OLG München 18. April 2012
34 Wx 35/12
BGB §§ 883, 1090, 1092; GBO § 18

Photovoltaikdienstbarkeit; Erfordernis mehrerer Vormerkungen

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 34wx35_12
letzte Aktualisierung: 19.6.2012
OLG München, 18.4.2012 - 34 Wx 35/12
BGB §§ 883, 1090, 1092; GBO § 18
Photovoltaikdienstbarkeit; Erfordernis mehrerer Vormerkungen
1. Mit Zwischenverfügung kann nicht aufgegeben werden, wegen mehrerer Ansprüche eine
weitere Vormerkung zu bewilligen.
2. Die Verpflichtung des Bestellers einer Eigentümerdienstbarkeit zum Betrieb einer
Photovoltaikanlage gegenüber einem Berechtigten, mit unmittelbarer Drittwirkung für den
Fall, dass dieser einen Dritten benenne, der den Betrieb einer Photovoltaikanlage übernehmen
solle, dem jeweiligen Übernehmer das gleiche Recht einzuräumen und die gleiche
Dienstbarkeit zu bestellen, kann dann nicht durch eine (einzige) Vormerkung gesichert
werden, wenn Dritter auch der Versprechensempfänger selbst sein soll.


Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Augsburg
Gründe
I.
Zu notarieller Urkunde vom 27.7.2011 (Abschnitt II) bestellte der Beteiligte zu 1 als
Eigentümer an seinem Grundstück zu seinen Gunsten eine beschränkte persönliche
Dienstbarkeit in Form eines Errichtungs-, Betriebs- und Nutzungsrechts für die auf dem
Grundstück bzw. auf dem Dach des auf dem Grundstück gelegenen Gebäudes installierten
bzw. zu installierenden Photovoltaikanlage einschließlich aller Nebeneinrichtungen. Hierzu
ist festgehalten, dass der Berechtigte beabsichtige, auf dem Grundstück eine
Photovoltaikanlage zu betreiben. Die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz garantierte
Einspeisevergütung bleibe nur so lange erhalten, wie die Anlage auf dem vorgenannten
Objekt betrieben werde. Die Einspeisevergütung solle zum Zweck der Kreditsicherung
eingesetzt werden, weshalb das besondere Bedürfnis bestehe, den dauerhaft ungehinderten
Betrieb der Anlage insbesondere für den Fall der Zwangsversteigerung und damit die
Einspeisevergütung als solche sicherzustellen.
Gemäß Abschnitt III der Urkunde verpflichtete sich der Beteiligte zu 1, gegenüber der
Beteiligten zu 2, einer Sparkasse, mit unmittelbarer Drittwirkung für den Fall, dass diese
einen Dritten benenne, der den Betrieb der Photovoltaikanlage übernehmen solle, dem
jeweiligen Übernehmer das gleiche Recht einzuräumen und die gleiche Dienstbarkeit zu
bestellen, wie in Abschnitt II bewilligt. Dritter in diesem Sinne könne auch die Sparkasse
selbst sein. Diese Verpflichtung gelte für eine beliebige Anzahl von Betreiberwechseln.
Neben dem Dritten sei auch die Sparkasse als Versprechensempfängerin berechtigt, die
Leistung an den Dritten zu fordern. Die Ansprüche seien vererblich und an die genannten
Dritten veräußerlich.
Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
hat der Beteiligte zu 1 zugunsten der Beteiligten zu 2 die Eintragung einer Vormerkung auf
Bestellung der Dienstbarkeit vorstehenden Inhalts im gleichen Rang wie die für den
Eigentümer bestellte Dienstbarkeit bewilligt und beantragt.
Auf den die Vormerkung betreffenden Eintragungsantrag hat das Grundbuchamt mit
Zwischenverfügung vom 13.10.2011 unter Fristsetzung folgendes Hindernis aufgezeigt:
Die Eintragung der beantragten Vormerkung sei mit dem vereinbarten Inhalt nicht möglich.
Es seien zwei Vormerkungen, nämlich für die Sparkasse selbst und für die Sparkasse, die
einen Dritten benenne, zu bewilligen und zu beantragen. Nach der höchstrichterlichen
bewilligt werden, dass ein Berechtigter Dritte - auch mehrere aufeinanderfolgende - als
Begünstigte benenne. Jedoch müssten der ursprüngliche Gläubiger und derjenige, für den die
Dienstbarkeit bestellt werden solle, von vorneherein verschiedene Personen sein. Das
Kreditinstitut könne sich nicht selbst als Begünstigten bestimmen; dies sei in einer (einzigen)
Vormerkung nicht sicherbar.
Der Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 19.1. 2012
nicht abgeholfen.
II.
Das nach § 71 Abs. 1, § 73 sowie § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO zulässige Rechtsmittel hat vorläufigen - Erfolg.
1. Die auf der Grundlage von § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung ist unabhängig
davon aufzuheben, ob die Rechtsansicht des Grundbuchamts, der beabsichtigte Zweck sei
nicht mit einer Vormerkung allein erreichbar, in der Sache zutrifft. Denn folgt man dieser
Ansicht, liegt kein behebbares Eintragungshindernis vor, so dass der Antrag sofort
zurückzuweisen wäre (BayObLG Rpfleger 1986, 176; vgl. Demharter GBO 28. Aufl. § 18
