„Herausformwechsel“ einer GmbH nach Italien in die dortige Rechtsform einer S.r.l. und registerrechtliche Anforderungen
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 27.2.2017
OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 3.1.2017 - 20 W 88/15
UmwG §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 191 Abs. 2, 202 Abs. 1 Nr. 1 u. 3, Abs. 2 u. 3;
„Herausformwechsel“ einer GmbH nach Italien in die dortige Rechtsform einer S.r.l. und
registerrechtliche Anforderungen
1. Der „Herausformwechsel“ einer deutschen GmbH nach Italien in die dortige Rechtsform einer
S.r.l. ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH zu
vormals
2. Zur entsprechenden Anwendung von
durch das Registergericht auf einen derartigen „Herausformwechsel“, für den Fall, dass die
entsprechende Eintragung im Handelsregister in Rom/Italien bereits erfolgt ist.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist derzeit im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main als
Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingetragen, wobei sich deren Stammkapital nach einer
Erhöhung seit dem 14.06.2006 auf 500.000 € beläuft.
Im Handelsregister eingetragener Sitz der Beschwerdeführerin ist, wie bereits zum Zeitpunkt ihrer
Gründung, Stadt1. Dem entspricht die Fassung des letzten zum Sonderband der Registerakten
genommenen Gesellschaftsvertrages der Beschwerdeführerin in dessen § 1 (2), wo es heißt: "Die
Gesellschaft hat ihren Sitz in Stadt1 und im Rahmen der Gesetze kann sie Zweitsitze, Filialen und
Repräsentanzen - auch im Ausland - einrichten" (Bl. 208 des Sonderbandes der Registerakten).
Alleiniger im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist B.
Ausweislich der letzten im Handelsregister am 27.10.2014 aufgenommenen Gesellschafterliste
vom 21.10.2014 sind Gesellschafter der Beschwerdeführerin der zuvor genannte Geschäftsführer
mit sechs Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 421.450,00 € sowie C mit drei
Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 78.550,00 €. Zuvor wies die zum 13.06.2007 erstellte,
und im elektronischen Handelsregister einsehbare Gesellschafterliste der Beschwerdeführerin
neben den vorgenannten beiden Gesellschaftern noch die Beschwerdeführerin selbst mit drei
eigenen Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt 25.150,00 € aus, die nunmehr auch von dem
Geschäftsführer gehalten werden.
Die hier verfahrensgegenständliche Anmeldung des Geschäftsführers vom 15.09.2014, auf die
nebst ihren Anlagen Bezug genommen wird, hat im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"...
und melde zur Eintragung an:
1. § 1 (2) des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt geändert:
"§ 1 Firma, Sitz
(2) die Gesellschaft hat ihren Sitz in Rom (Italien)."
2. Die Gesellschafter wählen als italienische Rechtsform die "società a responsabilita limitata". Der
Antrag in das Handelsregister Rom wird bei einer vor dem italienischen Notar unverzüglich
abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt.
3. Die Gesellschaft wird ihre Geschäftsadresse unter folgender Anschrift in Italien haben:
Anschrift1, Rom, Italien...".
Die Anmeldung nimmt Bezug auf einen Gesellschafterbeschluss der Beschwerdeführerin vom
15.09.2014 zu Urkundenrolle Nr. .../2014 des Notars A, Stadt1, auf den Bezug genommen wird.
Ausweislich des Inhalts dieser Urkunde ist der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin für sich
selbst, aufgrund einer von einer italienischen Notarin unterschriftsbeglaubigten Vollmacht des
Mitgesellschafters C vom 11.09.2014 für diesen sowie als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin
aufgetreten und hat folgenden Beschluss gefasst:
"...
1. § 1 (2) des Gesellschaftsvertrages wird wie folgt geändert:
"§ 1 Firma, Sitz
(2) die Gesellschaft hat ihren Sitz in Rom (Italien)."
2. Die Gesellschafter wählen als italienische Rechtsform die "società a responsabilita
limitata". Der Antrag an das Handelsregister Rom wird bei einer vor dem italienischen
Notar unverzüglich abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt.
...".
Mit Schreiben vom 29.09.2014 hat eine Rechtspflegerin des Registergerichts den Notar A mit der
Bitte um Rücknahme der Anmeldung angeschrieben (Bl. 99 der Registerakten). Unter Bezugnahme
auf eine Kommentarstelle hat die Rechtspflegerin die Auffassung vertreten, der Satzungssitz
müsse ein Ort innerhalb Deutschlands sein. Des Weiteren sei eine inländische Geschäftsanschrift
anzugeben. Es werde darauf hingewiesen, dass eine grenzüberschreitende Sitzverlegung derzeit
noch nicht möglich sei.
Nachfolgend hat sodann zunächst Rechtsanwalt E mit Schreiben vom 20.09.2014 unter
Bezugnahme auf ein Telefonat mit der Rechtspflegerin des Registergerichts eine Kopie des
Ausdrucks eines Urteils des OLG Nürnberg vom 19.06.2013, Az. 12 W 520/13, an das
Registergericht übersandt (Bl. 100 ff. der Registerakten).
Mit Schreiben vom 25.09.2014 an den Notar A hat die Rechtspflegerin des Registergerichts sodann
mitgeteilt, die Entscheidung des OLG Nürnberg stelle nicht fest, dass eine grenzüberschreitende
Sitzverlegung möglich sei. Das Oberlandesgericht Nürnberg stelle vielmehr darauf ab, dass eine
grenzüberschreitende Sitzverlegung in Verbindung mit einem entsprechenden
grenzüberschreitenden Formwechsel möglich sei. Es werde die Auffassung vertreten, dass eine
grenzüberschreitende Sitzverlegung ohne Formwechsel nicht möglich sei (Bl. 109 der
Registerakten).
Daraufhin hat Rechtsanwalt E mitgeteilt, die Auffassung des Registergerichts werde geteilt, es
werde aber darauf hingewiesen, dass unter Ziffer 2 des Gesellschafterbeschlusses vom 15.09.2014
ausdrücklich die italienische Rechtsform der "Società responsabilita limitata" gewählt worden sei.
