Versorgungsausgleich; kein Kontrahierungszwang bzgl. Verrechnungsvereinbarung
letzte Aktualisierung: 6.12.2019
BGH, Beschl. v. 30.10.2019 – XII ZB 537/17
BGB §§ 242, 1353 Abs. 1 S. 2; VersAusglG §§ 6 Abs. 1, 16
Versorgungsausgleich; kein Kontrahierungszwang bzgl. Verrechnungsvereinbarung
Ein gesetzlich rentenversicherter Ehegatte kann nicht zum Abschluss einer Vereinbarung über den
Versorgungsausgleich verpflichtet werden, die eine Verrechnung seines Anrechts in der gesetzlichen
Rentenversicherung mit dem Anrecht seines verbeamteten Ehegatten auf landesrechtliche
Beamtenversorgung vorsieht.
Gründe:
A.
Die beteiligten Eheleute streiten um den Versorgungsausgleich und dabei
insbesondere über die Verpflichtung zum Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung.
Die am 13. Mai 2011 geschlossene Ehe des 1960 geborenen Antragstellers
(im Folgenden: Ehemann) und der 1974 geborenen Antragsgegnerin (im
Folgenden: Ehefrau) wurde auf den am 14. Dezember 2015 zugestellten Scheidungsantrag
mit Beschluss des Amtsgerichts vom 2. Juni 2017 geschieden und
der Versorgungsausgleich geregelt.
Während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. Mai 2011 bis zum 30. November
2015 hat der Ehemann ein Anrecht auf landesrechtliche Beamtenversor-
gung mit einem Ausgleichswert von monatlich 151,52 € und einem korrespondierenden
Kapitalwert von 33.949,91 € erworben. Die Ehefrau hat in der Ehezeit
ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ausgleichswert
von 1,9402 Entgeltpunkten (zum Ende der Ehezeit entsprechend einer
Monatsrente von 56,67 €) und einem korrespondierenden Kapitalwert in Höhe
von 12.698,25 €, ein Anrecht aus einer berufsständischen Versorgung mit einem
Ausgleichswert von monatlich 39,50 € und einem korrespondierenden Kapitalwert
von 5.057,59 € sowie ein privates Anrecht mit einem geringen Ausgleichswert
erlangt.
Das Amtsgericht hat im Wege externer Teilung zulasten der Beamtenversorgung
des Ehemanns ein Anrecht in Höhe von monatlich 151,52 € zugunsten
der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ferner
hat es das gesetzliche sowie das berufsständische Anrecht der Ehefrau unter
Zugrundelegung der vorgeschlagenen Ausgleichswerte intern geteilt und von
einem Ausgleich ihres privaten Anrechts wegen Geringfügigkeit abgesehen.
Hiergegen hat der Ehemann mit seiner Beschwerde geltend gemacht,
die Ehefrau sei zur Zustimmung zu einer Saldierungsabrede verpflichtet. Es
solle eine Verrechnung der wechselseitigen Anrechte der Ehegatten dergestalt
erfolgen, dass die dem Ehemann rechnerisch zustehende Hälfte der ehezeitlichen
Anrechte der Ehefrau mit dem Anspruch der Ehefrau auf wertmäßig hälftige
Beteiligung an der Beamtenpension des Ehemanns saldiert werde. Nur in
Höhe des nach der Verrechnung verbleibenden Rentenbetrags solle im Wege
der externen Teilung des Beamtenanrechts ein Anrecht zugunsten der Ehefrau
in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden. Das Oberlandesgericht
hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde
verfolgt der Ehemann sein Begehren weiter.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
der Ehemann habe gegen die Ehefrau keinen Anspruch auf Abschluss
einer Verrechnungsvereinbarung. Es bestehe keine Kontrahierungspflicht eines
Ehegatten zum Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu vom anderen
Ehegatten einseitig vorgegebenen Bedingungen. Auch die nacheheliche
Solidarität verpflichte einen Ehegatten nicht, den anderen vor den gesetzlich
gewollten Scheidungsfolgen zu bewahren. Der Umstand, dass Ehegatten durch
den Versorgungsausgleich Anrechte in einem Versorgungssystem einbüßen
und in einem für sie neuen Versorgungssystem erlangen, sei strukturelle Folge
und zudem ein zentrales Element des reformierten Versorgungsausgleichsrechts.
