Verwalterzustimmung; Kosten des Rechtsstreits
letzte Aktualisierung: 04.03.2020
BGH, Urt. v. 18.10.2019 – V ZR 188/18
WEG § 12 Abs. 1
Verwalterzustimmung; Kosten des Rechtsstreits
a) Der Verwalter, der verurteilt worden ist, einem Wohnungseigentümer die Zustimmung zur
Veräußerung seines Wohnungseigentums gemäß § 12 Abs. 1 WEG zu erteilen, muss die Kosten des
Rechtsstreits im Innenverhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern nicht selber tragen.
b) Der Verwalter darf die Kosten eines Verfahrens nach § 12 Abs. 1 WEG jedenfalls dann aus dem
Gemeinschaftsvermögen entnehmen, wenn der Verwaltervertrag ihn dazu ermächtigt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne von dem Beklagten die
Rückzahlung der aus dem Gemeinschaftsvermögen entnommenen Geldbeträge
in Höhe von insgesamt 13.617,91 € verlangen, weil die Entnahme zu Unrecht
erfolgt sei. Der Verwalter dürfe zwar die Kosten eines Rechtsstreits aus
dem Verwaltungsvermögen bezahlen, soweit es sich dabei um Kosten der Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von
handele. So liege es aber nur, wenn die Eigentümergemeinschaft selbst oder
sämtliche Wohnungseigentümer gemeinsam und gleichberechtigt an einem
Rechtsstreit mit Dritten beteiligt seien. Wie sich aus
seien dagegen Kosten eines Rechtsstreits gemäß
Vorschrift genannten Ausnahme abgesehen - keine Kosten der Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums. In diesen Fällen seien die Kosten grundsätzlich
von den Parteien selbst zu tragen. Das gelte erst Recht für Streitigkeiten zwischen
einzelnen Wohnungseigentümern und dem Verwalter, sofern dieser, wie
hier, persönlich in Anspruch genommen werde. Selbst wenn, wie der Beklagte
vorgetragen habe, die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung
den Antrag eines veräußernden Wohnungseigentümers auf Erteilung der Zustimmung
abgelehnt haben sollten, ändere dies an der grundsätzlichen Kostentragungspflicht
des Beklagten nichts. Darin liege keine Kostenübernahmeerklärung
der Gemeinschaft.
II.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem
Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Rückzahlungsanspruch
der Klägerin aus
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stellt die Entnahme der
Geldbeträge aus dem Gemeinschaftsvermögen nicht schon deswegen eine
Pflichtverletzung nach
keine Erstattung der Verfahrenskosten verlangen könnte.
a) Nach § 12 Abs. 1 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart
werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums
der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines
Dritten bedarf. Ist - wie hier - der Verwalter zustimmungsberechtigte Person,
wird er bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung in aller
Regel als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der Wohnungseigentümer
tätig (Senat, Urteil vom 20. Juli 2012 - V ZR 241/11,
Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 166/10,
vom 26. September 1990 - IV ZR 226/89,
sich regelmäßig auch dann nichts, wenn die Wohnungseigentümer nach der
Teilungserklärung ausnahmsweise nicht die Entscheidung über die Zustimmung
an sich ziehen und selbst treffen können (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13. Mai
2011 - V ZR 166/10,
Verwalter im Interesse der übrigen Wohnungseigentümer tätig.
b) Der Verwalter, der verurteilt worden ist, einem Wohnungseigentümer
die Zustimmung zur Veräußerung seines Wohnungseigentums gemäß § 12
Abs. 1 WEG zu erteilen, muss die Kosten des Rechtsstreits im Innenverhältnis
zu den übrigen Wohnungseigentümern nicht selber tragen. Er hat, weil er für
und im Interesse der übrigen Wohnungseigentümer tätig geworden ist, einen
Ersatzanspruch jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsbesorgung
(§ 675 Abs. 1,
c) Anders als das Berufungsgericht meint, schließt
Ersatzanspruch nicht aus. Zweck der Vorschrift ist es, den Vorrang der gerichtlichen
Kostenentscheidung zu sichern. Sie soll verhindern, dass Binnenstreitigkeiten
zwischen den Wohnungseigentümern untereinander auf Kosten aller
Wohnungseigentümer ohne Rücksicht auf die jeweilige Parteistellung und die
gerichtliche Kostenentscheidung ausgetragen werden (vgl. Senat, Urteil vom 4.
