Zur gerichtlichen Anordnungsbefugnis bei Zustellung im Ausland und Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten
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Dokumentnummer: 8zr190_10
letzte Aktualisierung: 27.04.2011
BGH, 02.02.2011 - VIII ZR 190/10
Zur gerichtlichen Anordnungsbefugnis bei Zustellung im Ausland und Benennung eines
inländischen Zustellungsbevollmächtigten
Die in
ZPO anzuordnen, dass bei fehlender Bestellung eines Prozessbevollmächtigten ein inländischer
Zustellungsbevollmächtigter zu benennen ist und andernfalls spätere Zustellungen durch Aufgabe zur Post bewirkt werden können, erstreckt sich nur auf diejenigen Zustellungen im Ausland, die gemäß § 183 I bis IV ZPO nach den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen
vorzunehmen sind. Dagegen gilt diese Anordnungsbefugnis nicht für Auslandszustellungen, die
nach den gemäß
werden.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 190/10
Verkündet am:
2. Februar 2011
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZPO §§ 183, 184, 189, 1068, 1069; EuZVO Art. 1, Art. 20
Die in
werden können, erstreckt sich nur auf diejenigen Zustellungen im Ausland, die
gemäß § 183 Abs. 1 bis 4 ZPO nach den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen sind. Dagegen gilt diese Anordnungsbefugnis nicht
für Auslandszustellungen, die nach den gemäß
bleibenden Bestimmungen der EuZVO vorgenommen werden.
BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 190/10 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Konstanz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Hessel, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats in
Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 24. Juni 2010
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die in S.
ansässige Klägerin nimmt die in P.
ansässige Beklagte
auf Bezahlung von Kaufpreisforderungen aus Lieferungen im Zeitraum von Juni
2006 bis Januar 2008 in Höhe von 44.433,66 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Nach ihren Behauptungen wurden die Lieferungen auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgewickelt, die in § 7 als Erfüllungsort für die Lieferung und Zahlung sowie als ausschließlichen Gerichtsstand für sämtliche gegenwärtigen und
zukünftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit Kaufleuten S.
bestimmen und zum anzuwendenden Recht vorsehen, dass für die Rechtsbeziehungen im Zusammenhang mit dem Vertrag deutsches materielles Recht
unter Ausschluss des UN-Kaufrechts gelten soll. Dem streitigen Verfahren ist
ein Mahnverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart vorausgegangen, in dem am
20. August 2008 ein Mahnbescheid erlassen wurde, der unter anderem folgende Anordnung enthält:
"Es wird angeordnet, dass Sie innerhalb einer Frist von einem Monat,
gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen haben, der in der Bundesrepublik Deutschland
wohnt oder einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, so können spätere Zustellungen von Schriftstücken bis
zur nachträglichen Benennung unter der Anschrift der Partei durch Aufgabe zur Post bewirkt werden. In diesem Fall gelten die Schriftstücke
1 Monat nach Aufgabe zur Post als zugestellt."
Der Mahnbescheid ist der Beklagten auf Zustellungsersuchen vom
21. Januar 2009 nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung
der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 (ABl. EG Nr. L 324 S. 79 - im Folgenden:
EuZVO) am 20. April 2009 über das zuständige Gericht in P.
