligten eingetragen, Frau W ist allerdings lediglich zur
gemeinschaftlichen Vertretung mit einem anderen Geschäftsführer oder Prokuristen befugt,
während Herr Dr. M zur Alleinvertretung zunächst mit der Befreiung von § 181 BGB
befugt war, mit Eintragung vom 23. Mai 2020 insoweit nur noch mit der Befugnis
Rechtsgeschäfte als Vertreter Dritter abzuschließen. Die zuletzt zum Register
aufgenommene Gesellschafterliste vom 22. Juli 2016 weist die KG als Gesellschafterin der
gesamten Geschäftsanteile in Höhe von 4.500.000 EUR aus. Die Liste war durch den Notar
Dr. F aufgrund seiner Urkunde vom 22. Juli 2016 (UR-Nr. 761/2016) eingereicht worden,
in der der frühere Gesellschafter Dr. EM alle seine Anteile an der Beteiligten auf die KG
übertrug. Herr Dr. M ist am 9. September 2020 verstorben.

Am 2. Juni 2020 reichte ein Bote eine von dem weiteren Geschäftsführer Prof. Dr. AM,
dem Sohn des Herrn Dr. EM, unterzeichnete Gesellschafterliste ein, die wieder seinen Vater
als Alleingesellschafter aufführte. Die Liste enthält den Hinweis, dass mit dieser Liste auf
Antrag von Herrn Dr. EM und Bewilligung der Veränderung durch die KG die unrichtige
Liste vom 22. Juli 2016 berichtigt werde. Nachdem diese Liste auf Hinweis des
Amtsgerichts mit Datum vom 2. Juli 2020 um die Angabe der prozentualen Beteiligung des
jeweiligen Nennbetrages des Geschäftsanteils am Stammkapital ergänzt worden war, hat das
Amtsgericht mit einem Beschluss vom 19. August 2020 die Aufnahme der Liste abgelehnt
und den entsprechenden Antrag zurückgewiesen. Die Aufnahme der Liste sei abzulehnen,
weil sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Abtretung vom 22. Juli 2016
ergäben. Das Registergericht sei in Bezug auf Gesellschafterlisten zwar nur zu einer
formellen Prüfung befugt, hier sei jedoch davon auszugehen, dass der einreichende Notar
die Richtigkeit der durch die Liste vom 22. Juli 2016 wiedergegebenen Lage eingehend
geprüft habe.

Gegen diesen am 20. August 2020 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte am 10.
September 2020 Beschwerde eingelegt. Das Handelsregister sei zu der vorgenommenen
Prüfung nicht berechtigt. Notarlisten seien auch nicht vorrangig als richtig anzusehen. Im
Übrigen sei die Übertragung vom Juli 2016 aber auch unwirksam, weil die Urkunde des
Notars Dr. F keine im Namen der Beteiligten abgegebene Erklärungen enthält und Herr Dr.
EM und auch Frau VW als Kommanditisten zur Vertretung der KG nicht befugt gewesen
seien. Im Übrigen sei vorsorglich in einer Urkunde des Notars G (UR-Nr. Ge 83/2020) die
Unrichtigkeit der Übertragung bestätigt worden und vorsorglich eine Rückabtretung erfolgt.
Der Notar könne aber keine geänderte Gesellschafterliste einreichen, weil er tatsächlich von
einer Unwirksamkeit der Übertragung im Juli 2016 ausgehe, so dass er nicht an einer
Übertragung von Geschäftsanteilen mitgewirkt habe.

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit
einem Beschluss vom 19. Februar 2021 zur Entscheidung vorgelegt. In einem einstweiligen
Verfügungsverfahren ist der Beteiligten und ihrem Geschäftsführer durch ein Urteil des
Kammergerichts vom 26. April 2021 zum Az.: 12 U 5/21 aufgegeben worden, die beim
Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste, die nicht mehr die M Verwaltungs GmbH
& Co. KG als Alleingesellschafterin ausweist, zurückzunehmen.

