BayObLG 10. Dezember 1980
BReg. 1 Z 120/80
HGB § 18 Abs. 2, FGG § 12

Zur Firma des Einzelkaufmanns

fortgeführt werden darf, um die ideellen und materiellen Werte der alten Firma erhalten zu können. Vorausgesetzt wird
hierbei aber ein bestehendes Handelsgeschäft einer OHG
(Würdinger in GroßKomm Anm. 3, Schlegelberger RdNr. 2, je
zu § 24 HGB). Außerdem muß die Firma tatsächlich und mit
Recht geführt worden sein, sie braucht in den Fällen des § 1
Abs. 2 HGB nicht in das Handelsregister eingetragen gewesen zu sein (Würdinger aaO). War das Unternehmen kein vollkaufmännisches und daher zur Führung einer Firma nicht berechtigt, dann kommt auch die Fortführung einer Firma nicht
in Betracht.
Ohne diese Voraussetzungen zu klären, durfte das Landgericht nicht eine Firmenfortführung annehmen. Hierzu bestand
um so weniger Anlaß, als im vorliegenden Fall der Anmeldung
vom 30.8.1979 nicht zu entnehmen ist, ob die am 1.6.1973 von
den Beteiligten zu 1) und 3) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch Aufnahme eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes ihren rechtlichen Charakter geändert und zu einer OHG geworden war (vgl. BGH NJW 1967, 821), bevor die
Beteiligte zu 2) als neue Gesellschafterin eingetreten ist, was
mangels anderweitiger Bestimmungen des Vertrages vom
1.6.1973 durch — formlosen — Vertrag mit den bisherigen Gesellschaftern erfolgen konnte (Keidel/Schmatz/Stöber RdNr.
241). Es fehlen weiterhin Feststellungen dazu, daß die nunmehr angemeldete Firma zu dieser Zeit tatsächlich geführt
worden ist. Die Tatsache, daß die dem Registergericht übersandte Anmeldung vom 30.8.1979 als „Neuanmeldung der Firma M. & L." bezeichnet ist, spricht eher gegen eine Firmenfortführung.
Die insoweit bestehenden Unklarheiten hätte das Landgericht
zu entsprechenden Ermittlungen veranlassen müssen. Da das
Rechtsbeschwerdegericht zu Ermittlungen nicht befugt ist,
war in diesem Umfang eine Zurückverweisung der Sache an
das Landgericht zur anderweiten Behandlung und erneuten
Entscheidung geboten (Keidel/Kuntze/Winkler § 27 FGG
RdNr. 66).
16. HGB § 18 Abs. 2, FGG § 12 (Zur Firma des Einzelkaufmanns)
1. Zur Frage, ob ein sachbezogener Zusatz mit dem Vornamen des Firmeninhabers (hier: „Reisebüro Klaus")vor dem Inhabervermerk (Klaus H.) bei einer Neugründung geeignet ist,
eine Firmenfortführung vorzutäuschen.
2. Allgemeine Grundsätze zur Firmenwahrheit und zur Zulässigkeit von Firmenzusätzen neben dem Inhabervermerk.
3. Das Gutachten der Industrie- und Handelskammer muß
vom Richter auf seine Tragfähigkeit nachgeprüft werden.
Drängen sich danach Zweifel auf, ob die Auffassung der Industrie- und Handelskammer der des maßgeblichen Teils der
Kaufmannschaft entspricht, so muß er weitere Ermittlungen
anstellen, gegebenenfalls eine Umfrage veranlassen.
BayObLG, Beschluß vom 11.12.1980 — BReg. 1 Z 120/80 —
mitgeteilt von Dr. Martin Pfeuffer, Richter am BayObLG
Aus dem Tatbestand:
Der Reisebürokaufmann Klaus H. meldete am 16.1.1980 beim Amtsgericht — Registergericht — N. in notariell beglaubigter Form an,
daß er in A. unter der Firma „Reisebüro Klaus Inh. Klaus H." ein Einzelunternehmen betreibe.
Das Registergericht erholte eine gutachtliche Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer N. Diese vertrat in ihrem Gutachten die
Ansicht, durch die Verwendung des Wortes „Klaus" im Firmenzusatz
entstehe der Eindruck, der Firmeninhaber würde ein bereits bestehendes Handelsgeschäft mit dem Recht der Firmenfortführung weiterführen; denn das Wort ,Klaus" komme als bürgerlicher Name
