BGH 05. Juli 2024
V ZR 34/24
WEG §§ 18 Abs. 1 u. 2, 27 Abs. 1; BGB § 280

Verletzung der Pflichten des Verwalters; Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; keine drittschützende Wirkung des Verwaltervertrags zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer

letzte Aktualisierung: 10.10.2024
BGH, Urt. v. 5.7.2024 – V ZR 34/24

WEG §§ 18 Abs. 1 u. 2, 27 Abs. 1; BGB § 280
Verletzung der Pflichten des Verwalters; Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers
gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; keine drittschützende Wirkung des
Verwaltervertrags zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer

Nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 1. Dezember 2020
bestehen Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten des
Verwalters aus dem zwischen diesem und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
geschlossenen Vertrag nur gegenüber der Gemeinschaft. Der zwischen der Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer und dem Verwalter geschlossene Vertrag entfaltet keine drittschützende
Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte
kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar habe ein fälliger Anspruch des Klägers
gegen die GdWE auf Auskehrung der auf sein Sondereigentum entfallenden Versicherungsleistung
bestanden, dessen Erfüllung unberechtigt verweigert worden
sei. Daraus folge aber kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, da der
zwischen der GdWE und der Beklagten geschlossene Verwaltervertrag nach der
seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Rechtslage keine Schutzwirkung mehr
zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer entfalte.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Dem Kläger stehen wegen einer möglicherweise
verspäteten Auszahlung unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt
Ersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
1. Im Ausgangspunkt gehen sowohl das Berufungsgericht als auch die
Revision von der zutreffenden - aber unausgesprochen gebliebenen - Annahme
- aus, dass sich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten nicht unmittelbar aus § 280 Abs. 1, Abs. 2,
§ 286 BGB ergeben kann. Zwischen den Parteien bestand kein Schuldverhältnis,
kraft dessen die Beklagte eine Auskehrung der auf das Sondereigentum des Klägers
entfallenden Entschädigungszahlung des Gebäudeversicherers vorzunehmen
hatte (zu einem Auskehrungsanspruch vgl. Senat, Urteil vom 16. September
2016 - V ZR 29/16, NJW-RR 2017, 4 Rn. 6 mwN). Denn Vertragsparteien des
Verwaltervertrages sind die GdWE und die Beklagte, nicht jedoch der Kläger.
Auch aus der Amtsstellung der Beklagten als Verwalterin folgt keine gesetzliche
Leistungspflicht gegenüber dem Kläger. Die zum alten Wohnungseigentumsrecht
offen gelassene Frage, ob sämtliche in § 27 Abs. 1 WEG aF geregelten Amtspflichten
des Verwalters Individualrechte der einzelnen Wohnungseigentümer
gegenüber dem Verwalter begründeten (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 2018
- V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 26), stellt sich seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
(WEMoG) zum 1. Dezember 2020 nicht
mehr. Denn danach obliegt die Verwaltung (auch) im Innenverhältnis ausschließlich
der GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG), die die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre
Organe erfüllt; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter (vgl. BTDrucks.
19/18791 S. 58; Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, BGHZ 239,
1 Rn. 11).

2. Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte ergibt sich entgegen der Revision auch
nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen
des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Zutreffend verneint das Berufungsgericht
eine drittschützende Wirkung des Verwaltervertrages.

a) Nach der zum alten Wohnungseigentumsrecht ergangenen Rechtsprechung
des Senates entfaltete der Verwaltervertrag Schutzwirkung zugunsten der
einzelnen Wohnungseigentümer (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juli 2019 - V ZR
75/18, ZWE 2020, 44 Rn. 7; Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/18, ZWE
2019, 367 Rn. 9; Beschluss vom 7. Juli 2016 - V ZB 15/14, NJW-RR 2017, 464
Rn. 9). Ob dies auch nach Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020
angenommen werden kann, ist umstritten.

