GmbH-Gründung: Vertragsschluss mit Vorgründungsgesellschaft; grds. unbeschränkte Vertretungsmacht des Vorstands einer Stiftung
letzte Aktualisierung: 1.7.2021
BGH, Urt. v. 15.4.2021 – III ZR 139/20
BGB §§ 26 Abs. 1 S. 2 u. 3, 86 S. 1;
GmbH-Gründung: Vertragsschluss mit Vorgründungsgesellschaft; grds. unbeschränkte
Vertretungsmacht des Vorstands einer Stiftung
a) Die Auslegung eines vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags von den Gründern eingegangenen
Rechtsgeschäfts kann ergeben, dass ausschließlich die erst zu gründende, noch nicht existierende
GmbH berechtigt und verpflichtet werden soll. In diesem Fall ist regelmäßig davon auszugehen,
dass die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts unter der aufschiebenden Bedingung der Entstehung der
GmbH steht. Ein solches Rechtsgeschäft ist nach § 177 BGB genehmigungsbedürftig (Anschluss an
und Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 20. Juni 1983 – II ZR 200/82,
7. Mai 1984 – II ZR 276/83,
1992, 164 und vom 7. Februar 1996 – IV ZR 335/94,
b) Die Vertretungsmacht des Vorstands einer Stiftung ist gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 86 Satz
1 BGB umfassend und unbeschränkt, soweit sie nicht nach § 26 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 86 Satz 1
BGB durch die Satzung beschränkt wird. Einer generellen Einschränkung durch den Stiftungszweck
unterliegt sie nicht (Aufgabe von BGH, Urteile vom 30. März 1953 – IV ZR 176/52, GRUR 1953,
446 und vom 16. Januar 1957 – IV ZR 221/56, LM Nr. 1 zu
c) Eine die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands einschränkende Satzungsbestimmung wirkt
gegenüber Dritten nur, wenn sie auch den Umfang der Beschränkung klar und eindeutig regelt.
Einer näheren Konkretisierung des Kriteriums der steuerrechtlichen „Gemeinnützigkeit“ bedarf es
dabei grundsätzlich nicht.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten ist zulässig. Der Bundesgerichtshof ist gemäß
§ 8 Abs. 2 EGGVG zur Verhandlung und Entscheidung über die Revision des
Klägers zuständig, weil ausschließlich Bundesrecht Anwendung findet. Die entgegen
§ 7 Abs. 1 Satz 1 EGZPO in Verbindung mit
Art. 11 Abs. 1 BayAGGVG unterbliebene Bestimmung des zuständigen Revisionsgerichts
durch das Berufungsgericht muss nicht nachgeholt werden (vgl. Senat,
Urteil vom 18. Februar 2021 - III ZR 175/19,
Beschluss vom 6. Juni 2019 - III ZB 98/18,
hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils
und zur Wiederherstellung des Urteils der ersten Instanz.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:
Der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch statt
der Leistung aus § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zu.
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Allen Beteiligten sei bekannt gewesen,
dass sie bei Abschluss des Vertrags noch nicht existiert habe. Die darin vorgesehene
aufschiebende Bedingung sei mit Eintragung der Klägerin in das Handelsregister
am 16. Juli 2012 eingetreten. Dass im Anhang zum Vertrag Rechtsanwalt
S. , der sodann nicht (unmittelbarer) Gesellschafter der Beklagten geworden
sei, als weiterer Gründungsgesellschafter genannt werde, stehe dem Bedingungseintritt
nicht entgegen.
Der unstreitig am 28. Oktober 2011 seitens der Beklagten und unter dem
Datum des 14. November 2011 seitens der Gründungsgesellschafter der Klägerin
unterzeichnete Vertrag sei nach §§ 145 ff BGB zustande gekommen. Soweit
die Beklagte den Zugang der Annahmeerklärung der Klägerin bestreite, sei dies
unbeachtlich. Denn aus einer E-Mail des damaligen Geschäftsleiters der Beklagten
an deren seinerzeitige Vorstandsvorsitzende vom 25. Januar 2013, in der jener
darauf gedrängt habe, den im Original vorliegenden Vertrag zu vernichten,
ergebe sich, dass der von beiden Parteien unterschriebene Vertrag bei der Beklagten
vorgelegen habe und ihr mithin auch die unter dem 14. November 2011
abgegebene Annahmeerklärung zugegangen sei.