Eine grenzüberschreitende formwahrende Sitzverlegung sei daher weder beabsichtigt, noch würde
diese vom italienischen Registergericht eingetragen werden (Bl. 110 der Registerakten).
Mit Schreiben vom 30.09.2014 hat sodann eine andere Rechtspflegerin des Registergerichts in
Beantwortung dieses Schreibens mitgeteilt, dass ein Formwechsel den Vorschriften des
Umwandlungsgesetzes unterliege und eine Rechtswahl durch die Gesellschafter nicht ausreichend
sei (Bl. 111 der Registerakten).
Mit Schreiben vom 16.01.2015 hat der Notar A unter Übersendung von Anlagen ergänzend
vorgetragen (auf das Schreiben nebst Anlagen wird im Einzelnen Bezug genommen, Bl. 115 ff der
Registerakten). Er hat insbesondere mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin als F SRL am
3.11.2014 im Handelsregister in Rom eingetragen worden sei, wobei das Handelsregister in Italien
nicht bei den Amtsgerichten geführt werde, sondern bei den Industrie-, Handels-, Handwerks- und
Landwirtschaftskammern. Zum Nachweis hat er auf eine Kopie des Auszuges des "Handelsregister
Rom" vom 03.11.2014 nebst auszugsweiser beglaubigter Übersetzung Bezug genommen. Aus
Letzterer ergibt sich unter anderem folgender Eintrag:
"Eintragung Datum 03.11.2014
Änderung der Firma, vorherige Firma:
F GmbH ...
Änderung der Rechtsform, vorherige Rechtsform:
Gesellschaft, die gemäß dem Recht eines anderen Staates gegründet wurde".
Weiterhin hat er unter anderem darauf hingewiesen, dass die Gesellschafter zuvor am 30.10.2014
in Rom eine Gesellschafterversammlung abgehalten, eine Satzung nach italienischem Recht
beschlossen und den Antrag auf Eintragung in das Handelsregister Rom gestellt hätten. Hierzu hat
er auf die Kopie eines von einer italienischen Notarin aufgenommenen Protokolls dieser
Gesellschafterversammlung nebst beglaubigter Übersetzung mit entsprechender neuer Satzung
nebst beglaubigter Übersetzung Bezug genommen, aus der sich eine Beschlussfassung durch den
Mitgesellschafter C ergibt, der zum einen für sich, zum anderen aber auch als Vertreter des
Geschäftsführers der Beschwerdeführerin als deren weiterem Gesellschafter aufgetreten ist. Die
Gesellschafter hätten in der Gesellschafterversammlung vom 15.09.2014 keine
rechtsformwahrende Sitzverlegung "beantragt", sondern mit dem Antrag auf Sitzverlegung nach
Rom auch die Umwandlung der Beschwerdeführerin in die italienische, der GmbH entsprechenden
Rechtsform der Società Responsabilità Limitata (SRL) beschlossen. Die Ansicht des
Registergerichts verletze Artikel 49 und 54 AEUV. Auszugehen sei von der "Vale"-Entscheidung des
EuGH vom "12. 17.2012 C-378/10". Dort halte der EuGH letztlich fest, dass mangels
unionsrechtlicher Vorschriften für das Eintragungsverfahren das Recht des Aufnahmemitgliedstaats
für die Eintragung anzuwenden sei. Vorliegend sei spätestens durch die Eintragung bei dem
Handelsregister Rom ein eventueller Mangel im Verfahren der Rechtsordnung des
Herkunftsmitgliedstaates (Deutschland) geheilt. Ansonsten ergebe sich eine von der
Rechtsordnung nicht zu billigende "Doppelung" der Rechtsidentität.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.02.2015 - auf den Bezug genommen wird (Bl. 121 f der
Registerakten) - hat wiederum eine andere Rechtspflegerin des Registergerichts die Anmeldung
vom 15.09.2014, "nach der die grenzüberschreitende Sitzverlegung" eingetragen werden solle,
zurückgewiesen.
Die Gesellschaft habe die grenzüberschreitende Sitzverlegung nach Rom (Italien) beantragt. Trotz
der Hinweisschreiben des Registergerichts habe sie bisher keine Anmeldung unter Anwendung der
formwechselnden Vorschriften,
Schreiben vom 16.01.2015 nunmehr klargestellt, dass keine rechtsformwahrende Sitzverlegung
beantragt worden sei, sondern ein Antrag auf Sitzverlegung nach Rom unter gleichzeitiger
Umwandlung der Gesellschaft in eine italienische GmbH gestellt worden sei. Dabei nehme die
Gesellschaft Bezug auf den Beschluss vom 15.09.2014, aus dem der Beschluss der Gesellschafter
über den Formwechsel ersichtlich sein solle. In diesem Beschluss sei jedoch lediglich die
grenzüberschreitende Sitzverlegung beschlossen worden. Eine weitere Bezugnahme auf das UmwG
gehe aus diesem nicht hervor. Weiterhin stelle die Gesellschaft auf die Entscheidung des EuGH zur
Sache "Vale" ab. Der EuGH habe dort entschieden, dass die Niederlassungsfreiheit gegeben sein
müsse. Allerdings habe er auch klargestellt, dass mangels Unionsvorschriften die Anwendung
zweier nationaler Rechtsordnungen erforderlich sei, zum einen die Rechtsordnung des
Zuzugsstaats und zum anderen die Rechtsordnung des Wegzugsstaats, also hier die
umwandlungsrechtlichen Vorschriften von Luxemburg (gemeint wohl Italien) und Deutschland. Der
EuGH stelle in der Hauptsache jedoch auch klar, dass Umwandlungsvorschriften gleichermaßen
gelten müssten, das heißt für den Wegzug gleiche Vorschriften gelten müssten, wie für den Zuzug.
