BGH 08. Juli 2022
V ZR 202/21
WEG §§ 9 Abs. 1 S. 2, 44 Abs. 1 u. 2 S. 1

Beschlussersetzungsklagen gegen übrige Wohnungseigentümer

letzte Aktualisierung: 2.11.2022
BGH, Urt. v. 8.7.2022 – V ZR 202/21

WEG §§ 9 Abs. 1 S. 2, 44 Abs. 1 u. 2 S. 1
Beschlussersetzungsklagen gegen übrige Wohnungseigentümer

1. Wird eine Beschlussersetzungsklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht gegen die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer erhoben,
muss ein gewillkürter Parteiwechsel auf Beklagtenseite vorgenommen werden; andernfalls ist die
Klage als unzulässig abzuweisen.
2. Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, führt der Ausschluss des oder
der klagenden Wohnungseigentümer in einem Beschlussklageverfahren von der nach § 9b Abs. 1
Satz 2 WEG angeordneten Gesamtvertretung dazu, dass die Gemeinschaft in diesem Prozess durch
die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. Verbleibt nur ein
Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er den Verband im Prozess
allein.

Entscheidungsgründe:

I.
Das Berufungsgericht hält die Berufung der GdWE für zulässig. Sie sei
insbesondere bei der Berufungseinlegung durch den Revisionsbeklagten zu 2
wirksam vertreten worden. Zwar erfolge die Vertretung der verwalterlosen GdWE
nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich.
Sei ein Wohnungseigentümer aber - wie hier die Klägerin - aufgrund seiner Stellung
im Prozess verhindert, die GdWE zu vertreten, wachse die Vertretungsmacht
den übrigen Wohnungseigentümern an. Die Berufung sei auch begründet,
da die Beschlussersetzungsklage unzulässig sei. Sie sei, anders als das Amtsgericht
meine, gegen den Revisionsbeklagten zu 2 erhoben worden und daher
nicht zulässig, da sie gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die GdWE hätte
gerichtet werden müssen. Für eine interessengerechte Auslegung dahin, dass
die GdWE in erster Instanz die Beklagte sei, mangele es an Anhaltspunkten. Die
Klägerin habe auch in der Berufungsinstanz keinen Parteiwechsel erklärt. Zwar
habe sie beantragt, die Berufung zurückzuweisen; eine Klageänderung lasse
sich ihrer Berufungserwiderung aber nicht entnehmen.

II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu entscheiden ist durch
Versäumnisurteil. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der
April 1962
- V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).

1. Die Revision ist ungeachtet der möglicherweise nicht ordnungsgemäßen
Vertretung der GdWE als der Revisionsbeklagten zu 1 im Revisionsverfahren
insgesamt zulässig. Zwar ist die nach § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu
prüfende Prozessfähigkeit bzw. die ordnungsgemäße Vertretung der im Prozess
selbst nicht handlungsfähigen Partei im Sinne der §§ 51 f. ZPO nicht nur Sachurteils-,
sondern auch Prozesshandlungsvoraussetzung, d.h. die von oder gegenüber
einer prozessunfähigen bzw. nicht ordnungsgemäß vertretenen Partei vorgenommenen
Prozesshandlungen sind unwirksam (vgl. Rosenberg/Schwab/
Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., § 44 Rn. 24; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO,
23. Aufl., § 51 Rn. 10). Es ist im Rahmen der Zulässigkeit der Revision aber zu
unterstellen, dass die GdWE durch den Revisionsbeklagten zu 2 wirksam vertreten
wird.

a) Anerkannt ist, dass im Interesse eines vollständigen Rechtsschutzes
auch der Prozessunfähige die Möglichkeit haben muss, den Prozess durch seine
Handlungen in die höhere Instanz zu bringen, um eine Überprüfung der angefochtenen
Entscheidung darauf zu erreichen, ob er in der Vorinstanz zu Unrecht,
sei es als prozessfähig, sei es als prozessunfähig behandelt worden ist. Andernfalls
bliebe ein an dem Verfahrensverstoß leidendes Urteil der unteren Instanz
aufrechterhalten, erwüchse in Rechtskraft und könnte nur mit einer Nichtigkeitsklage
(§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) beseitigt werden (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar
1990 - V ZR 188/88, BGHZ 110, 294, 295 f.; BGH, Urteil vom 4. November
1999 - III ZR 306/98, BGHZ 143, 122, 127, jeweils mwN). Dieser Gesichtspunkt,
der der Schutzbedürftigkeit des Prozessunfähigen Rechnung trägt, hat
nicht nur Bedeutung, wenn die prozessunfähige Partei das Rechtsmittel mit dem
Ziel einer anderen Beurteilung ihrer Prozessfähigkeit einlegt, sondern ebenfalls
dann, wenn die Partei, deren Prozessfähigkeit fraglich ist, sich mit ihrem Rechtsmittel
gegen ein zu ihren Ungunsten ergangenes Sachurteil wendet. Denn auch
in diesem Fall würde mit der Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig ein
möglicherweise fälschlich gegen die prozessunfähige Partei ergangenes Urteil
bestätigt, obwohl es sich bei der Prozessfähigkeit der Partei um eine von Amts
wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 4. November
1999 - III ZR 306/98, BGHZ 143, 122, 127 f. und im Anschluss daran
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 - VI ZR 284/08, FamRZ 2010, 548 Rn. 12;
so im Hinblick auf die Parteifähigkeit auch BGH, Beschluss vom 31. Mai 2010
- II ZB 9/09, NJW 2010, 3100 Rn. 11). Soweit der Senat in seiner Entscheidung
vom 23. Februar 1990 (V ZR 188/88, BGHZ 110, 294, 296) eine hiervon abweichende
Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht fest.