Die Beklagte sei bei Abschluss des Vertrags durch ihre Vorstandsvorsitzende
wirksam vertreten worden. Diese habe im Rahmen der ihr zustehenden
Vertretungsmacht gehandelt. Zwar sei der Vertrag mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen
Vorschriften der §§ 51 ff AO nicht zu vereinbaren und widerspreche
damit der Vorgabe in § 2 Abs. 1 der Satzung, wonach die Beklagte ausschließlich
und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge. Gleichwohl habe die Vorstandsvorsitzende
ihre nach § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 15 Abs. 2 Satz 2 der Satzung
durch den Zweck der Stiftung beschränkte Vertretungsmacht nicht überschritten.
Diese Regelungen bezögen sich nämlich allein auf den konkreten Stiftungszweck
im Sinne des § 2 Abs. 2 der Satzung, nicht hingegen auch auf die in § 2 Abs. 1
geregelte Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. Dass die Gemeinnützigkeit für die
Beklagte eine so hohe Bedeutung habe, dass sie eine Dritten gegenüber wirksame
Grenze für die Vertretungsmacht des Vorstands bilden solle, sei der Satzung
nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Es könne nicht angenommen
werden, dass die Rechtsunsicherheit, die einträte, wenn die Vertretungsmacht
des Vorstands von der im Einzelfall schwierigen Beurteilung der Gemeinnützigkeit
abhinge, dem Willen der Stifterin entspreche. Eine satzungsmäßige
Beschränkung der Vertretungsmacht sei im Übrigen nur dann wirksam,
wenn sich der Umfang der Beschränkung klar und eindeutig aus der Satzungsbestimmung
ergebe und ohne vertiefte rechtliche Prüfung feststellen lasse. Dies
verlange insbesondere der Schutz des Rechtsverkehrs. Da sich der Abschluss
des Vertrags mit dem konkreten Stiftungszweck im Sinne von § 2 Abs. 2 der
Satzung in Einklang bringen lasse, liege keine Überschreitung der Vertretungsmacht
auf Seiten der Beklagten vor.
Der Vertrag sei nicht infolge der Anfechtung der Beklagten nichtig. Der
Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung sei nicht erfüllt, weil die damalige
Vorstandsvorsitzende den Vertrag unterzeichnet habe, obwohl ihr keine ausreichende
Beurteilungsgrundlage zu dessen Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der
Gemeinnützigkeit vorgelegen habe. Allein die Vermittlung des Eindrucks, der
Vertrag sei unter gemeinnützigkeitsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft worden,
vermöge eine arglistige Täuschung nicht zu begründen.
Die Beklagte sei von dem Vertrag auch nicht wirksam zurückgetreten, weil
sie nicht nach § 275 Abs. 4, § 326 Abs. 5 BGB zum Rücktritt berechtigt gewesen
sei.
Mit ihrer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung habe die Beklagte
ihre vertraglichen Pflichten verletzt. Ein Schaden sei der Klägerin jedenfalls
in Gestalt entgangenen Gewinns entstanden.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem maßgeblichen
Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision entgegen der Ansicht der Klägerin
uneingeschränkt zugelassen.
a) Die Zulassung der Revision kann allerdings auf einen selbständigen Teil
des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung
kann sich bei - wie hier - uneingeschränkter Zulassung im Tenor auch
aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben (s. zB Senat, Urteile vom 18. Oktober
2018 - III ZR 497/16,
93/18,
2020, 1862 Rn. 13, jeweils mwN). Dies kann der Fall sein, wenn die Zulassung
nur wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird. Bezieht sich die
Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen
hat, auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Entscheidung grundsätzlich
so auszulegen, dass die Revision lediglich beschränkt auf diesen Teil des
Streitgegenstandes zugelassen worden ist (zB Senat, Urteile vom 18. Oktober
2018 aaO; vom 16. Mai 2019 - III ZR 176/18,
13. August 2020 aaO, jeweils mwN). Demgegenüber ist eine Beschränkung der
Zulassung auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente nicht zulässig (zB
Senat, Urteile vom 18. Oktober 2018 aaO; vom 27. Juni 2019 aaO und vom
13. August 2020 aaO, jeweils mwN).
b) Das Berufungsgericht hat die Zulassungsentscheidung mit höchstrichterlich
bislang nicht geklärten Fragen zur Auslegung der Satzungsbestimmungen
und zum Umfang der Beschränkung der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands
begründet. Hieraus ergibt sich keine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.
Bei der Vertretungsmacht der Vorsitzenden des Stiftungsvorstands
handelt es sich um ein Anspruchselement, das nicht lediglich einen abtrennbaren
Teil des Streitstoffs betrifft, sondern für die Entscheidung über den
gesamten Streitgegenstand von Bedeutung ist.
2. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts,
zwischen den Prozessparteien sei ein wirksames Vertragsverhältnis zustande
gekommen.
a) Zutreffend hat das Oberlandesgericht freilich angenommen, dass die
Klägerin - im Falle eines wirksamen Vertragsschlusses - mit ihrer Eintragung im
Handelsregister selbst Vertragspartei geworden und somit aktivlegitimiert wäre.
aa) Nach
Eintragung in das Handelsregister. Zwischen der Gründung durch Abschluss des
notariellen Gesellschaftsvertrags und der Eintragung im Handelsregister besteht
eine Vorgesellschaft, die bereits weitgehend dem GmbH-Recht untersteht und
mit der Eintragung im Handelsregister ohne Weiteres mit allen Rechten und
Pflichten in der dann rechtlich entstehenden GmbH aufgeht (s. nur BGH, Urteil
vom 7. Mai 1984 - II ZR 276/83,
bildet die eine spätere GmbH-Tätigkeit vorbereitende Personenvereinigung
hingegen eine eigenständige (Vorgründungs-) Gesellschaft, die eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder, wenn bereits ein Handelsgeschäft betrieben
wird, eine offene Handelsgesellschaft ist. Diese Vorgründungsgesellschaft
ist weder mit der späteren GmbH noch mit der Vor-GmbH identisch. Dementsprechend
werden im Allgemeinen weder die künftige GmbH noch die Vor-GmbH
Vertragspartnerin, wenn die Gründer vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags für
eine "GmbH" oder "GmbH in Gründung/i. Gr." handeln; vielmehr wird hierdurch
nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts die Vorgründungsgesellschaft
als wahrer Rechtsträger berechtigt und verpflichtet (s. zB
BGH, Urteile vom 7. Mai 1984 aaO S. 151 f; vom 13. Januar 1992 - II ZR 63/91,
Rechte und Verbindlichkeiten der Vorgründungsgesellschaft gehen nicht automatisch
mit der Gründung der GmbH auf die Vorgesellschaft oder mit der Handelsregistereintragung
auf die GmbH über, sondern müssen, wenn sie in die
GmbH eingebracht werden sollen, durch besonderes Rechtsgeschäft übertragen
werden (BGH, Urteile vom 26. Oktober 1981 - II ZR 31/81,
vom 7. Mai 1984 aaO S. 151 mwN; vom 9. März 1998 aaO und vom 25. Oktober
2000 - VIII ZR 306/99,
eines vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags von den Gründern eingegangenen
Rechtsgeschäfts ergeben, dass ausschließlich die erst zu gründende, noch
nicht existierende GmbH berechtigt und verpflichtet werden soll (vgl. BGH, Urteile
vom 20. Juni 1983 - II ZR 200/82,
vom 13. Januar 1992 aaO und vom 7. Februar 1996 - IV ZR 335/94, WM 1996,
722, 723). In diesem Fall ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Wirksamkeit
des Rechtsgeschäfts unter der aufschiebenden Bedingung der Entstehung
der GmbH steht (vgl. OLG Zweibrücken,
Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 11 Rn. 37; MüKoGmbHG/Merkt, 3. Aufl.,
§ 11 Rn. 106; Schmidt,
28. Oktober 2016 - 17 U 87/14, juris Rn. 45). Ein solches Rechtsgeschäft ist, da
die GmbH und auch die Vor-GmbH noch nicht entstanden sind und deshalb auch
noch kein Vertretungsorgan haben, nach § 177 BGB genehmigungsbedürftig
(OLG Stuttgart, OLGR 2001, 46, 48; Fastrich aaO; Merkt aaO; Schmidt aaO; vgl.
ferner Staudinger/Schilken, BGB [2019], § 177 Rn. 20 mwN).
bb) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass Vertragspartei des - vor
der Beurkundung des GmbH-Gesellschaftsvertrags geschlossenen - Verwertungs-
und Vermarktungsvertrags nicht die Vorgründungsgesellschaft sein sollte,
sondern, aufschiebend bedingt durch ihre Eintragung in das Handelsregister, die
(damals noch nicht existierende) Klägerin. Dies hat es geschlossen aus der Benennung
der "C. GmbH i. Gr." als Vertragspartei, der Einräumung
der Nutzungsrechte unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung
in das Handelsregister und dem Umstand, dass allen Beteiligten bekannt gewesen
sei, dass die GmbH damals noch nicht existiert habe. Diese Auslegung ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt nicht gegen Denkgesetze
und Erfahrungssätze und beruht auch nicht auf einer lückenhaften Würdigung
des Sachverhalts. Die aufschiebende Bedingung wäre mit der Eintragung der
Klägerin in das Handelsregister eingetreten. Die gemäß § 177 Abs. 1 BGB erforderliche
Genehmigung hätte die Klägerin spätestens - konkludent - durch die Erhebung
der Klage erteilt.