Daher ergebe sich auch bei dem Wegzug aus Deutschland die Prüfung der formwechselnden
Umwandlung, worauf die Gesellschaft mehrfach hingewiesen worden sei. Die "Vale-Entscheidung"
des EuGH sei hier im Grundsatz im Übrigen gar nicht anzuwenden, da hier nicht der Fall vorliege,
dass sich der Zuzugsstaat weigere, eine Eintragung vorzunehmen. Im Gegenteil, eine Eintragung
sei in Rom wohl schon erfolgt. Auch gebe es keine Rechtsgrundlage, nach der ausländische
Eintragungen den Mangel nach deutschem Recht heilen könnten.
Gegen diesen, dem Notar A am 06.02.2015 zugestellten Beschluss, hat dieser mit Schreiben an
das Registergericht vom 06.03.2015 - dort eingegangen am selben Tag - Beschwerde eingelegt,
auf die wegen ihrer Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 127 ff der
Registerakten).
Es sei eindeutig, dass die Gesellschafter mit dem Beschluss vom 15.09.2014 die ursprüngliche
Rechtsform der GmbH nicht behalten wollten und daher keine rechtsformwahrende Sitzverlegung -
wie dies die Rechtspflegerin offensichtlich vertrete - beabsichtigt hätten. Der EuGH habe in der
"Vale-Entscheidung" den Äquivalenz-Grundsatz bestätigt, nach dem die Modalitäten, die den
Schutz der den Rechtssuchenden aus dem Unionsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollten,
zwar Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaates seien, aber nicht
ungünstiger sein dürften als diejenigen, die gleichartige innerstaatliche Sachverhalte regeln
würden. Hätte "ein deutsches Handelsgericht die Gesellschaft eingetragen, obwohl Vorschriften des
Umwandlungsgesetzes nicht beachtet worden wären, wäre gem. § 202 Abs. 1 S. 3
Umwandlungsgesetz dieser Mangel durch die Eintragung geheilt". Die Weigerung, die
Beschwerdeführerin aus dem deutschen Handelsregister auszutragen und somit das
Registergericht Rom anders zu behandeln, als ein deutsches Registergericht, sei mit den
Artikeln 49 und 54 AEUV nicht vereinbar. Richtig sei, dass der EuGH klargestellt habe, dass die
Anwendung zweier nationaler Rechtsordnungen erforderlich sei; im dortigen Fall habe sich aber der
Aufnahmestaat geweigert, die Gesellschaft einzutragen, weil Voraussetzungen des nationalen
Rechts des Aufnahmestaates nicht erfüllt worden seien. Der EuGH erkenne das Recht des
Aufnahmestaates an, die Voraussetzungen für einen Zuzug/Sitzverlegung zu regeln, sie dürften
aber Gesellschaften eines anderen Mitgliedstaates nicht behindern. Anders sei der Fall hier: hier
habe der Aufnahmestaat die Sitzverlegung vorgenommen. Eine unionsfreundliche Auslegung der
nicht behindern oder erschweren dürfe, zudem - wie in diesem Fall - keine schutzbedürftigen
Dritten (beispielsweise Gläubiger oder Arbeitnehmer) im Inland vorhanden seien.
Mit Beschluss vom 10.03.2015 hat die Rechtspflegerin des Registergerichts der Beschwerde aus
den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen, und sie hat diese zur Entscheidung
dem Oberlandesgericht vorgelegt (Bl. 133 der Registerakten).
II.
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht
erhoben worden. Der Senat geht dabei davon aus, dass die von dem Notar A eingelegte
Beschwerde, aus der sich nicht eindeutig ergibt, in wessen Namen sie eingelegt worden ist, nicht
in dessen eigenen Namen eingelegt wurde, was zur Unzulässigkeit der Beschwerde geführt hätte,
sondern im Namen der von der Zurückweisung der Anmeldung vom 15.09.2014 alleine in ihren
Rechten betroffenen Beschwerdeführerin.
Die Beschwerde führt auch zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Registergerichts
vom 02.02.2015. Die von der Rechtspflegerin des Registergerichts angeführten Gründe für die
Zurückweisung der Anmeldung vom 15.09.2014 tragen diese nicht. Das Registergericht wird daher
nunmehr erneut über die Anmeldung vom 15.09.2014 unter Beachtung der nachfolgenden
Rechtsausführungen des Senats in diesem Beschluss zu entscheiden haben.
Soweit mit dem angefochtenen Beschluss des Registergerichts jedenfalls ausweislich seines Tenors
die "Anmeldung vom 15.09.2014, nach der die grenzüberschreitende Sitzverlegung eingetragen
werden soll" zurückgewiesen worden ist, umfasst dieser Tenor für sich genommen nicht den
vollständigen Inhalt der zurückgewiesenen Anmeldung vom 15.09.2014.
Eine Handelsregisteranmeldung ist als Verfahrenshandlung der Auslegung zugänglich. Sie ist
lediglich die Grundlage der vom Registergericht vorzunehmenden Eintragung im Handelsregister.
Diesen Anforderungen wird eine Anmeldung gerecht, wenn sie die einzutragende Tatsache
eindeutig und vollständig bezeichnet. Die Anmeldung muss deshalb nicht zwingend einen
bestimmten Wortlaut haben. Insbesondere ist der Anmeldende nicht verpflichtet, eine Anmeldung
vorzulegen, die mit dem Wortlaut der im Register vorzunehmenden Eintragung deckungsgleich ist
oder so abgefasst ist, dass der Anmeldungstext ohne Änderung in das Handelsregister
übernommen werden kann. Die Formulierung der Eintragung im Register ist vielmehr
ausschließlich Sache des Registergerichts (vgl. insgesamt u.a. Krafka/Kühn, Registerrecht, 9.
Auflage, 213, Rn. 76 m.w.N. zur insoweit, soweit ersichtlich, einhelligen Rechtsprechung; siehe
auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.11.2014, Az. 12 W 2217/14, zitiert nach juris, m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben genügt die Anmeldung hier den an sie zu stellenden Anforderungen. In
Ziffer 2. dieser Anmeldung ist neben der in Ziffer 1. angemeldeten Sitzverlegung nach Rom
(Italien) nämlich ausdrücklich formuliert, dass die Gesellschafter als italienische Rechtsform die
"società a responsabilità limitata" wählen und der Antrag in das Handelsregister Rom bei einer vor
dem italienischen Notar unverzüglich abzuhaltenden Gesellschafterversammlung gestellt wird.