durch Übergabe
zugestellt worden. Nach Widerspruch der Beklagten und Abgabe der Sache an
das im Mahnbescheid zur Durchführung des streitigen Verfahrens benannte
Landgericht Konstanz hat der Vorsitzende der mit der Sache befassten Zivilkammer nach Eingang der Anspruchsbegründung die Durchführung eines
schriftlichen Vorverfahrens unter Bestimmung einer Frist von zwei Wochen zur
Verteidigungsanzeige angeordnet. Nachdem auf die am 4. August 2009 durch
Aufgabe zur Post gemäß
durch Versäumnisurteil auf Zahlung von 44.433,66 € sowie auf Zahlung von
vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von 1.580 € (jeweils nebst Zinsen)
erkannt. Die Zustellung dieses Versäumnisurteils ist gegenüber der Beklagten
am 4. September 2009 durch Aufgabe der Sendung zur Post gemäß
vorgenommen worden. Die Beklagte hat am 30. Oktober 2009 Einspruch eingelegt, mit dem sie die Wirksamkeit der nach
19. Oktober 2009 behauptet hat und der Klage unter Rüge der internationalen
Zuständigkeit des Landgerichts Konstanz auch in der Sache entgegen getreten
ist. Das Landgericht hat den Einspruch als unzulässig verworfen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Einspruch sei verspätet, da die zweiwöchige Einspruchsfrist, die einen Monat nach Aufgabe des Versäumnisurteils zur Post zu laufen begonnen
habe, bereits am 18. Oktober 2009 geendet habe. Die auch im gerichtlichen
Mahnverfahren zulässige und im Mahnbescheid enthaltene Anordnung nach
ein den Anforderungen des europäischen Zustellungsrechts genügendes verfahrenseinleitendes Schriftstück gehandelt, durch das die Beklagte in die Lage
versetzt worden sei, ihre Rechte geltend zu machen, so dass das Landgericht
nicht gehalten gewesen sei, vor Erlass des Versäumnisurteils erneut eine Anordnung nach
Geschäftsführer der Beklagten falsch bezeichnet worden sei, da angesichts der
vollständigen Firmenbezeichnung der Beklagten und ihrer zutreffend angegebenen Adresse an der Identität des Zustellungsempfängers kein Zweifel bestanden habe. Ebenso wenig habe einer Wirksamkeit der Zustellung entgegengestanden, dass das Versäumnisurteil abweichend von
Landgericht keine besondere Einspruchsfrist nach
habe. Abgesehen davon, dass es sich bei der Zustellung nach
eine von
einem durch den kurzen Lauf der Einspruchsfrist drohenden Rechtsnachteil der
Beklagten auch dadurch begegnet worden, dass bereits das Mahngericht die
Frist nach
Der gemäß
gestanden, da die EuZVO für andere als verfahrenseinleitende Schriftstücke
eine Zustellung nach der genannten Bestimmung nicht verbiete und insbesondere keine zwingenden Regeln dahin enthalte, dass Schriftstücke in einem bereits anhängigen gerichtlichen Verfahren im Wege einer förmlichen Auslandszustellung zu übermitteln seien. Die EuZVO beschränke sich vielmehr darauf,
zwingende Regeln für die Übermittlung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks aufzustellen sowie die Anforderungen an vom nationalen Recht vorgesehene Auslandszustellungen festzulegen. Ob allerdings eine Zustellung ins
Ausland erforderlich sei, richte sich im Anwendungsbereich des europäischen
Zustellungsrechts - wie zuvor schon unter der Geltung des im Haager
Übereinkommen geregelten Zustellungsrechts - nach der jeweiligen lex fori.
Hierfür spreche auch, dass die EuZVO nach ihrem Erwägungsgrund 8 für Zustellungen an einen Bevollmächtigten keine Geltung beanspruche. Da es Sache
des nationalen Prozessrechts sei zu bestimmen, ob eine Partei einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen habe, könne das nationale Recht auch an die
unterlassene Bestellung eines Bevollmächtigten bestimmte Rechtsfolgen knüpfen, bei denen die Interessen der klagenden Partei an einer Beschleunigung
des Rechtsstreits gegen die Interessen des Beklagten, seine Rechte effektiv
wahrnehmen zu können, abzuwägen seien. Auch sonst sei es nach Sinn und
Zweck der EuZVO nicht erforderlich, jedes gerichtliche Schriftstück während
eines anhängigen Gerichtsverfahrens nach deren Bestimmungen förmlich zuzustellen. Vielmehr genüge es, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück
gemäß den Regeln der EuZVO zugestellt worden sei und kein Zweifel daran
bestehe, dass die beklagte Partei Kenntnis vom verfahrenseinleitenden Schriftstück habe und sich dadurch ausreichend verteidigen könne. Dem stehe nicht
entgegen, dass
ein Eingreifen dieser Fiktion vorgesehenen Fristen einschließlich bestehender
Wiedereinsetzungsmöglichkeiten einen ausreichenden Schutz des Beklagten
gewährleisteten.
