Kein Aufgebotsverfahren möglich, wenn Grundpfandrechtsgläubiger nur unbekannten Aufenthalts ist, der Person nach aber bekannt ist
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Dokumentnummer: 10411
letzte Aktualisierung: 25.05.2004
BGH, 03.03.2004 - IV ZB 38/03
Kein Aufgebotsverfahren möglich, wenn Grundpfandrechtsgläubiger nur unbekannten Aufenthalts ist, der Person nach aber bekannt ist
Der Ausschluß unbekannter Gläubiger nach
den Fall beschränkt, daß der Gläubiger von Person unbekannt ist. Ein unbekannter Aufenthalt genügt für sich genommen nicht.
Gründe:
I. Der Beschwerdeführer hat als Eigentümer eines belasteten Grundstücks die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Aus-schluß unbekannter Berechtigter sowie den
Erlaß eines Ausschlußurteils gemäß
zwar im Hinblick auf eine Grundschuld ohne Brief über 150.000 DM, die am 30. Oktober 1980 zugunsten der damals mit dem Beschwerdeführer verheira-teten, offenbar aus
Thailand stammenden Frau B. K. ins Grundbuch eingetragen worden ist. Der
Beschwerdeführer hat in der Urkunde über die Grundschuldbestellung zugleich ein abstraktes Schuldversprechen in Höhe des Grundschuldbetrages und aller Nebenleistungen
abgegeben und sich sowohl wegen der dinglichen als auch der persönlichen Haftung der
sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Nach den der Grundschuldbestellung beigefügten weiteren Bedingungen sollte die Grundschuld alle Ansprüche der Gläubigerin
aus der Geschäftsbeziehung gegen den Beschwerdeführer, insbesondere aus Darlehensund Kreditgewährung, sichern.
Der Beschwerdeführer trägt vor, er habe die Grundschuldsumme am 12. März 1981 an
seine damalige Ehefrau zurückgezahlt. Hierüber legt er am gleichen Tage in Bangkok
errichtete, privatschriftliche Urkunden vor, nämlich eine Quittung, eine Abtretung der
Grundschuld an den Beschwerdeführer sowie eine Löschungsbewilligung, die handschriftlich mit dem Namen seiner Frau unterschrieben sind. Ferner trägt der Beschwerdeführer vor, er sei am 20. Oktober 2001 in Thailand geschieden worden. Der Aufenthalt seiner früheren Ehefrau sei in Thailand nicht zu ermitteln. Sie könne daher nicht zur
Abgabe einer Löschungsbewilligung in der für das Grundbuch erforderlichen notariellen Form aufgefordert werden. Diese Angaben hat der Beschwerdeführer an Eides Statt
versichert.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens abgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde wird der Antrag weiterverfolgt.
II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht verweist auf den Wortlaut des hier gemäß
mit seinem Recht ausgeschlossen werden kann, wenn er "unbekannt" ist, seit der letzten, sich auf das Grundpfandrecht beziehenden Eintragung zehn Jahre verstrichen sind
und das Recht innerhalb dieser Frist nicht vom Eigentümer in einer die Verjährung unterbrechenden Weise anerkannt worden ist. Ob die Vorschrift auch auf Fälle angewandt
werden kann, in denen der Gläubiger nicht unbekannt, aber unbekannten Aufenthalts ist,
sei streitig. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts besteht jedenfalls dann keine
Notwendigkeit,
wenn die angestrebte Löschung des Grundpfandrechts in der Weise möglich sei, daß der
Eigentümer eine Klage auf Grundbuchberichtigung erhebe und die öffentliche Zustellung (
2. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Gegenauffassung kann nicht überzeugen, wonach für
1994, 310 f.; LG Aachen
982 ff. Rdn. 2; MünchKomm/Eickmann, BGB 4. Aufl. § 1170 Rdn. 6; Staudinger/Wolfsteiner, BGB 2002 § 1170 Rdn. 8 f.; RGRK/Thumm, BGB 12. Aufl. § 1170
Rdn. 3; Bamberger/Roth/Rohe, BGB § 1170 Rdn. 4; § 1192 Rdn. 158; Wieczorek/Schütze/Weber, ZPO 3. Aufl. § 982 Rdn. 15; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO 22. Aufl.
§ 985 Rdn. 2; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 982 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 985 Rdn. 1).
a) Der Wortlaut des
mit seinem Recht auszuschließende Gläubiger müsse von Person her unbekannt sein.
Die Formulierung "Ist der Gläubiger unbekannt ..." meint aber nichts anderes. Demgegenüber ist eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, an sich bekannt, so daß nach
ihrem Aufenthalt geforscht werden kann (ebenso LG Köln
Daß der Gesetzgeber neuerdings in § 6 des Grundbuchbereinigungsgesetzes vom 20.
Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2192) in besonderen Fällen ein Aufgebot zum
Ausschluß von Rechten an Grundstücken ausdrücklich auch bei unbekanntem Aufenthalt des Gläubigers zugelassen hat (vgl. dazu Schöne,
und 22), besagt nichts für
Gegenschluß, daß mit einem unbekannten Gläubiger, wenn das Gesetz der für diesen
geltenden Regelung den Fall des bekannten Gläubigers mit unbekanntem Aufenthalt
nicht ausdrücklich gleichstellt, nur ein von Person unbekannter Gläubiger gemeint ist.
BGB bezieht, nämlich § 103 der preußischen Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 (Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten, S. 446), war dort - anders als in
eines Bürgerlichen Gesetzbuches vorgesehene Konzeption des Aufgebots einer angeblich erloschenen Hypothek (Bd. III S. 738 ff.), die in der Tradition des § 103 der preußischen Grundbuchordnung stand und die Behauptung des Antragstellers voraussetzte, die
gesicherte Forderung sei erloschen, nicht Gesetz geworden. Vielmehr stellt
das Aufgebotsverfahren gerade dann zur Verfügung, wenn die Forderung zwar nicht
erloschen, aber unsicher ist, wem das Grundpfandrecht zusteht. Durch das Ausschlußurteil wird mithin nicht etwa festgestellt, daß das Grundpfandrecht (wegen Erlöschens der
gesicherten Forderung) nicht mehr bestehe. Sondern dem Ausschlußurteil kommt in der
Gesetz gewordenen Fassung des
Grundpfandrecht (vgl. Wieczorek/Schütze/Weber, aaO § 982 Rdn. 11; MünchKomm/Eickmann, aaO § 1170 Rdn. 1).
c) Nach Auffassung der Rechtsbeschwerde spricht die Systematik des Gesetzes gegen
die Annahme,
die ihrer Person nach unbekannt sind. Denn das sei im wesentlichen nur bei Briefgrundpfandrechten vorstellbar, die gemäß
fehle aber jeder Anhaltspunkt dafür, daß die Anwendung von
1170 Rdn. 6). Diese Argumentation beruht auf einem Zirkelschluß: Wenn tatsächlich
nur bei Briefgrundpfandrechten vorstellbar wäre, daß der Gläubiger unbekannt sein
kann, ginge aus dem Wortlaut des
Vorschrift auf Briefgrundpfandrechte hervor. Allerdings sind auch bei Buchrechten Fälle denkbar, in denen der Berechtigte der Person nach unbekannt ist, und zwar ohne daß
ein Fall unbekannter Erben vorläge, in dem ein Nachlaßpfleger gemäß §§ 1960, 1961
BGB bestellt werden könnte: Zu denken ist etwa an den Fall, daß eine juristische Person
als Gläubiger eingetragen ist, die nicht mehr existiert und für die auch keine Feststellungen zur Rechtsnachfolge möglich sind (Wenckstern,
d) Aus dem bereits erwähnten Gesichtspunkt, daß
dem Eigentümer an sich nicht zustehenden Grundpfandrechts ermöglicht, wird in der
Literatur geschlossen, die Vorschrift sei als Ausprägung des Verwirkungsgedankens zu
verstehen (MünchKomm/Eickmann, aaO Rdn. 1; RGRK/Thumm aaO § 1170 Rdn. 3).
Die Rechtsbeschwerde meint, danach könne es nicht darauf ankommen, ob der Gläubiger, der sich zehn Jahre lang nicht um sein Recht gekümmert habe, seiner Person oder
seinem Aufenthalt nach unbekannt sei (so auch LG Erfurt
Dem ist entgegen zu halten, daß ein Recht selbst dann der Verwirkung unterliegt, wenn
sein Inhaber nicht nur von Person, sondern auch nach seinem Aufenthalt bekannt ist;
maßgebend für den Einwand der Verwirkung ist vielmehr, wie lange das Recht nicht
geltend gemacht worden ist und ob der Verpflichtete auf das Fortbestehen dieses Zustands vertrauen durfte (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR
23/02 -
e) Für ausschlaggebend hält die Rechtsbeschwerde schließlich, daß der Grundstückseigentümer ohne das Aufgebotsverfahren nach
Aufenthalts eines bekannten Gläubigers weitgehend schutzlos sei. Der Eigentümer könne bei Erlöschen der gesicherten Forderung mit der Klage aus
nicht erlangen, wenn der Aufenthalt des Gläubigers unbekannt sei, und habe auch keine
Möglichkeit, den Brief im Wege des Aufgebots nach
zu lassen, weil dem Eigentümer ohne den Brief die Antragsbefugnis fehle (so Staudinger/Wolfsteiner, aaO § 1170 Rdn. 8; a.A. Zöller/Geimer, ZPO 24. Aufl. § 985 Rdn. 1).
