BAG 26. August 1999
8 AZR 827/98
BGB § 613a; KSchG § 1; BNotO §§ 4, 6b

Kein Betriebsübergang bei Nachfolge in Notaramt

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 903
letzte Aktualisierung: 24.Februar 2000
903
BAG
8 AZR 827/98
26.08.1999
BGB § 613a; KSchG § 1; BNotO §§ 4, 6b, 47, 48, 51, 53, 56, 58, 64, 111
Kein Betriebsübergang durch Bestellung eines neuen
Notars
ZIP 2000, 286
Wesentliches Substrat des Notariats ist die höchstpersönliche Notarbefugnis
(Notaramt). Die Bestellung eines neuen Notars zur hauptberuflichen Amtsausübung führt
deshalb auch dann nicht zu einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang gem. § 613a BGB,
wenn der neue Notar die Kanzlei und das Personal eines aus dem Amt entlassenen Notars
übernimmt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Revision ist nicht begründet. Die Kündigung des Beklagten ist rechtswirksam. Sie hat das
Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. November 1997 aufgelöst.
1. Die Kündigung ist nicht gemäß § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam. Sie ist nicht wegen eines
Betriebsübergangs ausgesprochen worden.
1 . Wegen eines Betriebsübergangs wird die Kündigung nur dann ausgesprochen, wenn der
Betriebsübergang die überwiegende Ursache der Kündigung bildet. Der Betriebsübergang muß Beweggrund
für die Kündigung gewesen sein. Dabei ist ausschließlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Kündigung, also bei Zugang der Kündigung abzustellen (ständige Rechtsprechung,
vgl. nur BAG Urteil vom 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - BAGE 85, 194, 200 = AP Nr. 1 zu § 1 KSCG
Wiedereinstellung, zu 112 c der Gründe). Ein bevorstehender Betriebsübergang kann nur dann zur
Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB führen, wenn die den Betriebsübergang
ausmachenden Tatsachen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits feststehen oder zumindest
greifbare Formen angenommen haben (BAG Urteil vom 19. Mai 1988 - 2 AZR 596/87BAGE 59, 12, 23 =
BAGE 87, 115 = AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, zu 11 1 der Gründe; vom 10. Dezember 1998 - 8 AZR 264/98
2. Greifbare Formen einer bevorstehenden "Übernahme des Notariats" waren am 17. April 1997 nicht
gegeben.