b) Ebenso ist im Hinblick auf die Vertretung einer im Prozess selbst nicht
handlungsfähigen Partei im Sinne des § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO anerkannt, dass
Personen, die als Vertreter der beklagten Partei bezeichnet sind und gegen die
in dieser Eigenschaft die Klage gerichtet ist, Rechtsmittel zu dem Zweck einlegen
können, den Streit über die Vertretungsmacht zum Austrag zu bringen (vgl.
Senat, Urteil vom 23. Oktober 1963 - V ZR 146/57, BGHZ 40, 197, 198; RGZ 86,
340, 342). Die als vermeintliche gesetzliche Vertreter in einen Prozess hineinge-
zogenen Personen sind - jedenfalls auch - berechtigt, den Streit über die gesetzliche
Vertretungsmacht zur Herbeiführung einer rechtskräftigen Entscheidung
auszutragen und die erforderlichen Prozesshandlungen vorzunehmen (vgl. BGH,
Urteil vom 28. Februar 2005 - II ZR 220/03, NZG 2005, 560, 561 mwN;
Wieczorek/Schütze/Loyal, ZPO, 5. Aufl., § 51 Rn. 31).

c) So liegt es hier. Der Revisionsbeklagte zu 2 ist im amtsgerichtlichen
Urteil als Vertreter der GdWE bezeichnet worden und konnte daher nach den
oben ausgeführten Grundsätzen für die GdWE zulässig Berufung einlegen. In der
Konsequenz dessen und nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit
ist auch für die Zulässigkeit der Revision der Klägerin die ordnungsgemäße
Vertretung der GdWE durch den Revisionsbeklagten zu 2 zu unterstellen. Denn
nur so besteht für die Klägerin die Möglichkeit, die sachliche Entscheidung des
Berufungsgerichts, dass die GdWE nicht Beklagte sei, inhaltlich überprüfen zu
lassen.

2. Die Revision ist auch begründet.

a) Im Ergebnis zutreffend ist allerdings die Wertung des Berufungsgerichts,
dass die Berufung der GdWE zulässig ist, was der Senat von Amts wegen
zu prüfen hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2017 - III ZR 368/16, BGHZ 214, 324
Rn. 14 mwN). Da das erstinstanzliche Urteil formal gegen sie als Beklagte ergangen
ist, ist die GdWE zur Einlegung der Berufung befugt (vgl. BGH, Urteil vom
24. Januar 1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 332). Dass die GdWE durch den
Revisionsbeklagten zu 2 wirksam vertreten wird, ist - wie ausgeführt - im Rahmen
der Zulässigkeit des Rechtsmittels zu unterstellen (siehe oben Rn. 8).

b) Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die
Klage aber nicht abgewiesen werden. Die Beschlussersetzungsklage ist nicht
deswegen unzulässig, weil sie gegen den Revisionsbeklagten zu 2 und damit
gegen den falschen Beklagten gerichtet ist. Vielmehr ist die Klage nur noch gegen
die GdWE gerichtet und daher zulässig.

aa) Im Ausgangspunkt zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass Beschlussersetzungsklagen
nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die GdWE zu
richten sind und eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Klage
unzulässig ist.

bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei auch in dem für
die Berufungsinstanz entscheidungserheblichen Zeitpunkt gegen den Revisionsbeklagten
zu 2 gerichtet gewesen, hat jedoch im Ergebnis keinen Bestand. Die
Klage war in diesem Zeitpunkt nur gegen die GdWE gerichtet.

(1) Richtig ist allerdings, dass die Klage vor dem Amtsgericht gegen den
Revisionsbeklagten zu 2 und nicht gegen die GdWE gerichtet gewesen ist.

(a) Wer Partei ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift nach § 253 Abs. 2
Nr. 1 ZPO vorzunehmenden Parteibezeichnung. Als Teil einer Prozesshandlung
ist diese grundsätzlich auslegungsfähig. Maßgebend ist, wie die Bezeichnung bei
objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu
verstehen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist
grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die
Parteibezeichnung betroffen werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember
2012 - V ZR 102/12, NJW-RR 2013, 458 Rn. 5; BGH, Urteil vom
10. März 2011 - VII ZR 54/10, NJW 2011, 1453 Rn. 11, jeweils mwN). Von einer
bloß fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung
der falschen, an dem materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person
als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so,
wie er objektiv geäußert ist, ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013
- VII ZR 128/12, NJW-RR 2013, 394 Rn. 13). Die Benennung der falschen Partei
kann nicht durch eine Rubrumsberichtigung, sondern nur durch einen Parteiwechsel
korrigiert werden (so schon zur letzten Reform des Gesetzes über das
Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Senat, Urteil vom 6. November
2009 - V ZR 73/09, NJW 2010, 446 Rn. 11; zu weitgehend deshalb LG München
I, ZWE 2022, 186 Rn. 35 f.; MüKoBGB/Hogenschurz, 8. Aufl., § 44 WEG
nF Rn. 49). Wird eine Beschlussersetzungsklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1
WEG nicht gegen die GdWE, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer
erhoben, muss ein gewillkürter Parteiwechsel auf Beklagtenseite vorgenommen
werden; andernfalls ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