b) Die Beklagte ist jedoch nicht Vertragspartei geworden, weil sie von der
damaligen Vorsitzenden ihres Vorstands nicht wirksam vertreten worden ist. Der
Vertragsschluss war mit dem gemeinnützigen Zweck der Beklagten nicht zu vereinbaren
und demzufolge auch nicht von der Vertretungsmacht der Vorstandsvorsitzenden
umfasst. Diese Beschränkung der Vertretungsmacht ergibt sich
zwar nicht bereits aus dem Stiftungszweck als solchem, aber aus der dahingehenden,
hinreichend klaren und eindeutigen Bestimmung in der Satzung der Beklagten.
aa) Die Vertretungsmacht des Vorstands einer Stiftung ist gemäß § 26
Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 86 Satz 1 BGB umfassend und unbeschränkt, soweit sie
nicht nach § 26 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 86 Satz 1 BGB durch die Satzung beschränkt
wird. Einer generellen Einschränkung durch den Stiftungszweck unterliegt
sie nicht.
(1) Allerdings hat die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine
solche allgemeine Beschränkung durch den Zweck sowohl für den rechtsfähigen
Verein als auch für die Stiftung angenommen. Die Vertretungsmacht des Vorstands
eines rechtsfähigen Vereins werde, auch wenn sie nicht gemäß § 26
Abs. 1 Satz 3 BGB (beziehungsweise § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB in der bis zum
29. September 2009 geltenden - inhaltlich identischen und nahezu wortgleichen -
Fassung) durch die Satzung beschränkt sei, durch die Eigenart des Vereinszwecks
begrenzt. Der Vorstand könne den Verein nicht verpflichten, soweit das
abgeschlossene Geschäft erkennbar außerhalb des Rahmens des Vereinszwecks
liege (BGH, Urteil vom 30. März 1953 - IV ZR 176/52,
Dasselbe müsse für rechtsgeschäftliche Verpflichtungserklärungen der Verwalter
einer Stiftung gelten, die die Grenzen der Stiftungssatzung überschritten (BGH,
Urteil vom 16. Januar 1957 - IV ZR 221/56, LM Nr. 1 zu
des Reichsgerichts an, wonach eine juristische Person des öffentlichen Rechts
durch ein Rechtsgeschäft, das außerhalb ihrer Zweckbestimmung liegt, jedenfalls
dann nicht wirksam verpflichtet werden kann, wenn der Geschäftsgegner die
Zweckwidrigkeit bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen
musste (
84/54,
zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs offengelassen, ob
Rechtshandlungen des Vorstands, die außerhalb des Vereinszwecks liegen, unwirksam
sind (BGH, Urteil vom 28. April 1980 - II ZR 193/79,
2800).
(2) Im Schrifttum zum Stiftungs- und Vereinsrecht wird diese Rechtsprechung
unterschiedlich beurteilt.