Daraus wird ohne Weiteres deutlich, dass für die Beschwerdeführerin nicht lediglich eine
rechtsformwahrende Sitzverlegung nach Italien angemeldet werden sollte, sondern vielmehr ein
mit der Sitzverlegung verbundener Rechtsformwechsel von einer deutschen Gesellschaft mit
beschränkter Haftung (GmbH) in eine italienische Societa a responsibilità limitata (nachfolgend:
S.r.l.), also die italienische Parallelform zur deutschen GmbH (vgl. zu Letzterem: Lutter/Bayer
/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2012, § 11, Rn. 6).
Entgegen der in Absatz 1 der Gründe des angefochtenen Beschlusses geäußerten Auffassung des
Registergerichts liegt also gerade die Anmeldung eines mit einer Sitzverlegung verbundenen
Rechtsformwechsels vor.
Soweit das Registergericht dann in Absatz 2 der Gründe seines angefochtenen Beschlusses darauf
hinweist, "mit Schreiben vom 16.01.2015" sei "nunmehr klar, dass keine rechtsformwahrende
Sitzverlegung beantragt wurde, sondern ein Antrag auf Sitzverlegung nach Rom unter
gleichzeitiger Umwandlung der Gesellschaft in eine italienische GmbH", demgegenüber jedoch in
dem Gesellschafterbeschluss vom 15.09.2014 ein Formwechsel nicht ersichtlich sei, sondern
lediglich die grenzüberschreitende Sitzverlegung beschlossen worden sei, kann auch dem nicht
gefolgt werden. Der besagte Gesellschafterbeschluss vom 15.09.2014 entspricht vielmehr
inhaltlich der Anmeldung und ist schon seinem Wortlaut nach als ein Beschluss über den mit der
Sitzverlegung beschlossenen Wechsel der Rechtsform von einer deutschen GmbH in eine
italienische S.r.l. zu verstehen. Darauf, dass bei der Beschlussfassung tatsächlich keine
ausdrückliche Bezugnahme auf das Umwandlungsgesetz erfolgt ist, worauf das Registergericht in
diesem Zusammenhang hinweist, kommt es im Rahmen der Auslegung des Beschlusses nicht an.
Somit geht es vorliegend also nicht um den Fall einer formwahrenden Sitzverlegung einer
deutschen GmbH in das EU-Ausland, die nach heute noch immer herrschender Auffassung
unzulässig sein soll, was auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu
CARTESIO (Urteil vom 16.12.2008, Az. C-210/06, zitiert nach juris, Rn. 124) gedeckt werde,
wonach der Niederlassungsfreiheit Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates nicht entgegenstünden,
die es einer nach dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft verwehren,
ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft
des nationalen Rechts des Mitgliedstaats, nach dessen Recht sie gegründet wurde, zu behalten
(vgl. u.a. Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., 2017, § 4a, Rn. 9, m.w.N.; Bayer in
Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., 2016, § 4a, Rn. 17, m.w.N.; Goette,
auch die vielfältigen Nachweise bei Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., 2015, § 4a, Rn. 22,
23).
Im Hinblick darauf, dass mit der Sitzverlegung nach Italien also auch der Wechsel in die dort als
Rechtsform anerkannte S.r.l verbunden sein soll, kann der Gesellschafterbeschluss über die
Sitzverlegung in das Ausland somit auch nicht als Auflösungsbeschluss der Beschwerdeführerin -
mit den entsprechenden Folgen einer Abwicklung - ausgelegt werden (vgl. hierzu Jaeger in
Beck'scher Online-Kommentar GmbHG, Stand 01.08.2016, § 4a, Rn. 9a m.w.N.; siehe auch die
Nachweise bei Roth, a.a.O., Rn. 23); dies hat aber auch das Registergericht bislang jedenfalls nicht
ausdrücklich angenommen.
Weiterhin ist davon auszugehen, dass auch der vorliegende "Wegzugsfall" bzw.
"Herausformwechsel" einer deutschen GmbH nach Italien als Mitgliedsland der Europäischen
Union, bei dem es sich - wie gesagt - nicht um eine Sitzverlegung unter Wahrung ihrer Identität
als deutsche GmbH, sondern um einen mit der Sitzverlegung verbundenen Formwechsel durch
Wahl der Rechtsform der italienischen S.r.l. handelt, trotz der Regelungen in § 1 Abs. 1
Nr. 4 UmwG, bzw.
Rechtsträger mit Sitz im "Inland" durch Formwechsel umgewandelt werden können, bzw. der auf
deutsche Rechtsträger bezogene Kanon der Rechtsträger, die nur Rechtsträger neuer Rechtsform
sein können, sind nämlich unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH unionsrechtskonform im
Sinne einer derartigen Möglichkeit auszulegen (vgl. u.a. Decher/Hoger in Lutter, UmwG, 5. Aufl.,
2014, Vor § 190, Rn. 40; Bayer in Lutter/Hommelhoff, a.a.O.; Bayer/Schmidt,
1491; Drinhausen in Semler/Stengel, UmwG, 3. Aufl.,2012, Einleitung C, Rn. 33; zur
unionsrechtskonformen Auslegung auch bereits OLG Nürnberg im Zusammenhang mit einer
Entscheidung zu einem "Hereinformwechsel" einer Gesellschaft mit beschränktem Recht nach
luxemburgischen Recht nach Deutschland, Beschluss vom 19.06.2013, Az. 12 W 520/13, Rn. 35,
zitiert nach juris; zur systematischen Herleitung der unionsrechtskonformen Auslegung vgl.