a) Die Landesjustizverwaltung errichtet Notarstellen im Rahmen staatlicher Bedarfsplanung durch
Ausübung des ihr in § 4 BNot0 eingeräumten Organisationsermessens. Die Errichtung hat, wie auch die
Einziehung, nur die abstrakt-organisatorische Einheit zum Gegenstand, die als Bestandteil der öffentlichen
Verwaltung der Erfüllung staatlicher Aufgaben dient (BGH Beschluß vom 18. September 1995 - NotZ 46/94
BNot0) wie der Berufung eines Bewerbers in das Notaramt sachlich und zeitlich vorgelagert. Demnach
stand mit dem Entlassungsantrag des Beklagten vom 11. April 1997 und dessen Bewilligung durch das
Justizministerium nicht fest, daß mit dem Erlöschen des Notaramtes des Beklagten wieder ein Notar in dem
vorliegenden Bezirk ernannt werde. Dies bedurfte erst der Ausübung des Organisationsermessens der
Justizverwaltung.
b) Es ist nicht ersichtlich, daß dieses Ermessen bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 17.
April 1997 ausgeübt worden ist, zumal die Entlassung des Beklagten erst mit dem Erlaß vom 12. Mai 1997
erfolgte. Etwas anderes ist von der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin auch nicht behauptet
worden.
3. Darüber hinaus stellt die "Übernahme des Notariats" keinen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang dar.
a) Ein Betriebsübergang setzt die Wahrung der Identität der betreffenden Einheit voraus. Der Begriff Einheit
bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung
einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist,
müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu
gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder
Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie
deren Wert und Bedeutung, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige
Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit
zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen
Unterbrechung dieser Tätigkeit (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur zuletzt Senatsurteil vom 18.
März 1999 - 8 AZR 159/98 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 1a der Gründe). In Branchen, in denen
es im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern,
die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die
Wahrung ihrer Identität ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit
weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das
sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte (vgl. nur Senatsurteile vom 11. Dezember 1997 8 AZR 729/96 - BAGE 87. 303. 305 ff. = AP Nr. 172 zu § 613 a BGB, zu B 12 der Gründe; vom 18. März
1999 - 8 AZR 196/98 - NJW 1999, 2459, zu B 1 der Gründe). Der Übergang eines Betriebes setzt dessen
Fortbestehen voraus, d.h. ein Übergang ist ausgeschlossen, wenn der Betriebsinhaber den Betrieb in seinem
Substrat zuvor aufgelöst hat, wenn also der Betrieb als funktionsfähige arbeitstechnische oder
wirtschaftliche Einheit nicht mehr besteht.
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt ein Betriebsübergang von dem Beklagten auf den Notar S nicht
vor.
aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei einem Nurnotariat angesichts der mit ihm verbundenen
Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben um einen Betrieb im Sinne von § 613 a BGB handelt (vgl. nur
Senatsurteil vom 26. Juni 1997 - 8 AZR 426/95 - BAGE 86, 148, 151 = AP Nr. 165 zu § 613 a BGB, zu 12,
3 der Gründe).
bb) Die organisatorische Einheit "Notariat" ist mit der Entlassung des Beklagten aus dem Amt erloschen.
Die konkrete Befugnis des Nurnotars zur hauptberuflichen Amtsausübung, das Notaramt, erlischt gemäß §
47 Nr. 2 BNot0 mit Wirksamwerden der Entlassung (§ 48 BNot0). Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 56
Abs. 1 BNot0 über die sich an das Erlöschen des Notaramtes anschließende Notariatsverwaltung. Diese beöffentliches Amt (BGH Beschluß vom 14. August 1989 - NotZ 1/89 - DNotZ 1991, 72).
