Gewerblicher Grundstückshandel ausnahmsweise auch bei weniger als drei Objekten
DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 10266
letzte Aktualisierung: 30.01.2003
weniger als drei Objekten
Grundstückshandel auch dann anzunehmen ist, wenn bei dem Ankauf,
der Bebauung und der Veräußerung von Grundstücken die DreiObjekt-Grenze nicht überschritten wird (Fortführung zum BFHBeschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98,
2002, 291).
G r ü n d e
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (1990) zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie sind Arbeitnehmer der X-GmbH (GmbH), die
das Gipserhandwerk betreibt. Der Kläger ist auch Gesellschafter der GmbH. Der Kläger ist
außerdem an der Handwerkergruppe "Y" beteiligt, deren Geschäftszweck die Errichtung und
der Vertrieb von Gebäuden ist.
Die Klägerin hat im Jahr 1972 das Einfamilienhaus-Grundstück G erworben. Bis 1987 war
das Grundstück vermietet. Im Jahr 1988 ließ die Klägerin das Haus abreißen, um auf dem
Grundstück ein neues Gebäude mit 10 Wohnungen zu errichten. Im Herbst 1988 wurde mit
dem Neubau begonnen. Die Wohnungen wurden im Laufe der Jahre 1990 und 1991 fertig gestellt. Am 9. Oktober 1991 fand die Schlussabnahme statt.
Mit Schenkungsvertrag vom 23. Juni 1989 übertrug die Klägerin Anteile an dem Grundstück
in Höhe von 321,12/1000 auf ihren Sohn S und 235,97/1000 auf ihre Tochter T. Mit Teilungserklärung vom selben Tag (23. Juni 1989) wurde das Grundstück in
10 Eigentumswohnungen und 6 selbständige Reihengaragen sowie 2 Carports aufgeteilt.
Danach stellten sich die Eigentumsverhältnisse wie folgt dar:
Klägerin: 5 Eigentumswohnungen, 3 Garagen;
Sohn S: 3 Eigentumswohnungen, 2 Garagen, 1 Carport;
Tochter T: 2 Eigentumswohnungen, 1 Garage, 1 Carport.
Die drei Eigentümer traten fortan als Bauherrengemeinschaft nach außen auf. Die Kläger
stellten den beiden Kindern die finanziellen Mittel für die Errichtung der
Eigentumswohnungen und Garagen zur Verfügung.
während der Außenprüfung dem Prüfer mitgeteilt, dass bereits vor Baubeginn die Absicht
bestanden habe, die Eigentumswohnungen nebst Garagen und Carports zu veräußern und
zwei kleinere Wohnungen im Dachgeschoss zunächst vermieten zu wollen.
In den Jahren 1990 und 1991 veräußerte die Klägerin folgende Eigentumswohnungen und
Garagen:
März 1990
April 1990
Juni 1990
Juli 1991
1 Eigentumswohnung
1 Eigentumswohnung, 1 Garage (letztere an den
Erwerber einer Eigentumswohnung des Sohnes
S)
1 Eigentumswohnung, 1 Garage (letztere an den
Erwerber einer Eigentumswohnung der Tochter
T)
1 Garage (an den Erwerber einer Wohnung des
Sohnes S)
Das FA behandelte diese Veräußerungen als gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin
und ermittelte für das Streitjahr 1990 einen Gewinn in Höhe von 299 262 DM. Dabei
berücksichtigte es keine Absetzungen für Abnutzung (AfA). Außerdem versagte es bei der
Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Eigentumswohnungen die
erhöhten Absetzungen nach § 82g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung a.F.
(EStDV a.F.), da diese Vorschrift nicht für Neubauten gelte.
Mit der hiergegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, die Klägerin habe mit dem
Verkauf der Eigentumswohnungen und Garagen die sog. Drei-Objekt-Grenze nicht
überschritten. Der Kaufvertrag vom Juli 1991 über die Garage sei im Übrigen durch Vertrag
vom 4. Oktober 1993 aufgehoben worden. Außerdem habe das FA zu Unrecht die erhöhten
Absetzungen nach
der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1993 immer dann zu gewähren, wenn --wie hier
geschehen-- die erforderlichen Bescheinigungen der Gemeinde vorgelegt würden. Diese
Bescheinigungen unterlägen als Grundlagenbescheide weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und Gerichte.