nicht nur in N., sondern auch in A. nicht selten vor.
Der Anmelder verblieb auch nach Kenntnisnahme von diesem Gutachten bei seinem Antrag.
Mit Beschluß vom 15.7.1980 wies das Amtsgericht — Registergericht
— N. den Eintragungsantrag gemäß der Anmeldung vom 16.1.1980
zurück.
Dagegen legte Notar F. namens des Anmelders „Beschwerde" ein,
der der Rechtspfleger und der Registerrichter nicht abhalfen und die
dieser dem Landgericht als Beschwerde vorlegte.
Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluß vom 14.8.1980
als unbegründet zurück. Es schloß sich der Ansicht der Industrie- und
Handelskammer und des Registergerichts an.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts richtet sich die weitere
Beschwerde.
Aus den Gründen:
1. Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) und formgerecht erhoben (§ 29 Abs. 2 Sätze 1 und 3 FGG).
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
2. a) Gemäß § 18 Abs. 1 HGB muß der Einzelkaufmann seinen
Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen
Vornamen als Firma führen. Nach heute herrschender Ansicht, der der Senat beitritt, kann der Name (Familienname
und Vorname) des Inhabers einer Einzelfirma bei einer Neugründung auch in einem Inhabervermerk enthalten sein (KG
JW 1930, 1410; OLG München JFG 13, 3361339 und JFG 15,
10111; OLG K' NJW 1953,. 345 f. und 1963, 541/542; Schlegelberger HGB 5. Aufl. RdNrn. 2, 3, Würdinger in Großkomm HGB
3. Aufl. Anm. 5; Baumbach/Duden HGB 24. Aufl. Anm. 1 A und.
3 A, je zu § 18 HGB; Bokelmann Das Recht der Firmen- und
Geschäftsbezeichnungen RdNr. 395 = S. 193). Sogenannter
Firmenkern ist in diesem Falle der Familienname mit dem
ausgeschriebenen Vornamen (hier: „Klaus H."); Zusätze sind
alle Beifügungen, die vor und/oder hinter diesem Firmenkern
stehen; für ihre Zulässigkeit ist die Vorschrift des § 18 Abs. 2
HGB maßgebend.
b) Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB darf der Firma kein Zusatz
beigefügt werden, der geeignet ist, eine Täuschung über die
Art oder den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse des
Geschäftsinhabers herbeizuführen.
Dieser Grundsatz der Firmenwahrheit besagt, daß die Firma
einerseits den wahren Inhaber erkennen lassen und andererseits über die Verhältnisse des Unternehmens nicht täuschen
soll (Schlegelberger Einl. vor § 17 HGB IV; Kind BB 1980,
1558). Weil sich der Einzelkaufmann unter seiner Firma an eine nicht abgegrenzte Öffentlichkeit wendet, die herkömmlich
als „die Allgemeinheit", „das Publikum" oder als „der allgemeine Verkehr" bezeichnet wird, darf seine Firma weder in ihrem Kern noch in ihren Zusätzen noch in ihrer Gesamtheit zur
Täuschung geeignet sein (vgl. BayObLGZ 1971, 3471348; 1972,
310/312; Schlegelberger RdNr. 9, Würdinger Anm. 16, je zu
§ 18 HGB). Das ist sie, wenn sie in diesem weitesten Personenkreis Irrtümer zu erzeugen vermag. Dabei ist auf eine nicht
ganz entfernte Möglichkeit der Irreführung (BayObLGZ 1971,
347/349; 1972, 277/280, 310/312) bei einem nicht unbeachtlichen Teil der durch die Firma angesprochenen Verkehrskreise(Baumbach/Duden §§ 18, 19 HGB Anm. 2 B) abzustellen; eine Täuschungsabsicht oder eine schon eingetretene Täuschung braucht nicht vorzuliegen (RGZ 156, 16/21 f.; BayObLG
BB 1979, 184 m. Nachw.).
Es kann aber auch schon genügen, wenn ein engerer Kreis —
etwa Kunden, Lieferanten oder Kaufleute des betreffenden
Geschäftszweiges - irregeführt werden kann (BayObLG aaO;
Schlegelberger § 18 HGB RdNr. 9; Bokelmann RdNr. 70). Denn
84 MittBayNot 1981 Heft 2