Auch nach nationalem Prozessrecht sei im vorliegenden Fall eine Zustellung des Versäumnisurteils durch Aufgabe zur Post zulässig gewesen. Im Gegensatz zur vorherigen Gesetzesfassung, die möglicherweise eine Beschränkung auf bestimmte Fälle der Auslandszustellung enthalten habe, sei § 184
ZPO in der seit dem 13. November 2008 geltenden und damit hier maßgeblichen Gesetzesfassung auf jede vorhergehende Form der Auslandszustellung
uneingeschränkt anwendbar. Das entspreche zugleich der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Intention des Gesetzgebers, wonach angesichts der unzuverlässigen Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein der
Praxis eine effektive Möglichkeit geschaffen werden sollte, Zustellungen auf
einfachem Wege vorzunehmen.
Der Beklagten habe schließlich auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden können, da ihr dahin gehender Antrag erst nach
Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellt worden und daher verspätet sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sei Art. 19 Abs. 4 EuZVO insoweit
nicht anwendbar, da diese Vorschrift sich nur auf die Säumnis im Zusammenhang mit der Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks beziehe und
im Übrigen auch die angemessene Frist zur Stellung des erforderlichen Antrages versäumt sei. Ebenso wenig lägen die Voraussetzungen des
vor, da die Beklagte weder Wiedereinsetzungsgründe glaubhaft gemacht noch
innerhalb der Frist des
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen
Punkt nicht stand. Der Auffassung des Berufungsgerichts,
auch im Anwendungsbereich des europäischen Zustellungsrechts eine (Inlands-)Zustellung des Versäumnisurteils durch Aufgabe zur Post zu, ist nicht zu
folgen.
1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Zustellung nach
die nach allgemeiner Auffassung nicht als Zustellung im Ausland, sondern als
eine mit Zugangsfiktion verbundene Form der Zustellung im Inland anzusehen
ist (Senatsbeschluss vom 3. Februar 1999 - VIII ZB 35/98,
1187 unter II 1 b mwN), im Anwendungsbereich des europäischen Zustellungsrechts überhaupt zulässig wäre oder - wie die Revision meint - auch über die
Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks hinaus mit vorrangigen Zustellungsregeln der EuZVO kollidieren würde (zum Meinungsstand Heinze
durch Bezugnahme auf
diejenigen Zustellungen im Ausland, die gemäß § 183 Abs. 1 bis 4 ZPO nach
den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen sind. Dagegen bleiben die Vorschriften der EuZVO, die nach deren Art. 1 Abs. 1 Satz 1,
Art. 20 Abs.1 mit Vorrang vor bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen
Zustellungen in Zivil- oder Handelssachen erfassen, in denen - wie hier - ein
gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück von einem in einen anderen
Mitgliedsstaat zum Zwecke der Zustellung zu übermitteln ist, von den Bestimmungen des
erstreckt sich die in
nicht auf Auslandszustellungen, die außerhalb des
der Bestimmungen der EuZVO vorgenommen werden.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit der Zustellung des Versäumnisurteils durch die am 4. September 2009 vorgenommene Aufgabe zur Post allerdings am Maßstab der
durch Art. 1 Nr. 3, 4 des Gesetzes zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I
S. 2122) geänderten und gemäß Art. 8 Abs. 2 dieses Gesetzes am 13. November 2008 in Kraft getretenen Fassung beurteilt. Wenn sich - wie hier - im Verlauf
der einzelnen Zustellungen und Zustellungsversuche die für die Zustellung
maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften ändern und sich aus Überleitungsvorschriften oder Sinn und Zweck der Regelung nichts Abweichendes ergibt, finden nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts die geänderten
Vorschriften auch in laufenden Verfahren oder Verfahrensabschnitten vom Tage ihres Inkrafttretens an auf die danach vorzunehmenden Zustellungen Anwendung (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2006 - V ZR 282/05,
Rn. 19; OLG Hamburg,
2010 - 5 K 79/08, juris Rn. 36; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 23. April 2007
b) Ob Anordnungen nach
werden, war schon für die bis zum 12. November 2008 geltende Gesetzesfassung umstritten und ist auch für die Neufassung umstritten geblieben.
