OLG Stuttgart 09. Juli 2019
10 U 247/18
BGB § 307 Abs. 1; VOB/B § 17

Zulässigkeit einer kombinierten Bürgschaft in AGB

letzte Aktualisierung: 10.01.2020
OLG Stuttgart, Urt. v. 9.7.2019 – 10 U 247/18

BGB § 307 Abs. 1; VOB/B § 17
Zulässigkeit einer kombinierten Bürgschaft in AGB

1. Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene
Klausel gemäß Nr. 4 BVB des VHB – Bund – Ausgabe 2008 (Stand: Mai 2010) über die Stellung
einer Vertragserfüllungssicherheit hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand.

2. Durch das Formblatt „Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft – 421“, wonach eine
kombinierte Vertrags- und Mängelansprüchebürgschaft (sog. „Kombibürgschaft“) in Höhe von 5 %
der Auftragssumme gestellt wird, wird die Gefahr einer Übersicherung nicht begründet. Solange der
Auftraggeber eine Kombibürgschaft vorliegen hat, kann er keine weitere Mängelansprüchesicherheit
verlangen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft zur Absicherung von
Bauleistungen in Anspruch.

Die beklagte Kommune beauftragte nach vorangegangener öffentlicher Ausschreibung mit
Zuschlagsschreiben vom 23. April 2013 die Rechtsvorgängerin der Klägerin (i.F. nur Klägerin) mit der
Ausführung der Leistungen „Rohbau, Verkehrswege-, Entwässerungskanalbau und Straßentunnel offene
Bauweise“ beim Bauvorhaben „V.“ mit einer Bruttoauftragssumme von 41.283.555,41 EUR.
Vertragsbestandteil ist das Angebot der Klägerin vom 21. Januar 2013, die VOB/B sowie die „Besonderen
Vertragsbedingungen“ (BVB) und „Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen
Einheitliche Fassung (Februar 2010)“ (ZVB).

Nr. 4 BVB sieht die Stellung einer Sicherheit vor.
Nr. 4.1 lautet wie folgt:
„Stellung der Sicherheit
Sicherheit für die Vertragserfüllung ist in Höhe von 5 v.H. der Auftragssumme zu leisten, sofern die
Auftragssumme mindestens 250.000,00 EUR beträgt.

Die für Mängelansprüche zu leistende Sicherheit beträgt 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich erteilter
Nachträge.

Rückgabezeitpunkt für eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche (§ 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B):
Nach Ablauf der Verjährungsfrist für alle Mängelansprüche.
Stellt der Auftragnehmer die Sicherheit für die Vertragserfüllung binnen 18 Werktagen nach
Vertragsabschluss (Zugang des Auftragsschreibens) weder durch Hinterlegung noch durch Vorlage einer
Bürgschaft, so ist der Auftraggeber berechtigt, Abschlagszahlungen einzubehalten, bis der Sicherheitsbetrag
erreicht ist.

Nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz kann der
Auftragnehmer verlangen, dass die Sicherheit für die Vertragserfüllung in eine Mängelansprüchesicherheit
umgewandelt wird.“
Nr. 4.3 BVB („Sicherheitsleistung durch Bürgschaft“) lautet auszugsweise wie folgt:
„Wird Sicherheit durch Bürgschaft geleistet, ist für
- die Vertragserfüllung das Formblatt Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft - 421,
- die Mängelansprüche das Formblatt Mängelansprüchebürgschaft - 422 und ...
zu verwenden.“

Die Kreissparkasse E. übernahm mit Bürgschaftsurkunde vom 28. Januar 2014 unter Bezugnahme auf den
Vertrag vom 23. April 2014 zwischen der Klägerin und der Beklagten eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis
zu einer Gesamthöhe von 2.064.178,00 EUR.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 7. September 2016 zur Rückgabe der Bürgschaft bis
spätestens 23. September 2016 auf.

Am 17. März 2017 kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin den Vertrag vom 23. April 2013 aus
wichtigem Grund. Die Berechtigung der Beklagten zur außerordentlichen Kündigung steht zwischen den
Parteien im Streit.

Bezüglich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge erster Instanz wird auf den
Tatbestand des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 23. November 2018, Az.: 15 O 101/17, verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die Bürgschaftsurkunde an die Bürgin
herauszugeben, die Klägerin von den Avalprovisionen der Bürgin für die Bürgschaft für den Zeitraum vom 24.
September 2016 bis zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde freizustellen sowie außergerichtliche
Anwaltskosten in Höhe von 10.416,90 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde ergebe
sich aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB. Die Beklagte habe die Bürgschaftsurkunde durch Leistung ohne
Rechtsgrund erlangt.

Die Sicherungsabrede gemäß Nr. 4.1, 4.2 und 4.3 BVB sei wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB
unwirksam. Die berechtigten Interessen der Klägerin als Auftragnehmerin seien nicht hinreichend gewahrt. Die
Klauseln führten in ihrem Zusammenspiel zu einer unangemessenen Benachteiligung der Auftragnehmerin.
Es könne sein, dass diese für einen über die Abnahme hinausreichenden Zeitraum wegen Mängelansprüchen
im Gewährleistungsstadium nach Abnahme eine Sicherheit von bis zu 8 % (5 % + 3 %) der Auftragssumme
leisten müsse. Dies sei durch das Sicherungsinteresse der Beklagten nicht mehr gerechtfertigt. Nach der
maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung erfasse die Sicherheit für die Vertragserfüllung auch
Mängelansprüche im Gewährleistungsstadium nach Abnahme. Zwar werde in Nr. 4.1, 4.2 und 4.3 BVB
zwischen der Sicherheit für die Vertragserfüllung und der Sicherheit für Mängelansprüche unterschieden. Dies
schließe aber nicht aus, dass die Sicherheit für die Vertragserfüllung auch Gewährleistungsansprüche erfasse.
Die Umwandlung der Vertragserfüllungssicherheit (i.F. auch: VE-Sicherheit) in eine
Mängelansprüchesicherheit könne der Auftragnehmer nur verlangen, wenn die Abnahme erfolgt sei und bis
dahin erhobene Ansprüche einschließlich solcher auf Schadensersatz erfüllt worden seien. Die Rückgabe der
VE-Sicherheit sei nicht von der Fertigstellung und Abnahme des Werks abhängig. Unter Umständen ergebe
sich ein erheblicher Zeitraum, in dem Mängelansprüche entstehen könnten, die durch die VE-Sicherheit auch
abgesichert seien. Aus dem zu verwendenden Formblatt - 421 ergebe sich, dass zur vertragsgemäßen
Ausführung der Leistung auch die Erfüllung der Mängelansprüche gehören solle. Es könne somit zu einer
Überlappung der Sicherheit für Vertragserfüllung und der Sicherheit für Mängelbeseitigung kommen. Der
Auftraggeber habe es in der Hand, durch die Erhebung von Ansprüchen den Zeitpunkt der Beendigung der
Erfüllungsbürgschaft nach Belieben hinauszuzögern.

Die Addition der Sicherheiten führe dazu, dass die Wirksamkeitsobergrenze für die
Mängelansprüchesicherheit von 5 % überschritten werde. Dies führe zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede
im Ganzen.

Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten nicht zu.

Die Beklagte schulde der Klägerin gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB auch die Freistellung von
den Avalprovisionen für die Zeit vom 24. September 2016 bis zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde. Die
Klägerin habe ferner Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 10.416,90 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte erstrebt mit ihrer Berufung die vollständige Abweisung der Klage.