(b) Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin die Klage gegen die falsche
Partei gerichtet. Sie hat in der Klageschrift unmissverständlich den Revisionsbeklagten
zu 2 persönlich als Beklagten benannt. Anhaltspunkte für eine versehentliche
Abweichung des Erklärten von dem tatsächlich Gewollten bestehen nicht.
Es handelt sich daher nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit, sondern um
eine in Bezug auf § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG in rechtlicher Hinsicht falsche Willensbildung.

(c) Zutreffend geht das Berufungsgericht überdies davon aus, dass die
Klägerin in erster Instanz keinen Parteiwechsel vorgenommen hat. Das Protokoll
der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht weist eindeutig den Revisionsbeklagten
zu 2 als Beklagten aus und enthält auch im Übrigen keinerlei An-
gaben, die für einen von der Klägerin mindestens konkludent erklärten Parteiwechsel
sprechen könnten. Die Änderung des Rubrums hat das Amtsgericht erst
in seinem Urteil von Amts wegen vorgenommen. Deshalb fehlte es entgegen der
Ansicht der Revision an einer Klage gegen die GdWE, auf die diese sich in der
mündlichen Verhandlung hätte rügelos einlassen können (vgl. zur konkludenten
Einwilligung nach § 263 ZPO BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - X ZR 50/14, juris
Rn. 10).

(2) Der Senat teilt jedoch nicht die Annahme des Berufungsgerichts, die
Klägerin habe auch im Berufungsrechtszug keinen wirksamen Parteiwechsel vorgenommen.

(a) Im Ausgangspunkt richtig ist, dass die Klägerin als Berufungsbeklagte
eine Änderung ihrer Klage nur über eine zulässige Anschlussberufung vornehmen
kann (vgl. allgemein zur Klageänderung durch den Berufungsbeklagten im
Berufungsverfahren Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW
2008, 1953 Rn. 12 ff.; BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10, WRP 2012, 979
Rn. 22; Urteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 15; Urteil
vom 7. Mai 2015 - VII ZR 145/12, WM 2015, 1871 Rn. 26 ff.).

(b) Anders als das Berufungsgericht meint, hat die Klägerin binnen der
nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgeblichen Berufungserwiderungsfrist eine solche
Anschlussberufung eingelegt und in dieser eine Klageänderung in Form eines
Parteiwechsels auf Beklagtenseite (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 16. Dezember
2005 - V ZR 230/04, NJW 2006, 1351 Rn. 24 mwN) erklärt.

(aa) Ein Anschlussrechtsmittel braucht nicht als solches bezeichnet zu
werden, sondern kann auch konkludent eingelegt werden (vgl. Senat, Urteil vom
7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 16; BGH, Urteil vom
9. Juni 2011 - I ZR 41/10, WRP 2012, 979 Rn. 26; Urteil vom 4. Februar 2015
- VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 16). Es genügt deshalb für eine Klageänderung
in der Form eines Parteiwechsels durch Anschlussberufung jede Erklärung,
die sich ihrem Sinn nach als Umstellung der ursprünglich erhobenen Klage
von dem bisherigen Klagegegner auf einen neuen Beklagten darstellt. Bei der
Auslegung einer Prozesshandlung ist dabei von dem allgemeinen Grundsatz
auszugehen, dass eine Partei im Zweifel das erreichen will, was nach den Maßstäben
der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage
entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 19. September 2014 - V ZR 269/13,
WM 2014, 2269 Rn. 26; Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 22/15, WM 2016,
1089 Rn. 24). Der Wille zur Vornahme einer Prozesshandlung muss sich dabei
objektiv unmissverständlich aus dem Vorbringen der Partei ergeben. Gerade
wenn zur Einlegung einer Anschlussberufung die Änderung des Antrags des Berufungsbeklagten
in formaler Hinsicht nicht erforderlich ist, muss für den Gegner
aufgrund der sonstigen Erklärungen klar zu erkennen sein, welche prozessualen
Ansprüche gegen ihn erhoben werden, damit er seine Rechtsverteidigung danach
ausrichten kann (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 41/10, WRP 2012,
979 Rn. 27 zur Einführung eines neuen Klagegrunds).