aa) Nach einer Ansicht soll dem Verwaltervertrag unverändert Schutzwirkung
zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer zukommen. Es sei prozessökonomisch
nicht sinnvoll, wenn zunächst die GdWE, der das Fehlverhalten ihres
Verwalters entsprechend § 31 BGB zuzurechnen sei, gegenüber den Wohnungseigentümern
hafte und sodann Regress bei dem Verwalter nehmen müsse. Der
gegenüber der GdWE obsiegende Wohnungseigentümer sei auch weiter schutzbedürftig,
da er sich andernfalls - bis zu einem erfolgreichen Regress der GdWE
bei dem Verwalter - nach Maßgabe des Kostenverteilungsschlüssels anteilig an
der Finanzierung seines eigenen Schadensersatzanspruchs zu beteiligen habe.
Weigere sich die Mehrheit, den Regressanspruch gegen den Verwalter durchzusetzen,
müsse der Wohnungseigentümer ein gerichtliches Vorgehen der GdWE
gegen den Verwalter sogar erst im Wege der Beschlussersetzungsklage erzwingen
(vgl. Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 218 f.; BeckOK BGB/Hügel
[1.5.2024], § 26 WEG Rn. 15, § 27 WEG Rn. 21; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2024],
§ 26 Rn. 207; NK-BGB/Brücher/Schultzky, 5. Aufl., § 27 WEG Rn. 29 f.;
Zschieschack in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27 Rn. 276 f.; Dötsch/
Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 13 Rn. 95 ff.).

bb) Nach der Gegenansicht ist eine Schutzwirkung des Verwaltervertrages
zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer abzulehnen. Mit dem WEMoG
sei eine Haftungskonzentration bei der GdWE eingetreten. Der einzelne Wohnungseigentümer
sei nicht mehr schutzbedürftig, da ihm nunmehr ein gleichwertiger
Haftungsanspruch gegen die GdWE zustehe (vgl. LG Braunschweig, ZMR
2023, 390, 391; AG Hannover, ZWE 2021, 360 Rn. 14; Bärmann/Dötsch, WEG,
15. Aufl., § 18 Rn. 221; BeckOGK/Greiner, WEG [1.6.2024], § 26 Rn. 347 f.;
Grüneberg/Wicke, BGB, 83. Aufl., § 27 WEG Rn. 3; MüKoBGB/Skauradszun,
9. Aufl., § 27 WEG Rn. 56; Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 26 WEG Rn. 28 f.;
Först in: Münchener Handbuch des Wohnungseigentumsrechts, 8. Aufl., § 19
Rn. 65 ff.; Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, § 5 Rn. 33;
Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 60; Wobst, ZWE 2021, 17,
19 f.; Lieder/Pordzik, ZWE 2021, 105, 109).

b) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Nach Inkrafttreten des
WEMoG zum 1. Dezember 2020 bestehen Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers
wegen der Verletzung von Pflichten des Verwalters aus dem zwischen
diesem und der GdWE geschlossenen Vertrag nur gegenüber der GdWE.
Der zwischen der GdWE und dem Verwalter geschlossene Vertrag entfaltet keine
drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers.
aa) Die Frage, ob den einzelnen Wohnungseigentümern weiterhin ein eigener
Anspruch gegen den Verwalter zustehen kann, war im Gesetzgebungsverfahren
umstritten. Während der Gesetzesentwurf der Bundesregierung einen Direktanspruch
der einzelnen Wohnungseigentümer gegen den Verwalter ange-
-Drucks. 19/18791 S. 58), wies der Ausschuss für Recht
und Verbraucherschutz in seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht darauf
hin, dass die Neufassung des Gesetzes einer Einordnung des Verwaltervertrages
als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer nicht
(BT-Drucks. 19/22634 S. 47). Eine gesetzliche Regelung eines solchen Anspruchs
ist jedenfalls nicht erfolgt. Insbesondere begründet auch der auf Empfehlung
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (vgl. BTDrucks.
19/22634 S. 48) eingefügte § 43 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 WEG, mit dem
die ausschließliche örtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten über Ansprüche eines
Wohnungseigentümers gegen den Verwalter geregelt wird, keinen materiellrechtlichen
Anspruch; denn es handelt sich um eine reine Zuständigkeitsregelung,
der auch ein praktischer Anwendungsbereich, etwa für deliktische Ansprüche,
verbleibt (ebenso Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel
13 Rn. 94; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 219, jeweils mit Verweis
auf Senat, Beschluss vom 15. Dezember 1988 - V ZB 9/88, BGHZ 106, 222, 225).
bb) Ob der zwischen der GdWE und dem Verwalter geschlossene Vertrag
drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers entfaltet,
ist deshalb anhand der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten
allgemeinen Voraussetzungen für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich
eines Vertrages zu beantworten.