Sie ist der Ansicht, die Sicherungsabrede sei nicht unwirksam. Das Landgericht habe den Grundsatz der
„verwenderfeindlichen Auslegung“ der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) arg „strapaziert“ und zum
Teil in nicht mehr zulässiger Weise angewandt. Zudem habe es den Inhalt der vertraglichen Abreden schlicht
verkannt und die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht einmal erwähnt. Es habe die
Grundsätze zur Auslegung von AGB nicht beachtet. Alleinige Ansprechpartner der vorliegenden AGB seien
nicht Verbraucher, sondern ausschließlich professionell bzw. unternehmerisch geführte Baufirmen.

Die vom Landgericht angenommene Verpflichtung der Klägerin zur Stellung einer Sicherheit von bis zu 8 % für
einen längeren Zeitraum nach der Abnahme gebe es nicht. Die gemäß Nr. 4.1 BVB vereinbarten
Sicherungshöhen für die VE-Sicherheit mit 5 % bzw. für die Gewährleistungssicherheit mit 3 % seien rechtlich
schlicht unproblematisch. Eine Überschreitung der Höchstgrenzen für die VE-Sicherheit und die
Mängelansprüchesicherheit komme nur in Betracht, wenn durch die Gestaltung der Vertragsbedingungen in
den Sicherungsumfang einer ggf. über die Abnahme hinaus zu gewährenden VE-Sicherheit von 5 %
zusätzlich erst nach der Abnahme entstehende Gewährleistungsansprüche einbezogen seien, obwohl
gleichzeitig schon die Gewährleistungssicherheit von 3 % zu stellen sei. Tatsächlich liege aber weder die eine
noch die andere Voraussetzung vor. In die VE-Sicherheit seien nach der Abnahme entstehende
Mängelansprüche nicht einbezogen. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts sei nicht nur falsch,
sondern noch nicht einmal substantiiert begründet. Vielmehr sei klar, dass Ansprüche, die erst nach der
Abnahme entstanden seien bzw. erhoben würden, von der hier geregelten VE-Sicherheit nicht erfasst seien.
Die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führe zu keinem anderen Ergebnis. In den beiden
maßgeblichen Entscheidungen vom 1. Oktober 2014 und 22. Januar 2015 seien Gewährleistungsansprüche
ausdrücklich in den Sicherungsumfang der VE-Sicherheit einbezogen worden. Eine solche Vertragsgestaltung
sei aber mit der hiesigen in keiner Weise vergleichbar. Aus der Regelung, dass für die VE-Sicherheit das
„Formblatt Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft 421“ zu verwenden sei, ergebe sich keine
andere Beurteilung. Die Ausgestaltung der Bürgschaft besage nichts über die vermeintliche Unwirksamkeit
der Sicherungsabrede. Die Bürgschaft erweitere den Sicherungsumfang, der sich alleine aus der
Sicherungsabrede ergebe, nicht. Es habe rein praktische Gründe, dass das Sicherungsmittel in Form einer
kombinierten Sicherheit vorgesehen sei.

Stehe demzufolge fest, dass die VE-Sicherheit erst nach Abnahme entstehende Mängelansprüche nicht
umfasse, könne es schon aus diesem Grund nicht zu einer Überschreitung der sonst bei 5 % liegenden
Höchstgrenze für die Gewährleistungssicherheit kommen. Aber auch wenn man dies unterstellen würde, wäre
nicht zu erkennen, dass nach der Sicherungsabrede nach Abnahme die Verpflichtung zur Stellung einer
Sicherheit von mehr als 5 % bestehen könnte. Maßgeblich für die Rückgabe der VE-Sicherheit sei die
Regelung im letzten Absatz von Nr. 4.1 BVB. Dort werde sichergestellt, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einem
Nebeneinander beider Sicherheiten kommen könne. Man bewege sich also stets innerhalb der anerkannten
Höchstgrenze für Gewährleistungssicherheiten. Eine Addition beider im Vertrag geregelter Sicherheiten könne
es nicht geben. Die Annahme des Landgerichts, ein Auftragnehmer müsse schon vorher, d.h. nach Abnahme,
eine Gewährleistungssicherheit von 3 % stellen, sei unzutreffend. Insbesondere ergebe sich dies nicht aus Nr.
4.2 BVB. Der Zeitpunkt, wann eine Sicherheit zu stellen sei, sei nur in Nr. 4.1 BVB geregelt. Hinsichtlich des -
separat geregelten - Zeitpunkts für die Stellung der Mängelansprüchesicherheit sei geregelt, dass die einmal
gestellte VE-Sicherheit sich erst dann umwandeln könne, wenn alle bis zur Abnahme erhobenen Ansprüche
erledigt seien. Wäre die Auffassung des Landgerichts zutreffend, müsste man fragen, wo dann das
ausdrücklich zugunsten des Auftragnehmers geregelte Umwandlungsrecht geblieben sei. Wäre die
Mängelansprüchesicherheit sofort mit Abnahme zu leisten, gäbe es nichts mehr umzuwandeln. Nicht zu folgen
sei der Auslegung von Nr. 4 BVB, dass der Auftragnehmer eine Sicherheit für Mängelansprüche nach
Abnahme zu erbringen habe bzw. der Auftraggeber zur Vornahme eines Einbehalts berechtigt sei.

Soweit die Beklagte hilfsweise mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2017 ein Zurückbehaltungsrecht erhoben
habe, bestehe dies entgegen der Auffassung des Landgerichts aus den im Schriftsatz vom 3. September 2018
dargelegten Gründen.

Hinsichtlich der Avalkosten sei der Klägerin jedenfalls für die Dauer der Vertragslaufzeit kein Schaden
entstanden. Ein Schaden könne nicht in der Weiterzahlung der Avalprovisionen liegen. Diese Kosten würden
jedenfalls für die Vertragslaufzeit ohnehin von der Beklagten getragen und seien schon bezahlt.

Unberechtigt sei schließlich die Verurteilung zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Die Beklagte beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az. 15 O 101/17, verkündet nach den
Entscheidungsgründen (S. 19) am 9. November 2018, tatsächlich verkündet am 23. November 2018, wird
die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt:

Die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Außer den vom Landgericht angeführten Gründen ergebe sich die Unwirksamkeit der Regelung über die
Sicherungsvereinbarung aus weiteren Gründen.

Die Klausel sehe vor, dass die Rückgabe der VE-Sicherheit erst erfolge, wenn alle bis zur Abnahme
erhobenen Ansprüche erfüllt seien. Mit davon umfasst sei also auch die Erfüllung etwaiger unberechtigter
Forderungen. Die Auftragnehmerin müsste also, um eine Verringerung der Gesamtsicherheit zu erreichen,
Leistungen unter Vorbehalt erbringen und anschließend einen Rückforderungs- bzw. Erstattungsprozess
anstrengen. Diese Regelung stelle einen Verstoß gegen § 307 BGB dar.

Die Klausel sehe weiter vor, dass die Bürgschaft den Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit enthalten
müsse. Eine Sicherungsabrede, die einen formularmäßigen Verzicht auf die Einrede der Anfechtung enthalte,
sei ebenfalls insgesamt unwirksam.

Schließlich sei die Klausel zur Höhe der Sicherheit intransparent. Unter „Auftragssumme“ könne die nach der
Abwicklung des Vertrags geschuldete Vergütung zu verstehen sein oder die von den Parteien vor der
Ausführung vereinbarte Vergütung. Die Bemessungsgrundlage sei deshalb nicht eindeutig bestimmt. Dies
stelle eine Unklarheit dar.