Die Notarstelle als abstrakt-organisationsrechtliche Einheit besteht ebenfalls nicht fort. Es gibt keinen
Grundsatz der Stellenkontinuität. Erlischt das Amt eines Notars gemäß § 47 BNot0, ist nach allgemeinen
organisationsrechtlichen Maßstäben (§ 4 BNot0) zu entscheiden, ob Rechtspflegebelange es erfordern, einen
neuen Notar zu bestellen. Wird diese Frage bejaht, so ist die Notarstelle neu zu errichten, wird dies verneint,
ist sie eingezogen. Diese Diskontinuität ergibt sich für das Anwaltsnotariat schon aus § .5~6 Abs. 2 BNot0,
wonach beim Ausscheiden eines Anwaltsnotars durch Erlöschen des Amtes an seiner Stelle ein
Notariatsverwalter bestellt werden kann, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht (vgl. Bohrer, aa0, Rz 243 f.).
Nichts anderes gilt für das Nurnotariat. Die Notarstelle ist nicht nachfolgefähig, weil sie nicht selbständig
ohne das Notaramt als höchstpersönlicher Befugnis denkbar ist. Es bedarf immer der Übertragung des
Notaramtes, um die Rechtspflegeaufgaben erfüllen zu können. Für diese Tätigkeit hat die Errichtung der
Notarstelle keine eigenständige Bedeutung. Auch besteht kein Anspruch auf eine Stellenerrichtung und
Ausschreibung. Die Bestimmung der Zahl der Amtsinhaber und der Zuschnitt der Notariate unterliegt allein
der Organisationsgewalt des Staates (BVerfGE 73, 280, 292; BGH Beschluß vom 18. September 1995, aa0).
Wenn nach den §§ 56 Abs. 1, 58 Abs. 1 und 64 Abs. 1 BNot0 eine möglichst nahtlose Kette zeitlich
nachfolgender Amtsinhaber zu den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege gehört, bedeutet dies nicht
das Fortbestehen der Notarstelle, sondern stellt lediglich einen justizorganisatorischen Belang bei der
Entscheidung über die Neuerrichtung der Notarstelle dar (Bohrer, aa0, Rz 244).
Wesentliches Substrat des Notariats ist die höchstpersönliche Notarbefugnis. Mit ihrem Erlöschen ist das
bisherige Notariat aufgelöst. Aus der Übernahme des gesamten Personals mit Ausnahme der Klägerin kann
das Vorliegen eines Betriebsüberganges deshalb nicht hergeleitet werden. Auch wenn es sich um eine
Dienstleistung für den Mandanten handelt, ermöglicht die Beschäftigung des bisherigen Personals nicht das
Betreiben eines Notariats. Das Personal stellt auch keinen eigenständigen Betriebsteil dar, der unabhängig
von dem Gesamtbetrieb übergehen könnte.
Demnach kommt auch der Übertragung der Kanzlei bestehend aus den Geschäftsräumen und dem
Büroinventar keine eigenständige, einen Betriebsübergang begründende Bedeutung zu. Die Kanzlei bildet
lediglich das sächliche Substrat der Berufsausübung. Die sächlichen und persönlichen Betriebsmittel stellen
ohne die Notarbefugnis keinen funktionsfähigen Betrieb dar und sind somit lediglich Hilfsmittel zur
Ausübung des Notaramtes. Das kommt auch in § 53 BNot0 zum Ausdruck.
Nichts anderes ergibt sich aus der etwaigen Übernahme der Akten des Beklagten. Abgesehen davon, daß der
Beklagte über die Akten nicht selbst verfügen konnte - dies obliegt der Justizverwaltung (vgl. die
eingehenden Regelungen in § 51 BNot0) - sind diese nicht das wesentliche Betriebssubstrat. Zwar können
gerade im Dienstleistungsbereich die immateriellen Betriebsmittel, also die Geschäftsbeziehungen zu
Dritten, der Kundenstamm und die Kundenbeziehungen von wesentlicher Bedeutung sein. Im Nurnotariat
kann jedoch ohne die Notarbefugnis die Tätigkeit nicht ausgeübt werden, was die Akten und
Kundenbeziehungen wertlos macht. Mit den Akten allein können die "unternehmerischen" Zwecke des
Notariats nicht verfolgt werden.
Aus alledem folgt, daß die Neuerteilung der Notarbefugnis allenfalls eine Funktionsnachfolge begründet.
Diese stellt entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Betriebsübergang dar (vgl. nur Senatsurteile vom
13. November 1997 - 8 AZR 295/95 - BAGE 87, 115 = AP Nr. 169 zu § 613 a BGB, zu 112 der Gründe;
vom 22. Januar 1998 - 8 AZR 243/95 - AP Nr. 173 zu § 613 a BGB, zu B 11 1 der Gründe). Das entspricht
