Inhalt der Geschäftsführerversicherung bzgl. §§ 265c bis 265e StGB; dynamische Verweisung
letzte Aktualisierung: 12.8.2022
BGH, Beschl. v. 28.6.2022 – II ZB 8/22
GmbHG § 6 Abs. 2 S. 2
Inhalt der Geschäftsführerversicherung bzgl. §§ 265c bis 265e StGB; dynamische Verweisung
§ 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG verweist auch auf die §§ 265c bis 265e
Gründe:
I. Der Antragsteller ist Gründungsgesellschafter und bestellter Geschäftsführer
der c. UG (haftungsbeschränkt). Mit notariell beglaubigter
Erklärung vom 11. Juni 2021 meldete er die Gesellschaft, die abstrakte Vertretungsregelung
und seine Bestellung zum Geschäftsführer zur Eintragung in
das Handelsregister an. In der Anmeldung versicherte er u.a.:
"Es liegen keine Umstände vor, aufgrund derer ich nach § 6
Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG vom Amt
eines Geschäftsführers ausgeschlossen wäre.
a)
Während der letzten 5 Jahre wurde ich nicht rechtskräftig
verurteilt … nach § 263 StGB (Betrug),
§ 264 StGB (Subventionsbetrug), § 264a
StGB (Kapitalanlagebetrug), § 265b StGB (Kreditbetrug),
Veruntreuen von Arbeitsentgelt). Auch im Ausland wurde
ich nicht wegen einer vergleichbaren Tat rechtskräftig verurteilt."
Das Registergericht hat den Eintragungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen,
dass sich die Versicherung nicht auf § 265c StGB (Sportwettbetrug),
§ 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) und
von berufssportlichen Wettbewerben) beziehe. Die Beschwerde des Antragstellers
blieb ohne Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Eintragungsantrag weiter.
II. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt: Die dem Geschäftsführer obliegende Versicherung
sei nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG auch auf die im
Jahre 2017 eingeführten Straftatbestände des § 265c StGB (Sportwettbetrug),
§ 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) und § 265e
StGB (Besonders schwere Fälle des Sportwettbetrugs und der Manipulation
von berufssportlichen Wettbewerben) zu erstrecken. Dies folge bereits aus dem
eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Der Gesetzgebungsgeschichte lasse sich
nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3
Buchst. e GmbHG eine statische Verweisung gewollt habe. Zudem habe der
Gesetzgeber bei Schaffung der neuen Straftatbestände von einer Änderung
dieser Vorschrift abgesehen.
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß
des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde
gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde
(vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10,
Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - II ZB 12/16,
Beschluss vom 3. Dezember 2019 - II ZB 18/19,
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Der Beschluss des
Beschwerdegerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die angemeldete Eintragung kann nicht erfolgen, weil der Antragsteller
entgegen § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG nicht versichert hat, dass keine Umstände
vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 1, Satz 3
GmbHG entgegenstehen. Die in der Anmeldung enthaltene Versicherung bleibt
dahinter zurück, weil sie sich ausdrücklich auf die vor Inkrafttreten des 51. Strafrechtsänderungsgesetzes
vom 11. April 2017 (BGBl. I, S. 815) von dieser Verweisung
erfassten Straftatbestände beschränkt.
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde enthält § 6 Abs. 2
Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG keinen statischen Verweis, der sich
einzig auf die bei Inkrafttreten der Vorschrift am 1. November 2008 (Gesetz
vom 23. Oktober 2008 - MoMiG, BGBl. I, S. 2026) geltenden Straftatbestände
der §§ 263 bis 264a StGB und §§ 265b bis 266a StGB bezieht.
aa) Die Frage ist allerdings streitig. Eine Meinung geht wie das Beschwerdegericht
aufgrund insbesondere des Wortlauts von § 6 Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG davon aus, dass die Vorschrift auch auf die
durch Gesetz vom 11. April 2017 neu in das Strafgesetzbuch eingefügten Vor-
schriften der §§ 265c bis 265e StGB verweist (sog. dynamische Verweisung:
KG,
Rn. 21; Buck-Heeb in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 5. Aufl., § 6 Rn. 10;
Bünten/Kürten,
171 f.; Klingen/Rossbroich,
GesR, 5. Aufl., § 6 GmbHG Rn. 29; Paefgen in Habersack/Casper/Löbbe,
GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn. 39; Scholz/U. Schneider/S. Schneider, GmbHG,
12. Aufl., § 6 Rn. 35a). Anderer Auffassung zufolge, die insbesondere mit der
Entstehungsgeschichte von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e
GmbHG argumentiert, ist der mit Inkrafttreten des MoMiG gegebene Strafrechtsbestand
festgeschrieben worden (sog. statische Verweisung: OLG
Hamm,
73, 74 f.; Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 6 Rn. 19;
Floeth,
20. Aufl., § 6 Rn. 29; Knaier,
§ 6 Rn. 5; BeckOK GmbHG/Wisskirchen/Hesser/Zoglowek, Stand 1.3.2022, § 6
Rn. 26).