Rn. 12 und 32; st. Rspr. des Senats, z. B. Beschluss vom 18.10.2011, 34 Wx 341/11).
Erforderlich wäre nämlich die Bewilligung einer zusätzlichen Vormerkung für den Anspruch
der Sparkasse, selbst Berechtigte der Dienstbarkeit zu werden. Inhalt einer
Zwischenverfügung kann es jedoch nicht sein, auf den Abschluss eines anderen (oder gar
eines zusätzlichen) als des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts hinzuwirken. Die mit der
Zwischenverfügung bewirkte Rangwahrung findet in einem derartigen Fall nicht statt (etwa
BayObLGZ 1983, 181/183).
2. In der Sache ist indessen - insoweit unverbindlich - anzumerken, dass der Rechtsansicht des
Grundbuchamts beizutreten ist.
a) Bei Energiegewinnungsanlagen, zu denen Photovoltaikanlagen gehören, besteht oftmals ein
praktisches Bedürfnis, auch mehrere Rechtsnachfolger hintereinander abzusichern.
Herrschender Meinung zufolge kann sich der Grundstückseigentümer demnach
schuldrechtlich gegenüber seinem Vertragspartner verpflichten, mehreren
Sonderrechtsnachfolgern hintereinander jeweils eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit
nach § 1090 Abs. 1 BGB zu bestellen (Keller ZfIR 2011, 705/707; ders. DNotZ 2011, 99/110;
Böttcher NJW 2012, 822/825 f.). Eine derartige Verpflichtung gegenüber dem
Versprechensempfänger lässt sich nach überwiegender Ansicht durch eine (einzige)
Vormerkung (§ 883 Abs. 1 BGB) im Grundbuch absichern (BGHZ 28, 99/103; OLG
München - 27. Zivilsenat - MittBayNot 2011, 231; BayObLG NJW-RR 2002, 885; a. A.
Reymann DNotZ 2010, 84/104), weil es sich angesichts der Kontinuität des Anspruchsinhalts
um einen Daueranspruch des Versprechensempfängers handelt und der einheitliche Anspruch
auf mehrere Leistungen an unterschiedliche Leistungsempfänger gerichtet ist. Der
erst dann, wenn nach den zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen keine
weiteren Benennungen mehr möglich sind (vgl. Böttcher aaO.; auch Keller ZfIR 2011,
705/708; ders. DNotZ 2011, 99/110).
b) Mit dem Grundbuchamt ist davon auszugehen, dass der Anspruch der Sparkasse, selbst
Berechtigte der Dienstbarkeit zu werden, nicht durch dieselbe, den Anspruch als
Versprechensempfängerin zugunsten mehrerer (dritter) Rechtsnachfolger sichernde
Vormerkung abgesichert werden kann. Denn der Anspruch der Sparkasse, die Bestellung
eines solchen Rechts für eine andere Person zu verlangen, mithin der Anspruch aus einem mit
dieser abgeschlossenen Vertrag zugunsten Dritter (siehe auch Zeiser Rpfleger 2009, 285/286),
ist nicht inhaltsgleich mit einem eigenen Anspruch der Beteiligten zu 2 gegen den Besteller,
selbst Berechtigte der Dienstbarkeit zu werden. Dieser Anspruch ist kein Anspruch zugunsten
Dritter, sondern beruht auf einm unmittelbaren Recht der Beteiligten zu 2, ihr selbst und
unmittelbar - gegebenenfalls bedingt (§ 158 BGB) - das Recht als solches einzuräumen.
Mehrere Ansprüche sind indessen nur durch mehrere Vormerkungen sicherbar (vgl.
BayObLG Rpfleger 2002, 135; BayObLG NJW-RR 2003, 450; Demharter Anh. zu § 44
Rn. 108; Giehl MittbayNot 2002, 158). Dass es sich um unterschiedliche Ansprüche handelt,
macht auch die Überlegung deutlich, dass derjenige auf Bestellung einer beschränkten
persönlichen Dienstbarkeit für eine bestimmte Person - anders als der Anspruch des
Versprechensempfängers gemäß a) - nach der zwingenden (vgl. BayObLGZ 1980, 176/178)
Regelung in § 1092 Abs. 1 BGB nicht übertragbar ist. Die Ausnahmen in Abs. 3 sind hier
nicht einschlägig. Die Unübertragbarkeit gilt auch für den Anspruch auf Bestellung, wie aus
§ 1092 Abs. 3 Satz 3 BGB zu folgern ist, sich aber auch aus § 399 1. Alt. BGB ableiten lässt
(Staudinger/ Jörg Maier BGB Bearb. 2008 § 1092 Rn. 4; Zeiser Rpfleger 2009, 285/286;
ferner BGHZ 28, 99/102; BGH NJW 2010, 1074/1076 f.). Einer anderweitigen
schuldrechtlichen Vereinbarung steht die eingeschränkte Gestaltungsfreiheit im Sachenrecht
entgegen (BayObLG aaO.). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Dienstbarkeit
hier nicht - wie sonst üblich - auf das persönliche Bedürfnis der Berechtigten zugeschnitten
ist, was üblicherweise ihre Bindung an eine bestimmte Person erklärt (vgl. BGH NJW 2010,
1074/1076), die Sparkasse vielmehr nur wie eine dritte Person in der "Kette" möglicher
Rechtsinhaber stehen soll.
3. Einer Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

18.04.2012

Aktenzeichen:

34 Wx 35/12

Rechtsgebiete:

Vormerkung
Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Grundbuchrecht

Erschienen in:

MittBayNot 2012, 466-467
RNotZ 2012, 389-391
FGPrax 2012, 193-194

Normen in Titel:

BGB §§ 883, 1090, 1092; GBO § 18