den europarechtlichen Vorgaben der Richtlinie 77/187. Eine Einheit im Sinne der Richtlinie darf nicht als
bloße Tätigkeit verstanden werden (EuGH Urteil vom 11. März 1997 - Rs C - 13/95 - EuGHE 1 1997, 1259
= AP Nr. 14 zu EWG-Richtlinie Nr. 77/187 [Ayse Süzen], zu Nr. 15).
c) Schließlich fehlt es an einem Rechtsgeschäft im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Neuerrichtung
und die Neuvergabe des Notaramtes erfolgten jeweils nicht durch ein Rechtsgeschäft. Die Weitervermietung
der Geschäftsräume und die Übernahme des Personals reichen zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen
Betriebsüberganges nicht aus.
verantwortliche natürliche oder juristische Person, die die Arbeitgeberverpflichtung gegenüber den
Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen wechselt, ohne
daß unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen
müssen (EuGH Urteil vom 7. März 1996 - Rs C - 171/94 - EuGHE 1 1996, 1253 = AP Nr. 9 zu
EWG-Richtlinie 77/187 [Merckx und Neuhuys, Nr. 27 f., 30]; EuGH Urteil vom 12. November 1992 - Rs C
Mai 1992 - Rs C - 29/91 -EuGHE 1 1992, 3189 = AP Nr. 107 zu § 613 a BGB, Rz 10 f. [Stichting];
Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - 8 AZR 729/96 - aa0, zu B 12 d der Gründe). Dies entspricht dem
Zweck der Beschränkung des § 613 a BGB auf rechtsgeschäftliche Betriebsübergänge. Dieser Zweck geht
dahin, die Fälle der Universalsukzession kraft Gesetzes (BAG Urteil vom 10. März 1982 - 5 AZR 839/79 AP Nr. 1 zu § 104 KVLG, zu 2 der Gründe; BAG Urteil vom 18. Februar 1976 - 5 AZR 616/74 - AP Nr. 1
Saarland UniversitätsG, zu 1 1 der Gründe; BAG Urteil vom 6. September 1978 - 4 AZR 162/77 - AP Nr. 13
zu § 613 a BGB [Bl. 496]) oder sonstigen Hoheitsaktes von der Anwendung der Vorschrift auszuschließen.
bb) Die Errichtung einer Notarstelle ist ein verwaltungsinterner Vorgang (BGH Beschluß vom 18.
September 1995, aaO). Die Übertragung der Notarbefugnis erfolgt durch einen Hoheitsakt, nämlich einen begünstigenden - Verwaltungsakt der Landesjustizverwaltung (vgl. § 111 BNot0). Ein solches
Verwaltungshandeln kann einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB nicht
begründen.
cc) Ebensowenig kann die rechtsgeschäftliche Übernahme der Geschäftsräume, des Büromaterials und des
Personals den rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang. im Sinne von § 613 a BGB begründen. Es kommt
zwar nicht auf unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen Erwerber und Veräußerer an. Auch kann die
Übertragung durch ein Bündel von Rechtsgeschäften erfolgen. Erforderlich ist aber, daß der Erwerber auf
vertraglicher Grundlage die Möglichkeit erwirbt, eine im wesentlichen unveränderte Arbeitsaufgabe
fortzuführen (Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - 8 AZR 729/96 - aa0, zu B 12 d der Gründe). Die
Betriebsfortführung wird dem neuen Notar jedoch nicht durch die Übertragung der genannten Betriebsmittel
und Übernahme des Personals eröffnet. Maßgeblich hierfür ist allein die Übertragung der Notarbefugnis, die
nicht durch Rechtsgeschäft erfolgt.
II.. Einer Vorlage der Frage an den EuGH, ob das Nurnotariat dem Anwendungsbereich der Richtlinie
77/187 unterfällt, bedarf es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Das letztinstanzlich entscheidende
Gericht hat zwar gemäß Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag dem EuGH die Fragen in einem
Vorabentscheidungsverfahren vorzulegen, in denen Zweifel über den Anwendungsbereich der Richtlinie
bestehen. Diese Voraussetzung liegt aber nicht vor. Die hier zu entscheidenden Fragen sind vom EuGH
bereits entschieden worden. Danach findet die Richtlinie 77/187 weder auf Hoheitsakte (EuGH Urteil vom
15. Oktober 1996 - Rs C - 298/94 - EuGHE 1 1996, 4989, 5020 = AP Nr. 13 zu EWG-Richtlinie 77/187, Nr.
