OLG München 15. Januar 2019
34 Wx 367/18
BGB §§ 164, 167, 1191

Widerruf einer Vollmacht einer Grundschuldbestellung; maßgeblicher Zeitpunkt für den Vollmachtswiderruf im Grundbuchverfahren

letzte Aktualisierung: 1.2.2019
OLG München, Beschl. v. 15.1.2019 – 34 Wx 367/18

BGB §§ 164, 167, 1191
Widerruf einer Vollmacht einer Grundschuldbestellung; maßgeblicher Zeitpunkt für den Vollmachtswiderruf im Grundbuchverfahren

Gründe

I.
Die Beteiligte zu 2 ist im Grundbuch als Eigentümerin von Grundbesitz eingetragen.
Namens der Beteiligten zu 2 bestellte der Beteiligte zu 1 zu seinen Gunsten am 1.8.2018 eine Grundschuld
mit Brief über 200.000 €; gleichzeitig wurde die Eintragung im Grundbuch bewilligt. Im Beurkundungstermin
lag die dem Beteiligten zu 1 am 8.12.2014 erteilte Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 3.12.2014 vor,
gemäß der die Beteiligte zu 2 den Beteiligten zu 1 unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
bevollmächtigt hatte, sie in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich
gegenüber jedermann zu vertreten, soweit eine solche Vertretung rechtlich zulässig ist.
Mit Schreiben vom 2.8.2018 beantragte der Notar beim Grundbuchamt „gemäß § 15 GBO - beim Eintrag von
Grundpfandrechten auch im Namen des Gläubigers“ unter Vorlage der Bestellungsurkunde in beglaubigter
Abschrift die Eintragung der Grundschuld. Das Schreiben wurde als Einwurf-Einschreiben versandt und
nach dem Vermerk der Post am 3.8.2018 ausgeliefert. Es ist laut Eingangsstempel des Grundbuchamts dort
am 7.8.2018 um 8:55 Uhr eingegangen.
Am 3.8.2018 um 10:17 war bereits beim Amtsgericht auf dem Faxgerät des Grundbuchamts die Information
der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2 eingegangen, dass diese mit einem Schreiben, datiert
auf den 31.7.2018, den Widerruf der Vollmacht erklärt habe. Als Anlage war die Widerrufserklärung in
Abschrift mitübersandt.
Auf Hinweis des Grundbuchamts vom 7.8.2018, dass die Vollmacht durch die Beteiligte zu 2 mit Erklärung
vom 31.7.2018 widerrufen wurde, erklärte der Beteiligte zu 1 durch seinen Anwalt, dass der Widerruf der
Vollmacht nur beachtlich sei, wenn er beim Grundbuchamt vor der Bewilligung eingegangen sei.
Mit Zwischenverfügung vom 27.9.2018 hat das Grundbuchamt für das vorliegende Grundstück sowie elf
weitere im Bezirk des Grundbuchamts liegende Grundstücke der Beteiligten zu 2, die ebenfalls
entsprechend vom Beteiligten zu 1 belastet wurden, das Fehlen eines Vollmachtnachweises als
Eintragungshindernis beanstandet. Unter Fristsetzung hat es Gelegenheit gegeben, eine gültige Vollmacht
oder die Genehmigung der Beteiligten zu 2 zur Grundschuldbestellung nachzureichen.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit Beschwerde vom 10.10.2018 mit dem Antrag, die Eintragung
des Grundpfandrechts unter Aufhebung der Zwischenverfügung zu vollziehen. Im Zeitpunkt der
Beurkundung der Grundschuldbestellung am 1.8.2018 um 11:00 Uhr habe eine wirksame Bevollmächtigung
vorgelegen. Ein Widerruf sei um 16:25 Uhr des 1.8.2018 durch Zugang der Widerrufserklärung beim
Bevollmächtigten erfolgt, dieser habe jedoch keine Auswirkungen. Der Widerruf wahre nicht die Form der §§
31, 29 GBO.
Zudem sei nach der Information der Post die vom Notar versandte Bewilligung schon am 3.8.2018 dem
Amtsgericht zugegangen.
Die Beteiligte zu 2 hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und ausgeführt, der Widerruf sei am
1.8.2018 „spätnachmittags“ erfolgt. Im dem für das Wirksamwerden der Eintragungsbewilligung
maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs beim Grundbuchamt habe daher die Vollmacht nicht mehr - wie
erforderlich - bestanden. Außerdem sei der Vollmachtsmissbrauch objektiv evident, weil der Beteiligte zu 1
zum „eigenen“ Vorteil nicht nur den gegenständlichen, sondern weiteren Grundbesitz der Beteiligten zu 2
belastet habe. Er habe dadurch den Straftatbestand der Untreue verwirklicht. Sie werde die Belastung des
Grundbesitzes nicht genehmigen. Der Familienstreit sei nicht im Grundbuchverfahren auszutragen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II.
Das vom Beteiligten zu 1 eingelegte Rechtsmittel hat nur insoweit Erfolg, als die Aufhebung der
Zwischenverfügung erstrebt wird. Zur Eintragung des Grundpfandrechts kann das Grundbuchamt jedoch
nicht angewiesen werden; insoweit war die Beschwerde zu verwerfen.