bb) Die erstgenannte Auffassung ist richtig (vgl. bereits BGH, Beschluss
vom 3. Dezember 2019 - II ZB 18/19,
Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG verweist auch auf die durch Gesetz vom
11. April 2017 neu in das Strafgesetzbuch eingefügten Vorschriften der §§ 265c
bis 265e StGB.
(1) Der Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e
GmbHG ist eindeutig. Er schließt die
diesem Befund, der auch von der Gegenauffassung nicht in Abrede gestellt
wird, bedeutete der Ausschluss dieser Vorschriften eine teleologische Reduktion
(im Ansatz zutreffend OLG Hamm,
Eine teleologische Reduktion kommt in Betracht, wenn der Wortlaut einer
Norm mit Blick auf ihren Zweck zu weit gefasst ist. Sie setzt eine verdeckte Regelungslücke
im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus.
Ob eine solche Lücke vorhanden ist, ist vom Standpunkt des Gesetzes
und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen (BGH, Urteil
vom 30. September 2014 - XI ZR 168/13,
14. August 2019 - IV ZR 279/17,
- VIII ZR 49/19,
- VIa ZR 8/21,
auch aus der weiteren Rechtsentwicklung ergeben (
(2) Diese Voraussetzungen lassen sich nicht feststellen. Damit fehlt es
an einer Rechtfertigung der Gegenauffassung. Denn wegen der Gesetzesbindung
des Richters (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG, § 1 GVG) ist eine teleologische
Reduktion nur gerechtfertigt, wenn ihre Voraussetzungen belegt sind
(vgl. Brandenburg, Die teleologische Reduktion, 1983, S. 55, 58, 60).
(a) Auf Überlegungen zu den subjektiven Vorstellungen der im Gesetzgebungsverfahren
tätigen Personen kommt es insoweit nicht an. Maßgebend
für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist vielmehr der in dieser zum Ausdruck
kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem
Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den
diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung
der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer
Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte
einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie
die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung
bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht
ausgeräumt werden können (
Davon abgesehen bewegen sich die Versuche, das Vorstellungsbild der
am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen zu ermitteln, welche Straftatbestände
nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG die
Amtsunfähigkeit des Geschäftsführers begründen können sollen, weitgehend im
Spekulativen. Es mag zwar sein, dass im Gesetzgebungsverfahren zum MoMiG
"um jeden einzelnen Straftatbestand gerungen worden ist" (Kleindiek in
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29). Letztlich sind diese Tatbestände
indes nicht, wie noch im Regierungsentwurf vorgesehen
(BT-Drucks. 16/6140, S. 6), enumerativ benannt worden (vgl. Bünten/Kürten,
zu einer Sammelverweisung ausschließlich redaktionelle Gründe hatte,
kann angesichts der Unergiebigkeit der Gesetzesmaterialien allenfalls vermutet
werden (vgl. Brand,
Was die spätere Einfügung der §§ 265c bis 265e StGB in das Strafgesetzbuch
angeht, wird der Umstand, dass sich die Gesetzesmaterialien nicht zur Amtsunfähigkeit
des Geschäftsführers verhalten, teils und bald als Beleg für den Willen
des Gesetzgebers, eine statische Verweisung zu normieren (Floeth,
Rn. 29; Wachter,
angeführt (Klingen/Krasenbrink,
dem Schweigen der Gesetzesmaterialien in keiner Richtung Belastbares entnommen
werden kann.
(b) Aus dem Sinnzusammenhang, in die die §§ 265c, 265d und 265e
StGB eingebettet sind, ergibt sich die Notwendigkeit einer einschränkenden
Auslegung von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG ebenfalls
nicht.
Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften, wie sich aus der amtlichen
Überschrift von § 265c StGB und im Übrigen ihrer systematischen Stellung im
StGB ergibt, Betrugsunrecht sanktionieren wollen (Gesetzentwurf der Bundesregierung,
BT-Drucks. 18/8831, S. 1). Der MoMiG-Gesetzgeber wiederum hat
mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG im Strafgesetzbuch
strafbewehrtes Betrugsunrecht, das mit Freiheitsstrafe von mindestens einem
Jahr bestraft worden ist, umfassend in den Amtsunfähigkeitskatalog einbeziehen
wollen. Dies steht aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift, der
jedenfalls die seinerzeit geltenden Betrugstatbestände des Strafgesetzbuchs
umfasste, auch für die Gegenauffassung außer Frage (vgl. DNotI, DNotI-Report
2017, 73, 74; Knaier,
Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren (Stellungnahme des Bundesrates
zum MoMiG, BR-Drucks. 354/07 [B], S. 9 f.) unterlegt, wonach "Personen, die
wegen (diesen) Vermögensdelikten zu hohen Strafen verurteilt worden sind, …
per se nicht geeignet (sind), den Aufgabenbereich eines Geschäftsführers auszuüben".
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lässt sich auch der
Binnensystematik von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GmbHG kein durchgreifendes
Argument für eine statische Verweisung entnehmen. Der nicht durch Straf-
gesetze unterlegte Verweis auf die Insolvenzverschleppung in § 6 Abs. 2 Satz 2
Halbsatz 1 Buchst. a GmbHG erklärt sich daraus, dass auch Verurteilungen, die
bis zum Inkrafttreten des MoMiG und damit des § 15a Abs. 4 InsO nach den bis
dahin geltenden inhaltsgleichen Straftatbeständen (
§ 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG,
(Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/6140, S. 32). Dieser
redaktionelle Grund erlaubt aber nicht den Umkehrschluss darauf, dass sich § 6
Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Buchst. e GmbHG ausschließlich auf die bei Inkrafttreten
des MoMiG geltenden Straftatbestände bezieht. Entsprechendes gilt für den
Umstand, dass § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Buchst. b GmbHG mit den "§§ 283
bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten)" im Unterschied zu
Buchst. e in Gänze auf einen Abschnitt des Strafgesetzbuchs (den 24.) verweist.
Dieser Umstand erklärt sich daraus, dass Verurteilungen nach § 265
StGB (Versicherungsmissbrauch) als selbständigem Straftatbestand im Vorfeld
des Betruges (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/9064, S. 20) und
§ 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) als bloßem Auffangtatbestand zum
Betrug (BVerfG,
können sollen. Das schloss eine Bezugnahme auf den gesamten 22. Abschnitt
(Betrug und Untreue) des Strafgesetzbuchs in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1
Buchst. e GmbHG von vornherein aus.
(c) Teleologischer Reduktionsbedarf lässt sich weiterhin nicht damit begründen,
dass die §§ 265c bis 265e StGB dem Schutz anderer Rechtsgüter als
die bei Inkrafttreten des MoMiG in Bezug genommenen Straftatbestände dienen.
Die §§ 265c bis 265e StGB sollen nach dem Willen des Gesetzgebers
zwar die Integrität des Sports schützen (Gesetzentwurf der Bundesregierung,
BT-Drucks. 18/8831, S. 10). Nicht richtig ist aber, dass sie sich auf den Schutz
dieses Rechtsguts beschränken oder der Schutz des Vermögens hinter diesem
Rechtsgut wesentlich zurücktritt (so aber DNotI,
Melchior/Böhringer,
313). Vielmehr wird Vermögensschutz in den Gesetzesmaterialien durchweg
als gleichberechtigter Gesetzeszweck benannt (Gesetzentwurf der Bundesregierung,
BT-Drucks. 18/8831, S. 10, 15, 20; zum Vermögen als mitgeschütztem
Rechtsgut eingehend BeckOK StGB/Bittmann/Großmann/Rübenstahl,
Stand: 1.5.2022, § 265c Rn. 8 ff., § 265d Rn. 7 ff.). Mit dem intendierten Vermögensschutz
ist ohne Weiteres vereinbar, dass das Handlungsunrecht der
§§ 265c, 265d StGB durch die Manipulation des Wettbewerbs durch korruptive
Absprachen zwischen Sportler oder Trainer und Vorteilsgeber geprägt ist. Ein
ein Redaktionsversehen belegender Wertungswiderspruch, der zu einer Korrektur
des Wortlauts des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG
nötigt, ist mit dem Verweis auf die §§ 265c bis 265e StGB mithin nicht verbunden
(so auch Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29).