(bb) Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin im Berufungsrechtszug eine
Anschlussberufung eingelegt und einen Parteiwechsel schlüssig erklärt. Der
Senat teilt zwar die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin in der
Berufungserwiderung nicht hinreichend deutlich gemacht hat, ihre ursprünglich
gegen den Revisionsbeklagten zu 2 erhobene Klage nunmehr gegen die GdWE
als neue Beklagte weiterverfolgen zu wollen. Jedoch hat die Klägerin in dem
Schriftsatz vom 15. Juli 2021, der innerhalb der vom Berufungsgericht zur Erwiderung
auf die Berufung gesetzten Frist eingegangen ist und den der Senat im
Hinblick auf darin enthaltene Prozesshandlungen von Amts wegen zu prüfen und
selbst auszulegen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2016 - VIII ZB 96/15,
WM 2016, 1955 Rn. 25 mwN), eine konkludente Anschlussberufung eingelegt
und in dieser konkludent einen Parteiwechsel erklärt.

Die Klägerin hat dort zwar in erster Linie den Standpunkt vertreten, schon
das Urteil des Amtsgerichts richte sich gegen die GdWE persönlich. Aus dem
Schriftsatz ergibt sich aber, dass sie eine Sachentscheidung erreichen wollte. Sie
hat außerdem in Kenntnis des vorangegangenen Hinweises des Berufungsgerichts,
wonach der Revisionsbeklagte zu 2 der Beklagte sei, in diesem Schriftsatz
ausgeführt, dass die GdWE Partei sei
problematisiert. Insbesondere der Formulierung,
lässt sich
entnehmen, dass die Klägerin die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, dass dieser
zunächst der Beklagte gewesen sei. Insgesamt ergibt sich hieraus, dass die
Klägerin zur Erlangung der angestrebten Sachentscheidung eine Änderung der
Klage auf die GdWE als Beklagte jedenfalls für den Fall vornehmen wollte, dass
nicht bereits der zunächst gestellte Antrag diese Tragweite hatte. Darin lag eine
konkludente Hilfsanschlussberufung und die konkludente Erklärung eines Parteiwechsels
(vgl. zu einer ähnlichen Konstellation Senat, Urteil vom 26. Oktober
1990 - V ZR 122/89, NJW-RR 1991, 510).

(c) Der Wirksamkeit der Anschlussberufung und des Parteiwechsels stehen
auch keine sonstigen Bedenken entgegen.

(aa) Zwar kann im Wege der Anschlussberufung die Klage nicht auf einen
bisher nicht am Verfahren beteiligten Dritten erstreckt werden. Vielmehr muss
diese sich gerade gegen den Berufungsführer als solchen richten (vgl. BGH, Urteil
vom 4. April 2000 - VI ZR 264/99, NJW-RR 2000, 1114 mwN). Diese Voraussetzung
war in der hier vorliegenden Sonderkonstellation aber gegeben. Die Änderung
der Klage dahin, dass nicht mehr der Revisionsbeklagte zu 2, sondern
die GdWE beklagt sein sollte, hat nämlich überhaupt erst dazu geführt, dass die
Klage gegen die Berufungsführerin als solche gerichtet wurde; dass die GdWE
zunächst nur Scheinbeklagte war, ändert an ihrer Stellung als Berufungsführerin
nichts.

(bb) Die Zulässigkeit der in dem Parteiwechsel liegenden Klageänderung
scheitert auch nicht daran, dass mit der Anschlussberufung mehr als die Zurückweisung
des Rechtsmittels des Berufungsführers erstrebt werden muss (vgl.
Senat, Urteil vom 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 14
mwN). Hier hat die Klägerin durch die Erklärung des Parteiwechsels gerade mehr
erreichen wollen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung
über den mit der Klage verfolgten Anspruch. Denn dadurch, dass sie die Klage
nicht mehr gegen den Revisionsbeklagten zu 2, sondern gegen die GdWE gerichtet
hat, hat sie einen neuen Klageantrag gestellt und damit einen neuen prozessualen
Anspruch in den Prozess eingeführt (vgl. auch Senat, Urteil vom 7. Dezember
2007 - V ZR 210/06, NJW 2008, 1953 Rn. 15).

(cc) Dem wirksamen Parteiwechsel steht nicht die fehlende Zustimmung
eines Prozessbeteiligten entgegen. Zwar setzt der Parteiwechsel im Berufungsrechtszug
die Zustimmung sowohl des ausscheidenden als auch des neuen Beklagten
voraus (vgl. Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, NJW-RR 2021,
1170 Rn. 19; BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - X ZR 50/14, juris Rn. 9). Eine Verweigerung
wäre aber im Hinblick auf die enge Verbindung, die der Revisionsbe-
klagte zu 2 als weiterer Wohnungseigentümer und die GdWE zu dem Rechtsstreit
haben, mangels schutzwürdigen Interesses missbräuchlich und damit unbeachtlich
(vgl. hierzu bereits Senat, Urteil vom 7. Mai 2021 - V ZR 299/19, NJWRR
2021, 1170 Rn. 19 mwN).

c) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig
dar (§ 561 ZPO). Insbesondere ist die Beschlussersetzungsklage nicht deswegen
unzulässig, weil ihr das Rechtsschutzbedürfnis mangels Vorbefassung
der GdWE fehlte. Denn aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann
- abgesehen von der Frage, wie die Einberufung einer Eigentümerversammlung
derzeit überhaupt erfolgen könnte - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
davon ausgegangen werden, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung
nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, so dass die Befassung
der Versammlung eine unnötige Förmelei wäre (vgl. hierzu Senat, Urteil vom
15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 15).