die für den Handelsnamen geltende Regelung des § 18 Abs. 2
HGB hat auch wettbewerbliche Bedeutung. Wie die Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (§ 3 UWG)
erfüllt sie eine doppelte Aufgabe: Die mit dem Unternehmen
in Geschäftsverkehr, tretenden Personen, aber auch Mitbewerber gegen unlauteres Geschäftsgebaren zu schützen und
so auch im Firmenrecht die Einhaltung eines lauteren Wettbewerbs zu gewährleisten (vgl. BGHZ 10, 196/201; BGH BB 1964,
240; BayObLG aaO).
Ob sich eine Firma zur Täuschung eignet, ist auf Grund der
Verkehrsauffassung unter besonderer Berücksichtigung des
Einzelfalls zu beurteilen (BGH BB 1973, 813; BayObLGZ 1972,
277/280 f.; BayObLG BB 1979, 184). Die Auffassung des allgemeinen Verkehrs hat das Registergericht im Eintragungsverfahren von Amts wegen zu ermitteln (§ 12 FGG; vgl. auch § 23
Satz 2 HRV); hierbei kommt dem Gutachten der Industrie- und
Handelskammer regelmäßig besondere Bedeutung zu (BayObLGZ 1972, 277/280 f.; 1971; 347/349 f.).
c) Die Entscheidungen der Vorinstanzen können jedoch insoweit auf Rechtsfehlern beruhen, als die Tatrichter — ohne genügende eigene Würdigung — der Ansicht der Industrie- und
Handelskammer ohne weiteres gefolgt sind, der nach dem
Wort Reisebüro als Zusatz verwendete Vorname „Klaus" könne, weil er auch als Familienname gebräuchlich sei, beim Publikum den Eindruck erwecken, der Inhaber führe die Firma eines früheren Inhabers mit dem Familiennamen „Klaus" fort.
aa) In der Rechtsprechung und Literatur wird allgemein die
Ansicht vertreten, daß ein sachbezogener („Reisebüro") Zusatz mit dem Familiennamen des Inhabers neben dem Inhabervermerk (Familienname und Vorname) zulässig ist und keine Täuschungsgefahr begründet (KG JW 1930, 1410 = JFG 7,
147 „Lichthaus B. Inhaber Adolf B."; OLG München JFG 15,
10 „Kaufhaus Schw. Inhaber Werner Schw."; LG Dortmund
BB Beilage 9 zu Heft 30/1971 S. 3 f. ,Möbel-Maier, Inhaber Xaver Maier"; Schlegelberger RdNr. 2, Würdinger Anm. 5, Baumbach/Duden Anm. 3 A, je zu § 18 HGB; Bokelmann aaO RdNrn.
.391 bis 395; vgl. dagegen OLG Köln NJW 1963, 5411543 „Samenhandlung P.B. Inhaber P. Sch."). Der Senat vermag keinen
beachtlichen Unterschied darin zu erkennen, daß einerseits
der Gebrauch des Familiennamens als Zusatz keine Firmenfortführung vortäusche, andererseits der Gebrauch des Vornamens als Zusatz aber dann zu einer solchen Täuschung geeignet sei, wenn dieser auch als Familienname gebräuchlich
sei. Denn, abgesehen davon, daß auch der Familienname (vgl.
oben „Maier") allein zur Unterscheidung von anderen Personen desselben Namens nicht immer geeignet ist, kann die abgeleitete Firma, von gewissen Berichtigungen abgesehen
(vgl. BGHZ 44, 116 ff.), nicht anders als in ihrem vollen Wortlaut, also beim Einzelkaufmann mit Vornamen und Familiennamen (§ 18 Abs. 1 HGB), fortgeführt werden (OLG München
JFG 13, 336/338; Baumbach/Duden §§ 22, 23 HGB Anm. 2 B).
Insoweit zutreffend führt daher das Landgericht Dortmund in
der obengenannten Entscheidung aus, der irreführende Eindruck einer Firmenfortführung werde (da die fortgeführte Firma gemäß § 18 Abs. 1, § 22 HGB den Vor- und Zunamen enthalten müsse) nur dann erweckt, wenn der Firmenzusatz den
Vor- und Zunamen eines anderen Kaufmanns enthalte. Das
ist aber hier ebensowenig der Fall wie in den obengenannten
Fällen, in denen jeweils nur der Familienname im Firmenzusatz enthalten war. So wie dort jeweils der tatsächliche Familienname dem Inhabervermerk vorangestellt war, ist hier der