(d) Schließlich teilt der Senat auch die verfassungsrechtlichen Bedenken
nicht, die für eine einschränkende Auslegung von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1
Nr. 3 Buchst. e GmbHG angeführt werden (so aber DNotI, DNotI-Report 2017,
73, 75; Wachter,
Die Vorschrift greift als subjektive Berufswahlregelung in den Schutzbereich
des
dem Geschäftsführeramt verbundenen erheblichen Missbrauchspotentials
(BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2019 - II ZB 18/19,
gerechtfertigt. Sowohl das durch § 265c und § 265d StGB sanktionierte Handlungsunrecht
als auch der mit diesen Vorschriften intendierte Vermögensschutz
lassen sich ohne Weiteres auf die Eignung des Geschäftsführers, fremdes
Vermögen treuhänderisch und mithin uneigennützig zu verwalten, beziehen, die
durch rechtskräftige Verurteilung widerlegt wird (Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl.,
§ 6 Rn. 21; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 6 Rn. 29). Die
Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wird durch das Erfordernis der Verurteilung zu
einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und die zeitliche Begrenzung
der Amtsunfähigkeit auf fünf Jahre nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GmbHG
gewahrt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2019 - II ZB 18/19, ZIP 2020,
73 Rn. 19).
Ein Verstoß gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot nach Art. 103
Abs. 2 GG aufgrund der Strafbewehrung von falschen Angaben in der Versicherung
(
265e StGB ebenso wenig verbunden. Das Bestimmtheitsgebot verlangt, den
Wortlaut von Strafnormen so zu fassen, dass der Normadressat im Regelfall
bereits anhand des Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift voraussehen kann, ob
ein Verhalten strafbar ist oder nicht (
mwN). Dem wird die durch
Satz 1 GmbHG in das Strafgesetz implementierte Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz
2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG gerecht. Insoweit ist unerheblich, ob der
Geschäftsführer (Liquidator, § 67 Abs. 3 GmbHG) als Adressat und Leser der
Norm, worüber er sich bei lebensnaher Betrachtung ohnehin kaum Gedanken
machen wird, nicht ohne Weiteres mit einem „dynamischen Verweis“ rechnet
(so aber DNotI,
Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG die §§ 265c bis 265e StGB zweifelsfrei
umfasst, können in der Anmeldesituation schwerlich Unklarheiten über den
Inhalt der Versicherung entstehen. Der zur Versicherung aufgerufene Geschäftsführer
(Liquidator) kann ihren Inhalt dem im Anmeldungszeitpunkt geltenden
Strafgesetzbuch entnehmen. Zweifel an dem Inhalt der Versicherung
können bei ihm allenfalls aufkommen, wenn er nicht das aktuelle, sondern das
bei Inkrafttreten des MoMiG geltende Strafgesetzbuch zu Rate zieht und die
vorstehend nachgezeichnete Diskussion über die Notwendigkeit einer teleologischen
Reduktion nachvollzieht. Die von der Rechtsbeschwerde herangezogene
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit einer Blankettstrafnorm
mit Art. 103 Abs. 2 GG (
anderen Beurteilung. Eine Verweisung auf Rechtsvorschriften eines anderen
Normgebers wie in dem dort vom Bundesverfassungsgericht überprüften
Strafgesetz ist in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG schon
nicht enthalten.
c) Soweit das Beschwerdegericht gemeint hat, die Versicherung sei auch
auf
durch ausdrückliche Benennung der §§ 265c, 265d StGB oder eine sie
einschließende Formulierung (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10,
nach diesen Vorschriften entgegenstehen, weil es sich bei
eine auf diese Straftatbestände aufbauende Vorschrift der Strafzumessung
handelt (OLG Oldenburg,
aber nicht, weil die Versicherung des Antragstellers ausdrücklich
auch die Straftatbestände der §§ 265c, 265d StGB ausnimmt (§ 74 Abs. 2
FamFG).
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:28.06.2022
Aktenzeichen:II ZB 8/22
Rechtsgebiete:
OHG
GmbH
Insolvenzrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbHG § 6 Abs. 2 S. 2