III.
Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht
zur Endentscheidung reif, weil weitere Feststellungen zu treffen sind. Sie ist daher
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere, allein gegen die
GdWE gerichtete Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das Berufungsgericht wird - wie es in dem aufgehobenen Urteil der Sache
nach zutreffend angenommen hat - davon auszugehen haben, dass die
GdWE in diesem Verfahren im Sinne des § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO wirksam durch
den Revisionsbeklagten zu 2 vertreten wird.

a) Die nach § 9a Abs. 1 Satz 1 WEG parteifähige GdWE wird dann, wenn
ein Verwalter bestellt ist, durch diesen (§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG), soweit - wie
hier - ein solcher nicht bestellt ist, durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich
vertreten (§ 9b Abs. 1 Satz 2 WEG). Die nach altem Recht bestehende Möglichkeit,
einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss
zur Vertretung zu ermächtigen, sieht das neue Recht nicht mehr vor (vgl. BTDrucks.
19/18791 S. 49).

b) Eine Vertretung im Sinne von § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG durch die Klägerin
und den Revisionsbeklagten zu 2 gemeinsam ist in diesem Verfahren nicht
möglich. Denn die Klägerin ist als Prozessgegnerin von der Vertretung der GdWE
ausgeschlossen. Da es prozessrechtlich nicht zulässig ist, einen Rechtstreit mit
sich selbst - und zwar auch als Vertreter eines anderen - zu führen (vgl. BGH,
Urteil vom 11. Juli 1983 - II ZR 114/82, NJW 1984, 57, 58; Urteil vom 9. Februar
2009 - II ZR 292/07, BGHZ 179, 344 Rn. 20; Urteil vom 7. Juni 2010
- II ZR 210/09, WM 2010, 2311 Rn. 11; RGZ 7, 404 f.), darf ein Wohnungseigentümer
in Rechtsstreitigkeiten, die er gegen die GdWE führt, an deren Vertretung
nicht mitwirken.

c) Umstritten ist, welche Folgen ein derartiger, auf der prozessualen Situation
beruhender Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers von der
Vertretung der verwalterlosen GdWE auf deren ordnungsgemäße Vertretung in
einem Beschlussklageverfahren nach § 44 Abs. 1 WEG hat. Dabei werden im
Wesentlichen zwei Auffassungen vertreten.

aa) Die wohl herrschende Meinung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen
hat, nimmt - wenn auch mit gewissen Unterschieden in der Begrün-
dung - an, die Vertretung der verwalterlosen GdWE stehe in Beschlussklageverfahren
in Anlehnung an die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
den übrigen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich bzw. dem verbleibenden
Wohnungseigentümer alleine zu (sog. kupierte Gesamtvertretung).
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG solle
die Handlungsfähigkeit der GdWE auch im Falle ihrer Verwalterlosigkeit gewährleisten.
Der Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers von der Vertretung
führe deshalb nicht zu einem Mangel der gesetzlichen Vertretung; die Bestellung
eines Prozesspflegers gemäß oder entsprechend § 57 ZPO komme
nicht in Betracht (vgl. LG Frankfurt am Main, ZfIR 2021, 277, 279; WuM 2021,
574, 575 f., Revision anhängig bei dem Senat unter V ZR 180/21; LG Landau,
ZWE 2022, 94 Rn. 2; AG Pfaffenhofen, Beschluss vom 18. Januar 2022
- 1 C 667/21 WEG, juris Rn. 3 f.; BeckOGK/Greiner, WEG [1.6.2022], § 9b
Rn. 18.1; BeckOK WEG/Elzer [1.3.2022], § 44 Rn. 39; Grüneberg/Wicke, BGB,
81. Aufl., § 9b WEG Rn. 3, § 44 Rn. 9; Suilmann in Jennißen, WEG, 7. Aufl., § 44
Rn. 196; NK-BGB/Brücher/Heinemann, 5. Aufl., § 44 Rn. 16; Müller in Hügel,
Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl., § 17 Rn. 24; vgl. auch - mit anderem Begründungsschwerpunkt
- Zschieschack in Jennißen, WEG, 7. Aufl., § 9b Rn. 65 ff.).

bb) Nach anderer Ansicht wird die Aktivvertretung der GdWE in Beschlussklageverfahren
durch die nicht klagenden Wohnungseigentümer abgelehnt. Eine
gemeinschaftliche Vertretung nach § 9b Abs. 2 Satz 1 WEG könne nur durch
sämtliche Wohnungseigentümer erfolgen; diese Vorschrift habe nicht den Zweck,
die Vertretung der verwalterlosen GdWE in jedem Fall zu gewährleisten. Mangels
eines Aktivvertreters sei die GdWE nicht prozessfähig, so dass die gegen sie
gerichtete Beschlussklage unzulässig sei, sofern nicht ein Verwalter oder aber
auf Antrag des klagenden Wohnungseigentümers ein Prozesspfleger nach § 57
ZPO bestellt werde (vgl. AG Wiesbaden, ZWE 2022, 100 Rn. 6 ff.;
BeckOGK/Skauradszun, WEG [1.6.2022], § 44 Rn. 59.3 ff.; jurisPK-BGB/
Reichel-Scherer, 9. Aufl., § 44 WEG Rn. 60; Bruns, ZWE 2022, 67, 69; Lehmann-
Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 245 ff., Rn. 1904 f.; Lehmann-Richter,
ZWE 2022, 61, 65, 67; im Ergebnis wohl auch MüKoBGB/Hogenschurz, 8. Aufl.,
§ 44 WEG nF Rn. 52).