tatsächliche Vorname „Klaus" vorangestellt. Daß die angesprochenen Verkehrskreise — im Hinblick auf die Vorschriften des § 18 Abs. 1 und § 22 Abs. 1 HGB — in der HerausstelMittBayNot 1981 Heft 2
lung des Vornamens allein eine Firmenfortführung erblicken
könnten, in der Herausstellung des Familiennamens aber
nicht (die Firma „Reisebüro H. Inhaber Klaus H." wäre nach
der obengenannten Rechtsprechung zulässig, auch wenn es
in N. oder A. noch weitere Personen mit dem Namen H. gäbe),
ist nach der Lebenserfahrung und der Logik nicht ohne weiteres verständlich.
Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung die Vorschriften
der §§ 18 Abs. 1 und 22 Abs. 1 HGB, wonach die fortgeführte
Firma eines Einzelkaufmanns den Familiennamen und den
Vornamen enthalten muß, nicht in seine Erwägungen einbezogen. Davon kann seine Entscheidung beeinflußt sein.
Möglich wäre es allerdings, daß die Firma einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft, die den
Vornamen des Inhabers nicht zu enthalten braucht (§ 19
Abs. 3 HGB), von einem Einzelkaufmann unter Streichung des
Gesellschaftszusatzes mit dem Inhabervermerk als Nachfolgezusatz fortgeführt werden könnte (vgl. BayObLGZ 1978, 48/
50). Es ist aber nicht ohne weiteres erkennbar, daß der Name
„Klaus" hierbei eine größere Täuschungsgefahr bieten könnte, als etwa der obenerwähnte Name „Maier".
bb) Nach den aufgezeigten Umständen mußte hier die Täuschungseignung des Firmenzusatzes „Klaus" besonders
gründlich untersucht (OLG Frankfurt OLGZ 1973, 279) und eingehend begründet werden. Die Beschwerdekammer hat jedoch die Feststellung der Täuschungseignung lediglich aus
einer kurzen gutachtlichen Äußerung der Industrie- und Handelskammer übernommen, ohne diese einer eigenen Würdigung unter den oben aufgezeigten Gesichtspunkten zu unterziehen. Zwar ist die Würdigung des Beweiswerts von Sachverständigengutachten grundsätzlich dem Tatrichter überlassen
(§ 27 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO; Keidel/Kuntze/Winkler
RdNr. 42, Jansen RdNrn. 19, 43, je zu § 27 FGG). Es muß jedoch von einem Gutachten verlangt werden, daß es unter Anführung von Tatsachenmaterial so gehalten ist, daß sich das
Gericht ein eigenes Bild von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlüsse machen kann; nur dann, wenn
der Sachverständige die seiner Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen (z.B. Ergebnis einer Umfrage bei den angesprochenen Verkehrskreisen) angibt, kann der Richter prüfen,
ob das Gutachten überzeugt. Er darf jedoch das Ergebnis des
Gutachtens nicht kritiklos hinnehmen, sondern muß unter
Nachvollziehung der Gedankengänge des Sachverständigen
dessen tatsächliche Feststellungen und die gezogenen
Schlüsse auf ihre Tragfähigkeit prüfen und sich eine eigene
Überzeugung bilden (BGH LM § 144 ZPO Nr. 4, § 411 ZPO
Nr. 3; BayObLGZ 1958, 136/138; KG OLGZ 1967, 87/88; Keidell
Kuntze/Winkler § 15 FGG RdNr. 10; Jansen § 12 FGG RdNr.
81).
Die Gründe der angefochtenen Entscheidung lassen nicht erkennen, daß die Beschwerdekammer diese Maßstäbe bei der
Würdigung des Gutachtens angelegt hat (§ 25 FGG), das kein
genügendes Tatsachenmaterial enthält (vgl. OLG Frankfurt
aaO) und das auch den oben aufgezeigten rechtlichen Gesichtspunkt des § 18 Abs. 1 und § 22 Abs. 1 HGB unberücksichtigt läßt.
3. Infolge der aufgezeigten Rechtsfehler kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Weil auf ihnen
auch der Beschluß des Registergerichts beruhen kann, waren
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache
an das Amtsgericht — Registergericht — zur anderweitigen
Behandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (Keidel/
Kuntze/Winkler § 27 FGG RdNr. 66 c).
„Klaus" geeignet ist, eine Täuschung über die Verhältnisse
des Geschäftsinhabers (Firmenfortführung) herbeizuführen
(§ 18 Abs. 2 HGB) unter den oben aufgezeigten Gesichtspunkten erneut zu prüfen haben und, da aus den oben dargelegten
Gründen jedenfalls erhebliche Zweifel daran bestehen, ob die
bisherige Auffassung der Industrie-.und Handelskammer der
des maßgeblichen Teils der Kaufmannschaft entspricht, weitere Ermittlungen anzustellen haben (BayObLGZ 1971, 347/
350 mit Nachw.). Es wird unter Hinweis auf die aufgezeigten
Gesichtspunkte eine neue gutachtliche Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer erholen und diese ersuchen
müssen, durch Umfragen (vgl. BayObLG aaO S. 351) tatsächliche Grundlagen zu ermitteln, aus denen die Auffassung des
allgemeinen Verkehrs und der kaufmännischen Kreise beurteilt werden kann.
17. HGB §§ 143, 146; KO § 6 (Anmeldung des Ausscheidens
eines Gesellschafters wegen Eröffnung des Konkurses)
Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft
des Handelsrechts aus, weil über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, so hat statt seiner der Konkursverwalter an der Anmeldung des Ausscheidens zur Eintragung in das Handelsregister mitzuwirken.
BGH, Urteil vom 24.11.1980 —. II ZR 265/79 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Der Beklagte ist Konkursverwalter des Vermögens der K.-GmbH & Co.
KG.' Diese war Kommanditistin der Asphaltmischwerke GmbH & Co.
KG N., deren persönlich haftende Gesellschafterin die Klägerin ist.
Gemäß Gesellschaftsvertrag schied die Gemeinschuldnerin mit der
Eröffnung des Konkursverfahrens aus der fortbestehenden Kommanditgesellschaft aus.
Die Parteien streiten darum, ob die Gemeinschuldnerin oder der Beklagte als deren Konkursverwalter verpflichtet ist, an der Anmeldung
des Ausscheidens zum Handelsregister mitzuwirken. Das Landgericht hat den Beklagten zur Anmeldung verurteilt. Das Berufungsgericht hat dessen Berufung zurückgewiesen. Die zugelassene Revision
blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
1. Das Berufungsgericht hat den Beklagten in Übereinstimmung mit dem neueren Schrifttum mit Recht für verpflichtet
gehalten, das Ausscheiden des Gemeinschuldners zum Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung gehört zu den Verwaltungsrechten, die der Konkursverwalter gemäß § 6 Abs. 2
KO anstelle des Gemeinschuldners wahrnimmt, um dessen
Einfluß auf das erfaßte Vermögen im Interesse der Befriedigung der Gläubiger auszuschalten. Fallen Gesellschaftsanteile in die Konkursmasse, tritt der Konkursverwalter in die innergesellschaftlichen Verwaltungsrechte des Gemeinschuldners insoweit ein, als das zur Realisierung des Wertes des Gesellschaftsanteils erforderlich ist.
2. Materiell-rechtlich bedeutet das für die hier nicht in Betracht kommende Auflösung der Gesellschaft, also im gesetzlichen Regelfall (§ 131 Nr. 5 HGB), daß der Konkursverwalter
für die Liquidation an die Stelle des Gesellschafters tritt
(§ 146 Abs. 3 HGB) und damit auch, wenn der Gesellschafter
zu den Liquidatoren gehören würde, die Liquidatorenrechte
auszuüben hätte. Aus § 146 Abs. 3 HGB ergibt sich ohne weiteres, daß bei einem Streit über die Auflösung der Gesell86