1. Die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO
statthaft und in zulässiger Weise erhoben (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Zur Einlegung ist der
Beteiligte zu 1 berechtigt, weil er als „gewinnender Teil“ der erstrebten Rechtsänderung zum Kreis der nach
§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO Antragsberechtigten gehört (vgl. Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 193).

2. Der weitergehende Antrag auf Eintragung ist jedoch als unzulässig zu verwerfen. Eine Beschwerde ist nur
gegen Entscheidungen des Grundbuchamts zulässig. Das sind außer der Zwischenverfügung nur solche,
die endgültig über einen Antrag entscheiden und ihn sachlich erledigen (vgl. Hügel/Kramer § 71 Rn. 66).
Eine Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst ist jedoch noch nicht getroffen.
Auch im Rahmen der Prüfung der Zwischenverfügung kann über diesen Antrag nicht befunden werden.
Prüfungsgegenstand im Beschwerdeverfahren ist nämlich nicht der Eintragungsantrag, sondern nur die
Zwischenverfügung. Es kann im Beschwerdeverfahren daher keine Anweisung an das Grundbuchamt
ergehen, den Eintragungsantrag zu vollziehen (vgl. BGH FGPrax 2014, 2; BayObLG NJW-RR 1987, 1204;
BayObLGZ 1990, 51/56; Demharter § 77 Rn. 15; Budde in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 77 Rn. 20).

3. Mit dem Antrag auf Aufhebung der Zwischenverfügung hat die Beschwerde Erfolg.
Erweist sich der Inhalt der angefochtenen Zwischenverfügung als unzulässig, hat bereits dies deren
Aufhebung zur Folge. Einer Entscheidung des Beschwerdegerichts darüber, ob das angenommene
Eintragungshindernis besteht, bedarf es dann nicht.
Das ist hier der Fall. Die ergangene Zwischenverfügung kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie
ausschließlich solche Mittel zur Beseitigung des angenommenen Eintragungshindernisses bezeichnet, die
offensichtlich nicht in absehbarer Zeit beigebracht werden können (vgl. Senat vom 7.11.2018, 34 Wx 395/17,
juris; vom 30.9.2011, 34 Wx 356/11 = Rpfleger 2012, 138; BayObLGZ 1984, 126/128; BayObLG FGPrax
1997, 89; OLG Jena vom 11.1.2012 - 9 W 526/11, juris Rn. 7; OLG Düsseldorf FGPrax 2013, 14/15 f. (am
Ende); auch OLG Düsseldorf Rpfleger 2018, 435; Hügel/Zeiser § 18 Rn. 15; Wilke in Bauer/Schaub § 18 Rn.
38).

a) Zwar hat das Grundbuchamt nach wohl h. M. die Wahl zwischen einer sofortigen Zurückweisung des
Eintragungsantrags und dem Erlass einer Zwischenverfügung, wenn kein zwingender Zurückweisungsgrund
vorliegt; seine Entscheidung hat es nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (vgl. Demharter § 18 Rn. 20
f.).
Ausweislich der Begründung der angefochtenen Entscheidung hat das Grundbuchamt aber bei der
zugrundeliegenden Abwägung die Frage außer Acht gelassen, ob und mit welchem Zeitbedarf die für
erforderlich erachtete Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 2 oder der Nachweis einer (erneuten)
Bevollmächtigung beigebracht werden können. Angesichts der bereits im Eintragungsverfahren zutage
getretenen Haltung der Beteiligten zu 2, die auch darin ihren Ausdruck gefunden hat, dass sie mittlerweile
ihrerseits das Grundstück mit einer Fremdgrundschuld belastet hat, handelt es sich um einen wesentlichen
sachlichen Gesichtspunkt, dessen Nichtberücksichtigung als Ermessensfehlgebrauch zu werten ist.
Daher kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht sein eigenes Ermessen in jedem Fall oder nur dann,
wenn das Grundbuchamt sein Ermessen nicht oder fehlerhaft ausgeübt hat, an die Stelle des
Grundbuchamts setzen darf (vgl. Kramer in Hügel/BeckOK-GBO 34. Edition § 77 Rn. 1a).