d) Richtig ist die erstgenannte Auffassung. Hat die GdWE keinen Verwalter,
führt der Ausschluss des oder der klagenden Wohnungseigentümer in einem
Beschlussklageverfahren von der nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG angeordneten
Gesamtvertretung dazu, dass die GdWE in diesem Prozess durch die übrigen
Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer,
der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die GdWE
im Prozess allein.

aa) Die Annahme, die verwalterlose GdWE könne auch in einer derartigen
Konstellation nur durch sämtliche Wohnungseigentümer gemeinsam vertreten
werden, ließe sich zwar auf den Wortlaut des § 9b Abs.
) stützen. Zwingend ist dies aber keineswegs,
zumal bei einer verwalterlosen GdWE, die - wie es nach neuem Recht
möglich ist (vgl. BeckOK BGB/Hügel [1.5.2022], § 9a WEG Rn. 9) - nur aus einer
Person besteht, etwas anderes als die Vertretung allein durch diese Person nicht
denkbar ist. Dem Gesetzestext lässt sich nicht entnehmen, dass ein in der Person
eines einzelnen Wohnungseigentümers verwirklichter Ausschlussgrund zwangsläufig
die Vertretungsmacht der übrigen Wohnungseigentümer erfassen soll. Die
Fassung der Norm erlaubt vielmehr auch die Deutung, dass die Gesamtvertretung
durch alle Wohnungseigentümer zwar die Regel sein soll, Ausnahmen aber
möglich bleiben.

bb) Die Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes gibt ebenfalls keinen
Aufschluss für die Beantwortung der Streitfrage. Die Vertretung der verwalterlosen
GdWE wird ausschließlich und allgemein im Zusammenhang mit der
Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft im dritten Abschnitt des ersten Teils geregelt,
nicht hingegen im dritten Teil des Gesetzes, der die Verfahrensvorschriften enthält.
Welche Folgen der Ausschluss der Vertretung eines Wohnungseigentümers
in einem Verfahren nach § 44 Abs. 1 WEG für die nach § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO
erforderliche ordnungsgemäße Vertretung haben soll, ist im Gesetz nicht festgelegt.

cc) Aus der Entstehungsgeschichte des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
vom 16. Oktober 2020 (BGBl I S. 2187 - WEMoG) lässt sich nicht
entnehmen, dass der Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers in Beschlussklageverfahren
zu einer Unmöglichkeit der Selbstvertretung der verwalterlosen
GdWE durch die übrigen Wohnungseigentümer führen und deswegen
der Fortgang des Verfahrens die Bestellung eines Prozesspflegers voraussetzen
sollte.

(1) Nach dem bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Recht waren Nichtigkeits-
und Anfechtungsklagen gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG aF gegen die übrigen
Wohnungseigentümer zu richten. Das galt auch für Beschlussersetzungsklagen
(vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 2022 - V ZR 65/21, NZM 2022, 381
Rn. 7). Weitere Zwischenschritte waren - mit Ausnahme der grundsätzlich notwendigen
Vorbefassung der GdWE bei Beschlussersetzungsklagen (vgl. hierzu
Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 15) - nicht
erforderlich. Mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes
sind die Beschlussklagen nunmehr gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die
GdWE zu erheben. Die Gesetzesänderung hat zur Folge, dass eine Vertretung
der verwalterlosen GdWE durch alle Wohnungseigentümer in jedem Beschlussklageverfahren
undurchführbar wird, weil mindestens ein Wohnungseigentümer
als Kläger von der Vertretung ausgeschlossen ist.

(2) Trotz der sich aufgrund des Ausschlusses der klagenden Wohnungseigentümer
zwangsläufig ergebenden Problematik bei der Vertretung der verwalterlosen
GdWE in Beschlussklageverfahren und der bereits im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens
von Verbänden und Sachverständigen aufgezeigten praktischen
Probleme, die bei einer Gesamtvertretung in zerstrittenen und größeren
verwalterlosen Gemeinschaften sowohl mit Blick auf die Zustellung einer gegen
die GdWE gerichteten Beschlussklage als auch bezogen auf die Verteidigung der
GdWE im Prozess zu erwarten sind (vgl. Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes, ZWE 2019, 429,
458; Deutscher Richterbund, Stellungnahme Nr. 6/20 von Mai 2020 anlässlich
der Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen
Bundestages zum WEMoG-Entwurf, Anmerkung Nr. 17; Elzer, Stellungnahme
für die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz
des Deutschen Bundestages zum WEMoG-Entwurf, S. 10, 39), findet sich in der
Gesetzesbegründung keine Klarstellung oder Erläuterung, wer in diesen Fällen
zur Vertretung der GdWE im Prozess berechtigt sein soll. Auch die Anregung der
Bund-Länder-Arbeitsgruppe, eine Möglichkeit zu eröffnen, einen Vertreter zu bestimmen
oder das Gericht zur Bestellung eines Prozesspflegers zu ermächtigen
(vgl. ZWE 2019, 429, 458), hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich lediglich, dass mit der Änderung
des Klagegegners bei Beschlussklagen prozessual umgesetzt werden sollte,
dass nach § 18 Abs. 1 WEG materiell-rechtlich die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums der GdWE zugewiesen ist. Ziel war es auch, Beschlussklagen
leichter handhabbar zu machen sowie der Gefahr vorzubeugen, die darin bestehe,
dass die falschen Personen verklagt werden. Außerdem sollte Irritationen
entgegengewirkt werden, die nach alter Rechtslage darin bestanden, dass auch
diejenigen Wohnungseigentümer zu verklagen waren, die gegen den Beschluss
gestimmt hatten (BR-Drucks. 168/20 S. 93).