In der von der Stadt der Klägerin erteilten Bescheinigung vom 29. Oktober 1991 "nach § 82g
EStDV bzw.
"Hiermit bescheinigen wir der ... (Klägerin), dass ihr Bauobjekt ... innerhalb des förmlich
festgelegten Sanierungsgebiets ... liegt ...
Die Stadt hat für diese Sanierungsmaßnahme nach den Vertragsbestimmungen eine
Gesamtentschädigung i.H. von 173 436 DM für Abbruch- und Abbruchfolgekosten sowie für
den Substanzverlust gewährt.
Die von der Bauherrschaft nachgewiesenen Gesamtkosten von brutto 1 025 134 DM waren
notwendig, um die Sanierungsmaßnahme nach den Bestimmungen des Sanierungsvertrages
durchzuführen."
In einer weiteren Bescheinigung der Stadt vom 8. Juni 1995 wird darauf hingewiesen, dass
die "Bauherrschaft ... Aufwendungen für die Sanierungsmaßnahmen ... i.H. von
1 054 943 DM getätigt (habe)". Die Aufwendungen seien "zur Erfüllung des Sanienotwendig" gewesen. "Die Bauherrschaft (habe) eine Gesamtentschädigung i.H. von
DM 173 436 erhalten. In diesem Betrag (sei) eine Summe für Substanzverlust i.H. von
DM 118 000 enthalten."
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen (Entscheidungen der
Finanzgerichte --EFG-- 1997, 338).
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie führen u.a. aus: Der
am 3. Juli 1991 geschlossene Kaufvertrag über die Garage sei am 4. Oktober 1993 wegen
Baumängeln wieder aufgehoben worden. Wie das FG zutreffend angenommen habe, sei die
Veräußerung von Wohnungen und Garagen jeweils "als Einheit zu sehen". Die Klägerin habe
die Wohnungen nicht wie ein gewerblicher Grundstückshändler am Markt angeboten, sondern
lediglich 3 Objekte im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung veräußert. Im Übrigen sei
die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels verfassungsrechtlich bedenklich. Diese
Rechtsfigur habe nur deswegen praktische Bedeutung, weil der Gesetzgeber es unterlassen
habe, Gewinne aus der Veräußerung privater Grundstücke zu besteuern.
Für die Inanspruchnahme des
Gemeinde ein die Finanzverwaltung bindender Grundlagenbescheid.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Änderungsbescheid
über Einkommensteuer 1990 vom 9. Dezember 1993 zu ändern und dabei den Gewinn aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 299 262 DM unberücksichtigt zu lassen sowie die Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung um die Absetzung nach
36 037 DM zu mindern.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 29. Oktober 1997 X R 183/96 (
BStBl II 1998, 332) dem Großen Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) die Rechtsfrage zur
Entscheidung vorgelegt, ob die Errichtung von Wohnobjekten (im Streitfall:
Eigentumswohnungen) in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht und die hiermit in
sachlichem sowie zeitlichem Zusammenhang stehende Veräußerung dieser Objekte
unabhängig von ihrer Zahl eine gewerbliche Tätigkeit sei, weil diese "dem Bild eines Bauunternehmers/Bauträgers" entspreche.
Der Große Senat hat mit Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (
BStBl II 2002, 291) entschieden, dass die Errichtung von Wohnobjekten auf dem eigenen
Grundstück und deren Veräußerung nicht unabhängig von der als Indiz wirkenden DreiObjekt-Grenze bereits wegen der Ähnlichkeit mit dem "Bild des produzierenden
Bauunternehmers/Bauträgers" eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Auf diese Entscheidung
nimmt der erkennende Senat Bezug.
II.
Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die Revision ist zulässig. Sie ist entgegen der Ansicht des FA ordnungsgemäß begründet.
Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom
19. Dezember 2000 (FGO a.F.) ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des
vollständigen Urteils einzulegen und innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Gemäß
einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel
gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Darüber hinaus muss der
Revisionskläger neben der Rüge eines konkreten Rechtsverstoßes die Gründe tatsächlicher
oder rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das angefochtene Urteil als unrichtig
erscheinen lassen. Hierzu bedarf es zumindest einer kurzen Auseinandersetzung mit den
Gründen des FG-Urteils, die aus sich selbst heraus erkennen lässt, dass der Revisionskläger
diese Begründung und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat. Der Revisionskläger
muss im Einzelnen dartun, welche Ausführungen der Vorentscheidung aus welchen Gründen
unrichtig sein sollen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. März 2000 III R 21/99,
BStBl II 2000, 700, unter II. 1., m.w.N.).
Formalbegründungen vermeiden; eine umfassende Erörterung der streitigen Rechtsfragen
wird nicht gefordert (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 78/95,
BStBl II 1996, 625, unter II. 1., m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl.,
§ 120 Rz. 58 und 59, m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung der Kläger gerecht. Die Kläger haben
einen präzisen Revisionsantrag gestellt. Ihre Ausführungen lassen überdies erkennen, dass sie
sich mit den Gründen des angefochtenen FG-Urteils auseinander gesetzt und ihr eigenes
erstinstanzliches Vorbringen anhand der Begründung der klageabweisenden FG-Entscheidung
überprüft haben. Sie haben --wenn auch knapp-- dargelegt, in welchen Punkten und warum
sie die Vorentscheidung für rechtlich unzutreffend halten. So bemängeln sie insbesondere, das
FG habe seine "indizierende und typisierende Unterstellung", dass die Tätigkeit der Klägerin
dem "Bild des gewerblichen Grundstückshandels" entsprochen habe, "nur in ganz
allgemeinen Ausführungen präzisiert" und nicht hinreichend dargelegt, wie es zu dieser
Erkenntnis gelangt sei. Die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung sei im Streitfall schon
deswegen nicht überschritten worden, weil nicht mehr als 3 Objekte veräußert worden seien;
insoweit sei das FG von näher bezeichneten BFH-Urteilen abgewichen. Sie haben damit
schlüssig eine Verletzung des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt.
2. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin erhöhte Absetzungen nach
Fassungen selbst hinsichtlich derjenigen Immobilienobjekte nicht geltend machen kann, die
nicht in das Umlaufvermögen eines etwaigen gewerblichen Grundstückshandels
einzubeziehen waren.
a) Der Senat kann offen lassen, welche der beiden genannten Bestimmungen im Streitfall
anzuwenden ist.
Baumaßnahmen anwendbar, welche vor dem 1. Januar 1991 abgeschlossen wurden; ab
diesem Datum galt
Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl.,
und 2).
erhöhte Absetzungen bis zu 10 v.H. "der Herstellungskosten für Modernisierungs- und
Instandsetzungsmaßnahmen i.S. des § 177 des Baugesetzbuchs (BauGB)". Darunter fielen
nicht die Herstellungskosten eines Neubaus, der an Stelle des alten abgerissenen Gebäudes
Worten "Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen" sowie
aus der Bezugnahme auf
nur die Beseitigung oder Behebung durch Modernisierung oder Instandsetzung "von
Missständen oder Mängeln" an baulichen Anlagen geregelt ist (vgl. auch --zu
a.F.-- Senatsbeschluss vom 2. Juni 1992 X B 109/91, nicht veröffentlicht, juris Nr:
STRE925072760; zu
27. August 1996 8 B 165/96, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--,
Einkommensteuergesetz 1990, § 7h, Rechtsspruch 1, m.w.N. der Rechtsprechung; vgl. ferner
z.B. Siebenhüter in Herrmann/ Heuer/Raupach, a.a.O.,
Danach kommen erhöhte Absetzungen nach
vorliegenden Streitfall nicht in Betracht, weil das alte Gebäude --unstreitig-- vollständig
abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wurde.
b) Zutreffend hat das FG entschieden, dass das FA an die Bescheinigungen der Stadt vom
29. Oktober 1991 und vom 8. Juni 1995 nicht gebunden war. Es hat dargelegt, dass diese
Bescheinigungen inhaltlich nicht den Anforderungen des
Abs. 2 EStG a.F.) entsprechen, da sie lediglich von einem "Bauobjekt innerhalb des förmlich
festgestellten Sanierungsgebiets" und von "Sanierungsmaßnahmen" sprechen, hingegen keine
Aussage darüber enthalten, dass es sich bei dem Neubau um "Modernisierungs- und
Instandhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuchs" handelt.