aa) Nach der Neufassung des
der Zustellung nach
Prozessbevollmächtigten bestellt hat, innerhalb einer angemessenen Frist einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten benennt. Andernfalls
können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird. § 183 Abs. 1 bis 4 ZPO besagt, dass eine Zustellung im Ausland
nach den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen ist, und
regelt sodann die Reihenfolge und Modalitäten der in Betracht kommenden Zustellungsformen sowie die Form des Zustellungsnachweises.
bestimmt, dass die Vorschriften der EuZVO unberührt bleiben und für die
Durchführung die
12. November 2008 nach Maßgabe von Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Reform
des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz - ZustRG) vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206) geltenden alten
Fassung des
Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung
des Bundes oder an im Auswärtigen Dienst stehende Deutsche. Dagegen war
Absatz 3, der - jedenfalls in seiner durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende
Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (EGBeweisaufnahmedurchführungsgesetz) vom 4. November 2003 (BGBl. I
S. 2166) erlangten Fassung - eine mit der Neufassung des
weitgehend übereinstimmende Vorbehaltsklausel enthielt, bereits im Wortlaut
des
bb) Zu den Anordnungsmöglichkeiten nach
die Instanzrechtsprechung und das Schrifttum überwiegend davon aus, dass
der Wortlaut dieser Bestimmung bereits wegen seiner fehlenden Bezugnahme
auf
(OLG Düsseldorf,
§§ 183, 184 Rn. 22, § 184 Rn. 7; Heß,
ZPO verdrängende Spezialregelung enthielten (LAG Köln, IPRspr. 2008, 545,
546). Die gegenteilig vertretene Auffassung meint, aus der Gesetzesbegründung den Willen des Gesetzgebers herleiten zu können, dass
auch dann anwendbar sein solle, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück
nicht nach § 183 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ZPO aF, sondern gemäß § 183 Abs. 3
ZPO aF in Verbindung mit Art. 4 ff. EuZVO durch die Behörden des fremden
Staates oder durch eine diplomatische oder konsularische Vertretung des Bundes zugestellt worden sei (MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl., § 184 Rn. 3).
Für die Neufassung des
nicht habe ausschließen wollen (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 183 Rn. 79a;
unklar Heinze, aaO, S. 157), wird überwiegend entgegen gehalten, dass auch
der neu gefasste Gesetzeswortlaut einer Anwendbarkeit des
Zustellungen entgegen stehe, die nach Maßgabe der EuZVO erfolgt seien. Diese Zustellungen hätten in dem in Bezug genommenen
Regelung erfahren, sondern fänden - wie
Grundlage nach wie vor ausschließlich in den Bestimmungen der EuZVO (Rauscher/Heiderhoff, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearb. 2010,
Einl EG-ZustVO 2007 Rn. 40; Musielak/Borth, ZPO, 7. Aufl., § 688 Rn. 8; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 31. Aufl., § 184 Rn. 10).
cc) Die letztgenannte Auffassung verdient den Vorzug.