Die Angriffe der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts seien unbegründet. Zu Unrecht greife sie die
Auslegung an, dass die Regelung über die Sicherheiten auch die Mängelrechte mitumfasse. Wie sei sonst zu
erklären, dass die Ablösung des Sicherheitseinbehalts mittels Bürgschaft gemäß Formblatt verlangt werde,
das ausdrücklich vorsehe, dass die Bürgschaft auch die Mängelrechte mit absichere? Die Klausel umfasse
bereits nach ihrem Wortlaut die bis zur Abnahme erhobenen Ansprüche und damit natürlich auch
Mängelrechte. Die bei der Abnahme vorbehaltenen Mängel gehörten unzweifelhaft zu den Ansprüchen, die bis
zur Abnahme erhoben würden. Somit sichere die VE-Sicherheit ebenso Mängelrechte nach § 13 VOB/B wie
die Sicherheit für die Mängelrechte.

Falsch sei der Rückschluss der Beklagten, die VE-Sicherheit beziehe Gewährleistungsansprüche nicht in
ihren Sicherungsumfang ein, weil keine Regelung in den ZVB enthalten sei, wonach die VE-Sicherheit
ausdrücklich auch Gewährleistungsansprüche einbeziehe. Dies ergebe sich bei VOB-Verträgen grundsätzlich
aus § 17 Abs. 1 VOB/B. Nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B diene die Sicherheit dazu, sowohl die vertragsgemäße
Ausführung der Leistung als auch die Mängelansprüche sicherzustellen.

Die Beklagte habe selbst zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts für die VE ein Formular vorgegeben, das die
Mängelrechte miteinschließe. Es sei somit in jedem Fall eine Auslegung dahin geboten, dass die VESicherheit
auch die Mängelansprüche umfasse. Dies sei die einzig sinnvolle Auslegung. Die Beklagte
übersehe, dass sich Mängelansprüche nach § 4 Abs. 7 VOB/B mit der Abnahme in Mängelansprüche nach §
13 Abs. 7 VOB/B umwandelten. Insgesamt seien also Mängelansprüche in Höhe von 8 % abgesichert:
einerseits über die VE-Sicherheit und andererseits über die Gewährleistungssicherheit. Auch ein
professioneller Anbieter habe kein anderes Verständnis der Sicherungsabrede.

Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung der Beklagten, bei einem Bareinbehalt werde zu keinem Zeitpunkt
die Höchstgrenze von 5 % überschritten. Das Recht, eine Reduzierung der VE-Sicherheit zu verlangen,
bestehe für den Auftragnehmer erst nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche
einschließlich Schadensersatz. Bis dahin müsse der Auftragnehmer eine VE-Sicherheit in Höhe von 5 %
vorhalten. Nach der Abnahme müsse er zusätzlich eine Sicherheit von 3 % für die Mängelrechte vorhalten.

Vollkommen falsch sei die Behauptung, die Sicherheit für die Mängelansprüche sei nicht mit der Abnahme zu
leisten. Die Mängelansprüchesicherheit sei mit der Abnahme fällig.

Die Ausführungen der Beklagten zum Zurückbehaltungsrecht seien falsch.

Hinsichtlich der Avalkosten sei unzutreffend, dass für die Dauer der Vertragslaufzeit kein Schaden entstanden
sei. Hätte die Beklagte die Bürgschaft zurückgegeben, wären die entsprechenden Avalkosten nicht mehr
angefallen.

Zu den mit der Berufungserwiderung von der Klägerin neu vorgebrachten Unwirksamkeitsgründen trägt die
Beklagte vor:

Bei Sicherheiten sei es immer so, dass die Rückgabe erst erfolge, wenn alle erhobenen Ansprüche erledigt
seien. Auch wenn nicht auszuschließen sei, dass unberechtigt Ansprüche erhoben würden, müsse nur
sichergestellt werden, dass es selbst dann nicht zu einer Übersicherung oder Überschreitung der
Höchstgrenzen komme. Aus den von der Klägerin zitierten Entscheidungen ergebe sich nichts anderes.

Der Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit führe ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der
Sicherungsabrede. Einredeverzichte könnten ohne Weiteres isoliert geprüft werden und daher niemals zu
einer Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsabrede führen.

Die Sicherheitenhöhe sei nicht intransparent. Der Begriff „Auftragssumme“ in Nr. 4.1 BVB sei ohne Weiteres
eindeutig. In Nr. 4.2 BVB werde der Auftragssumme noch die Gesamtsumme der Nachträge hinzuaddiert.
Auch dies sei eindeutig.

Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufungserwiderung wiederholt die Beklagte
ihren bisherigen Vortrag und betont vertiefend ihre Auffassung hinsichtlich der Unterschiede zwischen dem
vorliegenden Klauselwerk und demjenigen, über das der Bundesgerichtshof entschieden hat.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und innerhalb der verlängerten Begründungsfrist form- und fristgerecht
begründete Berufung der Beklagten ist begründet. Auf die Berufung ist das Urteil des Landgerichts
abzuändern und die Klage abzuweisen.

1.

Die Klägerin kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Var. BGB die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde
verlangen, da die zugrunde liegende Sicherungsabrede wirksam ist. Die Bürgschaft wurde daher mit
rechtlichem Grund gestellt.

a)

Die Beklagte hat die Bürgschaft durch Leistung der Klägerin erlangt.

b)

Die Leistung der Bürgschaft ist nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt. Die Sicherheitenabrede verstößt nicht
gegen § 307 Abs. 1 BGB.

aa)

Die Regelungen in den BVB stammen aus dem VHB Bund, Ausgabe 2008, Stand Mai 2010, wie sich aus dem
Eindruck in der Fußzeile der vorgelegten Unterlagen ergibt. Es handelt sich um Allgemeine
Geschäftsbedingungen, die von der Beklagten gestellt wurden. Die Beklagte hat - als öffentliche
Auftraggeberin - bereits in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots die Verwendung des
Angebotsschreibens nach Formblatt 213EG verlangt, in welchem unter 1.1 angegeben ist, dass das Angebot
die BVB (gemäß Formblatt 214) umfasst.

bb)

Die Regelung in Nr. 4 BVB ist überschrieben mit „Sicherheitsleistung (§ 17 VOB/B)“. Sie ist untergliedert in
drei Abschnitte: Nr. 4.1 regelt die „Stellung der Sicherheit“, Nr. 4.2 die „Art der Sicherheit“ und Nr. 4.3 die
„Sicherheitsleistung durch Bürgschaft“.

In Nr. 4.1 BVB wird zunächst im ersten Satz festgelegt, dass eine „Sicherheit für die Vertragserfüllung“ in Höhe
von 5 % der Auftragssumme zu leisten ist. Die Voraussetzung, dass die Auftragssumme mindestens 250.000
EUR beträgt, ist im vorliegenden Fall unproblematisch gegeben und bedarf bei den nachfolgenden
Betrachtungen keiner weiteren Beachtung. Im zweiten Satz heißt es, dass die „für Mängelansprüche zu
leistende Sicherheit“ 3 % der „Auftragssumme einschließlich erteilter Nachträge“ „beträgt“. Der dritte Satz von
Nr. 4.1 regelt den Rückgabezeitpunkt für eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche. Der vierte
Satz statuiert die Berechtigung des Auftraggebers, Abschlagszahlungen einzubehalten, wenn der
Auftragnehmer die Sicherheit für die Vertragserfüllung nicht binnen 18 Werktagen nach Vertragsabschluss
durch Hinterlegung oder durch Vorlage einer Bürgschaft stellt. Im fünften und letzten Satz von Nr. 4.1 wird
schließlich geregelt, dass der Auftragnehmer nach „Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen
Ansprüche einschließlich Schadensersatz“ verlangen kann, dass die VE-Sicherheit in eine
Mängelansprüchesicherheit „umgewandelt wird.“

Nr. 4.2 BVB („Art der Sicherheit“) besagt, dass die Sicherheit wahlweise durch Einbehalt, Hinterlegung von
Geld oder durch Bürgschaft geleistet werden kann und dass der Auftragnehmer die einmal von ihm gewählte
Sicherheit durch eine andere ersetzen kann.

