OLG Stuttgart 07. Juli 2020
8 W 188/20
GmbHG § 2 Abs. 1a S. 3

Folge der Änderung eines Musterprotokolls entgegen § 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG

letzte Aktualisierung: 9.6.2021
OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.7.2020 – 8 W 188/20

GmbHG § 2 Abs. 1a S. 3
Folge der Änderung des Musterprotokolls entgegen § 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG

Voraussetzung für eine Gründung im vereinfachten Verfahren nach § 2 Abs. 1a GmbHG ist die
Verwendung des Musterprotokolls ohne inhaltliche Änderungen. Der Text des Musterprotokolls
darf nicht umformuliert werden und es dürfen keine anderen als die im Musterprotokoll
vorgesehenen oder das Beurkundungsverfahren betreffenden Ergänzungen vorgenommen werden.
Auch eine Änderung, die sich in der Sache nicht auswirkt, lässt die Privilegierung gem. § 2 Abs. 1a GmbHG entfallen.

(Leitsatz der DNotI-Redaktion)

Gründe:

I.
Am … .2020 wurde die Gründung der … GmbH zur Eintragung in das Handelsregister
angemeldet. Einzige Gesellschafterin ist die Antragstellerin, die auch zur alleinigen
Geschäftsführerin bestellt wurde. Die Gesellschaft soll im vereinfachten Verfahren nach § 2 Abs.
1a GmbHG gegründet werden. Die als Musterprotokoll bezeichnete notariell beurkundete
Gründung enthält u. a. folgende Regelungen:

„1. Die Erschienene errichtet hiermit nach § 2 Abs. 1a GmbHG eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung unter der Firma … GmbH mit dem Sitz in … .
...
3. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000 € (i.W. fünfundzwanzigtausend Euro)
und wird vollständig von Frau … … (Geschäftsanteil Nr. 1) übernommen. ...
...
5. Die Gesellschaft trägt die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem
Gesamtbetrag von 300 €. Darüber hinausgehende Kosten trägt der Gesellschafter.“

Mit Zwischenverfügung vom 14.05.2020 beanstandete das Amtsgericht Ulm als zuständiges
Registergericht, dass Ziffer 5 der Gründungsurkunde nicht dem Musterprotokoll entspreche, da
dessen Bestandteil „höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals“ gestrichen wurde.
Wegen der unzulässigen Abweichung vom Musterprotokoll liege nunmehr eine „normale“
Gründung vor, weshalb Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages zu ändern sei und zudem eine
Gesellschafterliste eingereicht werden müsse.

Gegen diese der Antragstellerin am 20.05.2020 zugestellte Entscheidung hat der Notar mit
Schriftsatz vom 14.05.2020 namens der Verfahrensbeteiligten Beschwerde eingelegt. Er ist der
Auffassung, der gestrichene Bestandteil des Musterprotokolls sei vorliegend sinnlos, da das
Stammkapital höher sei als 300 €. Unter dieser Voraussetzung sei der Zusatz sogar irreführend.
Mit Beschluss vom 22.05.2020 hat das Registergericht der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.
Die gemäß §§ 382 Abs. 4, 374 Nr. 1, 58 ff FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen
Erfolg. Entgegen der Beschwerdebegründung sind die Regeln des vereinfachten Verfahrens
gemäß § 2 Abs. 1a GmbHG vorliegend nicht anwendbar.