Diese Auslegung der genannten Bescheinigungen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden,
zumal die inhaltliche Verweisung auf den Sanierungsvertrag vom 15./20. Juni 1988 eindeutig
erkennen lässt, dass das bisherige Gebäude abgerissen worden war. Nach dem BFH-Urteil
vom 17. Dezember 1996 IX R 91/94 (
Bindungswirkung der Bescheinigung nach
"Tatbestände des Bau- und Raumordnungsrechts" verwirklicht worden sind. Entsprechendes
gilt auch für die Bescheinigung nach
21. August 2001 IX R 20/99,
EStG durchgeführt worden sind, besagen die in Rede stehenden Bescheinigungen der Stadt
nichts (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt FG Baden-Württemberg, Urteil vom
26. Juni 1996 5 K 269/95,
3. Die Entscheidung des FG, die Klägerin habe mit einem "gewerbsmäßigen Herstellen und
Handeln von und mit Eigentumswohnungen" Einkünfte aus Gewerbebetrieb (
erzielt, entspricht nicht den Grundsätzen des in dieser Sache ergangenen Beschlusses des
Großen Senats des BFH in
tatsächlichen Feststellungen lassen indes eine abschließende Bewertung darüber, ob sich die
Klägerin im Streitjahr als gewerbliche Grundstückshändlerin betätigt hat, nicht zu.
a) Nach
die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus darf es sich bei der Tätigkeit nicht um
private Vermögensverwaltung handeln (vgl. z.B. BFH-Beschluss in
2002, 291, unter C. vor I.).
Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre
sowie anderen Einkunftsarten andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die
beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den
gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen
Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. BFHBeschlüsse vom 3. Juli 1995 GrS 1/93,
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kommt der gewerbliche Grundstückshandel in der
Regel erst dadurch zu Stande, dass der Veräußerer eine Anzahl bestimmter Objekte (z.B. Einoder Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen) zuvor gekauft oder bebaut hat und sie in
engem zeitlichen Zusammenhang damit veräußert. Hat der Veräußerer mehr als 3 Objekte
gekauft oder errichtet und sie in engem zeitlichen Zusammenhang veräußert, so lässt dies
mangels eindeutiger gegenteiliger objektiver Anhaltspunkte grundsätzlich den Schluss zu,
dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufs oder der Errichtung zumindest eine bedingte Wiederverkaufsabsicht bestanden hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. April
1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170, unter 1. b bb, m.w.N.), auch wenn die eigentliche
Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war.
Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird in aller Regel angenommen, wenn die Zeitspanne
zwischen Errichtung und Verkauf der Objekte nicht mehr als 5 Jahre beträgt. Werden
innerhalb dieses engen zeitlichen Zusammenhangs mindestens 4 Objekte veräußert, so ist
regelmäßig, ohne dass weitere besondere Umstände (z.B. eine hauptberufliche Tätigkeit des
Steuerpflichtigen im Baubereich) vorliegen müssen, von einem gewerblichen
Grundstückshandel auszugehen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 170, unter 1. b bb,
m.w.N.).