b) Für eine Zwischenverfügung ist aus der somit maßgeblichen Sicht des Senats hier kein Raum.
Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Beteiligte zu 2 nicht gewillt ist, die vom
Grundbuchamt für erforderlich angesehene Genehmigung nach § 182 Abs. 1 BGB (in grundbuchmäßiger
Form) zu erklären. Ihren entgegenstehenden Willen hat die Beteiligte zu 2 nach Erlass der
Zwischenverfügung ausdrücklich bestätigt. Keine Zweifel bestehen auch daran, dass sie zu einer
Erneuerung der widerrufenen Vollmacht nicht willens ist. Daran hat sich bis zu dem nach § 74 GBO
maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nichts geändert.
Auch ist nicht zu erwarten, dass in absehbarer Zeit ein rechtskräftiges Urteil vorgelegt werden könnte, nach
dem entsprechende Willenserklärungen der Beteiligten zu 2 gemäß § 894 ZPO als abgegeben gelten
würden. Das vorliegende Verfahren stellt nur einen Ausschnitt aus dem zugrunde liegenden Streit dar, der
Auswirkungen auf die Rechte an mehr als zehn weiteren Immobilien hat. Dass dieser Streit mit Vehemenz
geführt werden wird, verdeutlichen bereits die erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe.

c) Zu berücksichtigen ist ferner, dass keine sonstigen Möglichkeiten ersichtlich sind, mit denen der
Eintragungsmangel, den das Grundbuchamt angenommen hat, in angemessener Zeit behoben werden
könnte. Die Zwischenverfügung ist daher insgesamt aufzuheben.
4. Für das weitere Verfahren wird - ohne Bindungswirkung für das Grundbuchamt (vgl. BayObLG NJW-RR
1987, 1204) - bemerkt:

a) Die Belastung eines Grundstücks mit einem dinglichen Recht darf das Grundbuchamt nur eintragen,
wenn ihm die hierfür nach § 19 GBO erforderliche Bewilligung vorliegt. Hat der Bewilligungsbefugte die
Bewilligung nicht selbst erklärt, sondern über einen Vertreter (§ 15 Abs. 1 Satz 1 GBO), so kann die
Bewilligung im Eintragungsverfahren nur verwendet werden, wenn der Bestand der vom Grundbuchamt von
Amts wegen zu prüfenden Vollmacht in dem für den Grundbuchvollzug maßgeblichen Zeitpunkt
nachgewiesen ist (vgl. Kössinger in Bauer/Schaub § 19 Rn. 288).
Vom Fortbestand einer erteilten Vollmacht ist auszugehen, wenn im Grundbuchverfahren keine auf
Tatsachen gestützten Zweifel hieran zu Tage treten. Auch die Rechtsscheintatbestände des materiellen
Rechts (§§ 170 bis 173 BGB) sind im Grundbuchverfahren zu berücksichtigen, solange keine konkreten
tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie - etwa wegen Bösgläubigkeit des Geschäftspartners -
nicht greifen (Schaub in Bauer/Schaub AT G Rn. 175). Ist - wie hier - ein Widerruf bekannt geworden, so ist
das Grundbuchamt berechtigt und verpflichtet, den dadurch bedingten Zweifeln am Bestand der Vollmacht
nachzugehen. Es hat unter Berücksichtigung der ihm bekannten Tatsachen und Umstände in freier
Beweiswürdigung darüber zu befinden, ob die Vollmacht im maßgeblichen Zeitpunkt widerrufen war oder
fortbestanden hat (vgl. Schaub in Bauer/Schaub AT G Rn. 172 f.). Bleiben Zweifel, die nicht zerstreut werden
können, ist die Grundbucheintragung abzulehnen (OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 102; Schaub in
Bauer/Schaub AT G Rn. 176; KEHE/Volmer GBO 7. Aufl. § 29 Rn. 158 a. E.).