s mit Schutzwirkung für Dritte in der
Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs beruht auf ergänzender
Vertragsauslegung (vgl. z.B. RGZ 127, 218, 221 f; BGH, Urteil vom
15. Juni 1971 - VI ZR 262/69, BGHZ 56, 269, 273) und knüpft damit an den
hypothetischen Willen der Parteien an, der gemäß § 157 BGB unter Berücksichtigung
von Treu und Glauben zu erforschen ist. Sie ist dem Umstand geschuldet,
dass die Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten zu einem gesteigerten sozialen
Kontakt der Vertragsparteien und dementsprechend zu einer größeren Ein-
wirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Vertragspartners und gegebenenfalls
mit diesem verbundener Dritter führt und das Deliktsrecht - insbesondere
wegen der Exkulpationsregelung bei der Gehilfenhaftung nach § 831 Abs. 1
Satz 2 BGB und des Fehlens eines umfassenden Vermögensschutzes - den geschädigten
Dritten nicht immer zureichend absichert. Billigt man dem Dritten eine
vertragliche Anspruchsgrundlage zu, die ihm die Kompensation des in Ausführung
des Vertragsverhältnisses bei ihm eingetretenen Schadens ermöglicht, ist
damit aber zwangsläufig eine Ausweitung des Haftungsrisikos des Schuldners
verbunden. Um diese Haftung für den Schuldner nicht unkalkulierbar auszudehnen,
sind an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutz strenge
Anforderungen zu stellen (ausführlich etwa BGH, Urteil vom 17. November 2016
- III ZR 139/14, NJW-RR 2017, 888 Rn. 15 mwN).

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind folgende Voraussetzungen
für die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrages anerkannt:
Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der (Haupt-)Leistung in Berührung
kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt
sein wie der Gläubiger (Leistungsnähe). Der Gläubiger muss ein Interesse
an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages haben (Einbeziehungsinteresse).
Für den Schuldner muss die Leistungsnähe des Dritten
und dessen Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages erkennbar und
zumutbar sein (Erkennbarkeit und Zumutbarkeit). Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes
muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen, weil der
Dritte anderenfalls nicht ausreichend geschützt wäre (Schutzbedürfnis; vgl. zum
Ganzen nur BGH, Urteil vom 17. November 2016 - III ZR 139/14, NJW-RR 2017,
888 Rn. 17 mwN).

(3) An der Leistungsnähe des einzelnen Wohnungseigentümers, dem Einbeziehungsinteresse
der GdWE und der Erkennbarkeit und Zumutbarkeit für den
Verwalter bestehen auch nach dem Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember
2020 keine Zweifel. Nach wie vor betrifft das Verwalterhandeln vornehmlich die
einzelnen Wohnungseigentümer, die Rechtsträger des der Verwaltung unterliegenden
Gemeinschaftseigentums sind und typischerweise zudem auch mit ihrem
Sondereigentum mit den Gefahren und Auswirkungen des Verwalterhandelns in
Berührung kommen. Sie haften darüber hinaus für aus der Verwaltung der GdWE
rührende Verbindlichkeiten, sei es unmittelbar gegenüber dem Gläubiger gemäß
§ 9a Abs. 4 Satz 1 WEG oder mittelbar über die Jahresabrechnung gemäß § 28
Abs. 2 WEG. Dies ist für den Verwalter ebenso wie das Interesse der GdWE an
der Einbeziehung ihrer Verbandsmitglieder in den Schutzbereich des Verwaltervertrages
gleichermaßen erkennbar wie zumutbar.