Nr. 4.3 BVB regelt für den Fall der Sicherheitsleistung durch Bürgschaft, welche Formblätter für die
Vertragserfüllung, für die Mängelansprüche und für vereinbarte Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen zu
verwenden sind. Für die VE-Bürgschaft ist danach das „Formblatt Vertragserfüllungs- und
Mängelansprüchebürgschaft - 421“ zu verwenden. Geregelt wird ferner, welche Erklärungen die
Bürgschaftsurkunden enthalten müssen.

cc)

Eine Sicherheitenabrede in AGB ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner
des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine
unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten
des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu
berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 9.
Dezember 2010 - VII ZR 7/10 Rn. 18; Urteil vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13 Rn. 15). Eine unangemessen
hohe Sicherheit führt zur Nichtigkeit der Sicherungsabrede. Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht
statt. Dabei kann sich die unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers auch erst aus der
Gesamtwirkung zweier, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Klauseln ergeben. Dann sind
beide Klauseln unwirksam (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 7/10 Rn. 16; Urteil vom 1. Oktober
2014 - VII ZR 164/12 Rn. 27; Urteil vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13 Rn. 15).

Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liegt nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs vor, wenn die vom Auftraggeber gestellten AGB dazu führen, dass der Auftragnehmer für
einen jedenfalls erheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus für mögliche Gewährleistungsansprüche des
Auftraggebers eine Sicherheit in Höhe von 7 % oder sogar 10 % der Auftragssumme zu leisten hat (BGH,
Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12 Rn. 24 m.w.N.; Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14 Rn.
18). Nicht beanstandet werden für den nach der Abnahme liegenden Zeitraum Sicherheiten in Form von
Gewährleistungsbürgschaften in Höhe von 5 % der Auftragssumme. Eine Sicherheit von insgesamt 7 %
übersteigt aber das unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen von Auftraggeber und
Auftragnehmer angemessene Maß (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12 Rn. 24).

Gegenstand der Inhaltskontrolle ist der gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnde objektive Inhalt der in
Frage stehenden Klausel (Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl., § 307 Rn. 8). Es gilt der Grundsatz der
objektiven Auslegung: Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen
Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der
Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten
eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen
(BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 152/15 Rn. 17 m.w.N.; Urteil vom 19. Dezember 2018 - VIII ZR
254/17 Rn. 18). Ansatzpunkt für die objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende
Auslegung ist in erster Linie ihr Wortlaut. Legen die Parteien allerdings der Klausel übereinstimmend eine von
ihrem objektiven Sinn abweichende Bedeutung bei, ist diese maßgeblich (BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 -
VIII ZR 152/15 Rn. 18 m.w.N.).

Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und
zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des
Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung.
Unberücksichtigt bleiben allerdings Verständnismöglichkeiten, die theoretisch denkbar, praktisch aber
fernliegend sind und nicht ernstlich in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 152/15
Rn. 19 m.w.N.). Bestehen mehrere Auslegungsmöglichkeiten, ist von der Auslegung auszugehen, die zur
Unwirksamkeit der Klausel führt. Maßgeblich bei der Auslegung ist also die (scheinbar) „kundenfeindlichste“
Auslegung, da diese im Ergebnis regelmäßig die dem Vertragspartner des Verwenders günstige Auslegung ist
(st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76, juris Rn. 9; Urteil vom
21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257, juris Rn. 11).

dd)

Ausgehend von diesen Grundsätzen verstößt die vorliegende Sicherheitenregelung nicht gegen § 307 Abs. 1
BGB.

(1)

Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Stellung einer VE-Sicherheit in Höhe von 5 % der Auftragssumme
ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Das Verlangen einer Vertragserfüllungssicherheit in einer
Größenordnung von 10 % der Auftragssumme ist in der Praxis verbreitet und wird nicht als missbräuchliche
Durchsetzung der Interessen des Verwenders angesehen (st. Rspr., BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII
ZR 7/10 Rn. 19; Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1, juris Rn. 72; Urteil vom 16. Juni 2016 -
VII ZR 29/13 Rn. 27). Auch die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Stellung einer
Mängelansprüchesicherheit in Höhe von 3 % ist für sich genommen unproblematisch, da sie sich unterhalb
der von der Rechtsprechung für zulässig erachteten Grenze von 5 % befindet (vgl. nur BGH, Urteil vom 1.
Oktober 2014 - VII ZR 164/12 Rn. 24).

(2)

Eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin wegen Übersicherung der Beklagten könnte sich
vorliegend daher nur ergeben, wenn sie für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus
Sicherheiten für Mängelansprüche in Höhe von 8 % leisten müsste. Der Bundesgerichtshof hat zwar
offengelassen, ob eine Vereinbarung, die eine Sicherheit durch eine kombinierte Vertragserfüllungs- und
Gewährleistungsbürgschaft von 6 % vorsieht, mit der gleichzeitig Überzahlungs- und
Gewährleistungsansprüche abgesichert werden, noch als wirksam anzusehen ist. Er hat aber ausdrücklich
entschieden, dass eine Sicherheit von insgesamt 7 % oder 8 % das angemessene Maß übersteigt (BGH,
Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12 Rn. 24; Urteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 120/14 Rn. 18).

Eine Sicherheit für Mängelansprüche in Höhe von 8 % könnte sich vorliegend nur ergeben, wenn die Klägerin
nach der Regelung in Nr. 4 BVB für einen nicht unerheblichen Zeitraum sowohl die VE-Sicherheit in Höhe von
5 % als auch die Mängelansprüchesicherheit in Höhe von 3 % zu leisten hätte und wenn die VE-Sicherheit
auch Mängelansprüche sichern würde. Dies ist aber nicht der Fall. Die Auslegung der vorliegenden Regelung
ergibt, dass die Klägerin zu keinem Zeitraum eine Sicherheit für Mängelansprüche nach Abnahme in Höhe
von mehr als 5 % zu leisten hatte. Das Verlangen einer Sicherheit für Mängelansprüche für den Zeitraum über
die Abnahme hinaus in Höhe von 5 % ist aber unbedenklich und stellt keine unangemessene Übersicherung
der Beklagten dar.