(1) Die in
Möglichkeit einer (Inlands-)Zustellung durch Aufgabe zur Post hat sich bereits
nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht auf Zustellungen erstreckt, denen eine grenzüberschreitende Zustellung nach Maßgabe der EuZVO oder ihrer Vorgängerregelung, der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom
29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 160
S. 37), vorausgegangen war. Auch im Gesetzgebungsverfahren zum Zustellungsreformgesetz waren die in § 184 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs benannten
Zustellungen nach
14/4554, S. 23). Die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Zustellung nach
europäischem Zustellungsrecht ist erstmals im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens angesprochen worden. Die Bundesregierung hat in einer Gegenäußerung auf einen von ihr abgelehnten Vorschlag des Bundesrates, in
dem im Entwurf vorgesehenen § 184 Abs. 1 Satz 1 die Angabe "Nr. 2 und 3" zu
streichen, um eine Zustellung durch Aufgabe zur Post auch nach vorausgegangener Auslandszustellung durch Einschreiben mit Rückschein bewirken zu können, auf das bevorstehende Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
hingewiesen und bemerkt, dass im Geltungsbereich des die Zustellung durch
Einschreiben mit Rückschein regelnden Art. 14 dieser Verordnung "für eine
dem
(BT-Drucks. 14/4554, S. 32, 34). Das Verhältnis von § 183 des Entwurfs zum
europäischen Zustellungsrecht ist schließlich auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages durch Einfügung eines Absatzes 3 in der Weise
geregelt worden, dass die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 unberührt bleiben sollten. Außerdem sollten die Bedingungen der in Art. 14 der
Verordnung vorgesehenen Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein in
einem Zustellungsdurchführungsgesetz festgelegt und - um Unsicherheiten in
der gerichtlichen Praxis auszuschließen - hierin denen der Zustellung im Inland
nach
ZPO angeglichen werden (BT-Drucks. 14/5564 S. 8, 20 f.). Dies unterstreicht
die beabsichtigte Eigenständigkeit dieser Regelungen außerhalb des Anwendungsbereichs des
Der nationale Gesetzgeber hat auf diese Weise die von den europäischen Zustellungsvorschriften erfassten grenzüberschreitenden Zustellungen
gerade nicht in die zur Durchführung von Auslandszustellungen aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen getroffenen Regelungen des
seinem Anwendungsbereich gegenüber völkerrechtlichen Vereinbarungen vorrangigen europäischen Zustellungsrecht auf die Klarstellung beschränkt, dass
die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 von den in § 183 Abs. 1
und 2 ZPO getroffenen Regelungen unberührt bleiben sollten, und sich - für
grenzüberschreitende Zustellungen im Anwendungsbereich des europäischen
Zustellungsrechts auf dieses verweisend - einer eigenen Regelung enthalten
(vgl. Wieczorek/Schütze/Rohe, aaO, Vor §§ 183, 184 Rn. 22; Heckel, aaO).
Auch soweit die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 noch der Ergänzung durch
nationales Recht bedurfte, hat der nationale Gesetzgeber - nach einer übergangsweisen Verweisung auf § 183 Absatz 2 Satz 1 ZPO - die benötigten Ausführungsregeln zunächst im Gesetz zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher
Vorschriften über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Zustellungsdurchführungsgesetz - ZustDG) vom 9. Juli 2001 (BGBl. I S. 1536) geregelt. Im
Zuge des EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetzes hat er sodann die Ausführungsregeln in das neu eingefügte Buch 11 der Zivilprozessordnung, nämlich
in die
die Zulässigkeit einer (Inlands-)Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgte Bezugnahme auf eine vorausgegangene Auslandszustellung nach § 183 Abs. 1
Nr. 2 und 3 ZPO aF hat mithin keine grenzüberschreitenden Zustellungen erfasst, die nach Maßgabe der EuZVO und der ihr vorausgegangenen Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 erfolgt waren.
(2) An dieser Rechtslage hat sich durch die seit dem 13. November 2008
geltende Neufassung der
danach der Wortlaut des
nach den Vorschriften der EuZVO vorzunehmenden Zustellungen abweichend
von der bisherigen Rechtslage in den Anwendungsbereich des
erweitern (BT-Drucks. 16/8839, S. 19), hat dies nur darauf abgezielt, den Anwendungsbereich dieser Bestimmung bei Zustellungen aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarung zu verbreitern (vgl. BT-Drucks. 16/8839, S. 21). Dass sich
dagegen am Verhältnis zum europäischen Zustellungsrecht etwas ändern sollte, dessen Vorschriften nach
ZPO getroffenen Regelungen für Zustellungen, die nach den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen waren, nach wie vor unberührt
bleiben sollten, lässt die Gesetzesbegründung nicht erkennen, zumal die geänderte Fassung des
Die Änderung des
Begründung vielmehr an die Systematik des § 183 Abs. 1 bis 4 ZPO angelehnt.