(4) Die einzelnen Wohnungseigentümer sind jedoch nicht (mehr) schutzbedürftig.
(a) Das Erfordernis der Schutzbedürftigkeit wurzelt in dem Grundsatz von
Treu und Glauben. Grund für die Ausdehnung des Vertragsschutzes auf eine
Nicht-Vertragspartei ist, wie ausgeführt, der nicht für ausreichend erachtete gesetzliche
Schutz des Dritten (vgl. Rn. 13). Folgerichtig ist der Dritte nicht schutzbedürftig,
wenn sein Interesse bereits durch einen eigenen, dem vertraglichen
Haftungsanspruch gleichwertigen Anspruch, wenn auch gegen einen anderen
Schuldner, abgedeckt ist. Denn dann besteht keine Schutzlücke, die überwunden
werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 383/12, BGHZ 200,
188 Rn. 11; Urteil vom 15. Februar 1978 - VIII ZR 47/77, BGHZ 70, 327, 329 f.;
BeckOGK/Mäsch, BGB [1.4.2024], § 328 Rn. 185; MüKoBGB/Gottwald, 9. Aufl.,
§ 328 Rn. 192).

(b) So liegt es hier. Seit Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020
ist die GdWE Schuldnerin des Anspruchs der einzelnen Wohnungseigentümer
auf ordnungsmäßige Verwaltung aus § 18 Abs. 2 WEG. Dementsprechend haben
die einzelnen Wohnungseigentümer eigene (Primär- wie Sekundär-) Ansprüche
aus einem sie mit der GdWE verbindenden gesetzlichen Schuldverhältnis.
(aa) Nach dem Regelungsgefüge des Wohnungseigentumsgesetzes in
der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung oblag die Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und
im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem (§ 20 Abs. 1 WEG
aF), nicht jedoch der GdWE. Die GdWE war nicht als Entscheidungssubjekt im
Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung (im Innenverhältnis) konzipiert, sondern
lediglich als Mittel, eine solche Verwaltung nach außen durchzusetzen. Dies
führte dazu, dass zwar sowohl der Verwalter als auch sonstige Dritte (Handwerker,
Architekten etc.) mit der GdWE vertraglich verbunden waren. Für Schäden,
die diese Personen im Zusammenhang mit der Verwaltung verursachten, haftete
die GdWE den einzelnen Wohnungseigentümern jedoch nicht; denn mangels Zuständigkeit
im Innenverhältnis musste sie sich das schädigende Verhalten nicht
nach §§ 31, 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Daher bestand ein Schutzbedürfnis
der Wohnungseigentümer (vgl. Senat, Urteil vom 13. Dezember 2019
- V ZR 43/19, NZM 2020, 611 Rn. 13 f.; Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17,
BGHZ 219, 60 Rn. 15 ff., 38 f.).

(bb) Mit Inkrafttreten des WEMoG hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen.
Nach § 18 Abs. 1 WEG obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums nunmehr sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ausschließlich
der GdWE. Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre
Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidung
umsetzt und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird (vgl. Senat,
Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, BGHZ 239, 1 Rn. 11; Urteil vom 16. Dezember
2022 - V ZR 263/21, NZM 2023, 249 Rn. 26). Verletzt die GdWE schuldhaft
die ihr obliegenden Verwaltungspflichten, begründet dies folgerichtig einen
eigenen Schadensersatzanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen
die GdWE, der sich regelmäßig aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 WEG
ergibt (näher Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 165); hierbei muss sich
die GdWE das Verhalten ihres Verwalters entsprechend § 31 BGB und das Verhalten
ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (vgl.
Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 263/21 aaO; s. zum Ganzen auch
Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 215; Staudinger/Lehmann-Richter,
WEG [2023], § 18 Rn. 6 ff., 181 ff.; Wobst, ZWE 2021, 17, 19).

(c) Dieser Anspruch ist auch gleichwertig.