Voraussetzung für die Gründung einer Einpersonengesellschaft im vereinfachten Verfahren nach
§ 2 Abs. 1a GmbHG ist die Verwendung des in der Anlage zu der Vorschrift bestimmten
Musterprotokolls (§ 2 Abs. 1a Satz 2 GmbHG). Dabei dürfen nach § 2 Abs. 1a Satz 3 „keine vom
Gesetz abweichenden Bestimmungen“ getroffen werden. Gemeint ist damit, dass Abweichungen
oder Ergänzungen grundsätzlich nur zulässig sind, wenn dies im Musterprotokoll ausdrücklich
vorgesehen ist (BT-Drucksache 16/6140 S. 27; Wicke in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, 2020,
11. Aufl. 2014, 2015, § 2 GmbHG, Rn. 140). Keine unzulässigen Änderungen des
Musterprotokolls stellen nach der Rechtsprechung völlig unbedeutende Abwandlungen bei
Zeichensetzung, Satzstellung und Wortwahl dar, die keinerlei Auswirkungen auf den Inhalt haben
(OLG München, Beschluss vom 28. September 2010 – 31 Wx 173/10; OLG Düsseldorf, Beschluss
vom 12. Juli 2011 – I-3 Wx 75/11; Wicke in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, 2020, 11. Aufl. 2014,
2015, § 2 GmbHG, Rn. 140; BeckOK GmbHG/C. Jaeger, 44. Ed. 1.5.2020, GmbHG § 2 Rn. 74a;
Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 2 GmbHG, Rn. 52).
Ebensowenig liegen abweichende Bestimmungen im Sinne des § 2 Abs. 1a Satz 3 vor, soweit
es sich um beurkundungsrechtlich gebotene Zusätze handelt (OLG Düsseldorf a.a.O.), wenn der
Urkundeneingang aus Zweckmäßigkeitsgründen anders formuliert (OLG München a.a.O.) oder
die Notarurkunde mit einer Überschrift versehen wird (Wicke in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018,
2020, 11. Aufl. 2014, 2015, § 2 GmbHG, Rn. 140). Nicht vereinbar mit dem vereinfachten
Verfahren ist es hingegen, den Text des Musterprotokolls umzuformulieren oder andere als die
im Musterprotokoll vorgesehenen oder das Beurkundungsverfahren betreffende Ergänzungen
vorzunehmen, wenn diese Auswirkungen auf den Inhalt haben (MüKoGmbHG/Heinze, 3. Aufl.
2018, GmbHG § 2 Rn. 232c; Wicke in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, 2020, 11. Aufl. 2014,
2015, § 2 GmbHG, Rn. 140). Wird das Musterprotokoll entgegen § 2 Abs. 1a Satz 3 GmbHG
abgeändert oder ergänzt, so liegt eine „normale GmbH-Gründung“ vor, für die die Erleichterungen
im Sinne des § 2 Abs. 1a GmbHG nicht gelten, sondern die allgemeinen Regelungen für die
Gründung einer GmbH Anwendung finden (OLG München, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 31 Wx
19/10; OLG Düsseldorf a.a.O.).

Vorliegend enthält die Gründungsurkunde vom 04.05.2020 nicht nur unbedeutende
Abwandlungen in der Wortwahl, sondern sie ändert das Musterprotokoll auch inhaltlich dadurch,
dass die von der Gesellschaft zu tragenden, mit der Gründung übernommenen Kosten nicht mehr
- wie im Musterprotokoll vorgesehen - in Höhe des Stammkapitals gedeckelt werden. Auch wenn
sich diese inhaltliche Änderung vorliegend nicht auswirkt, da das Stammkapital 25.000 € beträgt,
hat die inhaltliche Abweichung dennoch zur Folge, dass nicht von einer im Sinne von § 2 Abs. 1a
privilegierten GmbH-Gründung auszugehen ist. Dem Gesetzeszweck, die Gründung einer GmbH
in unkomplizierten Standardfällen zu erleichtern (BT-Drucksache 16/9737 S. 54, 16/6140 S. 27),
wird nur dann Rechnung getragen, wenn das vorgesehene Musterprotokoll ohne inhaltliche
Änderungen übernommen wird, um dadurch schon die Prüfung, ob sich die vorgenommene
Änderung im konkreten Fall auswirkt, im Beschleunigungsinteresse zu vermeiden. Wenn
inhaltliche Änderungen des Musterprotokolls sich nicht auswirken, besteht auch kein Bedarf, sie
überhaupt vorzunehmen.

Die Zwischenverfügung ist daher zu Recht ergangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, auf die Gerichtsgebühr gemäß GNotKG KV Nr.
19112 wird hingewiesen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) liegen nicht vor.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Stuttgart

Erscheinungsdatum:

07.07.2020

Aktenzeichen:

8 W 188/20

Rechtsgebiete:

GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

GmbHG § 2 Abs. 1a S. 3