April 2014 - V ZR 168/13,
Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06,
Regelung schließt nicht aus, dass der Verwalter, der - wie hier - für die Wohnungseigentümer
tätig wird, einen Anspruch auf Ersatz seiner in einer Streitigkeit
nach § 43 Nr. 3 WEG entstandenen Aufwendungen aus Geschäftsbesorgung
hat (§ 675 Abs. 1,
zwischen veräußernden und verbleibenden Wohnungseigentümern der veräußernde
Wohnungseigentümer nicht entgegen der Entscheidung des Gerichts
mit Kosten belastet werden darf.
d) Der Beklagte durfte die Verfahrenskosten dem Gemeinschaftsvermögen
entnehmen. Der Verwalter darf die Kosten eines Verfahrens nach § 12 Abs.
1 WEG jedenfalls dann aus dem Gemeinschaftsvermögen entnehmen, wenn
der Verwaltervertrag ihn dazu ermächtigt. Eine solche Ermächtigung ist in Nr.
2.4h) des Verwaltervertrags vom 1. Juli 1997 enthalten und wird auch von der
Klägerin nicht in Frage gestellt.
2. Die Entnahme der Verfahrenskosten aus dem Gemeinschaftsvermögen
war entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb im Sinne des
§ 280 Abs. 1 BGB pflichtwidrig, weil der Beklagte die gegen ihn geführten Prozesse
verloren hat. Der Umstand, dass er zur Erteilung der Zustimmung gemäß
§ 12 Abs. 1 WEG verurteilt worden ist, bedeutet nicht ohne weiteres, dass er
bei deren Verweigerung pflichtwidrig gehandelt hat. Dies schließt nämlich nicht
aus, dass der Verwalter aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht im Zeitpunkt seiner
Entscheidung nach sorgfältiger Prüfung der Umstände zu der Auffassung
gelangen durfte, dass ein wichtiger Grund zur Versagung der Zustimmung nach
das Prozessgericht ist dem Verwalter nicht zuzuweisen, weil er nicht im eigenen,
sondern im Interesse der anderen Wohnungseigentümer tätig wird und
zudem einen Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung hat, ob ein wichtiger
Grund im Sinne von
III.
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist gemäß
§ 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat
nicht möglich; vielmehr bedarf es weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht
(
1. Auf der Grundlage des von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit der Gegenrüge aufgezeigten
Vorbringens der Klägerin kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Gemeinschaft
aus anderen Gründen ein auf Rückzahlung der entnommenen Verfahrenskosten
gerichteter Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zusteht.
Die Klage ist nämlich auch darauf gestützt, dass der Beklagte die Zustimmung
zur Veräußerung gemäß
hat.
a) Nach
des Wohnungseigentums nur aus einem wichtigen Grund versagt werden.