b) Im vorliegenden Verfahren ist der von der Beteiligten zu 2 (persönlich) schriftlich erklärte
Vollmachtswiderruf bekannt geworden, weil deren Verfahrensbevollmächtigte eine Abschrift des von der
Beteiligten zu 2 unterzeichneten Schreibens per Fax zur Grundakte geleitet haben. Dies veranlasst die
Prüfung, ob die Vollmacht noch in dem für den Grundbuchvollzug maßgeblichen Zeitpunkt bestanden hat.
Dass der Widerruf nicht in notarieller Form erklärt und angezeigt wurde, ist unerheblich. Der notariellen Form
bedarf gemäß § 31 Sätze 1 und 3, § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO eine Erklärung, mit der eine Vollmacht zur
Stellung eines Eintragungsantrags widerrufen wird. Der Widerruf von Vollmachten im Übrigen unterfällt
hingegen nicht § 31 Sätze 1 und 3 GBO (vgl. Schaub in Bauer/Schaub § 31 Rn. 32 ff.; Hügel/Otto § 31 Rn.
10 mit Rn. 2 ff.).
Nach den widerspruchsfreien Angaben der Beteiligten, die im Grundbuchverfahren im Rahmen freier
Beweiswürdigung Berücksichtigung finden, hat die dem Beteiligten zu 1 erteilte und nach dem
Urkundeninhalt frei widerrufliche Vollmacht bei Beurkundung der Vertretererklärung noch wirksam
bestanden. Der Widerruf ist noch am selben Tag - um 16:25 Uhr des 1.8.2018 - durch Zugang der
entsprechenden einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung der Beteiligten zu 2 beim
Bevollmächtigten wirksam geworden, § 168 Sätze 2 und 3, § 167 Abs. 1 Alt. 1, § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Dieser Widerruf steht einer rechtswirksamen Vertretung der Beteiligten zu 2 bei Errichtung der Urkunde
jedoch nicht entgegen, denn rückwirkende Kraft kommt dem Widerruf nicht zu (BGH MDR 2017, 987/988).
Auf den Rechtsscheintatbestand des § 172 Abs. 2 BGB kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Die Bestimmung des § 174 Satz 1 BGB ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, weil nicht die
Vertreter der Beteiligten zu 2, sondern diese selbst den Widerruf erklärt hat.

c) Je nach Fallgestaltung kann der Zeitpunkt unterschiedlich sein, bis zu dem die Vollmacht oder ein
entsprechender Rechtsscheintatbestand fortbestehen muss, damit die Bewilligung verfahrensrechtlich
Grundlage einer Eintragung durch das Grundbuchamt sein kann.

aa) Nach allgemeiner Ansicht ist die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) eine rein verfahrensrechtliche
Erklärung; ihre Bedeutung besteht im Wesentlichen darin, gemäß dem formellen Konsensprinzip Grundlage
und Rechtfertigung der Grundbucheintragung zu bilden (BGH FGPrax 2013, 53/54; Hügel/Holzer § 19 Rn. 7
ff.; Demharter § 19 Rn. 13; Kössinger in Bauer/Schaub § 19 Rn. 29; KEHE/Munzig § 19 Rn. 10 - 12).

bb) Einigkeit besteht auch über die Kriterien, nach denen sich beurteilt, wie lange die Bewilligung
verfahrensrechtlich verwendbar ist und ab wann sie den Bewilligenden bindet, wobei insofern auch der
Begriff der Wirksamkeit gebraucht wird (Schöner/Stöber Rn. 102d und Rn. 107; Hügel/Holzer § 19 Rn. 108
mit Rn. 28 f.). Dabei ist regelmäßig auf den Zugang der Bewilligung mit Willen des Erklärenden beim
Adressaten abzustellen.