Der Gesetzgeber habe den Wegfall der Notwendigkeit einer Vergleichbarmachung
der verschiedenen Anrechte als wesentliche Errungenschaft erachtet.
Der gesetzlich bezweckte Entlastungseffekt würde durch einen Kontrahierungszwang
konterkariert, weil dann eine vielfach weit in die Zukunft reichende
und tief in versorgungsrechtliche Verästelungen führende Günstigkeitsprüfung
erforderlich wäre, die oft mit erheblichen prognostischen Unsicherheiten
verbunden sei.
Soweit ein unterhaltspflichtiger Ehegatte die Zustimmung des anderen
zum begrenzten Realsplitting gegen Freistellung von daraus resultierenden
Steuernachteilen verlangen könne, sei dies eine Ausprägung des Grundsatzes
von Treu und Glauben im Rahmen eines bestehenden Unterhaltsverhältnisses
und könne nicht auf den Versorgungsausgleich übertragen werden. Anders als
beim begrenzten Realsplitting gebe es gerade keine gesetzliche Regelung,
welche die hier vom Ehemann angestrebte Rechtsfolge der Saldierung - jenseits
von Vereinbarungen - anordne. Das Gesetz sehe vielmehr ausdrücklich
eine Teilung jedes einzelnen Versorgungsanrechts vor.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der geltend
gemachte Anspruch auf Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung steht
dem Ehemann materiell-rechtlich nicht zu.
1. Ein solcher Anspruch ist von vornherein ausgeschlossen, soweit der
Ehemann (auch) das berufsständische Anrecht der Ehefrau in eine Zwangsvereinbarung
zur Anrechtssaldierung einbeziehen möchte. Dies hätte nämlich zur
Folge, dass die berufsständische Versorgung der Ehefrau nicht intern geteilt
würde, sondern ihr in voller Höhe verbliebe, im Gegenzug jedoch die Höhe des
für sie nach
der gesetzlichen Rentenversicherung geringer ausfiele. Wegen der Verschiedenartigkeit
der im gesetzlichen Wertausgleich abgegebenen und erworbenen
Anrechte stellt sich eine diesbezügliche Verrechnungsvereinbarung für
die Ehefrau nicht als ergebnisneutral dar, zumal diese ein Interesse daran haben
kann, auf Kosten ihrer berufsständischen Anrechte zusätzliche Anrechte in
der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben. Die Ansicht, dass der verbeamtete
Ehegatte selbst in solchen Fällen einen Anspruch auf Abschluss einer
Verrechnungsvereinbarung haben könnte, wird - soweit ersichtlich - nirgends
vertreten.
2. Auch bezüglich der gesetzlichen Rentenanrechte der Ehefrau steht
dem Ehemann kein Anspruch auf Abschluss einer (Teil-)Verrechnungsvereinbarung
zu.
a) Es ist allerdings umstritten, ob ein Landesbeamter den Abschluss einer
solchen Verrechnungsvereinbarung von seinem gesetzlich rentenversicherten
Ehegatten verlangen kann.
Dies wird teilweise bejaht. Ähnlich wie in den Fällen der Erteilung steuerrechtlicher
Zustimmungen müsse ein Ehegatte infolge der nachehelichen Solidarität
einer Saldierung von Versorgungsanrechten zustimmen, weil ihm hierdurch
keine Nachteile entstünden und sich die Position des verbeamteten Ehegatten
ohne die Verrechnung verschlechtern würde (vgl. AG Oranienburg Beschluss
vom 24. April 2015 - 38 F 3/15 - juris Rn. 16 ff.; Wick Der Versorgungsausgleich
4. Aufl. Rn. 532; Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht
3. Aufl. § 6 Rn. 67; Götsche
341; Adamus
Von der wohl überwiegenden Ansicht wird die Verpflichtung eines
Ehegatten zum Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung auch in Bezug auf
die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch verneint. Die Rechtsprechung
zum begrenzten Realsplitting sei auf den Versorgungsausgleich
nicht übertragbar und der Verlust von Verhandlungsspielräumen für umfassendere
Scheidungsfolgenvereinbarungen beeinträchtige die Interessen des
in Anspruch genommenen Ehegatten nachhaltig (vgl. OLG Brandenburg
8. Aufl.
Rn. 21; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: 15. Oktober 2019] § 6 VersAusglG Rn. 32;
Zöller/Lorenz ZPO 32. Aufl. § 224 FamFG Rn. 14; Bumiller/Harders/Schwamb
FamFG 12. Aufl. § 227 Rn. 10; Bergschneider
21. Deutscher Familiengerichtstag These A.3. des Arbeitskreises 17 Brühler
Schriften zum Familienrecht Band 19 S. 174).
b) Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu.
aa) Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass der vom Ausgleichspflichtigen
nicht erwünschte Hin-und-Her-Ausgleich vom Gesetzgeber bewusst
so angeordnet worden ist und es - anders als zum Beispiel im Steuerrecht
(§§ 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 1, 26 Abs. 2 Satz 2, 32 Abs. 6 Satz 6, 33 a Abs. 2
Satz 5 EStG) - keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die von dem
Landesbeamten begehrte Rechtsfolge der Anrechtssaldierung gibt (so aber
KG
Zum einen folgt aus
einer Verrechnungsvereinbarung, die nach der Rechtsprechung des Senats
auch unter Einbeziehung beamtenrechtlicher Anrechte keinen grundsätzlichen
Wirksamkeitsbedenken begegnet (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2014
- XII ZB 668/12 -
die steuerrechtlichen Vorschriften lediglich Gestaltungsmöglichkeiten, über deren
Nutzung jeder Ehegatte grundsätzlich frei entscheiden kann. Nicht aus
dem Steuerrecht, sondern allenfalls aus dem Familienrecht kann die Verpflichtung
eines Ehegatten folgen, einer bestimmten steuerlichen Gestaltung zuzustimmen
(vgl. BGH Urteil vom 13. Oktober 1976 - IV ZR 104/74 - FamRZ 1977,
38, 40). Eine solche Verpflichtung hat ihre Grundlage mangels ausdrücklicher
Regelung allein in
3. November 2004 - XII ZR 128/02 -
26. September 1984 - IVb ZR 30/83 -
aus dem Wesen der Ehe, die den Ehegatten - auch nachwirkend - aufgibt, die
finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit
dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (Senatsurteile vom
29. April 1998 - XII ZR 266/96 -
1988 - IVb ZR 29/87 -
nachehelichen Solidarität hergeleiteter Zustimmungsanspruch vermag sich
- unabhängig davon, ob er sich auf steuerliche oder sonstige Gestaltungsmöglichkeiten
bezieht - naturgemäß nicht auf eine speziellere Anspruchsnorm zu
stützen (vgl. Götsche
Schwamb
bb) Allerdings liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen aufgrund
nachehelicher Solidarität die Verpflichtung zum Abschluss einer vom anderen
Ehegatten geforderten Verrechnungsvereinbarung bejaht werden könnte.
(1) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dem ausgleichsverpflichteten
Landesbeamten bei Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen
Regelungen ein finanzieller Nachteil entsteht oder droht, zu dessen
Abwendung der andere Ehegatte aus Gründen der nachehelichen Solidarität
verpflichtet sein könnte.
(a) Ein solcher Nachteil ergibt sich nicht schon daraus, dass der Ausgleichspflichtige
infolge des Versorgungsausgleichs Teile seiner Beamtenversorgung,
insbesondere seiner Dienstunfähigkeitsabsicherung, verlieren würde.
Zum einen ist dies eine strukturelle Folge des Hin-und-Her-Ausgleichs im reformierten
Versorgungsausgleich und daher regelmäßig hinzunehmen (vgl.
OLG Brandenburg
anderen könnte ein Landesbeamter im Falle seiner Dienstunfähigkeit durch einen
Antrag nach § 35 VersAusglG eine Aussetzung der Ruhegehaltskürzung
erreichen, wenn und soweit er aus dem ihm übertragenen gesetzlichen Rentenanrecht
wegen Nichterfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen
(sog. Dreifünftelbelegung, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 SGB VI) keine Erwerbsminderungsrente zu erlangen vermag.
(b) Die Rechtsbeschwerde wendet demgegenüber ein, dass die Möglichkeit
einer Aussetzung der Ruhegehaltskürzung dann nicht gegeben sei, wenn
der Landesbeamte auf eigenen Antrag unter Inkaufnahme eines Versorgungsabschlags
vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand tritt und
er zu diesem Zeitpunkt aus dem übertragenen Anrecht noch keine Altersrente
beziehen kann.