Die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung,
Bebauung, Verkauf) hat für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist oder
nicht, eine indizielle Bedeutung. Diese äußerlich erkennbaren Merkmale sind als
Beweisanzeichen gerechtfertigt, weil die innere Tatsache der von Anfang an bestehenden
Veräußerungsabsicht oft nicht zweifelsfrei feststellbar ist. Hierzu hat der Große Senat des
BFH in seinem Beschluss in
entschieden:
Wenn es sich dabei auch um sehr gewichtige Indizien für oder gegen eine von Anfang an
bestehende und u.U. auch nur bedingte Veräußerungsabsicht handelt, so kommt es auf diese
Indizienmerkmale dann nicht an, wenn sich bereits aus anderen --ganz besonderen-Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende
Veräußerungsabsicht ergibt. Daher ist trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze ein
gewerblicher Grundstückshandel nicht anzunehmen, wenn eindeutige Anhaltspunkte gegen
eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen. Andererseits können in
besonders gelagerten Fällen auch bei einer Veräußerung von weniger als 4 Objekten
besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen.
So kann beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn das im
zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon
vor seiner Bebauung verkauft worden ist oder ein solches Grundstück von vornherein auf
Rechnung oder nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird. In derartigen Gestaltungen kann
die Wertung gerechtfertigt sein, dass es sich unabhängig von der Anzahl der Verkäufe um
eine gewerbliche Tätigkeit handelt. Ebenso kann für eine gewerbliche Tätigkeit der Umstand
erhebliche Leistungen für den Bau erbringt, die nicht wie unter Fremden abgerechnet werden.
Das in
gewerblichen Grundstückshandels in derartigen Fällen nicht entgegen. Die Drei-ObjektGrenze stellt keine Mindestgrenze in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit
dar.
Neben diesen vom Großen Senat ausdrücklich anerkannten Ausnahmefällen können andere
gewichtige Umstände auf eine gewerbliche Betätigung auch bei einer Veräußerung von
weniger als 4 Objekten schließen lassen, und zwar dann, wenn sich aus diesen Umständen
ergibt, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter
Veräußerungsabsicht vorgenommen worden sind. Hierbei ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Wurde das Bauvorhaben beispielsweise nur kurzfristig finanziert, hat der
Steuerpflichtige bereits während der Bauzeit eine Maklerfirma mit dem Verkauf des Objekts
beauftragt oder selbst Veräußerungsannoncen geschaltet, wurde gar vor Fertigstellung des
Bauwerks ein Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber geschlossen oder hat er
Gewährleistungspflichten über den bei Privatverkäufen üblichen Bereich hinaus übernommen,
kann auch dann eine unbedingte Veräußerungsabsicht angenommen werden, wenn keiner der
vom Großen Senat in
vorliegt. Die Möglichkeit, dass das Gebäude für Zwecke der eigenen Vermögensverwaltung
hergestellt wird, scheidet dann aus. Dies gilt erst recht, wenn der Steuerpflichtige eine solche
unbedingte Veräußerungsabsicht zweifelsfrei nach außen --etwa gegenüber dem FA-bekundet oder in sonstiger Weise dokumentiert hat.
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum sog. gewerblichen
Grundstückshandel unterliegen entgegen der von den Klägern geäußerten Ansicht keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu schon Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts
--BVerfG-- vom 16. Mai 1969 1 BvR 162/69, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung
--HFR-- 1969, 347; vom 23. Oktober 1972 2 BvR 261/72,
nicht veröffentlichten Beschlüsse des BVerfG vom 6. Oktober 2000 2 BvR 809/00; vom
17. Juni 1998 1 BvR 790/98, und vom 19. April 1997 1 BvR 745/96, in denen die
Verfassungsbeschwerden gegen die BFH-Entscheidungen vom 2. Februar 2000 X B 83/99,
BFH/NV 2000, 946; in
VIII S 3/96, BFH/NV 1997, 292 nicht zur Entscheidung angenommen wurden).