Im Einzelnen:

Hinsichtlich der Frage, welche Ansprüche mit den Sicherheiten gesichert werden sollen, unterscheidet sich
das hier im Streit stehende Klauselwerk deutlich von denjenigen, die den Entscheidungen des
Bundesgerichtshofs vom 1. Oktober 2014 und 22. Januar 2015 zugrunde lagen. In den dortigen Fällen war die
Verpflichtung zur Stellung der Sicherheiten in Nr. 6 BVB geregelt, während sich aus Nr. 33 ZVB ergab, welche
Ansprüche dadurch gesichert werden sollten. Das vorliegende Klauselwerk enthält dagegen nur in Nr. 4 BVB
Regelungen zur Sicherheitsleistung. Die ZVB enthalten keine Klauseln bezüglich der Sicherheitsleistung. Die
hier subsidiär anzuwendende VOB/B enthält zwar in § 17 Regelungen zur Sicherheitsleistung. Nach § 17 Abs.
1 Nr. 2 VOB/B dient die Sicherheit dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die
Mängelansprüche sicherzustellen, ohne den jeweiligen Umfang der VE-Sicherheit und der
Mängelansprüchesicherheit näher zu definieren. § 17 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B ist lediglich eine Auslegungsregel.
Die Parteien können, wie sich aus § 17 Abs. 8 VOB/B ergibt, abweichend davon die Stellung einer Sicherheit
für die Vertragserfüllung und einer Sicherheit für Mängelansprüche vereinbaren (vgl. Oberhauser BauR 2015,
553, 558). Von dieser Möglichkeit ist im vorliegenden Klauselwerk Gebrauch gemacht worden. Nr. 4.1 BVB
regelt in den ersten beiden Absätzen die Höhe der zu stellenden „Sicherheit für die Vertragserfüllung“ und der
„für Mängelansprüche zu leistende[n] Sicherheit“. Es wird also zwischen der VE-Sicherheit und der
Mängelansprüchesicherheit unterschieden. Weiter folgt daraus, dass die VE-Sicherheit keine
Mängelansprüche sichern soll und umgekehrt die Mängelansprüchesicherheit nicht die Vertragserfüllung
sichert. Mit Vertragserfüllung sind dabei die bis zur Abnahme entstandenen Rechte des Auftraggebers und mit
Mängelansprüche die Mängelrechte nach Abnahme gemeint. Dies ergibt sich neben der Unterscheidung der
Vertragserfüllung von den Mängelansprüchen und der Unterscheidung zwischen diesen im BGB insbesondere
aus der Klausel im letzten Satz von Nr. 4.1 BVB, die regelt, dass nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin
erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz die Sicherheit für die Vertragserfüllung in eine
Mängelansprüchesicherheit umgewandelt werden kann.

Welche Ansprüche von der jeweiligen Sicherheit im Einzelnen abgesichert werden, ist durch Auslegung zu
ermitteln (Oberhauser BauR 2015, 553, 558). Auch wenn man im Einzelnen über die Abgrenzung der „bis zur
Abnahme entstandenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz“ und den „Mängelansprüchen“ streiten
kann (hierzu ausführlich Oberhauser BauR 2015, 553, 558 ff.), ergibt sich aus dem vorliegenden Klauselwerk
eindeutig, dass etwaige Ansprüche nur entweder von der VE-Sicherheit oder von der
Mängelansprüchesicherheit erfasst werden, nicht aber von beiden Sicherheiten gleichzeitig. Es gibt weder aus
dem Wortlaut der Sicherheitenregelung in Nr. 4 BVB noch aus der sonstigen vertraglichen Regelung
Anhaltspunkte dafür, dass die VE-Sicherheit auch Ansprüche sichern soll, die zugleich über die für
Mängelansprüche zu leistende Sicherheit gesichert werden.

Auch wenn der Auftraggeber die Sicherheit für die Vertragserfüllung für einen Zeitraum lange nach Abnahme,
gegebenenfalls bis zum Abschluss der Streitigkeiten über Ansprüche aus der Zeit bis zur Abnahme behalten
darf, liegt darin keine unangemessene Übersicherung, weil die während dieser Zeit entstandenen
Mängelansprüche durch diese Sicherheit nicht abgesichert werden. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu
den vom Bundesgerichtshof in den Entscheidungen vom 1. Oktober 2014 und 22. Januar 2015 (und der
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 2011 - VII ZR 79/10) behandelten AGB-Klauseln der
öffentlichen Hand. Dort ergab sich aus Nr. 33.1 ZVB, dass die VE-Sicherheit „insbesondere für die
vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung, Gewährleistung und Schadensersatz
sowie auf die Erstattung von Überzahlungen, einschließlich der Zinsen“ dienen sollte, und aus Nr. 33.2 ZVB,
dass die Sicherheit für die Gewährleistung sich auf die „Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung
einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen“
erstrecken sollte. Eine solche Überschneidung des Umfangs der beiden Sicherheiten kommt vorliegend nicht
in Betracht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der Regelung im ersten Absatz von Nr. 4.3 BVB über den Inhalt
der VE-Bürgschaft. Leistet der Auftragnehmer die VE-Sicherheit durch Bürgschaft, hat er nach dieser
Vorschrift die VE-Bürgschaft nach dem „Formblatt Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchesicherheit - 421“
zu stellen.

Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass zwischen dem Sicherungsmittel und der Sicherungsabrede zu
unterscheiden ist. Da die gesamte Regelung in Nr. 4 BVB aber Teil der Sicherungsabrede ist, sind auch die
Einzelregelungen in Nr. 4.3 BVB bei der Auslegung der Klausel zu berücksichtigen.

In dem Formblatt 421 heißt es:

„Nach den Bedingungen dieses Vertrages hat der Auftragnehmer Sicherheit für die vertragsgemäße
Ausführung der Leistung einschließlich Erfüllung der Mängelansprüche zu leisten. Er leistet die Sicherheit in
Form dieser Bürgschaft“

Zweck der Regelung in Nr. 4.3 BVB ist es nicht, den Sicherungsumfang der VE-Sicherheit auf
Mängelansprüche zu erstrecken. Im Bürgschaftsformular wird ausdrücklich auf die Bedingungen des
Bauvertrags Bezug genommen. Daraus wird deutlich, dass durch das Bürgschaftsformular die
Sicherungsabrede zur Vertragserfüllung und im Hinblick auf die Mängelansprüche nicht erweitert werden soll,
sondern die vertragliche Vereinbarung unverändert Grundlage für die Bürgschaft ist. Damit korrespondiert,
dass die Bürgschaftsurkunde ausweislich ihrer Bezeichnung Vertragserfüllungs- und Mängelansprüche
absichern soll, also nicht nur eine Vertragserfüllungsbürgschaft oder eine Mängelansprüchebürgschaft
vorliegt.

Mit der kombinierten VE- und Mängelansprüchebürgschaft erhält der Auftraggeber beide vom Auftragnehmer
zu leistenden Sicherheiten auf einmal. Dies hat für den Auftraggeber den Vorteil, dass er durchgängig über
Sicherheiten verfügt und der lästige Austausch der VE-Bürgschaft in eine Mängelansprüchesicherheit entfällt
(zu den Vorteilen sowie den Nachteilen und Risiken einer Kombibürgschaft v. Kiedrowski BauR 2016, 320,
327). Hat ein Auftragnehmer die Sicherheit in Form einer kombinierten Vertragserfüllungs- und
Mängelansprüchebürgschaft geleistet, steht dem Auftraggeber daneben kein zusätzlicher Anspruch auf
Stellung einer Mängelansprüchesicherheit zu. Solange der Auftraggeber eine Kombibürgschaft vorliegen hat,
kann er keine Mängelansprüchesicherheit verlangen.

Nicht ausdrücklich geregelt ist, wie hoch die kombinierte Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft
zu sein hat. Nachdem diese kombinierte Bürgschaft gemäß Nr. 4.3 BVB für die Vertragserfüllung zu stellen ist,
bemisst sich die Höhe an der Vereinbarung unter Nr. 4.1 BVB zur Vertragserfüllung und darf daher höchstens
5 % der Auftragssumme betragen.