II.
1. Die Beschwerde der Beteiligten ist unzulässig und aus diesem Grund entsprechend § 68
Abs. 2 Satz 2 FamFG zu verwerfen.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsmittel in einem
Zivilprozess als unzulässig zu verwerfen, wenn sich der Rechtsmittelführer privatrechtlich
zur Rücknahme des Rechtsmittels verpflichtet hat (BGH, Beschluss vom 18. Dezember
1963 – IV ZR 263/63 –, BGHZ 41, 3-6 Rn. 3; Urteil vom 14. November 1983 – IVb ZR
1/82 –, juris Rn. 8 mit Hinweis auf frühere Rspr.; Beschluss vom 22. Mai 2019 – VII ZR
180/18 –, juris Rn. 8). Diese Rechtsprechung wird im Schrifttum geteilt (vgl. etwa BeckOK
ZPO/Bacher, Stand: 1. September 2021, § 269 Rn. 3.3; Thomas/Putzo/Reichold, 40. Aufl.,
§ 269 Rn. 2; ZPO Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. § 269 Rn. 3). Dies wird daraus hergeleitet,
dass eine Weiterführung des Verfahrens arglistig ist und die Gegenseite eine entsprechende
Einwendung gelten machen kann (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 18. Dezember 1963 – IV
ZR 263/63 –, BGHZ 41, 3-6 Rn. 3; BeckOK ZPO/Bacher, Stand: 1. September 2021, §
269 Rn. 3.3).

b) Diese Grundsätze gelten auch hier, auch wenn das Einreichungsverfahren nach § 40 Abs.
1 GmbHG nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist, sich die Verpflichtung der Beteiligten
nicht unmittelbar auf die Rücknahme des vorliegenden Rechtsmittels bezieht und sich diese
überdies nicht aus einer privatrechtlichen Vereinbarung, sondern einer Verurteilung durch
ein Zivilgericht ergibt.

Nach der Rechtsprechung des BGH kommt die Berichtigung einer notariellen
Gesellschafterliste durch einen Geschäftsführer dann in Betracht, wenn der Geschäftsführer
entsprechend § 67 Abs. 5 AktG vor der Berichtigung die von der Berichtigung Betroffenen
informiert und ihnen Gelegenheit gegeben hat, sich gegen die beabsichtigte Berichtigung zu
wehren (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – II ZR 21/12 –, juris Rn. 34). Auch
wenn bisher nicht entschieden ist, ob das Registergericht die Durchführung dieses
Verfahrens vor der Aufnahme einer eingereichten Liste in den Registerordner prüfen darf
und ggfls. muss, wozu der Senat neigt, kommt die Aufnahme einer Liste jedenfalls dann
nicht in Betracht, wenn dem Registergericht bekannt ist, dass der Einreichende aufgrund
einer zivilprozessualen Verurteilung verpflichtet ist, die eingereichte, berichtigte
Gesellschafterliste bzw. den Antrag auf Aufnahme zurückzunehmen. So liegt der Fall aber
hier, weil die Beteiligte und auch ihr Geschäftsführer zur Rücknahme der berichtigten Liste
aufgrund des Urteils des 12. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. April 2021, Az.: 12 U
5/21, verpflichtet sind. Dann aber spricht die Verpflichtung zur Rücknahme auch gegen die
Zulässigkeit der Weiterführung des Rechtsmittels, mit dem die Aufnahme durchgesetzt
werden soll. Eine andere Sichtweise ergäbe mangels Rechtsschutzalternativen und wegen
der Auswirkungen einer aufgenommenen Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 1 Satz 1
GmbHG einen Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Dass die
Rücknahmeverpflichtung weiterbesteht, kann unterstellt werden. Die Beteiligte ist den
entsprechenden Hinweisen des Senats nicht entgegengetreten.

2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Verpflichtung der Beteiligten zur Tragung
der Kosten ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Kostenerstattungsanordnung kommt nicht in
Betracht. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht. Entgegenstehende
höchstrichterliche Rechtsprechung besteht nicht. Eine grundlegende Bedeutung der
zugrundeliegenden verfahrensrechtlichen Frage zur Wirkung der
Antragsrücknahmeverpflichtung ist nicht zu erkennen. Sie ist aus der feststehenden
Rechtsprechung des BGH abgeleitet worden. Die Beteiligte ist der Einschätzung des Senats
auch nicht entgegengetreten.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

Kammergericht

Erscheinungsdatum:

21.12.2021

Aktenzeichen:

22 W 41/21

Rechtsgebiete:

In-sich-Geschäft
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG § 40 Abs. 1; FamFG §§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 2 S. 2