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe auf den Streitfall lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob
die Klägerin im Streitfall einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat.
aa) Eine gewerbliche Betätigung der Klägerin auf dem Grundstücksmarkt kann nicht allein
auf die Erwägung gestützt werden, dass die Drei-Objekt-Grenze --anders als in den Fällen des
Erwerbs und der Veräußerung ohne zwischenzeitliche Werterhöhung ("Durchhandeln")-- für
die hier gegebene Konstellation der Errichtung und Veräußerung von Wohneinheiten keine
Bedeutung habe, weil die Errichtung von Objekten in zumindest bedingter
Veräußerungsabsicht dem "Bild des produzierenden Bauunternehmers/Bauträgers"
entspräche. Denn der Große Senat des BFH hat entschieden, dass die Drei-Objekt-Grenze in
der Regel auch in den Fällen der Bebauung und des anschließenden Verkaufs zu beachten ist
(BFH-Beschluss in
bb) Ein gewerblicher Grundstückshandel der Klägerin wird entgegen der Ansicht des FA auch
nicht dadurch indiziert, dass die Klägerin in engem zeitlichen Zusammenhang mit der
3 Objekte veräußert hat.
cc) Der Senat hält an seiner im Vorlagebeschluss vertretenen Auffassung fest, dass Garagen
"Zubehör"-Räume von Eigentumswohnungen sind und als Objekte auch dann nicht mitzählen,
wenn sie an andere Erwerber als die Käufer der Eigentumswohnungen veräußert werden (zur
näheren Begründung vgl. Senatsbeschluss in
Spalte f.).
dd) Eine Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze ergibt sich ferner nicht ohne weiteres
daraus, dass die Klägerin --noch während der Bauphase-- unentgeltlich Grundstücksanteile
und damit im wirtschaftlichen Ergebnis 5 Objekte (im Bau befindliche Eigentumswohnungen)
an ihre Kinder S und T übertrug.
Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH sind Objekte (Wohnungen), mit deren Weitergabe
kein Gewinn erzielt werden soll, in die Betrachtung, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten
ist, nicht einzubeziehen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14. März 1989 VIII R 373/83, BFHE 158,
214, BStBl II 1990, 1053, 1054; vom 9. Mai 1996 IV R 74/95,
599, 601; vom 6. August 1998 III R 227/94, BFH/NV 1999, 302, 304, mittlere Spalte).
Eine Einbeziehung der an die Kinder übertragenen 5 Objekte hinsichtlich der Frage des
Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze kommt allerdings --abgesehen von den
nachstehenden, unter c) bezeichneten Gesichtspunkten-- dann in Betracht, wenn die Klägerin
--bevor sie sich dazu entschloss, diese Objekte unentgeltlich an ihre Kinder zu übertragen-die (zumindest bedingte) Absicht besaß, auch diese Objekte am Markt zu verwerten. In
diesem Fall hätten die später verschenkten Objekte bereits von Anfang an zum
Umlaufvermögen eines gewerblichen Grundstückshandels der Klägerin gehört; die
unentgeltliche Übertragung auf die Kinder hätte sodann eine mit dem Teilwert zu erfassende
(gewinnrealisierende) Entnahme dargestellt (
Der erkennende Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im BFH-Urteil in
BFH/NV 1999, 302, 304.
Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang ggf. aufklären müssen, ob die Klägerin von
Anfang an vor hatte, die in Rede stehenden 5 Eigentumswohnungen --wie später geschehen-unentgeltlich an ihre beiden Kinder zu übertragen oder ob sie zunächst die (zumindest
bedingte) Absicht verfolgte, auch diese Wohnungen (zu marktüblichen Preisen) zu veräußern.
c) Selbst wenn die nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen zu b) dd) nachzuholenden
Feststellungen ergeben sollten, dass die Klägerin von vornherein plante, die in Rede
stehenden Objekte an die Kinder zu verschenken, könnten sie bei der Frage des Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze miteinzubeziehen sein, wenn diese unentgeltlichen
Übertragungen
nach den Grundsätzen über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen
Angehörigen (vgl. hierzu z.B. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 4
Rz. 520 "Angehörige/Angehörigenverträge") als unbeachtlich zu qualifizieren wären,
auf sog. Strohmann-Geschäften bzw. Scheingeschäften i.S. von § 41 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO 1977) beruhten (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteile vom 12. Juli 1991
III R 47/88,
BFH/NV 1993, 728, unter 2.; BFH-Beschlüsse vom 2. September 1993 III B 99/92,
vom 20. Mai 1998 III B 9/98,
als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von
gewertet werden müssten (vgl. hierzu insbesondere Sentsbeschluss vom 17. Oktober
2002 X B 13/02, juris Nr: StRE200251075; BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 302, 304; FG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Oktober 2000 1 K 3017/97, Deutsches
Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2001, 629; BFH-Urteile in
1992, 143, unter 2.; in BFH/NV 1993, 728, unter 2.; vom 13. Dezember 1995
XI R 43-45/89,
BStBl II 1998, 346; vom 17. Juni 1998 X R 68/95,
unter II. 3. und 5.; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1994, 773, unter 5.; in
BStBl II 1998, 721, unter II. 4. e bb; in BFH/NV 1996, 746; vom 6. Mai 1998
IV B 108/97, BFH/NV 1999, 146, und vom 7. Juni 2000 III B 35/97, BFH/NV 2001,
138).