Wird die kombinierte Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft i.H.v. 5 % gestellt, ist der
vertragliche Anspruch des Auftraggebers auf eine Sicherheit für Mängelansprüche (nach Abnahme) bereits
vollständig abgedeckt und unter Umständen - abhängig vom Umfang der Nachträge - sogar mit 2
Prozentpunkten übererfüllt. Nachdem die von der Rechtsprechung als noch angemessen angesehene Höhe
von 5 % für eine Mängelansprüchesicherheit nach Abnahme nicht überschritten wird, liegt keine
unangemessene Übersicherung von Mängelansprüchen vor. Darüber hinaus hat der Auftragnehmer nach dem
letzten Satz von Nr. 4.1 BVB die Möglichkeit, auf sein Verlangen nach Wegfall des Sicherungszwecks für die
Vertragserfüllungssicherheit die zu stellende Sicherheit auf 3 % der Auftragssumme einschließlich erteilter
Nachträge zu reduzieren, was im Regelfall auch mit einer Reduzierung der Kosten für die Sicherheit
verbunden sein wird. Ein Anspruch des Auftraggebers, der bereits im Besitz einer Kombibürgschaft ist,
zusätzlich noch eine (weitere) Sicherheit für die Mängelansprüche zu bekommen, besteht gerade nicht. Die
Austauschmöglichkeit steht dem Auftragnehmer zwar erst nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin
erhobenen Ansprüche einschließlich Schadensersatz zu. Dies ändert aber nichts daran, dass der
Auftragnehmer, der die VE-Sicherheit in Höhe von 5 % der Auftragssumme in Form einer Kombibürgschaft
nach Formblatt 421 gestellt hat, nicht verpflichtet ist, zusätzlich noch eine Mängelansprüchesicherheit in Höhe
von 3 % der Auftragssumme einschließlich erteilter Nachträge zu stellen. Die Regelung in Nr. 4.3 BVB ändert
also nichts an dem Ergebnis, dass es hinsichtlich der Sicherung von Mängelansprüchen nicht zu einer
Überlappung der beiden Sicherheiten mit der Folge einer Sicherung dieser Ansprüche in Höhe von 8 %, also
einer unangemessen hohen Sicherung, kommen kann.

Eine unangemessen hohe Sicherung der Auftraggeberin liegt auch dann nicht vor, wenn die
Sicherheitsleistung nicht durch Bürgschaft erbracht wird.

In diesem Fall kommt es für die Höhe der Sicherheiten insgesamt darauf an, wann die Sicherheit für
Mängelansprüche zu stellen ist. Im Vertrag findet sich dazu keine ausdrückliche Regelung. Aus dem zweiten
Satz von Nr. 4.1 BVB ergibt sich lediglich, dass eine Sicherheit für Mängelansprüche in Höhe von 3 % der
Auftragssumme einschließlich erteilter Nachträge zu leisten ist. Im dritten Satz von Nr. 4.1 BVB wird lediglich
geregelt, wann eine nicht verwertete Mängelansprüchesicherheit zurückzugeben ist, nämlich nach Ablauf der
Verjährungsfrist für alle Mängelansprüche. Nach seinem Wortlaut regelt der letzte Satz von Nr. 4.1 BVB nicht
die Fälligkeit der Sicherheit für Mängelansprüche, sondern lediglich ein Austauschrecht. Wenn dort davon die
Rede ist, dass der Auftragnehmer die Umwandlung „verlangen“ kann, ist dies nicht primär eine Regelung über
seine Verpflichtung zur Stellung der Mängelansprüchesicherheit, sondern eine - dieser Verpflichtung
nachgelagerte - Befugnis des Auftragnehmers. Auch nach dem Sinn und Zweck der
Mängelansprüchesicherheit ergibt die Auslegung, dass mit diesem Satz in Nr. 4.1 BVB lediglich das
Umwandlungsrecht geregelt werden soll und keine vertragliche Bestimmung zur Fälligkeit der Sicherheit für
die Mängelansprüche getroffen wurde. Von Inhalt und Stellung innerhalb des Vertrags ist zwar eine Auslegung
des letzten Satzes in Nr. 4.1 BVB dahin möglich, dass damit die Fälligkeit der Sicherheit für die
Mängelansprüche geregelt werden soll und diese nach Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen
Ansprüche eintreten soll. Dieser Satz steht unmittelbar im Anschluss an die Regelung der Fälligkeit der
Sicherheit für die Vertragserfüllung. Er bestimmt, wann der Auftraggeber eine Sicherheit für Mängelansprüche
in Höhe von nur noch 3 % hinnehmen muss. Eine Umwandlung macht nur dann Sinn, wenn der
Auftragnehmer nicht bereits zuvor vertragsgemäß eine Sicherheit für Mängelansprüche stellen musste.
Deshalb könnte darin eine Regelung der Fälligkeit für die Sicherheit für Mängelansprüche zu sehen sein. Die
Verpflichtung des Stellens einer solchen Sicherheit bereits unmittelbar nach Vertragsschluss hat für den
Auftraggeber zunächst keine Vorteile, weil in diesem Abwicklungsstadium des Vertrags noch gar keine zu
sichernden Mängelansprüche nach Abnahme entstehen können und der Auftragnehmer daher grundlos
belastet würde, ohne dass dem ein wesentlicher Vorteil des Auftraggebers gegenüberstünde. Entscheidend
gegen eine solche Auslegung spricht indes, dass dann der Verwender dieser Klausel möglicherweise über
einen langen Zeitraum, unter Umständen sogar bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für Mängelansprüche, im
Hinblick auf Mängelrechte nach Abnahme ungesichert wäre, wenn die Klärung aller bis zur Abnahme
erhobenen Ansprüche weit in die Gewährleistungszeit hinein andauert oder sogar über diese hinausgeht. Es
ist nicht ersichtlich, dass ein Auftraggeber, der eine Mängelsicherheit nach Abnahme haben möchte, im Fall
von Streitigkeiten über die Rechte, die vor Abnahme entstanden sind, zeitweise oder möglicherweise für die
gesamte Dauer der Gewährleistungsfrist auf eine Mängelsicherheit verzichten will.

