Persönlicher Herausgabeanspruch der Miterben aus § 2287 Abs. 1 BGB
letzte Aktualisierung: 30.9.2021
BGH, Urt. v. 10.3.2021 – IV ZR 8/20
Persönlicher Herausgabeanspruch der Miterben aus
Der Herausgabeanspruch aus
Vertragserben bzw. bindend eingesetzten Schlusserben persönlich zu, und zwar zu einem seiner
Erbquote entsprechenden Bruchteil.
(Leitsatz der DNotI-Redaktion)
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im angefochtenen Umfang zur Aufhebung
des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin unabhängig
davon, ob die Schenkungen wirksam waren oder nicht, gegen die
Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der genannten Beträge an die
Erbengemeinschaft. Soweit die Schenkungen trotz Notartermins vom
3. Februar 2011 unwirksam gewesen sein sollten, folge der Anspruch aus
jeweils einen Zahlungsanspruch ohne Rechtsgrund gegen die
Bank erlangt und sei demnach zur Rückzahlung verpflichtet. Sollte der
Mangel der Form des Schenkungsversprechens gemäß §§ 518 Abs. 2,
185 Abs. 2 BGB durch Genehmigung der Leistung geheilt worden und sollten
die Schenkungen dementsprechend wirksam sein, beruhe der Anspruch
auf
einen wirksamen Erbvertrag geschlossen und die Klägerin neben den weiteren
Miterben als Nacherben bzw. Ersatznacherben eingesetzt. Er habe
alle Schenkungen an die Beklagte in der Absicht gemacht, die Vertragserben
zu schädigen. Nach der vorzunehmenden Abwägung seien die Verfügungen
auf eine Korrektur des Erbvertrages angelegt und es sei kein billigenswertes
lebzeitiges Eigeninteresse anzunehmen. Die Beklagte habe
auch keine Tatsachen dargelegt, aus denen sich ergebe, dass ihre Bereicherung
weggefallen sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt
nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin
für die Erbengemeinschaft gemäß
auf Erstattung der vor dem Tod des Erblassers von der Beklagten
an sich selbst überwiesenen Geldbeträge geltend machen könne.
a) Im Ergebnis noch zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings
davon aus, dass im Streitfall nur eine entsprechende Anwendung von
wie das Berufungsgericht einen Erbvertrag zugrunde legt - unmittelbar anwendbar.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das insoweit
auch keine Feststellungen getroffen hat, handelt es sich hier aber - wie
das Landgericht auf der Grundlage der Urkunde zu Recht annimmt - um
wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament;
in diesem Fall findet
vom 28. September 2016 - IV ZR 513/15,
Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZR 72/11,
Rn. 7 m.w.N.).
b) Das Berufungsgericht übersieht aber, dass der Herausgabeanspruch
aus
nicht zum Nachlass gehört. Wenn mehrere Vertragserben bzw. bindend
eingesetzte Schlusserben vorhanden sind, steht dieser Anspruch
nicht den Erben gemeinschaftlich zu, sondern jedem von ihnen persönlich,
und zwar zu einem seiner Erbquote entsprechenden Bruchteil (Senatsurteile
vom 21. Juni 1989 - IVa ZR 302/87,
vom 3. Juli 1980 - IVa ZR 38/80,
vgl. ferner Senatsurteil vom 28. September 2016 aaO; Senatsbeschluss
vom 26. Oktober 2011 aaO).
Abweichend davon hat das Berufungsgericht - wie die Revision zu
Recht rügt - angenommen, der Anspruch aus
den Nachlass. Für den Fall, dass die von der Beklagten behaupteten
Schenkungen wirksam sein sollten, hat es ihre Verurteilung zur Zahlung
an die Erbengemeinschaft auf einen Anspruch aus dieser Vorschrift aufgrund
der Klage nur einer Miterbin - der Klägerin - gestützt. Mit dieser Begründung
kann die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung der noch
streitgegenständlichen Beträge keinen Bestand haben.
2. Die Entscheidung erweist sich nicht im Sinne von
anderen Gründen deshalb als richtig, weil das Berufungsgericht ausgeführt
hat, soweit die Schenkungen unwirksam gewesen sein sollten, folge
der Anspruch aus
dazu, ob die in Rede stehenden Überweisungen ohne Rechtsgrund erfolgten.
III. Diese Feststellungen wird das Berufungsgericht nach der Zurückverweisung
nachzuholen haben. Wenn es wirksame Schenkungen annimmt,
wird es ausgehend davon gegebenenfalls die weiteren Voraussetzungen
des
vom 28. September 2016 - IV ZR 513/15,
Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZR 72/11,
Rn. 11; jeweils m.w.N.).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:10.03.2021
Aktenzeichen:IV ZR 8/20
Rechtsgebiete:
Erbvertrag
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundstücksübergabe, Überlassungsvertrag
BGB § 2287 Abs. 1