Das FG hat --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- bislang keine ausreichenden
Feststellungen zu den näheren Umständen getroffen, unter denen die Übertragung der
5 Objekte von der Klägerin auf ihre Kinder S und T stattfand. Es wird die erforderlichen
Feststellungen ggf. nachzuholen haben und dabei insbesondere prüfen müssen, welche
Beweggründe die Klägerin zu diesem Schritt veranlassten. Die von den Kindern
vorgenommenen Veräußerungsgeschäfte werden dabei vor allem dann der Klägerin
zuzuordnen sein, wenn das FG aufgrund einer Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse
die Überzeugung gewinnt, dass die Klägerin "das Geschehen beherrschte", indem sie die
Errichtung und Verwertung der den Kindern übertragenen Objekte "steuerte" und ihr selbst
die Erlöse aus den Veräußerungen der Objekte durch die Kinder zuzurechnen waren (vgl.
Senatsbeschluss vom 17. Oktober 2002 X B 13/02, juris Nr: STRE200251075, unter 2.).
d) Feststellungen zu den vorstehend erörterten Gesichtspunkten würden sich allerdings dann
erübrigen, wenn es aufgrund besonderer, im Streitfall vorliegender Umstände für die Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels in der Person der Klägerin auf ein
Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze überhaupt nicht ankäme (s. unter 3. a a.E.), wenn sich
die Klägerin also bereits allein durch die Veräußerung der von ihr selbst verkauften
3 Eigentumswohnungen als gewerbliche Grundstückshändlerin betätigt hätte.
Solche besonderen Umstände können zwar noch nicht allein darin gesehen werden, dass die
Klägerin das neu errichtete Gebäude bereits in der Bauphase in Eigentumswohnungen
aufteilte.
Ein solcher besonderer Umstand läge aber beispielsweise dann vor, wenn die --von den
Klägern freilich bestrittene-- Behauptung des FA zuträfe, dass die Klägerin von vornherein
(unbedingt) dazu entschlossen war, die 3 Objekte in engem zeitlichen Zusammenhang mit
deren Errichtung zu veräußern (vgl. oben 3. a, vorletzter Absatz). Dieser Frage wird das FG
im zweiten Rechtsgang nachzugehen und sie ggf. durch die Erhebung geeigneter Beweise
(z.B. durch Auswertung des Ergebnisses der Außenprüfung und Vernehmung des Betriebsprüfers, sowie etwaiger weiterer Zeugen) aufzuklären haben. Auf die Richtigkeit der
Behauptung des FA deutet nicht nur die Aufteilung des Grundstücks in Eigentumswohnungen
bereits in der Phase der Errichtung des Gebäudes hin. Ein sehr gewichtiges Indiz für das
Bestehen einer von vornherein vorhandenen unbedingten Veräußerungsabsicht der Klägerin
bildet vor allem die Tatsache, dass die 3 Eigentumswohnungen bereits unmittelbar nach ihren
Jahr vor der Schlussabnahme des Gebäudes (9. Oktober 1991)-- veräußert wurden.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BFH
Erscheinungsdatum:17.12.2002
Aktenzeichen:X R 183/96
Rechtsgebiete:Einkommens- und Körperschaftssteuer
Erschienen in:
MittBayNot 1998, 206-211
NJW 2003, 1141-1144
EStG § 15 Abs. 2