Hübner, IPrax 2015, 134, ff, 136 m.w.N.; für die grundsätzliche Zulässigkeit der
identitätswahrenden "Herausumwandlung" innerhalb der EU-(EWR) Mitgliedsstaaten u.a. auch
Bungert/de Raet,
2009, 58 ff, 60; Fastrich, a.a.O., Rn. 10; Roth a.a.O., Rn. 50a; Kallmeyer in Kallmeyer, UmwG, 4.
Aufl., 2010, § 1, Rn. 12; Wicke,
Kindler,
§ 1, Rn. 55; Schön,
Rn. 14; Quass in Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, 2008, §190, Rn. 12 und OLG München,
Beschluss vom 04.10.2007, Az. 31 Wx 36/07, zitiert nach Beck-Online, wenn es im Rahmen der
dort beurteilten Sitzverlegung von Deutschland nach Portugal erklärt, eine identitätswahrende
Auswanderung einer Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht sei nicht zulässig und dies gelte
unabhängig davon, ob sie die Rechtsform der GmbH nach deutschem Recht beibehalten wolle oder
- wie dort - eine entsprechende Rechtsform nach dem Recht des Zuzugsstaats annehmen wolle;
insoweit dürfte allerdings von erheblicher Bedeutung sein, dass diese Feststellungen des OLG
München sogar noch vor dem Urteil des EuGH zu CARTESIO getroffen wurden).
Der EuGH hat zunächst bereits in seinem Urteil zu SEVIC (Urteil vom 13.12.2005, Az. C-411/03,
Rn. 19, zitiert nach juris) dargelegt, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen wie andere
Gesellschaftsumwandlungen den Zusammenarbeits- und Umgestaltungsbedürfnissen von
Gesellschaften mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten entsprechen. Diese stellen nach den
weiteren Ausführungen des EuGH besondere, für das reibungslose Funktionieren des
Binnenmarktes wichtige Modalitäten der Ausübung der Niederlassungsfreiheit dar und gehören
damit zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten, hinsichtlich deren die Mitgliedstaaten die
Niederlassungsfreiheit nach
dann ausdrücklich in seinem Urteil vom 12.07.2012 zu VALE (Az.C-378/10, zitiert nach juris,
Rn. 24) Bezug genommen und bestätigt, dass Umwandlungen von Gesellschaften grundsätzlich zu
den wirtschaftlichen Tätigkeiten gehören, hinsichtlich deren die Mitgliedstaaten die
Niederlassungsfreiheit beachten müssen.
Weiterhin hat der EuGH in seinem Urteil zu CARTESIO (a.a.O., Rn. 111 - 113) - wenn auch wohl
nur in Form eines obiter dictums - dargelegt, dass der Fall einer Sitzverlegung einer nach dem
Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat ohne Änderung
des für sie maßgeblichen Rechts von dem - auch hier vorliegenden - Fall zu unterscheiden ist, dass
eine Gesellschaft aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat unter Änderung des
anwendbaren nationalen Rechts verlegt und dabei in eine dem nationalen Recht des zweiten
Mitgliedstaats unterliegende Gesellschaftsform umgewandelt wird. In dem letztgenannten Fall kann
nach den Darlegungen des EuGH die Befugnis eines Mitgliedstaats, die Anknüpfung zu bestimmen,
die eine Gesellschaft aufweisen muss, um nach seinem innerstaatlichen Recht als gegründet
angesehen werden und damit in den Genuss der Niederlassungsfreiheit gelangen zu können, als
auch die Anknüpfung, die für den Erhalt dieser Eigenschaft verlangt wird, es nicht rechtfertigen,
dass der Gründungsmitgliedstaat die Gesellschaft dadurch, dass er ihre Auflösung und Liquidation
verlangt, daran hindert, sich in eine Gesellschaft nach dem nationalen Recht dieses anderen
Mitgliedstaats umzuwandeln, soweit dies nach diesem Recht möglich ist. Ein solches Hemmnis für
die tatsächliche Umwandlung - ohne vorherige Auflösung und Liquidation - einer solchen
Gesellschaft in eine Gesellschaft des nationalen Rechts des Mitgliedstaats, in den sie sich begeben
möchte, stellt danach eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Gesellschaft
dar, die, wenn sie nicht zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht, nach
verboten ist.
Auch wenn der EuGH in der oben bereits zitierten Entscheidung zu VALE (a.a.O) den
Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit bei einer grenzüberschreitenden Umwandlung aus
der Sicht des Rechts des Zuzugsstaats - dort also des ungarischen Rechts - zu beurteilen hatte,
setzen die dortigen Ausführungen des EuGH denknotwendigerweise voraus, dass auch der Wegzug
aus dem Gründungsstaat zur Vornahme einer grenzüberschreitenden Umwandlung grundsätzlich
unter Berücksichtigung der Niederlassungsfreiheit zu beurteilen ist. Diese Niederlassungsfreiheit ist
dann bei der nach den weiteren Darlegungen des EuGH zu VALE erforderlichen sukzessiven
Anwendung von zwei nationalen Rechtsordnungen zu beachten. Der EuGH hat zu VALE weiterhin
dargelegt, dass das abgeleitete Unionrecht derzeit keine speziellen Vorschriften für
grenzüberschreitende Umwandlungen enthalte - auch wenn solche Vorschriften zur Erleichterung
grenzüberschreitender Umwandlungen gewiss hilfreich wären -, deren Existenz jedoch keine
Vorbedingung für die Umsetzung der in
sein könne. Daraus folgt für den EuGH zu VALE, dass die eine grenzüberschreitende Umwandlung
ermöglichenden Bestimmungen nur im nationalen Recht zu finden sein können, und zwar im Recht
des Herkunftsmitgliedstaats, dem die Gesellschaft unterliegt, die eine Umwandlung vornehmen
möchte, und dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats, dem die Gesellschaft nach der Umwandlung
unterliegen wird. Weiterhin hat der EuGH zu VALE dargelegt, dass der Rechtssuchende ein durch
die Unionsrechtsordnung verliehenes Recht hat, eine grenzüberschreitende Umwandlung
vorzunehmen, deren Durchführung mangels Unionsregeln von der Anwendung des nationalen
Rechts abhängt. Dabei lassen sich nach den Darlegungen des EuGH zu VALE aus den Art. 49 und
54 AEUV zwar keine genauen Regeln ableiten, die an die Stelle der nationalen Vorschriften treten
könnten, doch sei deren Anwendung nicht jeder Kontrolle anhand der
entzogen. Zwar weist der EuGH zu VALE auf seine ständige Rechtsprechung hin, wonach die
Modalitäten, die den Schutz der den Rechtssuchenden aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte
gewährleisten sollen, in vielen Bereichen mangels einer einschlägigen Unionsregelung die Sache
der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind. Diese Modalitäten dürfen nach
seinen weiteren Ausführungen jedoch nicht ungünstiger sein, als diejenigen, die gleichartige
innerstaatliche Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die
Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig
erschweren (Effektivitätsgrundsatz).