(3) Hätte der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung in Beschlussklageverfahren
die Vertretung einer verwalterlosen GdWE durch die nicht klagenden
Eigentümer ausschließen und zur Fortführung des Prozesses die Bestellung eines
Prozesspflegers für erforderlich erachten wollen, wäre im Hinblick auf die
darin liegende wesentliche Änderung der Verfahrensgestaltung gegenüber der
vorherigen Gesetzeslage, die im Gesetzgebungsverfahren aufgezeigten Probleme
der Gesamtvertretung und der fiskalischen Folgen, die die Bestellung eines
Prozesspflegers nach § 45 Abs. 1 RVG haben kann, zu erwarten gewesen,
dass er dies in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck bringt.

dd) Sinn und Zweck der in § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG angeordneten Gesamtvertretung
und der in § 44 WEG geregelten Beschlussklagen sprechen dafür,
dass die nach § 51 Abs. 1 Alt. 2 ZPO erforderliche Vertretung durch die übrigen,
nicht klagenden Wohnungseigentümer erfolgt, wie es nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs auch bei Personenhandelsgesellschaften angenommen
wird (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 1964 - II ZR 42/62, BGHZ 41, 367,
368 f.; Urteil vom 4. November 1982 - II ZR 210/81, WM 1983, 60; Beschluss
vom 7. Juni 2010 - II ZR 210/09, WM 2010, 2311 Rn. 12 ff.).

(1) Die Regelung des § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG soll die Vertretung der
GdWE gewährleisten, wenn ein Verwalter für sie nicht bestellt ist. Dieser Zweck
würde im Rahmen von Beschlussklageverfahren, in denen - wie ausgeführt
(Rn. 32) - die klagenden Wohnungseigentümer immer von der Vertretung ausgeschlossen
sind, niemals erreicht, wenn dieser Ausschluss dazu führte, dass eine
Vertretung durch die übrigen Wohnungseigentümer nicht möglich ist. Ein derartiges
Ergebnis ist insbesondere vor dem Hintergrund der Funktion von Beschlussklagen
nicht hinnehmbar. Die Beschlussklagen im Sinne von § 44 Abs. 1 WEG
ermöglichen es einem oder mehreren Wohnungseigentümern, eine Beschlussfassung
der Mehrheit überprüfen zu lassen bzw. eine Beschlussfassung gegen
die ablehnende Mehrheit zu bewirken, und dienen damit dem Minderheitenschutz
im Einzelfall (vgl. Senat, Urteil vom 14. Juli 2017 - V ZR 290/16, ZfIR 2017, 709
Rn. 12 f.; Urteil vom 18. Januar 2019 - V ZR 72/18, ZfIR 2019, 447 Rn. 24 mwN).

(2) Wäre die verwalterlose GdWE in jedem Beschlussklageverfahren nicht
ordnungsgemäß vertreten, hätte dies zur Folge, dass der Minderheitenschutz
schwerer zu verwirklichen wäre.

(a) Anders, als die Gegenauffassung meint, kann die Bestellung eines Prozesspflegers
das Fehlen eines Verwalters nicht kompensieren. Die Annahme,
dass ein Prozesspfleger einen Verwalter ersetzen könne (in diese Richtung wohl
Lehmann-Richter, ZWE 2022, 61, 67), verkennt dessen Aufgaben und Befugnisse.
Die Vertretungsmacht des Prozesspflegers entspricht weitgehend dem gesetzlichen
Umfang der Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO, d.h. er ist lediglich
befugt, Prozesshandlungen vorzunehmen und sachlich rechtliche Erklärungen
abzugeben und entgegenzunehmen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember
2020 - V ZB 128/19, WM 2021, 346 Rn. 12). Der Vorteil eines Prozesspflegers
läge in der Praxis vornehmlich darin, dass er durch die Abgabe einer Verteidigungsanzeige
im schriftlichen Vorverfahren eine schnelle Titulierung durch Versäumnisurteil
verhindern könnte. Hingegen wäre er nicht in der Lage, die weitere
Verteidigung gegen die Klage sachgerecht zu organisieren, weil ihm die Kompetenz
fehlte, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, um die notwendige Willensbildung
der Wohnungseigentümer über die Verteidigungsstrategie herbeizuführen.
Es ist nicht Aufgabe eines Prozesspflegers, die Interessen der GdWE im
Zusammenhang mit der begehrten Beschlussfassung zu ermitteln und dem Gericht
vorzutragen (so aber Lehmann-Richter, ZWE 2022, 61, 67). Völlig unklar ist
auch, auf welche Interessen er in einer zerstrittenen GdWE aus zwei Personen
überhaupt abstellen könnte.