Es kommt somit allein eine Auslegung in Betracht, nach der es an einer vertraglichen Regelung der Fälligkeit
für die Mängelansprüchesicherheit fehlt. Dann tritt Fälligkeit insoweit frühestens mit Abschluss des Vertrags
ein. § 17 Abs. 7 S. 1 VOB/B sieht vor, dass die Sicherheit binnen 18 Werktagen nach Vertragsabschluss zu
leisten ist, wenn nichts anderes vereinbart ist. Diese Regelung gilt auch für die in § 17 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B
aufgeführten Mängelansprüche nach Abnahme (s.a. Joussen in Ingenstau/Korbion, 20. Aufl., § 17 Abs. 1
VOB/B Rn. 48, der allerdings betont, dass die Mängelsicherheit erst nach Abnahme valutiert). Im Rahmen der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB ist gemäß § 305c Abs. 2 BGB die für die Beklagte als
Klauselverwenderin ungünstigere Auslegung zugrundezulegen. Das ist im Hinblick auf die Frage einer
Übersicherung die Auslegung, wonach Fälligkeit der Mängelansprüchesicherheit bereits 18 Tage nach
Vertragsabschluss eintritt. Ein solches Verständnis führt dazu, dass der Auftragnehmer, wenn keine
kombinierte Bürgschaft gestellt wurde, vor Abnahme und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche
einschließlich Schadensersatz Sicherheiten in Höhe von insgesamt 8 % der Auftragssumme (gegebenenfalls
einschließlich 3 % der Auftragssumme erteilter Nachträge) zu stellen hat. Es gibt allerdings keinen
Rechtssatz, dass von einem Vertragspartner in AGB keine Sicherheit i.H.v. 8 % verlangt werden dürfe. Zwar
wird dem Auftragnehmer bei einem entsprechend hohen Einbehalt des Auftraggebers in einem erheblichen
Maß Liquidität entzogen und in einem entsprechenden Umfang das Insolvenzrisiko des Vertragspartners
auferlegt. Dies ist im Licht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber schon deshalb unbedenklich,
weil diese Sicherheiten in Höhe von insgesamt 8 % nicht insgesamt für die Vertragserfüllung (was
unbedenklich wäre) und für Mängelansprüche nach Abnahme (was bedenklich wäre) zur Verfügung stünden.
Aufgrund des Sicherungszwecks dienen auch bei einer Sicherheitsleistung in Höhe von insgesamt 8 %
lediglich 5 % für die Absicherung der Vertragserfüllung und lediglich 3 % für die Absicherung von
Mängelansprüchen nach Abnahme. Dies ist unbedenklich und vom Sicherungsinteresse des Auftraggebers
gedeckt. Maßgeblich für eine Unangemessenheit ist in erster Linie nicht, wie viel Liquidität der Auftragnehmer
für Sicherheiten insgesamt einsetzen muss, sondern ob eine unangemessen hohe Sicherung der
Vertragserfüllungsansprüche oder eine unangemessene hohe Sicherung von Mängelansprüchen vereinbart
wurde. Bei der Höhe der Sicherheiten ist der jeweilige Sicherungszweck zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom
25. März 2004 - VII ZR 453/02, juris Rn. 28). In Anbetracht der für die private Bauwirtschaft geltenden
Obergrenze eines berechtigten Sicherungsinteresses i.H.v. 10 % der Auftragssumme wird im Übrigen dem
Auftragnehmer durch die vorliegende Regelung Liquidität nicht über Gebühr entzogen. Ein angemessener
Ausgleich erfolgt nach den BVB dadurch, dass der Auftragnehmer durch das Stellen einer kombinierten
Bürgschaft gemäß Nr. 4.3 BVB die Höhe der Sicherheit auf 5 % der Auftragssumme reduzieren kann. Auch
dann wäre die Regelung der Sicherheiten nicht unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB.

ee)

Die Unwirksamkeit der Sicherungsvereinbarung ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin in der
Berufungserwiderung vorgebrachten Gründen oder sonstigen Erwägungen.

(1)

Die Klägerin verweist zutreffend darauf, dass der Auftragnehmer nach dem letzten Satz von Nr. 4.1 BVB die
Umwandlung der VE-Sicherheit in eine Sicherheit für Mängelansprüche erst verlangen kann, wenn alle bis zur
Abnahme erhobenen Ansprüche erfüllt sind. Mitumfasst ist also nach dem Wortlaut die Erfüllung unberechtigt
erhobener Forderungen. Will der Auftragnehmer also durch Umwandlung der VE-Sicherheit in eine
Mängelansprüchesicherheit eine Verringerung der Gesamtsicherheit erreichen, müsste er unter Umständen
auch solche Ansprüche, die er nicht für berechtigt hält, unter Vorbehalt erfüllen und anschließend die
Rückforderung nötigenfalls klageweise geltend machen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt dies aber keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307
Abs. 1 BGB dar. Es besteht ein berechtigtes Sicherungsinteresse des Auftraggebers bis zum Abschluss von
Rechtsstreitigkeiten über die erhobenen Ansprüche und Abklärung von deren Berechtigung. Die Beklagte
verweist zutreffend darauf, dass bei jeder Sicherheitenstellung das Risiko einer Inanspruchnahme der
Sicherheit durch den Sicherungsnehmer für tatsächlich nicht berechtigte Ansprüche besteht. Alleine dieses
Risiko begründet keine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des AGB-Verwenders.
Vielmehr führt dieses Risiko schon deshalb nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung, weil die Höhe
der Sicherheit begrenzt ist. Die Inanspruchnahme der Sicherheit für tatsächlich nicht bestehende Ansprüche
kann betragsmäßig nicht zu einer höheren Belastung des Auftragnehmers führen, als er ohnehin aufgrund der
Sicherheitenabrede gewärtigen musste. Die Frage einer Unangemessenheit stellte sich deshalb auch in der
von der Klägerin zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 6. August 2013 - 19 U 99/12; dort ging
es um einen 2003 geschlossenen Vertrag, in den die KEVM (B) BVB, die KEVM (B) WBVB und die KEVM (B)
ZVB einbezogen waren) lediglich im Zusammenhang mit der Kumulation verschiedener Sicherheiten, so dass
die für Gewährleistungsrechte zulässige Obergrenze überschritten wurde. Die weiteren von der Klägerin
zitierten Entscheidungen sind ebenfalls nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Insbesondere
ergibt sich dies nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2015 (VII ZR 120/14 Rn. 22).
Danach ist die der dortigen Entscheidung zugrunde liegende Sicherungsabrede auch dann unwirksam, wenn
sie die Bestimmung in Nr. 34.6 ZVB nicht enthielte. Dort war geregelt, dass die VE-Bürgschaft nach
vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückgegeben wird, wenn der Auftragnehmer die Leistung
vertragsgemäß erfüllt hat, etwaige erhobene Ansprüche befriedigt hat und eine vereinbarte Sicherheit für
Gewährleistung geleistet hat. Entscheidend für die Unwirksamkeit der dortigen Sicherungsabrede war aber,
wie bereits dargelegt wurde, die Kumulation der Gewährleistungssicherheit und der VE-Sicherheit, deren
Rückgabe letztlich im Belieben des Auftraggebers stand, da die VE-Sicherheit auch
Gewährleistungsansprüche sicherte (so auch beispielsweise in den Entscheidungen des OLG Dresden,
Beschluss vom 15. Juli 2008 - 12 U 781/08; OLG Hamm, Urteil vom 2. März 2010 - I-21 U 139/09; LG
Heilbronn, Urteil vom 13. April 2016 - Si 8 O 128/15; OLG Celle, Urteil vom 6. April 2017 - 8 U 204/16; weitere
Rechtsprechungsnachweise bei Thierau in Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B, 6. Aufl., § 17
VOB/B Rn. 41). Nur aufgrund dieses Umstands, der den dortigen Sachverhalt vom vorliegenden Sachverhalt
unterscheidet, kommt es zur Unwirksamkeit der Sicherheitenabrede.

Ein Verständnis der vorliegenden Klausel, dass auch als unberechtigt erkannte Forderungen für die
Umwandlung der Sicherheit erfüllt sein müssten, ist nicht möglich.

(2)

Gemäß der Regelung in Nr. 4.3 BVB muss die Bürgschaft zur Ablösung des Bareinbehalts den Verzicht auf
die Einreden der Anfechtbarkeit und der Aufrechenbarkeit sowie der Vorausklage enthalten.

Es kann offenbleiben, ob der Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit eine unangemessene
Benachteiligung des Vertragspartners der Beklagten als Klauselverwenderin darstellt. Selbst wenn dies der
Fall sein sollte (anders wohl BGH, Urteil vom 19. September 1985 - III ZR 214/83, BGHZ 95, 350, juris Rn. 35;
offengelassen im Urteil vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13 Rn. 31; Grüneberg in Palandt, BGB, 78. Aufl., § 307
Rn. 79; Sprau in Palandt, BGB, 78. Aufl., § 770 Rn. 1a), hätte eine Unwirksamkeit dieses Teils der Klausel
nicht die Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Sicherheitenstellung in Nr. 4 BVB zur Folge. Die Unwirksamkeit
einer Teilklausel ergreift die Gesamtklausel nur, wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge
des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so
einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden
Vertragsgestaltung gesprochen werden muss (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13
Rn. 33 m.w.N.). Die Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Bürgschaftsvertrages in Nr. 4.3 BVB sind
von der Verpflichtung zur Stellung der Sicherheit in Nr. 4.1 BVB trennbar und haben nur untergeordnete
Bedeutung. Die Vereinbarung, eine VE-Sicherheit und eine Sicherheit für Mängelansprüche zu stellen, ist
auch ohne die Regelungen zum Inhalt der Bürgschaft aus sich heraus verständlich und sinnvoll (vgl. BGH,
Urteil vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13 Rn. 34).