(aa) Der Ersatzanspruch des Wohnungseigentümers gegen die GdWE
nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 WEG knüpft an die gleichen anspruchsbegründenden
Voraussetzungen wie ein aus dem Verwaltervertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeleiteter Haftungsanspruch an. Beide Ansprüche
sind auf die vollständige Kompensation des Interesses des einzelnen
Wohnungseigentümers gerichtet. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich der
geschädigte Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung gegebenenfalls
anteilig an der Finanzierung seines eigenen Schadensersatzanspruchs beteiligen
muss. Richtig ist zwar, dass es sich insoweit um Kosten der Verwaltung gemäß
§ 16 Abs. 2 Satz 1 WEG handelt, die, soweit keine abweichende Regelung
getroffen wird, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschüssel umzulegen
sind. Dies mindert aber nicht den Schadensersatzanspruch als solchen, sondern
ist nur eine mittelbare Folge der Mitgliedschaft in dem Verband und der damit
einhergehenden Pflicht zur Beteiligung an dessen Finanzierung. Regelmäßig
wird zudem ein Regress der GdWE beim Verwalter angezeigt sein; dies wird gewöhnlich
den Interessen sämtlicher - den Schadensersatzanspruch anteilig finanzierender
- Wohnungseigentümer sowie dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung
entsprechen. Ein auf die Durchsetzung des Regressanspruches gerichteter
Beschluss kann nötigenfalls mit einer Beschlussersetzungsklage nach § 44
Abs. 1 Satz 2 WEG, die der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs des Wohnungseigentümers
auf ordnungsmäßige Verwaltung dient (vgl. Senat, Urteil vom
16. September 2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 8 mwN), herbeigeführt
werden.

(bb) Auch prozessökonomische Erwägungen oder praktische Schwierigkeiten
rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Dass der Wohnungseigentümer seinen
Schaden gegenüber der GdWE geltend machen und die GdWE ihrerseits
Regress bei dem Verwalter nehmen muss, ist der grundsätzlich vorrangigen Haftung
innerhalb bestehender Sonderverbindungen geschuldet und der Beschränkung
der Schutzwirkung eines Vertrages auf schutzbedürftige Personen zwecks
Verhinderung einer uferlosen Ausdehnung des Kreises der in den Schutzbereich
fallenden Personen immanent. Bejahte man dagegen sowohl einen Sekundäranspruch
gegen die GdWE als auch gegen den Verwalter, wäre für den einzelnen
Wohnungseigentümer unter Umständen schwer erkennbar, in welchem Verhältnis
diese Ansprüche zueinander stünden und ob er gehalten sein könnte, vorrangig
den einen oder den anderen Schuldner in Anspruch zu nehmen (vgl. Senat,
Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 30). Soweit die Revision
darüber hinaus auf praktische Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung verweist,
sind diese - auch wenn die Vertretung der GdWE gegenüber dem noch
amtierenden Verwalter in § 9b Abs. 2 WEG geregelt ist - zwar nicht von der Hand
zu weisen (vgl. etwa Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 216 f.;
Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 218). Gleichwohl bleibt es dabei, dass
die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, wie ausgeführt
(vgl. Rn. 13), nur der Schließung von als nach Treu und Glauben untragbar
anzusehender Schutzlücken dient, nicht aber der Erleichterung der Anspruchsdurchsetzung
unter Praktikabilitätserwägungen (ebenso Bärmann/Dötsch, aaO
Rn. 221; Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 26 WEG Rn. 29).

3. Schließlich stehen dem Kläger gegen die Beklagte auch keine gesetzlichen
Ansprüche zu. Zwar bleibt der Verwalter dem einzelnen Wohnungseigentümer
etwa weiterhin uneingeschränkt aus dem Deliktsrecht verpflichtet (vgl.
Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 220; MüKoBGB/Skauradszun,
9. Aufl., § 27 WEG Rn. 56; Zschieschak in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27
Rn. 272). Die Weigerung der Beklagten, die Auszahlung an den Kläger vorzunehmen,
verletzt aber ersichtlich, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht,
weder ein Recht oder Rechtsgut des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB noch ein
Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

4. Ein Anspruch des Klägers auf die geltend gemachten Prozesszinsen
scheidet mangels Ersatzanspruchs ebenfalls aus.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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ist wegen Urlaubs
an der elektronischen Signatur
gehindert.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

05.07.2024

Aktenzeichen:

V ZR 34/24

Rechtsgebiete:

Verein
Allgemeines Schuldrecht
WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 18 Abs. 1 u. 2, 27 Abs. 1; BGB § 280