Im Übrigen ist nicht gewährleistet, dass die Bestellung eines Prozesspflegers
in jedem Fall erfolgreich ist. Zwar kann, wenn die Voraussetzungen des § 57
Abs. 1 ZPO vorliegen, das Gericht einen Prozesspfleger bestellen. Es besteht
aber keine Pflicht des Bestellten, dieses Amt auch zu übernehmen (vgl. MüKo-
ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 17; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl.,
§ 57 Rn. 17, jeweils mwN).

(b) Insofern führte eine Bestellung eines Prozesspflegers vor allem zu einer
zeitlichen Verzögerung des Verfahrens, die die Verwirklichung des Minderheitenschutzes
durch die Beschlussklagen erschwerte, ohne die sich aus der
Verwalterlosigkeit der GdWE ergebenden Probleme bei deren Willensbildung zu
beseitigen. Damit würde letztlich das Ziel des Gesetzgebers, mit der Anordnung
der Gesamtvertretung in § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG bei zugleich entfallener Möglichkeit,
einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss
zur Vertretung zu ermächtigen, die Minderheit zu schützen (vgl. BT-Drucks.
19/18791 S. 49), konterkariert. Dass die Erzwingung der Bestellung eines Verwalters
mit einer Beschlussersetzungsklage, in deren Rahmen dann wiederum
ein Prozesspfleger zu bestellen wäre, kein effektiver Weg zur Überwindung der
Problematik des fehlenden Verwalters ist (so aber Lehmann-Richter/Wobst, NJW
2021, 662 Rn. 33; Lehmann-Richter, ZWE 2022, 61, 64), zeigt das vorliegende
Verfahren, dessen Gegenstand gerade die Bestellung eines Verwalters ist,
exemplarisch.

(c) Richtig ist zwar, dass die Vertretung der verwalterlosen GdWE durch
die übrigen Wohnungseigentümer in Beschlussklageverfahren zu Schwierigkeiten
führen kann. Insbesondere besteht die Möglichkeit, dass eine Gesamtvertretung
durch die übrigen Wohnungseigentümer daran scheitert, dass diese nicht
zeitnah zueinander finden oder keine Einigung erzielen, zum Beispiel, weil ein
Wohnungseigentümer die Verteidigung gegen die Klage torpediert. Solche
Schwierigkeiten sind aber kein spezifisches Problem der Beschlussklageverfahren.
Sie entstehen vor allem nicht deshalb, weil ein Wohnungseigentümer als
Gesamtvertreter ausfällt. Vielmehr ist das Risiko, sich wechselseitig zu blockieren,
der gesetzlich angeordneten Gesamtvertretung immanent (vgl. BGH, Beschluss
vom 23. September 2014 - II ZB 4/14, NJW 2014, 3779 Rn.14 zur Gesellschaft
bürgerlichen Rechts).

2. Das Berufungsgericht wird im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch
auf Verwalterbestellung Folgendes zu beachten haben:

a) Die Wohnungseigentümer haben nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG einen
Anspruch auf eine Verwaltung ihrer Gemeinschaft, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Verwaltung entspricht. Das schließt einen Anspruch auf Bestellung
eines tauglichen Verwalters ein (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - V ZR
146/10, NJW 2011, 3025 Rn. 11 - zum alten Recht), was auch in einer GdWE
gilt, die nur aus zwei Einheiten besteht (vgl. BeckOGK/Greiner, WEG [1.6.2023],
§ 26 Rn. 327; BeckOK WEG/Elzer [1.3.2022], § 26 Rn. 113 und wohl auch NKBGB/
Brücher/Schultzky, 5. Aufl., § 26 WEG Rn. 14; aA Heinemann, MietRB
2013, 224, 226). Denn das Fehlen eines Verwalters erschwert in jeder GdWE die
ordnungsmäßige Verwaltung; so ist es zum Beispiel ohne Verwalter nicht ohne
weiteres möglich, eine Eigentümerversammlung einzuberufen (vgl. hierzu
BeckOGK/Greiner, § 26 WEG [1.6.2022], Rn. 330).

b) Die Auswahl des Verwalters obliegt im Rahmen des Beschlussersetzungsverfahrens
dem Gericht gemäß § 18 Abs. 2 WEG nach billigem Ermessen.
Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, inwieweit die von der Klägerin vorgeschlagene
Verwalterin als tauglich zu betrachten ist und ob der Verwaltervertrag
eine der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechende Vertragsgestaltung
darstellt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BGH

Erscheinungsdatum:

08.07.2022

Aktenzeichen:

V ZR 202/21

Rechtsgebiete:

WEG
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

WEG §§ 9 Abs. 1 S. 2, 44 Abs. 1 u. 2 S. 1