(1) Als verfahrensbegründende Erklärung wird die Bewilligung wirksam, wenn die Urkunde in Urschrift,
Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt zur
Herbeiführung einer Eintragung im Grundbuch zugeht (KG FGPrax 2015, 10/11; Demharter § 19 Rn. 21 und
25; Hügel/Holzer § 19 Rn. 26, 28 f.; KEHE/Volmer § 29 Rn. 157; KEHE/Munzig § 19 Rn. 102, 111;
Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 107) oder zur Vorlage beim Grundbuchamt demjenigen
zugeht, zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll (KG FGPrax 2015, 10/11; OLG Frankfurt NJW-RR
1995, 785; Demharter § 19 Rn. 21 und 26; Hügel/Holzer § 19 Rn. 27 f.; Schöner/Stöber Rn. 107). Adressat
der Eintragungsbewilligung sind nämlich gemäß deren Verfahrenszweck das Grundbuchamt und daneben
auch die Person, zu deren Gunsten die Eintragungsbewilligung abgegeben wird. Erst mit dem Zugang beim
Grundbuchamt oder beim Begünstigten, der damit durch eigene Antragstellung die Eintragung bewirken
kann, kann die Bewilligung ihrem Verfahrenszweck gemäß Grundlage einer vom Grundbuchamt zu
bewirkenden Eintragung sein. Dabei lässt grundsätzlich nur der Zugang von Urschrift oder Ausfertigung der
Urkunde, nicht aber lediglich einer beglaubigten Abschrift, den Schluss zu, dass - wie erforderlich - von der
Bewilligung mit dem Willen des Betroffenen Gebrauch gemacht wird (BayObLG DNotZ 1994, 182/183;
Schöner/Stöber Rn. 107).

(2) Ausnahmsweise kann die Bewilligung bereits mit dem Abschluss des Beurkundungsvorgangs nicht mehr
widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die für den Begünstigten einen gesetzlichen (§ 51
BeurkG) und daher unentziehbaren Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung der Bewilligungsurkunde
begründen (BayObLG DNotZ 1994, 182/183; KG FGPrax 2015, 10/11 und FGPrax 2013, 56; OLG Hamm
OLGZ 1989, 9/13; OLG Naumburg FGPrax 1998, 1/2; Demharter § 19 Rn. 24; Hügel/Holzer § 19 Rn. 31;
Schöner/Stöber Rn. 107; KEHE/Munzig § 19 Rn. 116). Mit dem Bestehen des Anspruchs kann der
Bewilligung die Eignung, Grundlage einer Grundbucheintragung zu sein, nicht mehr genommen werden.

(3) Folge dieser Ansicht ist, dass eine Bewilligung, die nicht ausnahmsweise bereits mit dem Abschluss des
Beurkundungsvorgangs unwiderruflich geworden ist, noch bis zu ihrem Eingang durch Erklärung gegenüber
dem Grundbuchamt widerrufen werden kann (Schöner/Stöber Rn. 107).

cc) Unterschiedlich bewertet wird allerdings die Frage, ob sich der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Bewilligung
anders beurteilt, wenn diese von einem Vertreter abgegeben wird.
Eine von einem Vertreter abgegebene Erklärung ist für den Vertretenen nur wirksam, wenn der Vertreter
hierfür eine wirksame Vollmacht hat. Streitig ist dabei jedoch, ob die Vollmacht nur zur Zeit der Abgabe (so
Schöner/Stöber Rn. 3532 m.w.N.) oder noch im Zeitpunkt des Zugangs der Bewilligung beim Grundbuchamt
vorliegen muss (Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 177 Rn. 5), welche Rechtsfolgen somit ein
Vollmachtswiderruf nach Beurkundung der verfahrensrechtlichen Bewilligung hat.