(a) Ein Teil der Literatur hält mit der älteren Rechtsprechung an einer generellen
Beschränkung der Vertretungsmacht durch den Stiftungs- bzw. Vereinszweck
fest (zum Stiftungsrecht: Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts,
1972, S. 108; Luth, Die Vertretungsbefugnis des Vorstandes in rechtsfähigen
Stiftungen des Privatrechts, 2005, S. 80 ff, 113; Palandt/Ellenberger, BGB,
80. Aufl., § 86 Rn. 1; Stengel, Stiftung und Personengesellschaft, 1993, S. 123 f;
wohl auch Jakob/Picht in BeckOGK/
zum Vereinsrecht: Heidel/Lochner in Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB,
4. Aufl., § 26 Rn. 4; John, Die organisierte Rechtsperson, 1977, S. 118; Schöpflin,
Der nichtrechtsfähige Verein, 2003, S. 251; ders. in BeckOK/BGB § 26 Rn. 12
[Stand: 1. Februar 2021]). Dafür wird angeführt, dass eine vollständige Unterwerfung
der Stiftungsorgane unter die Zweckbindung des Vermögens erst dann gegeben
sei, wenn abweichende Handlungsweisen des Vorstands rechtlich unmöglich
seien. Andernfalls sei ein umfassender Schutz der Stiftung vor eigenmächtig
handelnden Organen nicht gewährleistet (Stengel aaO S. 124). Darüber hinaus
wird eine Parallele zur gewillkürten Stellvertretung gezogen (Luth aaO S. 96 ff)
und hervorgehoben, dass der Wille des Stifters am besten geschützt werde,
wenn der Zweck die Vertretungsmacht des Vorstands mit Wirkung nach außen
verbindlich begrenze (Luth aaO S. 106 aE). Für das Vereinsrecht wird vertreten,
die Beschränkung der Vertretungsmacht durch den Zweck sei einfacher als die
Anwendung der Grundsätze zum Missbrauch der Vertretungsmacht und insofern
sachgerechter, als sie die besondere Bedeutung des Vereinszwecks stärker hervorhebe;
dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers (Schöpflin, Der
nichtrechtsfähige Verein aaO). Andere Autoren meinen, aus der Eigenart des
Vereinszwecks folge, dass der Vorstand den Verein nicht verpflichten könne,
wenn ein Geschäft erkennbar ganz außerhalb des Vereinszwecks liege, wobei
dahinstehen könne, ob es sich dogmatisch um eine Beschränkung der Vertretungsmacht
handele oder um einen offensichtlichen Missbrauch derselben (Otto
in Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl., Rn. 448; ähnlich Waldner/
Wörle-Himmel in Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 20. Aufl.,
Rn. 233).
(b) Der wohl überwiegende Teil des Schrifttums lehnt demgegenüber eine
allgemeine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands durch den Stiftungszweck
ab. Eine derartige Beschränkung gefährde die Rechtssicherheit, vernachlässige
den Schutz des Rechtsverkehrs und entspreche der dem angloamerikanischen
Recht entstammenden Ultra-vires-Lehre, nach der juristische
Personen außerhalb ihres Zwecks nicht rechts- und handlungsfähig seien und
die dem deutschen Privatrecht fremd sei (so Backert in BeckOK/
[Stand: 1. Februar 2021]; Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht, 2006,
S. 238; Dylla, Die Weisungsfunktion des Stiftungszwecks, 2015, S. 191; Erman/
Wiese, BGB, 16. Aufl., § 86 Rn. 2; Geibel, ZJS 2009, 339, 340 f; Kohnke, Die
Pflichten des Stiftungsvorstands aus Bundes- und Landesrecht, 2009, S. 227;
MüKoBGB/Weitemeyer, 8. Aufl., § 86 Rn. 16; Schwarz van Berk/Fischer in
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 5, 5. Aufl., § 99 Rn. 35 f;
Schwintek, Vorstandskontrolle in rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts,
2001, S. 181 f; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB [2017], § 86 Rn. 18; Stumpf
in Stumpf/Suerbaum/Schulte/Pauli, Stiftungsrecht, 3. Aufl., § 86 BGB Rn. 13;
Godron in Richter, Stiftungsrecht, 2019, § 6 Rn. 31; Hof in von Campenhausen/
Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 8 Rn. 36; zum Vereinsrecht:
MüKoBGB/Leuschner, 8. Aufl., § 26 Rn. 25; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl.,
§ 26 Rn. 20; Staudinger/Schwennicke, BGB [2019], § 26 Rn. 111 f). Die abgelehnte
Ansicht sei auch mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, nach der
die Vertretungsmacht des Vorstands vorbehaltlich einschränkender Bestimmungen
in der Satzung unbeschränkt sei (vgl. Kohnke aaO).
(3) Der erkennende Senat tritt der letzterwähnten Ansicht bei. Die Auslegung
von § 26 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 86 Satz 1 BGB ergibt, dass die Vertretungsmacht
des Vorstands einer Stiftung unbeschränkt ist, solange die Satzung nicht
im Einzelfall einschränkende Regelungen enthält, und keine generelle Beschränkung
durch den Stiftungszweck erfährt. Die frühere gegenteilige Rechtsprechung
(BGH, Urteil vom 16. Januar 1957 aaO; ebenso zum Vereinsrecht: Urteil vom
30. März 1953 aaO) gibt der nunmehr für das Stiftungsrecht allein zuständige
erkennende Senat auf.
(a) Der Wortlaut des
allgemeine Beschränkung der Vertretungsmacht durch den Zweck der Körperschaft.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB vertritt der Vorstand den Verein gerichtlich
und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Gemäß
§ 26 Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Umfang der Vertretungsmacht durch die Satzung
mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. Hieraus ergibt sich, dass die
Vertretungsmacht grundsätzlich unbeschränkt und ihre Beschränkung nur eine
Möglichkeit, also nicht zwingend ist. Eine generell geltende Begrenzung der Vertretungsmacht
durch den Zweck hätte, wenn sie vom Gesetzgeber beabsichtigt
gewesen wäre, im Wortlaut der Norm zum Ausdruck gebracht werden können,
was jedoch nicht geschehen ist.