Tatsächlich hat der Senat in einer früheren Entscheidung in einem obiter
dictum angedeutet, dass der Beamte in einem solchen Fall nicht in den Genuss
der Vergünstigung des § 35 VersAusglG kommen kann, weil er seine Beamtenversorgung
nicht wegen Invalidität oder Erreichens einer besonderen Altersgrenze,
sondern aufgrund einer in Anspruch genommenen Frühpensionierungsregelung
bezieht (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2013 - XII ZB 527/12 -
Holzwarth Familienrecht 6. Aufl. § 35 VersAusglG Rn. 4; Borth FamRZ 2014,
1245, 1246; dagegen MünchKommBGB/Siede 8. Aufl. § 35 VersAusglG Rn. 11;
Erman/Norpoth/Sasse BGB 15. Aufl. § 35 VersAusglG Rn. 2; vgl. auch VG
Düsseldorf Urteil vom 13. Januar 2014 - 23 K 3480/12 -
und OVG Münster Beschluss vom 22. September 2015 - 3 A 489/14 - juris
Rn. 9 f.). Ob an dieser Ansicht festzuhalten ist, bedarf an dieser Stelle keiner
näheren Erörterung. Denn die mit der späteren Inanspruchnahme einer vorgezogenen
Altersrente einhergehenden finanziellen Nachteile würden auf eine
eigene Entscheidung des Landesbeamten zurückgehen, mithin auf individuelle
Umstände, die sich der andere Ehegatte im Versorgungsausgleich auch aus
Billigkeitsgründen grundsätzlich nicht entgegenhalten lassen muss (vgl. Senatsbeschluss
vom 11. Mai 2016 - XII ZB 480/13 -
zur Anwendung des
Rentenversicherung). Vor diesem Hintergrund dürfte die Annahme
gerechtfertigt sein, dass der Landesbeamte finanzielle Nachteile bei einer - auf
eigener Entschließung beruhenden - vorruhestandsbedingten Minderung seiner
Versorgungsbezüge grundsätzlich hinzunehmen hat, ohne vom anderen Ehegatten
aus dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität Mitwirkungshandlungen
zum Zwecke der Vermeidung dieser Nachteile verlangen zu können.
(2) Jedenfalls aber ginge der zwangsweise Abschluss einer von einem
Landesbeamten geforderten Verrechnungsvereinbarung in der Regel mit einer
Verletzung der geschützten Interessen des anderen Ehegatten einher.
(a) Richtig ist zwar, dass der Hin-und-Her-Ausgleich nach den gesetzlichen
Regelungen für den gesetzlich rentenversicherten Ehegatten eines Landesbeamten
zu dem gleichen Ausgleichsergebnis führen würde, wie wenn lediglich
der überschießende Teil des Beamtenanrechts, der nach der abredegemäßen
Verrechnung mit dem gesetzlichen Rentenanrecht verbliebe, durch externe
Teilung nach
vgl. Götsche
(b) Andererseits hat der Senat mehrfach darauf hingewiesen, dass sich
Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und Anrechte der Beamtenversorgung
sowohl in der Struktur und Finanzierung als auch im Leistungsspektrum
und in der Wertentwicklung wesentlich voneinander unterscheiden (Senatsbeschlüsse
vom 8. Januar 2014 - XII ZB 366/13 -
und vom 7. August 2013 - XII ZB 211/13 -
wirkt sich zwangsläufig auf die Bewertung dieser Anrechte aus. Zwar bestimmt
§ 47 Abs. 3 VersAusglG, dass der korrespondierende Kapitalwert eines Beamtenanrechts
unter entsprechender Anwendung der Berechnungsgrundlagen der
gesetzlichen Rentenversicherung zu berechnen ist. Dies beruht aber auf der
Erwägung, dass ein Anrecht der Beamtenversorgung nicht durch freiwillige Beitragszahlung
erworben werden kann und ein für die Bewertung maßgeblicher
"Einkaufspreis" des beamtenrechtlichen Anrechts daher nicht zur Verfügung
steht. Der diesbezügliche Rückgriff auf die Berechnungsgrößen der gesetzlichen
Rentenversicherung folgt reinen Zweckmäßigkeitsüberlegungen, um zusätzlichen
Bewertungsaufwand zu vermeiden. Der Gesetzgeber hielt diese
Herangehensweise für akzeptabel, weil die beiden Versorgungen "durchaus
vergleichbar" seien und "Wert- sowie Strukturveränderungen in der gesetzlichen
Rentenversicherung in der Regel in der Beamtenversorgung nachvollzogen"
würden (BT-Drucks. 16/10144 S. 85).