schaft oder deren Fortsetzung unter Ausschluß des Gemeinschuldners der Konkursverwalter anstelle des Gesellschafters aktiv und passiv legitimiert wäre. Denn vom Ausgang dieses Streits hinge nicht nur die Mitwirkung des Konkursverwalters an der Verwertung des Gesellschaftsvermögens, sondern
auch die Beantwortung der Frage ab, ob in die Konkursmasse
das nach Abschluß der Liquidation zu zahlende Auseinandersetzungsguthaben oder das für den Zeitpunkt der Konkurseröffnung zu ermittelnde, möglicherweise — zum Beispiel bei
einer Abfindung nach Buchwerten — viel geringere Abfindungsguthaben fällt. Diese innergesellschaftsrechtliche
Sachlegitimation läßt sich von der handelsregisterlichen Berechtigung und Verpflichtung nicht trennen; diese muß der
materiell-rechtlichen Rechtslage folgen. Hat der Konkursverwalter im Streit mit den Gesellschaftern die Feststellung der
Auflösung oder des Ausscheidens durchgesetzt, muß er auch
die entsprechende Registereintragung durchsetzen können.
Umgekehrt ist er im Falle des Unterliegens den Gesellschaftern zur Anmeldung der entsprechenden Eintragung verpflichtet.
3. Was sich für die Auflösung aus § 146 Abs. 3 HGB ergibt,
gilt wegen des aufgezeigten Zusammenhangs auch, wenn nur
das Ausscheiden des Gemeinschuldners infrage steht. Analog § 146 Abs. 3 HGB tritt an dessen Stelle der Konkursverwalter. Materiell-rechtlich hat dieser die Einsichtsrechte aus
§ 810 BGB sowie die nachvertragliche Abwicklungspflicht,
nach seinen Möglichkeiten an der Aufstellung der Vermögensbilanz mitzuwirken. Soweit der Konkursverwalter die Abfindung verlangt und die Gesellschafter Auflösung behaupten, ist der Streit mit ihm auszutragen. Auch hier ergibt sich
im Hinblick auf die Legitimation des Konkursverwalters ohne
weiteres die Pflicht und das Recht, das Handelsregister in
Ordnung zu bringen.
4. Was deutlich wird, wenn Auflösung oder Ausscheiden im
Streit sind, hat auch ohne weiteres zu gelten, wenn darüber
materiell-rechtlich nicht gestritten wird.
5. Hinzu kommt, daß in Fällen, in denen der Gemeinschuldner bis zur Eröffnung des Konkurses gemäß § 125 HGB die
Gesellschaft vertreten hat, er auch danach gemäß § 15 Abs. 1
HGB die Möglichkeit behält, durch Verfügungen über das Gesellschaftsvermögen das Abfidnungs- oder Auseinandersetzungsguthaben wertmäßig auszuhöhlen, solange sein Ausscheiden oder die Auflösung nicht eingetragen ist (vgl. Wörbelauer, DNotZ 1961, 471 ff.). Der deshalb gebotenen Eile bei
der Eintragung trägt nur die Anmeldung durch den Konkursverwalter Rechnung. Daß auch der Gemeinschuldner, um gemäß § 15 Abs. 1 HGB für ihn nachteilige Rechtsgeschäfte der
Mitgesellschafter zu verhindern, ein Interesse an einer alsbaldigen Eintragung hat, steht dem nicht entgegen. Im Interesse
der Konkursmasse ist die ausschließliche Anmeldung durch
den Konkursverwalter vorrangig. Der Gemeinschuldner muß
seinen Anspruch auf Anmeldung gegen seine Mitgesellschafter und den Konkursverwalter durchsetzen, die ihm notfalls
schadensersatzpflichtig sind.
18. GmbHG §§ 2, 18 (Übernahme einer Stammeinlage durch
Gesellschafter des bürgerlichen Rechts)
Gesellschafter des bürgerlichen Rechts können bei der Errichtung einer GmbH gemeinsam eine Stammeinlage mit der
Folge übernehmen, daß der so erworbene Geschäftsanteil
Gesamthandsvermögen wird. Für Einlageverpflichtungen haften diese Gesellschafter als Gesamtschuldner und ohne die
MittBayNot 1981 Heft 2

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BayObLG

Erscheinungsdatum:

10.12.1980

Aktenzeichen:

BReg. 1 Z 120/80

Erschienen in:

MittBayNot 1981, 84-86

Normen in Titel:

HGB § 18 Abs. 2, FGG § 12