14 und 17) noch auf bloße Funktionsnachfolgen (EuGH Urteil vom 11. März 1997, aa0, Nr. 15) Anwendung. Desweiteren hat der EuGH wiederholt die Kriterien benannt, wann ein Übergang im Sinne der
Richtlinie vorliegt (Urteil vom 11. März 1997, aaO; Urteil vom 10. Dezember 1998 - verb. Rs C-1 73/96 u.
C-247/96 - NZA 1999, 189, Nr. 25, 30 - 32 [Hidalgo]; Urteil vom 10. Dezember 1998 - verb. Rs C-127/96,
C-229/96 u. C74/97 - NZA 1999, 253 Nr. 29 - 32 [Hernandez]). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat
bereits mit Urteil vom 22. Mai 1997 (- 8 AZR 101/96 - BAGE 86, 20 = AP Nr. 154 zu § 613 a BGB)
angeschlossen. Ob dagegen ein Betrieb fortbesteht oder untergegangen ist, ist eine tatsächliche Frage, die
nicht der Vorlage an den EuGH bedarf.
III. Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend
angenommen, die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt (§ 1 Abs. 2 KSCG).
Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung gern. § 1 KSCG
überhaupt geltend gemacht hat (vgl. § 6 KSCG).
können sich aus inner- oder außerbetrieblichen Gründen ergeben (BAG Urteil vom 7. Dezember 1978 - 2
AZR 155/77 - BAGE 31, 159, 161 = AP Nr. 6 zu § 1 KSCG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu 11 1 a
der Grün de. BAG Urteil vom 24. Oktober 1979 - 2 AZR 940/77 - BAGE 32, 150, 153 f. = AP Nr. 8 zu § 1
KSCG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu 11 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 30. April 1987 - 2 AZR
184/86 - BAGE 55, 262, 265 f. = AP Nr. 42 zu § 1 KSCG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu 1 der
Gründe). Eine Kündigung ist au innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu
einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für
die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (BAG Urteil vom 26. September 1996 2 AZR 200/96 - AP Nr. 80 zu § 1 KSCG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu 112 a der Gründe, m.w.N.).
2. Der Beklagte hat sich im April 1997 entschlossen, sein Notariat zum 1. Dezember 1997 aufzugeben und
damit seinen Betrieb einzustellen. Seine unternehmerische Entscheidung zur Aufgabe des Notariats
dokumentiert sich in seinem Antrag vom 11. April 1997 an den Justizminister des Landes
Nordrhein-Westfalen auf Entlassung aus dem Amt des Notars mit Wirkung zum 1. Dezember 1997. Mit
diesem Antrag ist das Beschäftigungsbedürfnis für die Mitarbeiter mit Ablauf des 30. November 1997
weggefallen. Gemäß § 48 BNotO hat die Landesjustizverwaltung auf den schriftlichen Antrag die
Entlassung aus dem Amt zum beantragten Zeitpunkt auszusprechen. Mit dem Wirksamwerden der
Entlassung erlischt dann auch das Amt des Notars (§ 47 Ziff. 2 BNot0).
3. Die Arbeitsgerichte können die unternehmerische Entscheidung nicht auf deren Zweckmäßigkeit oder
sachliche Rechtfertigung, sondern nur auf die Einhaltung der äußersten Grenzen der offenbaren Unvernunft
oder Willkür hin überprüfen (vgl. BAG Urteil vom 30. April 1987 - 2 AZR 184/86 - BAGE 55, 262, 271 =
AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu 1112 c der Gründe). Gegen die
Entscheidung des Beklagten, seine Notartätigkeit einzustellen, bestehen keine Bedenken.
4. Der Beklagte konnte die Kündigung nicht durch andere Maßnahmen vermeiden. Insbesondere bestand bei
dem Beklagten nach seiner Entlassung keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin.
IV. Der Beklagte hat durch die Kündigung vom 17. April 1997 zum 30. November 1997 die maximale
gesetzliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende (§ 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB)
eingehalten.
V. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BAG

Erscheinungsdatum:

26.08.1999

Aktenzeichen:

8 AZR 827/98

Erschienen in:

DNotI-Report 2000, 61
MittBayNot 2000, 130-133
MittRhNotK 2000, 35-37
DNotZ 2000, 540-544
NJW 2000, 1739-1741
NotBZ 2000, 97-98
ZNotP 2000, 204-206

Normen in Titel:

BGB § 613a; KSchG § 1; BNotO §§ 4, 6b