(1) Nach der herrschenden Ansicht muss eine wirksame Vollmacht oder ein dem gleichstehender
Vertrauenstatbestand noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens, etwa durch Vorlage beim Grundbuchamt,
bestehen (BayObLG Rpfleger 1986, 216 f.; KG FGPrax 2015, 10/11; FGPrax 2013, 56; DNotZ 1972,
615/617; Demharter § 19 Rn. 74.2; Hügel/Holzer § 19 Rn. 99; Kössinger in Bauer/Schaub § 19 Rn. 288 mit
Schaub AT G Rn. 1 mit 165, 172; KEHE/Munzig § 19 Rn. 121, 133, 136; KEHE/Volmer § 29 Rn. 157;
Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. Einl E Rn. 9 mit 98). Der Wegfall der Vollmacht vor diesem Zeitpunkt führe
zwar nicht zum Erlöschen der Bewilligung, hindere aber das Wirksamwerden der Bewilligung als
verfahrensrechtliche Erklärung im Grundbuchverfahren, sofern der Mangel der Vollmacht nicht wegen eines
Rechtsscheintatbestands unerheblich ist.
Danach kann die Bewilligung nicht mehr Grundlage der erstrebten Eintragung sein, wenn die Vollmacht
erloschen war, als die Bewilligung beim Grundbuchamt einging. Ist nämlich die Vollmacht im Zeitpunkt des
Eingangs der Bewilligung beim Grundbuchamt bereits widerrufen, kann die vom Bevollmächtigten erklärte
Bewilligung verfahrensrechtlich nur dann eine taugliche Grundlage für die begehrte Eintragung sein, wenn
der Vollmachtgeber diese noch wünscht.
Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass bei der Beurkundung die Vollmacht in Ausfertigung vorgelegen
hat (hierzu Demharter § 19 Rn. 80.2). § 172 Abs. 2 BGB normiert bis zur Rückgabe oder Kraftloserklärung
der Vollmachtsurkunde eine Rechtsscheinhaftung, die greift, wenn der Bevollmächtigte von der ihm vom
Bevollmächtigten ausgehändigten Urkunde zu einem Zeitpunkt durch Vorlegen gegenüber einem Dritten
Gebrauch macht, in dem er keine Vertretungsmacht (mehr) hat (vgl. Schäfer in BeckOK BGB 48. Edition §
172 Rn. 1 f.). Darauf kommt es allerdings nicht an, wenn zwar bei Gebrauchmachen von der Vollmacht diese
noch nicht widerrufen war, der nachträgliche Widerruf aber vor dem Eingang der Bewilligung
gerichtsbekannt geworden ist und den von der Urkunde ausgehenden Rechtsschein zerstört hat.
Unerheblich ist auch, ob infolge des Widerrufs die erteilte Ausfertigung der Vollmachtsurkunde
zurückgegeben wurde. Nur grundsätzlich ist bei Vorliegen des Rechtsscheintatbestands des § 172 Abs. 2
BGB vom Fortbestand der Vollmacht auszugehen. Sind aber besondere Umstände bekannt, die auf das
Erlöschen der Vollmacht hinweisen, so hat das Grundbuchamt in freier Beweiswürdigung das Erlöschen zu
prüfen (Demharter § 19 Rn. 80; Schaub in Bauer/Schaub AT G Rn. 181 - 184).

(2) Eine andere Ansicht argumentiert, dass die von der Vollmacht gedeckte Bewilligungserklärung schon im
Zeitpunkt ihrer Erklärung bestehe, das Erlöschen der Vollmacht zwischen notarieller Beurkundung (§ 29
GBO) und Eingang beim Grundbuchamt sich daher nicht auf die Wirksamkeit der Erklärung auswirke. Mit
der Beurkundung der Bewilligung sei diese als verfahrensrechtliche Erklärung nach außen dokumentiert und
damit abgegeben. Das nachträgliche Erlöschen der Vollmacht berühre den Bestand der Bewilligung als
Eintragungsgrundlage und damit deren mögliche Verwendung im Grundbuchverfahren nicht
(Schöner/Stöber Rn. 3581 mit Rn. 102a, 102e). Nicht anders als im Zivilprozess sei der Wegfall einer
Handlungsvoraussetzung nach Abgabe, aber vor Wirksamwerden der verfahrensrechtlichen Erklärungen
unschädlich (Schöner/Stöber Rn. 3581 mit Rn. 102b unter Bezugnahme auf BGH NJW 1990, 1305 für den
Wegfall der Postulationsfähigkeit vor dem Eingang der Berufungsschrift bei Gericht).
Deshalb soll die vertretene Person an der Verwendung der Bewilligung nach erfolgtem Vollmachtswiderruf
nicht gehindert sein; die Bewilligung bleibe verfahrensrechtlich verwendbar; eine neue beglaubigte
Bewilligung müsse der Bewilligende trotz nachträglichen Wegfalls der Vertretungsmacht nicht beibringen
(Schöner/Stöber Rn. 102d).