Das ändert aber nichts daran, dass die korrespondierenden Kapitalwerte
- auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl.
lediglich Hilfsgrößen darstellen, die in erster Linie einem unabweisbaren praktischen
Bedürfnis Rechnung tragen, bei der Rechtsanwendung Anrechte im
Rahmen einer Bagatellprüfung oder bei einer ausnahmsweise notwendigen Anrechtssaldierung
ohne größeren Berechnungsaufwand anhand eines Kapitalbetrags
bewerten und gegebenenfalls miteinander vergleichen zu können. In diesem
Zusammenhang hat es der Senat im Grundsatz gebilligt, wenn der Tatrichter
bei der Anwendung von Billigkeitsvorschriften aus verfahrensökonomischen
Gründen trotz der Verschiedenartigkeit der darin einbezogenen Versorgungen
einen Wertvergleich auf eine nominale Gegenüberstellung der ihm von den
Versorgungsträgern mitgeteilten Kapitalwerte bzw. korrespondierenden Kapitalwerte
stützt (Senatsbeschlüsse vom 21. September 2016 - XII ZB 264/13 -
10. Mai 2017 - XII ZB 310/13 -
VersAusglG).
(c) Auf derartige Praktikabilitätserwägungen braucht sich ein Ehegatte im
Rahmen von Verhandlungen über den Abschluss einer Saldierungsabrede aber
nicht einzulassen. Angesichts der Verschiedenartigkeit der Anrechte muss es
dem gesetzlich versicherten Ehegatten im Rahmen seiner verfassungsrechtlich
geschützten Handlungsfreiheit (
nach § 6 VersAusglG grundsätzlich unbenommen bleiben, seine eigenen
Vorstellungen davon zur Geltung zu bringen, wie ein Anrecht der Beamtenversorgung
mit einem solchen der gesetzlichen Rentenversicherung angemessen
verrechnet werden kann. Würde die Ehefrau im vorliegenden Fall zum
Abschluss einer Verrechnungsvereinbarung mit dem vom Ehemann gewünschten
Inhalt auf der Grundlage übereinstimmender Rentenbeträge - und damit
gleichzeitig auf der Grundlage übereinstimmender korrespondierender Kapitalwerte
- verpflichtet werden, so würde ihr dadurch faktisch die auf bloßen
Zweckmäßigkeitsüberlegungen beruhende Bewertungsregel des § 47 Abs. 3
VersAusglG aufgezwungen werden, wonach beamtenrechtliche Anrechte anhand
der Berechnungsgrundlagen für die gesetzliche Rentenversicherung zu
bewerten sind. Dies entspricht gerade nicht den in den Gesetzesmaterialien
zum Ausdruck gekommenen Vorstellungen des Gesetzgebers, wonach korrespondierende
Kapitalwerte den Beteiligten - auch im Rahmen eines Vergleichsschlusses
- lediglich eine bessere Vorstellung von der wirtschaftlichen Bedeu-
tung verschiedenartiger Anrechte vermitteln (BT-Drucks. 16/10144 S. 84 f.) und
mit Bedacht anzuwenden sein sollen (BR-Drucks. 16/11903 S. 56). Die korrespondierenden
Kapitalwerte können deshalb im wechselseitigen Einvernehmen
der Ehegatten durchaus als brauchbare Grundlage für eine Verrechnungsvereinbarung
herangezogen werden. Ein Zwang hierzu kann aber nicht aufgestellt
werden.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:30.10.2019
Aktenzeichen:XII ZB 537/17
Rechtsgebiete:
Einkommens- und Körperschaftssteuer
Versorgungsausgleich
Ehevertrag und Eherecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 242, 1353 Abs. 1 S. 2; VersAusglG §§ 6 Abs. 1, 16