(3)

Eine Unwirksamkeit ergibt sich auch nicht aus einer fehlenden Transparenz der Höhe der Sicherheit. Die
Bezugsgrößen, aus denen die Höhe der Sicherheit für die Vertragserfüllung und der Sicherheit für
Mängelansprüche zu berechnen ist, sind nicht unklar oder intransparent. Alleine der Umstand, dass die Höhe
der VE-Sicherheit 5 % „der Auftragssumme“ beträgt, während die Höhe der für Mängelansprüche zu
leistenden Sicherheit 3 % „der Auftragssumme einschließlich erteilter Nachträge“ beträgt, führt nicht zu einer
Intransparenz hinsichtlich der Höhe.

(4)

Die Unwirksamkeit der Sicherheitenabrede ergibt sich schließlich nicht aus den unterschiedlichen
Bezugswerten für die Berechnung der Höhe der VE- und der Mängelansprüchesicherheit. Insoweit wird es als
problematisch angesehen, dass es bei Vereinbarung einer Kombibürgschaft im Fall einer reduzierten
Abrechnungssumme zu einer Übersicherung und damit zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede kommen
kann, weil die zulässige Höhe von 5 % der Abrechnungssumme für die Mängelansprüchesicherheit
überschritten wird (v. Kiedrowski BauR 2016, 320, 327; s.a. Joussen in Ingenstau/Korbion, 20. Aufl., § 17 Abs.
1 VOB/B Rn. 45 unter Hinweis auf OLG Frankfurt, Urteil vom 12. Mai 2016 - 22 U 34/15, juris Rn. 49).
Tatsächlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den nach Abnahme liegenden Zeitraum
eine Gewährleistungsbürgschaft „in Höhe von 5 % der Auftragssumme“ nicht zu beanstanden (vgl. nur BGH,
Urteil vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10 Rn. 28; Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12 Rn. 24; Urteil vom
22. Januar 2015 - VII ZR 120/14 Rn. 18; Urteil vom 16. Juni 2016 - VII ZR 29/13 Rn. 29).

Aber auch wenn man dies anders sehen sollte, ergäbe sich daraus nicht die Unwirksamkeit der Regelung
über die VE-Sicherheit. Wäre die Regelung über die Mängelansprüchesicherheit wegen des Abstellens auf die
Auftragssumme einschließlich erteilter Nachträge wegen Übersicherung unwirksam, würde dies die
Vereinbarung über die VE-Sicherheit i.H.v. 5 % der Auftragssumme als davon losgelöste und trennbare
Regelung nicht beeinträchtigen. Dies gilt auch für das Formblatt „Vertragserfüllungs- und
Mängelansprüchebürgschaft - 421“, das in Nr. 4.3 BVB für die Stellung der VE-Bürgschaft vorgegeben ist. In
dem dort enthaltenen Text:

„Nach den Bedingungen dieses Vertrages hat der Auftragnehmer Sicherheit für die vertragsgemäße
Ausführung der Leistung einschließlich Erfüllung der Mängelansprüche zu leisten.“

lassen sich ohne Weiteres die Worte „einschließlich Erfüllung der Mängelansprüche“ streichen. Auch in der
Kopfzeile lässt sich problemlos das Wort „Mängelansprüchebürgschaft“ streichen. Wie bereits dargelegt
wurde, ergreift die Unwirksamkeit einer Teilklausel die Gesamtklausel nur, wenn der als wirksam
anzusehenden Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam
beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der
bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss (BGH, Urteil vom 16. Juni 2016
- VII ZR 29/13 Rn. 33 m.w.N.). Der verbleibende Rest würde vorliegend seinen Sinn behalten, ohne dass von
einer gänzlich neuen Vertragsgestaltung bezüglich der VE-Sicherheit gesprochen werden müsste.

Die Klägerin hätte daher lediglich Anspruch auf Austausch der Bürgschaftsurkunde gegen ein Formblatt 421
mit den genannten Streichungen. Die Höhe der Sicherheit (5 % der Auftragssumme für die Vertragserfüllung)
wäre nicht beeinträchtigt. Sollte man die Auffassung vertreten, das Formular 421 könne nur einheitlich
behandelt werden, müsste die Beklagte die Bürgschaftsurkunde nur Zug um Zug gegen Sicherheitsleistung
nach Nr. 4.2 BVB herausgeben. Das wäre lediglich dann nicht mehr der Fall, wenn die Leistung der Klägerin
abgenommen und Vertragserfüllungsansprüche nicht mehr geltend gemacht werden. Die Parteivertreter
haben vorliegend aber in der Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt, dass noch
Vertragserfüllungsansprüche geltend gemacht werden.

c)

Da die Beklagte nicht zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verpflichtet ist, bedarf die Frage, ob ihr ein
Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Bürgschaft zusteht, keiner
Entscheidung.

2.

Da die Sicherungsabrede wirksam ist, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Freistellung von den
Avalprovisionen für den Zeitraum vom 24. September 2016 bis zur Rückgabe der Bürgschaftsurkunde.

Ihr steht auch kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 10.416,90 EUR
nebst Zinsen zu.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen. Die Klauseln
aus dem Vergabehandbuch des Bundes finden bundesweit bei vielen (öffentlichen) Bauvorhaben Anwendung.
Soweit ersichtlich gibt es keine ober- oder höchstgerichtlichen Entscheidungen zur Frage der Wirksamkeit der
streitgegenständlichen Sicherheitenregelung aus dem Vergabehandbuch des Bundes, Ausgabe 2008, Stand
Mai 2010. Es besteht daher ein Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und
Handhabung, auch wenn die Regelung im Vergabehandbuch mittlerweile anders gefasst ist.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG. Den Wert des Klageantrags Ziff. 1 beziffert
der Senat mit 2.064.178,00 EUR. Der Wert eines auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde gerichteten
Verfahrens ist nicht ohne weiteres mit dem Wert der dieser zugrundeliegenden Forderung identisch, sondern
nach § 3 ZPO zu schätzen. Maßgebend ist das Interesse des Klägers am Besitz der Urkunde. Dies kann
geringer sein als der Wert der Bürgschaftsforderung, aber auch diesem Wert entsprechen (BGH, Beschluss
vom 14. Oktober 1993 - IX ZR 104/93, juris Rn. 1; s.a. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2006 - VIII ZB 93/04,
juris Rn. 8). Der letztgenannte Fall ist vorliegend gegeben. Die Klägerin will mit der Herausgabeklage eine
Inanspruchnahme des Bürgen verhindern.

Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 2 (Freistellungsantrag bzgl. Avalprovision) erscheint der vom Landgericht in
Anlehnung an § 9 ZPO angesetzte Betrag von 144.000,00 EUR (ca. 3,5 Jahre x 2 % jährlich aus 2.064.178,00
EUR) angemessen.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Stuttgart

Erscheinungsdatum:

09.07.2019

Aktenzeichen:

10 U 247/18

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Normen in Titel:

BGB § 307 Abs. 1; VOB/B § 17