Unter Berücksichtigung der genannten Urteile des EuGH unterliegt es somit keinem Zweifel, dass
eine unionsrechtskonforme Rechtsanwendung dazu führt, dass auch der vorliegende
"Herausformwechsel" nach Italien wegen des durch Art. 49 und 54 des Vertrages über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; vormals
Kapitalgesellschaft abgesicherten Rechts auf freie Niederlassung dem Grunde nach zulässig ist.
Dem steht hier auch nicht entgegen, dass es sich bei dem vorliegenden "Herausformwechsel" einer
deutschen GmbH in eine italienische S.r.l. genau genommen nicht um einen Formwechsel im Sinne
des deutschen Umwandlungsrechts handelt, bei dem ein Formwechsel einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung in eine andere Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht vorgesehen ist.
Wenn schon ein "rechtsforminkongruenter Herausformwechsel" dem Grund nach zulässig ist, kann
für einen "rechtsformkongruenten Herausformwechsel" a maiore ad minus nichts anders gelten,
zumal der EuGH ja gerade einen derartigen Fall eines "rechtsformkongruenten" Formwechsels
einer italienischen S.r.l. in eine ungarische Kft, also in die ungarische Parallelform zur GmbH, in
seinem Urteil zu VALE entschieden hat (vgl. Bayer/Schmidt, a.a.O., S. 1488 f; vgl. auch Kindler,
a.a.O., 890).
Dass bislang weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber die oben dargelegten
Ausführungen des EuGH zu SEVIC, CARTESIO und VALE zum Anlass genommen haben, dafür
Sorge zu tragen, dass dem somit grundsätzlich zulässigen "Herausformwechsel" eine Gestalt in
Form von entsprechenden und aufeinander abgestimmten Verfahrensnormen gegeben wurde, die
zu einer für die Beteiligten, aber auch für die befassten Registergerichte oder Registerstellen
erforderlichen Rechtssicherheit hätte führen können, ändert an der Zulässigkeit des
"Herausformwechsels" nichts (zum Stand der allgemein und - wie auch der vorliegende Fall zeigt -
zu Recht als dringend angemahnten Maßnahmen im Rahmen einer "Sitzverlegungsrichtlinie" bzw.
von Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers vgl. u.a. Bungert/de Raet, a.a.O., 762, 763;
Fastrich, a.a.O., Einl. Rn. 34; Teichmann,
a.a.O., Rn. 18; Bayer/Schmidt, a.a.O. 1491, 1492). Der EuGH hat insoweit - wie oben bereits
dargelegt - zu VALE (a.a.O., Rn. 38) zu Recht ausdrücklich dargelegt, dass die Existenz derartiger
Normen gerade keine Vorbedingung für die Umsetzung der in
Niederlassungsfreiheit sein könne.
Allerdings hat der EuGH zu VALE (a.a.O., Rn. 37, 43, 44) für die Vornahme einer
grenzüberschreitenden Umwandlung in Kenntnis des Umstandes, dass es auch in dem von ihm
entschiedenen Fall an entsprechenden den grenzüberschreitenden Formwechsel regelnden
Richtlinien oder Gesetzen mangelte, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die
grenzüberschreitende Umwandlung die sukzessive Anwendung von zwei nationalen
Rechtsordnungen erfordert, also des Rechts des Herkunftsmitgliedstaats, dem die Gesellschaft
unterliegt, die eine Umwandlung vornehmen möchte und des Rechts des Aufnahmemitgliedstaats,
dem die Gesellschaft nach der Umwandlung unterliegen wird. Diese Feststellung des EuGH
bestätigt das, was auch überwiegend in der deutschen Literatur vertreten und dort teilweise
ausdrücklich als kollisionsrechtliche "Vereinigungstheorie" bezeichnet wird, nach der sowohl das
Recht des Wegzugsstaats- als auch des Zuzugsstaats anzuwenden ist (vgl. zu dieser Begrifflichkeit
u.a. Mayer in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Aufl., 2015, § 4a, Rn. 66b; Schön, a.a.O.,
361; Bayer/Schmidt, a.a.O., 1490; Hörtnagl, a.a.O., Rn. 58 ff m.w.N.). Dabei können die
betroffenen Registergerichte oder -behörden jeweils allerdings nur auf das eigene Recht
zurückgreifen, das jedoch europarechtskonform auszulegen ist.