(b) In systematischer Hinsicht ist
der Beschränkbarkeit der Vertretungsmacht zu entnehmen, der
insoweit für eine enge Auslegung spricht. Jenseits der idealen Zwecken dienenden
Vereine und Stiftungen gilt die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht bei
der Vertretung juristischer Personen als ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der für
die Handelsgesellschaften gesetzlich geregelt ist (
§ 82 Abs. 1 AktG, § 27 Abs. 2 Satz 1 GenG, ebenso § 126 Abs. 2 HGB für die
Personenhandelsgesellschaften; s. dazu auch BGH, Urteil vom 20. September
1962 - II ZR 209/61,
auch für die Vertretung kommunaler Gebietskörperschaften gilt
(zB Senat, Urteil vom 17. April 1997 - III ZR 98/96,
Urteil vom 18. November 2016 - V ZR 266/14,
mwN). Dem entspricht es, auch bei
grundsätzlich unbeschränkten Vertretungsmacht auszugehen, die nur im Einzelfall
durch Bestimmungen in der Satzung beschränkt werden kann.
(c) Auch die Gesetzgebungsgeschichte spricht gegen eine allgemeine Einschränkung
der Vertretungsmacht des Vorstands auf den Vereins- oder Stiftungszweck.
Eine Anregung, den Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht
des Vorstands genauer zu bestimmen, fand im Gesetzgebungsverfahren keine
Mehrheit (Prot. I, S. 1031 = Mugdan I, S. 612). Ein Vorschlag, die juristische Person
solle (nur) durch Rechtsgeschäfte, welche der Vorstand "innerhalb seiner
verfassungsmäßigen Befugnisse" vornehme, unmittelbar berechtigt und verpflichtet
werden (Antrag Achilles Nr. 13, 1; s. Jakobs/Schubert, Die Beratung des
BGB, AT I, 1985, S. 224), wurde ebenfalls nicht Gesetz. Anderes ergibt sich auch
nicht aus der Aussage der Motive, die Vertretungsmacht des Vorstands erstrecke
sich auf alle "innerhalb des Rechtskreises der Körperschaft liegenden Rechtsgeschäfte
und Rechtshandlungen" (Mot. I, S. 97 = Mugdan I, S. 405). Dieser Satz
ist dahin zu verstehen, dass die Vertretungsmacht in ihrer Reichweite der Rechtsfähigkeit
der Körperschaft entspreche. Der erste Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch
ging zunächst von einer auf die Vermögensfähigkeit beschränkten
Rechtsfähigkeit der juristischen Person aus (§ 41 BGB-E I = Mugdan I, S. LIX;
Mot. I, S. 78 = Mugdan I, S. 395). Diese Einschränkung fand keinen Eingang in
den endgültigen Gesetzestext. Vielmehr sollten juristische Personen, soweit nicht
natürliche Schranken entgegenstünden, dieselbe Rechtsfähigkeit haben wie natürliche
Personen (Prot RJA 23 = Jakobs/Schubert aaO S. 237). Aus dieser Entscheidung
des Gesetzgebers folgt, dass die Rechtsfähigkeit juristischer Perso-
nen des Privatrechts umfassend und, im Gegensatz zu der dem anglo-amerikanischen
Rechtskreis entstammenden Ultra-vires-Lehre, insbesondere nicht durch
ihren Zweck beschränkt ist (s. dazu bspw. MüKoBGB/Leuschner aaO Vor § 21
Rn. 39 f; Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 214; ders., Verbandszweck und
Rechtsfähigkeit im Vereinsrecht, 1984, S. 40 f; Segna in BeckOGK/BGB § 21
Rn. 26 f [Stand: 1. April 2021]; Soergel/Hadding aaO Vor § 21 Rn. 22 ff; Staudinger/
Schwennicke aaO Einleitung zu §§ 21 ff Rn. 71 f).