(3) Die Mindermeinung dürfte abzulehnen sein, denn damit würde eine Bindung an die Bewilligung im Fall
der Vertretung ohne Grund vorverlagert. Während nämlich der selbst Bewilligende es noch bis zur
Einreichung der Bewilligung in der Hand hätte, diese wirksam zu machen, wäre ihm dies im Falle der
Vertretung versagt.
Allerdings hängt die Verwendbarkeit einer Bewilligung im Grundbuchverfahren auch nach dieser Ansicht
davon ab, dass die Urkunde mit dem Willen des Erklärenden beim Grundbuchamt (allgemein: einem
Empfangsberechtigten) zum Vollzug eingereicht worden ist oder ein diesbezüglicher Rechtsscheintatbestand
besteht. Bindung entfalte die Bewilligung erst, wenn sie in Urschrift oder Ausfertigung dem Grundbuchamt
vorliegt, denn diese Urkunden verkörpern das Einverständnis des Bewilligenden mit ihrer Verwendung im
Verfahren. Ausreichend sei auch, wenn Urschrift oder Ausfertigung dem Begünstigten oder einem Dritten
ausgehändigt worden seien (oder der Begünstigte einen gesetzlichen Anspruch auf Aushändigung habe).
Eine beglaubigte Abschrift der Urkunde genüge hingegen nur, wenn der Berechtigte sein Einverständnis mit
der Verwendung auf andere Weise deutlich erkennbar gemacht habe (Schöner/Stöber Rn. 107).
Da auch nach dieser Ansicht die Bewilligung nur wirksam ist, wenn sie dem Grundbuchamt mit
Einverständnis des Bewilligenden mit ihrer Verwendung im Verfahren zugeht (vgl. Schöner/Stöber Rn. 107),
ist ein vor Eingang der Bewilligung erklärter Widerruf der Bewilligung für das Grundbuchamt beachtlich,
denn daraus geht hervor, dass der Berechtigte mit der Verwendung im Verfahren nicht (mehr) einverstanden
ist.
Nichts anderes kann gelten, wenn der Vertretene nicht eine Bewilligung widerruft, sondern die Vollmacht,
denn auch damit macht er klar, dass die Vorlage der Bewilligung beim Grundbuchamt durch den Vertreter
nicht mehr seinem Willen entspricht. Zudem bleibt dem Vertretenen in der Regel keine andere Wahl, als die
Vollmacht zu widerrufen, da er die abgegebenen Bewilligungen regelmäßig nicht kennen wird und dem
Grundbuchamt gegenüber benennen kann.

d) Danach kommt hier in Betracht, dass die vom Bevollmächtigten erklärte Bewilligung wegen mitgeteilten
Vollmachtswiderrufs nicht mehr als Verfahrensgrundlage verwendet werden kann und die Beteiligte zu 2
nicht bindet.

aa) Der Ausnahmefall, in dem die Bewilligung mit dem Abschluss des Beurkundungsvorgangs wirksam wird,
liegt nicht vor. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG steht ein vom Willen der Betroffenen unabhängiger
Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung der Niederschrift über Willenserklärungen denjenigen zu, die eine
Erklärung im eigenen Namen abgegeben haben oder in deren Namen eine Erklärung abgegeben worden ist.
Da die hier beurkundeten Erklärungen namens der Beteiligten zu 2 abgegeben sind, hat der Beteiligte zu 1
selbst keinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung.

bb) Nach dem Urkundeninhalt kann zudem nicht angenommen werden, dass dem Beteiligten zu 1 die
Bewilligung zur Vorlage beim Grundbuchamt überlassen worden ist. Gemäß Ziff. 4.4 der Urkunde wurde der
Notar nur dahingehend beauftragt, „dem Gläubiger“, mithin dem Beteiligten zu 1, auf besondere Anforderung
eine vollstreckbare Ausfertigung und der Eigentümerin - vertreten durch den Beteiligten zu 1 - eine
beglaubigte Abschrift der Urkunde zu erteilen. Er wurde weiter beauftragt, dem Grundbuchamt eine
beglaubigte Abschrift der Urkunde einzureichen. Demgemäß erfolgte die Urkundenvorlage zusammen mit
dem auch namens des Beteiligten zu 1 gestellten Eintragungsantrag über den Urkundsnotar.