Wegen des danach auf deutscher Seite insoweit anwendbaren Rechts, das - wie gesagt - noch
immer keine speziellen Verfahrensregeln für den vorliegenden "Herausformwechsel" normiert hat,
wird überwiegend abgestellt auf eine entsprechende oder gar direkte Anwendung der - mangels
Anwendbarkeit des ausländischen Rechts des Zielortes - nur in Frage kommenden deutschen
Regelungen über den Formwechsel in §§ 190 ff UmwG, teilweise auch ergänzt oder ersetzt durch
die Regelungen in § 122a ff UmwG zur grenzüberschreitenden Verschmelzung oder in §§ 12 ff
SEAG zur Sitzverlegung einer SE, jedenfalls soweit den genannten Bestimmungen keine
transnationalen Besonderheiten entgegenstehen, aber auch auf
oder Art. 7 SCE-VO (vgl. im Einzelnen zu den verschiedenen Ansätzen u.a. Decher/Hoger, a.a.O.,
§ 190, Rn. 39 f; Bayer in Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Rn. 17; Teichmann, DB, 2012, 2085 ff,
2089 ff; Schön, a.a.O., 361 ff; Kindler, a.a.O., 890, 892; Bayer/Schmidt, a.a.O., 1488 ff, 1491;
Wicke, a.a.O., 1758 f; Verse, ZEuP, 2013, 459 ff, 484 ff; Roth, a.a.O., Rn. 50a; Hübner, a.a.O.,
138 f; Bungert/de Raet, a.a.O., 764 f; das OLG Nürnberg geht in seinem Beschluss vom
19.06.2013, a.a.O., Rn. 34, unter Berufung auf Krafka/Kühn, a.a.O., Rn.1211e von einer
europarechtskonformen Anwendung der
Anwendung der §§ 190 ff UmwG: Neye,
520/13]).
Dabei steht einer analogen Anwendung der Bestimmungen des UmwG jedenfalls das in § 1
Abs. 2 UmwG für das deutsche Recht geregelte Analogieverbot nicht entgegen, da auch insoweit
die im Unionsrecht normierte Niederlassungsfreiheit Vorrang gegenüber dem inländischen
Analogieverbot hat (vgl. u.a. Behrens/Hoffmann in Ulmer/Habersack/Löbbe, Großkommentar zum
GmbHG, 2013, Einl. B., B 152; Hörtnagl, a.a.O., Rn. 58; Drinhausen in Semler/Stengel, a.a.O.,
Einleitung C, Rn. 34).
Damit die nach Ansicht des Senats - wie oben bereits dargelegt - auch für den vorliegenden
"Herausformwechsel" geltende Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union letztlich
nicht mangels Fehlens jeglicher entsprechender Verfahrensvorschriften faktisch in die Leere läuft,
hält der Senat - soweit das deutsche Registergericht durch das Verfahren des
"Herausformwechsels" betroffen ist - zumindest einen Rückgriff auf die zuvor genannten
Regelungen des UmwG in §§ 190 ff UmwG für zulässig, wobei im Einzelfall eine
europarechtskonforme entsprechende Anwendung geboten ist.
Dem Grundsatz nach ist dem Registergericht vorliegend also beizupflichten, wenn es in seinem
angefochtenen Beschluss darlegt, dass auch bei einem "Wegzug" aus Deutschland eine "Prüfung
der formwechselnden Umwandlung" erfolgt.
Der Senat teilt jedoch die Ansicht des Registergerichts nicht, wonach die von ihm - trotz des
lediglich in einfacher Kopie übersandten "Auszuges des Handelsregister Rom vom 03.11.2014" -
bislang nicht weiter in Frage gestellte Eintragung der Beschwerdeführerin im Handelsregister in
Rom/Italien bei der von ihm vorzunehmenden Prüfung der "Herausumwandlung" ohne Bedeutung ist.
Vielmehr sind bei einer europarechtskonformen Auslegung der entsprechenden deutschen
Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes nach Ansicht des Senats für das deutsche
Registerverfahren auch die hier maßgeblichen in § 202 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 und
Abs. 3 UmwG normierten Regelungen entsprechend anzuwenden (so bezüglich des
Bestandsschutzes bei einer Eintragung entsprechend
a.a.O., § 202, Rn. 55; so jedenfalls bezüglich der Anwendung von
Krafka/Kühn, a.a.O., Rn. 1211d). Wenn man, wie bislang wohl das Registergericht, von einer
Eintragung der Beschwerdeführerin im Handelsregister in Rom/Italien ausgeht, würde eine
Nichtanwendung dieser Regelungen dazu führen, dass die dort normierten Rechtsfolgen nur
deswegen nicht zum Tragen kämen, weil es sich bei dem Handelsregister in Rom/Italien nicht um
ein Handelsregister eines deutschen Registergerichts handelt. Eine derartige selektive Anwendung
der deutschen Regelungen zum Umwandlungsrecht, die unterschiedliche Rechtsfolgen an die
Eintragung im neuen Register knüpfen würde, je nachdem, ob es sich um den Fall eines
innerstaatlichen Formwechsels handeln würde oder aber um einen gleichartigen Fall eines
innerhalb der Europäischen Union erfolgenden "Herausformwechsels", würde im Ergebnis zu einer
Benachteiligung der Beschwerdeführerin führen, die mit dem Äquivalenzgrundsatz nicht vereinbar wäre.
Allerdings können nach dem EuGH zu VALE (a.a.O., Rn. 39) zwingende Gründe des
Allgemeininteresses, wie der Schutz der Interessen von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern
und Arbeitnehmern sowie die Wahrung der Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen und der Lauterkeit
des Handelsverkehrs die Niederlassungsfreiheit dann einschränken, wenn eine solche Maßnahme
zur Erreichung der verfolgten Ziele geeignet ist und nicht über das hinausgeht, was zu ihrer
Erreichung erforderlich ist. An diesem Maßstab sind dann bei der erforderlichen
europarechtskonformen Auslegung auch die auf den "Herausformwechsel" im Einzelnen
angewendeten deutschen Normen zu messen.
Vorliegend geht es aber gerade nicht um die Frage, welche Normen des deutschen Rechts zum
Schutz der genannten Rechte und Ziele bei einem "Herausformwechsel" grundsätzlich Anwendung
finden können. Dabei handelt es sich beispielsweise um solche Normen - deren Anwendung
teilweise in der Literatur ausdrücklich als nicht der Niederlassungsfreiheit entgegenstehend
angesehen werden (so u.a. Behrens/Hoffmann, a.a.O., B 163; Wicke, a.a.O., 1758 m.w.N.;
Teichmann, ZIP 2009, a.a.O. 402 f; Jaeger, a.a.O., Rn. 9a) - die den Gläubigerschutz
gewährleisten sollen (
oder aber den Schutz der (Minderheits-) Gesellschafter durch den Abschluss eines
Umwandlungsbeschlusses nach
mit der Eintragung im neuen Register der formwechselnden Gesellschaft verbunden sind.