(d) Schließlich ist auch der mit der Vertretungsmacht des Vorstands verbundene
Zweck mit einer generellen Einschränkung durch den Verbandszweck
nicht zu vereinbaren. Die juristische Person bedarf der Vertretung, um im Rechtsverkehr
handlungsfähig zu sein. Ist ihre Rechtsfähigkeit umfassend, muss damit
korrespondierend auch die Vertretungsmacht ihres Vorstands im Grundsatz unbeschränkt
sein. Ihr Schutz erfordert keine generelle Beschränkung der Vertretungsmacht
durch den Zweck, sondern lässt sich durch klar und eindeutig gefasste
Satzungsregelungen über Vertretungsbeschränkungen sowie durch das
Rechtsinstitut des Missbrauchs der Vertretungsmacht (vgl. dazu zB BGH, Urteil
vom 29. Oktober 2020 - IX ZR 212/19,
bb) Die Vertretungsmacht der Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten
war indes auf Grund der Bestimmungen in § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 15 Abs. 2
Satz 2 der Satzung wirksam auf den gemeinnützigen Zweck der Stiftung beschränkt.
(1) Für eine wirksame Einschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands
nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB ist es erforderlich, dass die Satzungsregelung
klar und eindeutig zu erkennen gibt, dass sie nicht bloß vereinsinterne Bedeutung
haben, sondern (auch) die Vertretungsmacht des Vorstands nach außen
beschränken soll (vgl. BGH, Urteile vom 28. April 1980 aaO; vom 22. April 1996
- II ZR 65/95,
202, 202 Rn. 15). Diese Anforderungen gelten auch für den Umfang der Einschränkung
der Vertretungsmacht; dieser muss im Interesse der Handlungsfähigkeit
des Vereins und - vor allem - des Schutzes des Rechtsverkehrs klar und
eindeutig bestimmt sein (so auch BayObLG,
Rn. 6).
(2) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist die Vertretungsmacht der Vorstandsvorsitzenden
der Beklagten in § 10 Abs. 2 Satz 1 und § 15 Abs. 2 Satz 2
der Satzung wirksam auf den - das Kriterium der Gemeinnützigkeit einschließenden
- Zweck der Stiftung beschränkt worden.
(a) Die Satzung, die der Senat im Revisionsverfahren frei nachprüfen und
auslegen kann (st. Rspr.; s. nur Senat, Urteil vom 14. Oktober 1993 - III ZR
157/91,
Satz 2 eindeutig erkennen, dass nicht lediglich die Befugnisse im Innenverhältnis,
sondern die Vertretungsmacht nach außen beschränkt werden soll. Dies
ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmungen sowie - im Umkehrschluss - aus
der Möglichkeit einer weitergehenden Beschränkung im Innenverhältnis nach
§ 10 Abs. 2 Satz 2 und § 15 Abs. 2 Satz 3 der Satzung.
(b) Die Beschränkung auf den "Zweck der Stiftung" ist auch ihrem Inhalt
und Umfang nach hinreichend klar und eindeutig. Sie umfasst die Zweckbeschreibung
in § 2 Abs. 2 unter Mitberücksichtigung der Bestimmungen zur
Zweckverwirklichung in § 2 Abs. 3 bis 8 und unter Einschluss der in § 2 Abs. 1
der Satzung ebenfalls als Zweck bezeichneten steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit.
(aa) Zwar beginnt § 2 Abs. 2 der Satzung mit den Worten "Zweck der Stiftung
ist …". Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass allein dieser Absatz
maßgeblich ist. § 2 der Satzung ist im Ganzen mit den Worten "Zweck und Aufgaben
der Stiftung" überschrieben, und sämtliche darin enthaltenen Absätze befassen
sich mit dem "Zweck" (beziehungsweise: "den Zwecken") der beklagten
Stiftung. Eine Differenzierung zwischen einem "engen" und einem "weiten" (das
Kriterium der Gemeinnützigkeit einschließenden) Zweck, wie sie das Berufungsgericht
vorgenommen hat, ist darin nicht ersichtlich. Zutreffend weist die Revision
darauf hin, dass die Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands auf den
"Zweck der Stiftung" - für den Rechtsverkehr hinreichend deutlich erkennbar -
insbesondere dazu dienen soll, die Stiftung vor dem Abschluss gemeinnützigkeitsschädlicher
Rechtsgeschäfte und einem hiernach drohenden Verlust der Anerkennung
als gemeinnützig zu bewahren. Dass der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit
beim "Zweck der Stiftung" eine besondere Bedeutung zukommt, wird
nicht nur in der hervorgehobenen Erwähnung gleich zu Anfang des § 2 der Satzung
deutlich, sondern auch darin, dass Aufbau und Struktur dieser Satzungsnorm
erkennbar auf die Vorgaben der Abgabenordnung (AO) zugeschnitten sind:
Nach § 59 AO setzt die Steuervergünstigung voraus, dass sich aus der Satzung
ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen
der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar
verfolgt wird. Maßgebend für gemeinnützige Zwecke ist § 52 AO, der
- ähnlich wie § 2 Abs. 1 und 2 der Satzung - eine allgemeine Beschreibung der
Verfolgung gemeinnütziger Zwecke enthält (Absatz 1) und sodann einzelne Gebiete
und Betätigungen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aufführt (Absatz
2). Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art
ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft
werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuerbegünstigungen
gegeben sind, was gemäß
Anforderungen soll § 2 Abs. 2 bis 8 der Satzung im Einzelnen Rechnung
tragen (s. dazu auch § 1 der Mustersatzung nach Anlage 1 zu § 60 AO).