cc) Der Widerruf der Vollmacht ist nach Aktenlage vor dem Vollzugsantrag eingegangen. Soweit der
Beteiligte zu 1 vorträgt, laut Post sei das Schreiben des Notars früher, als es der Stempelaufdruck ausweise,
„ausgeliefert“ worden, ist dies unerheblich. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 GBO kommt es auf den Zugang der
Bewilligung beim Grundbuchamt an. Dies ist der Zeitpunkt, bei dem der Antrag einer zur Entgegennahme
zuständigen Person vorgelegt ist (§ 13 Abs. 2 Satz 2 GBO). Mithin kommt es nicht darauf an, wann der
Eintragungsantrag ans Amtsgericht als solches gelangt ist (OLG Düsseldorf Rpfleger 1997, 259; Demharter
§ 13 Rn. 23; Meikel/Böttcher § 13 Rn. 69; Bauer in Bauer/Schaub § 13 Rn. 48; KEHE/Volmer § 13 Rn. 38).
Für das Faxschreiben mit dem Widerruf der Vollmacht, das direkt an das Faxgerät des Grundbuchamts
gesandt wurde, steht der Zugang beim Grundbuchamt am 3.8.2018 um 10:17 Uhr fest. Bei einem Einwurf-
Einschreiben ist aus dem Vermerk der Post schon die Uhrzeit des Einwurfs des Schreibens in den
Briefkasten nicht zu entnehmen. Erst recht ergibt sich daraus nicht, dass der Eintragungsantrag an diesem
Tag, einem Freitag, schon der zur Entgegennahme zuständigen Person im Grundbuchamt vorgelegt worden
wäre. Mithin kann sicher nur von einem Eingang gemäß Stempelaufdruck, somit am 7.8.2018 um 8:55 Uhr,
und damit jedenfalls nach Eingang des Widerrufs bei Gericht ausgegangen werden.
Mit Blick auf den somit noch vor Eingang des Vollzugsantrags beim Grundbuchamt erfolgten
Vollmachtswiderruf steht vorliegend jedenfalls fest, dass der Antrag nicht vom Willen der Beteiligten zu 2
gedeckt und die Urkunde vom 1.8.2018 nicht mit dem Willen der Erklärenden - das ist die Beteiligte zu 2, in
deren Namen die Erklärung abgegeben wurde - dem Grundbuchamt zugegangen ist. Es geht daher hier
nicht um die Frage, ob die Beteiligte zu 2 trotz Vollmachtswiderrufs die Bewilligung verfahrensrechtlich
verwenden kann, wenn sie denn möchte.
Da zudem eine Ausfertigung der Bewilligung weder zum Grundbuchamt gelangt noch dem Begünstigten
ausgehändigt worden ist und der Begünstigte nach dem Gesetz keinen Anspruch auf eine Ausfertigung hat,
dürfte die Bewilligung keine taugliche Verfahrensgrundlage darstellen.

e) Ob die bekannt gewordenen Tatsachen für das Grundbuchverfahren ausreichen würden, um zudem die
Schlussfolgerung auf ein Handeln unter Missbrauch der im Außenverhältnis unbeschränkt erteilten
Vollmacht zu tragen, erscheint zweifelhaft. Geschützt ist der Vollmachtgeber (nur) gegen einen durch
massive Verdachtsmomente zutage getretenen evidenten Missbrauch der Vertretungsmacht (BGH MDR
2017, 987/988 m. w. N.). Über das Innenverhältnis und die Rollen der Beteiligten, auch im Zusammenhang
mit dem über verschiedene Gesellschaften betriebenen Immobiliengeschäft, liegen aber keinerlei
Erkenntnisse vor.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und § 84 FamFG.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat zwar teilweise Erfolg. Das antragsgemäße Ziel, nicht nur die
Zwischenverfügung zu Fall zu bringen, sondern auch den Vollzug der begehrten Eintragung zu erwirken, ist
jedoch nicht erreicht. Da ausdrücklich auch der Antrag auf Anordnung der Eintragung des Grundpfandrechts
im Beschwerdeverfahren gestellt war, ist es gerechtfertigt, dem Beteiligten zu 1 die Kosten des Verfahrens
aus dem Wert des zurückgewiesenen Teils aufzuerlegen (Friedrich in Fackelmann/Heinemann GNotKG § 25
Rn. 2; Wortmann in Renner/Otto/Heinze GNotKG 2. Aufl. § 25 Rn. 6). Insoweit ist für den nach § 79 Abs. 1
Satz 1 GNotKG festzusetzenden Geschäftswert nicht die Höhe der Kosten für die Hindernisbeseitigung,
sondern gemäß §§ 61, 53 Abs. 1 GNotKG der Nennbetrag des Grundpfandrechts maßgeblich.
Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 78 Abs. 2 GBO.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG )

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG München

Erscheinungsdatum:

15.01.2019

Aktenzeichen:

34 Wx 367/18

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
In-sich-Geschäft
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Erschienen in:

NotBZ 2019, 271-275

Normen in Titel:

BGB §§ 164, 167, 1191