Im Gegensatz zum Aufgebotsverfahren des
894 BGB auf die Unrichtigkeit des Grundbuchs an, die der Eigentümer, insbesondere
wenn er das Grundstück nicht selbst belastet habe, häufig nicht darlegen könne. Gerade
bei einer Grundschuld wie im vorliegenden Fall werde das Grundbuch allein durch die
Tilgung der gesicherten Forderung nicht unrichtig. Vor allem sei nicht einzusehen, warum
Grundpfandrecht zu erwerben, für ein bereits getilgtes Grundpfandrecht aber nur die
strengeren Voraussetzungen des
So schutzlos wie die Rechtsbeschwerde meint, ist der Eigentümer und Sicherungsgeber,
wenn die gesicherte Forderung getilgt ist, jedoch nicht (so auch Wenckstern, DNotZ
1993, 547, 549, 553 f.). Wie hier in der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunde
über die Grundschuldbestellung ausdrücklich geregelt, hat er einen Rückgewähranspruch aus dem Sicherungsvertrag, auf dem die Bestellung der Grundschuld beruht.
Dieser richtet sich nach der Wahl des Sicherungsgebers auf Abtretung des Grundpfandrechts, dessen Aufhebung oder den Verzicht auf dieses (BGH, Urteil vom 26. April
1994 - XI ZR 97/93 -
einen Gläubiger unbekannten Aufenthalts geltend gemacht werden, wenn die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung vorliegen (
Urteils gelten die Willenserklärungen als abgegeben, die der Sicherungsgeber aufgrund
des Rückgewähranspruchs verlangen kann (
wie im vorliegenden Fall stellt sich das Problem nicht, daß der Brief bei unbekanntem
Aufenthalt des Gläubigers auch im Wege der Zwangsvollstreckung nicht zurückzuerlangen ist. Der Beschwerdeführer kann den hier geltend gemachten Anspruch jedenfalls
im Klageweg verfolgen. Ob es andere Fälle gibt, für die
Die von der Rechtsbeschwerde geforderte Ausdehnung des
Rechte des Inhabers des Grundpfandrechts über die vom Gesetz gezogenen Grenzen
hinaus beeinträchtigen. Dessen Rechtsverlust hat der Gesetzgeber nicht nur davon abhängig gemacht, daß seit der letzten sich auf das Grundpfandrecht beziehenden Eintragung im Grundbuch zehn Jahre verstrichen sind, das Recht in dieser Frist nicht vom
Eigentümer anerkannt worden ist und der Gläubiger sich trotz des Aufgebotsverfahrens
nicht gemeldet hat. Hinzukommen muß vielmehr, daß der Gläubiger unbekannt ist. Bei
einem eingetragenen Grundpfandrechtsgläubiger, der von Person allgemein unbekannt
mehr existent, jedenfalls aber an dem eingetragenen Recht überhaupt nicht mehr interessiert. Das ist grundsätzlich anders bei einem bekannten Gläubiger, dessen Aufenthalt
sich lediglich gegenwärtig nicht ermitteln läßt. Daß dieser Gläubiger über das Risiko
einer öffentlichen Zustellung einer den Rückgewähranspruch schlüssig begründenden
Klage hinaus schon allein wegen des Ablaufs der Zehnjahresfrist sein eingetragenes
Recht und die daraus folgenden, gemäß
Schutz der Verkehrsfähigkeit des Grundstücks ableiten. Das Gesetz hat auch dem von
tragen.
Der Ausschluß unbekannter Gläubiger nach
Rdn. 2; Zöller/Geimer, aaO § 985 Rdn. 1; Wenckstern,
3. Im übrigen hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend dargelegt, daß seine frühere
Ehefrau unbekannten Aufenthalts sei. Unbekannt ist der Aufenthalt, wenn er nicht nur
dem Gericht und dem Gegner, sondern allgemein unbekannt ist (
zum Nachweis im einzelnen vgl. BGH, Beschluß vom 14. Februar 2003 - IXa ZB 56/03
die Anwendung von
Hier beschränkt sich der Vortrag des Beschwerdeführers auf den Satz, seine ehemalige
Ehefrau sei in Thailand nicht zu ermitteln. Angaben darüber, wo sie sich in Thailand
oder in Deutschland zuletzt aufgehalten habe, wer über ihren Aufenthalt unterrichtet
sein könnte und welche Nachforschungen insoweit angestellt worden sind, fehlen bisher.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:02.03.2004
Aktenzeichen:IV ZB 38/03
Rechtsgebiete:Grundpfandrechte
Erschienen in:
DNotI-Report 2004, 98
DNotZ 2004, 922-925
NJW-RR 2004, 664-666
NotBZ 2004, 350-351
Rpfleger 2004, 363-364
ZNotP 2004, 403-405
BGB § 1170 Abs. 1 Satz 1