Sie war - was bisher wegen der fehlenden Bezugnahme auf § 183 Abs. 1 Nr. 1
ZPO aF nicht möglich war - darauf gerichtet, "die Zustellung durch Aufgabe zur
Post nicht mehr generell auszuschließen, wenn das zuzustellende Schriftstück
aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post übersandt werden darf". Zu diesen Zustellungen aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen, die der Gesetzgeber bei der Neufassung im Blick hatte, zählen jedoch die von den Regelungen des
Ein hiervon abweichender Wille des Gesetzgebers, die nach den Vorschriften der EuZVO vorgenommenen Zustellungen über den Wortlaut des in
Bezug genommenen
der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu § 183 Abs. 1 des Entwurfs um Prüfung gebeten hatte, ob der Vorrang der Zustellung durch Einschreiben mit
Rückschein vor der Zustellung durch die Rechtshilfebehörden gemäß Art. 4 bis
11 EuZVO angesichts eines dort nicht vorgesehenen Rangverhältnisses europarechtskonform erscheine (BT-Drucks. 16/8839, S. 35), hat sich die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung auf die Aussage beschränkt, dass sich insbesondere auch hinsichtlich des Regelfalls der Postzustellung im Hinblick auf
die EuZVO keine Anhaltspunkte für eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht
ergeben hätten. Nach § 183 Abs. 5 des Entwurfs blieben die Regelungen der
EuZVO vielmehr unberührt. Zudem führe die EuZVO kein abschließendes Regime für die Zustellung ein, sondern stelle den Mitgliedstaaten lediglich Mechanismen zur Verfügung, wie sie zügig und kostengünstig Zustellungen bewirken
könnten (BT-Drucks. 16/8839, S. 38 f.). Dass der Gesetzgeber abweichend
vom Gesetzeswortlaut die danach unberührt bleibenden Regelungen der
EuZVO von den in den Absätzen 1 bis 4 des Entwurfs getroffenen Regelungen
erfasst wissen wollte, lässt sich der Gesetzesbegründung deshalb nicht entnehmen. Demgemäß schließt auch die in
Bestimmung ausdrücklich ausgenommenen und hinsichtlich der erforderlichen
nationalen Durchführungsbestimmungen anderweitig, nämlich in § 1068 Abs. 1
und
ein.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war danach die Einspruchsfrist des
30. Oktober 2009 bei dem Landgericht eingegangen ist. Die nach Maßgabe des
nicht in Lauf setzen können. Denn eine Zustellung durch Aufgabe zur Post ist
nur zulässig, wenn die betroffene Partei keinen Zustellungsbevollmächtigten
benannt hat, obgleich sie dazu gemäß
(vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1972 - II ZR 7/71,
ohne gesetzliche Grundlage, weil sie - wie hier - für eine Fallgestaltung ausgesprochen wird, die von der in
hat auch nicht festgestellt, dass das zur Post aufgegebene Versäumnisurteil der
Beklagten vor dem 19. Oktober 2009 tatsächlich zugegangen ist, so dass
Sachverhalt - auch im Falle einer etwaigen Heilung des Zustellungsmangels
gemäß
nicht abgelaufen war.
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es
ist aufzuheben (
Berufungsgericht zurückzuverweisen (
Ball
Dr. Hessel
Dr. Fetzer
Dr. Achilles
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:01.02.2011
Aktenzeichen:VIII ZR 190/10
Rechtsgebiete:Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Erschienen in:NJW 2011, 1885-1887
Normen in Titel:ZPO §§ 184, 183, 189, 1068, 1069; EuZVO Art. 1, 20