Durch das Erfordernis der Zustimmung sollen sich die übrigen Wohnungseigentümer
dagegen schützen können, dass Wohnungseigentum in die Hand eines
persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers gerät (Senat, Beschluss
vom 11. Oktober 2012 - V ZB 2/12,
erteilt der Verwalter die Zustimmung schuldhaft pflichtwidrig, kann er ggf. für
einen entstehenden Schaden ersatzpflichtig sein (§ 280 Abs. 1, §§ 249 ff. BGB;
vgl. dazu BayObLG,
OLG Düsseldorf,
Staudinger/Kreuzer, BGB [2018],
b) An das Vorliegen einer schuldhaft pflichtwidrigen Zustimmungsversagung
sind aber hohe Anforderungen zu stellen (so auch Gottschalg, Die Haftung
von Verwalter und Beirat, 3. Aufl., Rn. 252). Nicht ausreichend ist, dass die
Beurteilung der Sache zweifelhaft ist und sowohl für die Erteilung als auch für
die Versagung der Zustimmung gute Gründe sprechen. Die Einschätzung des
Verwalters über das Vorliegen eines wichtigen Grundes unterliegt einem Beurteilungsspielraum
(vgl. Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94,
Wohnungseigentums; Staudinger/Kreuzer, BGB [2018],
Gottschalg, aaO). Die Grenzen des Beurteilungsspielraums sind erst überschritten,
wenn die Entscheidung des Verwalters offensichtlich unvertretbar und nicht
nachvollziehbar ist. Dem Verwalter, der seine Bewertung, die rechtlichen Voraussetzungen
der Zustimmung seien nicht erfüllt, mit Sorgfalt gebildet hat,
kann nicht angelastet werden, wenn er sich gleichwohl irrt und aus diesem
Grund die Zustimmung verweigert. Weil er bei der Entscheidung über die Zustimmung
die Interessen der anderen Wohnungseigentümer wahrnimmt, kann
er bei zweifelhafter Rechtslage einer Verletzung seiner Pflicht nämlich nicht
dadurch vorbeugen, dass er die Zustimmung erteilt. Denn ebenso wie er bei
Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes die Zustimmung zu erteilen hat, hat er
sie, wenn ein solcher wichtiger Grund doch vorhanden ist, zu versagen. Einem
solchen, nicht lösbaren Pflichtenwiderstreit ist der Verwalter nicht auszusetzen
(vgl. Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94,
354 f.).
c) Der Verwalter ist grundsätzlich auch nicht verpflichtet, eine Weisung
der Wohnungseigentümer darüber einzuholen, ob er die Zustimmung nach § 12
WEG erteilen oder versagen soll. Er ist dazu aber jedenfalls in Zweifelsfällen
befugt (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94, BGHZ 131,
346, 353). Er hat sie dann umfassend über den Sachverhalt sowie die tatsächlichen
und rechtlichen Zweifelsfragen aufzuklären. Die übrigen Wohnungseigentümer
müssen in der Lage sein, das Risiko, das sie mit der Zustimmung zu der
Veräußerung des Wohnungseigentums oder mit deren Versagung eingehen,
zutreffend abzuschätzen. Unterlässt der Verwalter schuldhaft eine solche Aufklärung,
so kann er schadensersatzpflichtig sein, weil er den Wohnungseigentümern
keine ordnungsgemäße Grundlage für die zu treffende Entscheidung
verschafft hat (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94,
2. Wie es sich hier verhält, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Mit
der Frage, ob der Beklagte die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums
gemäß
unter diesem Gesichtspunkt nach § 280 Abs. 1 BGB die Rückzahlung der entnommenen
Verfahrenskosten verlangen kann, hat es sich nicht befasst.
IV.
Infolgedessen ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht
die Frage, ob die Versagung der Zustimmung durch den Beklagten
schuldhaft pflichtwidrig war, eigenständig zu prüfen hat. Es ist dabei nicht an die
Beurteilung durch die rechtskräftigen Urteile in den Zustimmungsverfahren gebunden.
Zum einen erwachsen die Gründe eines Urteils nicht in Rechtskraft.
Zum anderen gilt für die Frage, ob der Beklagte die Zustimmung zur Veräußerung
des Wohnungseigentums gemäß
sagt hat, im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des Verwalters bei der Einschätzung
über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 12 Abs.
2 Satz 1 WEG ein anderer Maßstab (vgl. Rn. 14). Dabei wird auch dem Vortrag
des Beklagten nachzugehen sein, die Wohnungseigentümer hätten in der Eigentümerversammlung
vom 13. Oktober 2014 den Antrag der veräußernden
Wohnungseigentümer auf Erteilung der Zustimmung zur Veräußerung des
Wohnungseigentums abgelehnt.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:18.10.2019
Aktenzeichen:V ZR 188/18
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
NJW-RR 2020, 393-395
Normen in Titel:WEG § 12 Abs. 1