(bb) Richtig ist, dass es im Einzelfall - wie auch hier - mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden sein kann, zu beurteilen, ob ein Vertrag mit den Erfordernissen
der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit konform ist oder nicht. Eine
genauere Regelung als die vorliegende ist gemeinnützigen Stiftungen aber angesichts
der unübersehbaren Vielfalt denkbarer rechtsgeschäftlicher Konstellationen
regelmäßig nicht möglich. Die Gemeinnützigkeitsregeln gehen von der Erfüllung
bestimmter steuerlich begünstigter Zwecke aus, die inhaltlich definiert
werden und nicht formal nach bestimmten Rechtsgeschäften. Derjenige, der mit
einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung einen Vertrag schließen will, muss
allgemein damit rechnen, dass gemeinnützigkeitsschädliche Rechtsgeschäfte
nicht von der Vertretungsmacht des Vorstands mit umfasst sind. Sein Vertrauen
und der Schutz des Rechtsverkehrs rechtfertigen es daher nicht, die Wirksamkeit
einer satzungsmäßigen Beschränkung der Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands
deswegen abzulehnen, weil die Beantwortung der Frage der Gemeinnützigkeitskonformität
eines Vertrags im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden
sein kann. Die Regelungen des § 179 BGB bieten für Fälle, in denen ein Vertrag
an der mangelnden Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands scheitert, einen angemessenen
Schutz.
cc) Wie beide Vordergerichte des Näheren dargelegt haben, ist der umstrittene
Verwertungs- und Vermarktungsvertrag mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen
Vorschriften der §§ 51 ff AO nicht zu vereinbaren. Diese Beurteilung ist
rechtlich nicht zu beanstanden; hiergegen bringt auch die Revisionserwiderung
nichts vor. Der Vertrag widersprach daher der Vorgabe in § 2 Abs. 1 der Satzung
und somit auch dem "Zweck der Stiftung" im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 und
§ 15 Abs. 2 Satz 2 der Satzung. Dies hat zur Folge, dass die damalige Vorstandsvorsitzende
der Beklagten nicht die erforderliche Vertretungsmacht für den Abschluss
des Vertrags besaß und die Beklagte nicht Vertragspartei geworden ist.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht für eine Genehmigung
nach § 177 BGB kein genügender Anhalt und rechtlich auch kein Raum, weil die
Erteilung einer solchen Genehmigung wiederum außerhalb der Vertretungsmacht
des hierzu allein befugten Stiftungsvorstands läge.
c) Da es für das Zustandekommen eines Vertrags zwischen den Prozessparteien
an der hierzu nötigen Vertretungsmacht der damaligen Vorsitzenden
des Stiftungsvorstands fehlt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin das
Vertragsangebot der Beklagten rechtzeitig im Sinne von § 147 Abs. 2 BGB angenommen
hat, ob diese den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten
oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gekündigt hat oder ob
der Vertrag gemäß
3. Außer- oder vorvertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen
die Beklagte hat das Landgericht zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat hiergegen
in der Revisionsinstanz auch keine Einwände erhoben.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Mai 2021 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink und Dr. Remmert, die
Richterin Dr. Böttcher sowie den Richter Dr. Kessen
beschlossen:
Das Senatsurteil vom 15. April 2021 wird wegen eines Schreibversehens
gemäß
Die Worte "Gesellschafter der Beklagten" werden ersetzt durch die
Worte "Gesellschafter der Klägerin".
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Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:15.04.2021
Aktenzeichen:III ZR 139/20
Rechtsgebiete:
Genossenschaft
Verein
Stiftung
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Allgemeines Schuldrecht
OHG
Aktiengesellschaft (AG)
GmbH
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB §§ 26 Abs. 1 S. 2 u. 3, 86 S. 1; GmbHG § 11 Abs. 1