Besondere Gründe, die dabei eine unterschiedliche Behandlung des "Herausformwechsels"
gegenüber dem innerstaatlichen Rechtsformwechsel zwingend erforderlich machen würden, sieht
der Senat jedoch nicht.
Ohne, dass es noch darauf ankäme, kommt hinzu, dass - wie gesagt - de lege lata im deutschen
Recht die formwechselnde "Herausumwandlung" überhaupt nicht vorgesehen ist und der EuGH
jedenfalls in seinen Urteilen zu SEVIC (a.a.O., Rn. 30) und dann auch zu VALE (a.a.O., Rn 40) -
allerdings jeweils zur "Hereinverschmelzung" bzw. "Hereinumwandlung" - festgestellt hat, dass
dann, wenn in einem Mitgliedstaat die Eintragung einer Verschmelzung bzw. einer
grenzüberschreitenden Umwandlung generell verweigert werde, diese auch dann nicht erfolgen
könnten, wenn die zur Einschränkung der Niederlassungsfreiheit berechtigenden Interessen nicht
bedroht seien, was dazu führe, dass dies über das hinausgehe, was zur Erreichung des Schutzes
der genannten Interessen erforderlich sei.
Somit wird das Registergericht im vorliegenden Fall, jedenfalls soweit es bei seiner bisher wohl
nicht in Frage gestellten Annahme einer Eintragung der Beschwerdeführerin im Handelsregister in
Rom/Italien bleibt, für sein weiteres Verfahren davon auszugehen haben, dass die
Beschwerdeführerin mit der erfolgten neuen Eintragung in der neuen Rechtsform als S.r.l. des
italienischen Rechts weiterbesteht (entsprechend
Weiterhin wird das Registergericht ausgehend von der Annahme der Eintragung im Handelsregister
in Rom/Italien davon auszugehen haben, dass auch der Umstand eines fehlenden
Umwandlungsberichts - dessen Verzicht dem Inhalt der vorgelegten Gesellschafterbeschlüsse
schon nicht eindeutig zu entnehmen ist, unabhängig von der Frage, ob insoweit auch die
Beurkundung des weiteren Beschlusses vom 30.10.2014 durch eine italienische Notarin im Hinblick
auf
Wirkungen der Eintragung im neuen Register unberührt lässt (entsprechend § 202 Abs. 3 bzw. 202
Abs. 1 Nr. 3 UmwG).
Nichts anderes gilt dann auch für den bislang nicht sämtliche in
Anforderungen erfüllenden Umwandlungsbeschluss und auch für die Frage, ob die Vollmacht des
Gesellschafters C vom 11.09.2014 zur Vornahme des beschlossenen Formwechsels ausreichte,
bzw. wenn nicht, ob der von diesem dann am 30.10.2014 selbst beschlossene Formwechsel - trotz
der Beurkundung durch eine italienische Notarin und als entsprechende Bestätigung des
Beschlusses vom 15.09.2014 - das Formerfordernis einer notariellen Beurkundung in vorliegendem
Kontext erfüllen würde (
Letztlich kann vorliegend auch nicht von einem fehlenden Beschluss über den
"Herausformwechsel" oder einem sogenannten "Nichtbeschluss" ausgegangen werden, bei denen
auch nach deutschem Recht von vorneherein ein Bestandschutz nicht bestehen soll (vgl. hierzu
u.a. Decher/Hoger, a.a.O., Rn. 55 m.w.N.).
Somit kann das Registergericht - ausgehend von der von ihm bislang nicht in Frage gestellten
Eintragung im Handelsregister in Rom/Italien - die Eintragung der formwechselnden Umwandlung
der Beschwerdeführerin unter Errichtung der F S.r.l. mit dem Sitz in Rom unter gleichzeitiger
Rötung des Registerblattes der Beschwerdeführerin nicht aus den von ihm genannten Gründen
zurückweisen.
Lediglich vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der Senat nicht zu klären hatte, ob die
Anwendung der Niederlassungsfreiheit die "tatsächliche Ansiedelung" der Beschwerdeführerin und
die "Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit" in Italien voraussetzt (vgl. EuGH zu
VALE, a.a.O., Rn. 34, 35 und zum Streitstand in der hierzu uneinheitlichen Literatur Schön, a.a.O.,
358 ff) und auch nicht, ob, ein derartiges Erfordernis angenommen und dessen Fehlen unterstellt,
dies trotz der von dem Senat bejahten entsprechenden Anwendung von § 202 Abs. 1 Nr. 1 und 3,
Abs. 2 und Abs.3 UmwG letztlich überhaupt zu einer anderen Entscheidung führen könnte. Das
Registergericht hat nämlich eine "tatsächliche Ansiedelung" und eine "Ausübung einer wirklichen
wirtschaftlichen Tätigkeit" der Beschwerdeführerin in Italien bislang weder angezweifelt, noch zum
Gegenstand seines angefochtenen Zurückweisungsbeschlusses gemacht. Im Übrigen spricht auch
der Inhalt der Urkunde des Gesellschafterbeschlusses vom 30.10.2014, wonach der dort
erschienene Mitgesellschafter C einleitend die Gründe erläutert habe, die dazu geführt hätten, den
Hauptsitz "der Tätigkeit" der Gesellschaft nach Italien zu verlegen, nicht für Zweifel in dieser
Hinsicht.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist das Verfahren der Beschwerde kostenfrei (§ 22
Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG).
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Frankfurt a. Main
Erscheinungsdatum:03.01.2017
Aktenzeichen:20 W 88/15
Rechtsgebiete:Umwandlungsrecht
Erschienen in:
MittBayNot 2017, 281-285
RNotZ 2017, 257-265
UmwG §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 191 Abs. 2, 202 Abs. 1 Nr. 1 u. 3, Abs. 2 u. 3; AEUV Art. 49, 53; EGV Art. 43, 48