Haftung des Wohnungseigentümers für Sozialverbindlichkeiten
letzte Aktualisierung: 10.5.2019
BGH, Urt. v. 26.10.2018 – V ZR 279/17
WEG §§ 10 Abs. 8, 21 Abs. 2
Haftung des Wohnungseigentümers für Sozialverbindlichkeiten
Eine Haftung des Wohnungseigentümers gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG für Verbindlichkeiten des
Verbands scheidet aus, wenn es sich um Ansprüche anderer Wohnungseigentümer handelt, die aus
dem Gemeinschaftsverhältnis herrühren (sog. Sozialverbindlichkeiten). Hierzu gehören
Aufwendungsersatzansprüche, die einem Wohnungseigentümer wegen der Tilgung einer
Verbindlichkeit des Verbands zustehen, und zwar auch dann, wenn die Tilgung eine
Notgeschäftsführungsmaßnahme i. S. d. § 21 Abs. 2 WEG ist; dies gilt unabhängig davon, ob eine
Befriedigung aus dem Gemeinschaftsvermögen zu erwarten ist oder nicht.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagten
weder ein Aufwendungsersatzanspruch aus einer Notgeschäftsführung gemäß
§ 21 Abs. 2 WEG i.V.m. § 670 BGB noch aus einer berechtigten Geschäftsführung
ohne Auftrag zu. Auch ein Bereicherungsausgleich scheide aus.
Mit der Bezahlung der Versicherungsprämien habe der Kläger ein Geschäft der
Wohnungseigentümergemeinschaft geführt, die Schuldnerin der Ansprüche
gewesen und durch Befreiung von der Zahlung der Versicherungsprämien bereichert
sei. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten lasse sich ebensowenig
aus § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG,
finde auf Forderungen von Wohnungseigentümern gegen die Gemeinschaft
jedenfalls dann keine Anwendung, wenn es sich um Sozialverbindlichkeiten
handele, d.h. um Ansprüche, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrührten.
Solche Kosten der Verwaltung, zu denen auch Versicherungsprämien zählten,
seien nach den für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander
geltenden Regelungen über Wirtschaftsplan und Instandhaltungsrücklage aufzubringen
und über die Jahresabrechnung nach dem geltenden Umlageschlüssel
auf die Wohnungseigentümer umzulegen. Ein Anspruch des Klägers ergebe
sich auch nicht aus den Grundsätzen, die die Rechtsprechung im Zusammenhang
mit einer aus zwei Wohnungseigentümern bestehenden zerstrittenen
Wohnungseigentümergemeinschaft entwickelt habe. Soweit hiernach derjenige
Wohnungseigentümer, der gemeinschaftliche Kosten und Lasten verauslagt
habe, ohne weitere Formalitäten von dem anderen Wohnungseigentümer dessen
Anteil an den Kosten und Lasten erstattet verlangen könne, werde hierfür
vorausgesetzt, dass das Stimmrecht nicht abweichend von dem Gesetz (§ 25
Abs. 2 Satz 1 WEG) geregelt sei. Letzteres sei hier aber der Fall.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Für die von
dem Kläger gegen die Beklagten geltend gemachten Zahlungsansprüche fehlt
es an einer Anspruchsgrundlage.
1. Tilgt ein Wohnungseigentümer - wie hier der Kläger - Verbindlichkeiten
der Wohnungseigentümergemeinschaft, steht im Ausgangspunkt außer Streit,
dass er von der Wohnungseigentümergemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen
verlangen kann. Meinungsunterschiede bestehen nur hinsichtlich der Frage,
woraus sich dieser Ersatzanspruch ergibt. Während zum Teil auf die
Grundsätze der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670
BGB) und bei Notgeschäftsführungsmaßnahmen auf § 21 Abs. 2 WEG i.V.m.
§ 670 BGB abgestellt wird (vgl. OLG München,
Frankfurt,
Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 21 Rn. 28; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 21 WEG
Rn. 38; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 21 Rn. 15; jurisPKBGB/
Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 328: § 713 BGB entsprechend i.V.m.
§ 670 BGB), sehen andere in der analogen Anwendung des § 110 HGB die zutreffende
Grundlage des Erstattungsanspruchs (vgl. BeckOK WEG/Müller
[2.4.2018], § 10 Rn. 683; Riecke/Schmid/Lehmann-Richter, WEG, 4. Aufl., § 10
Rn. 337; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 385; vgl. auch
BeckOGK/Falkner [1. 3. 2018], § 10 WEG Rn. 559; Bärmann/Merle, WEG,
14. Aufl., § 21 Rn. 15: Gesamtanalogie gemäß § 110 HGB,
Derleder/Fauser,
411). Schließlich soll nach einer weiteren Auffassung mit der Zahlung eines
Wohnungseigentümers - flankierend zu einem originären Anspruch - die Forderung
gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend § 774 Abs. 1
BGB auf den Wohnungseigentümer übergehen (vgl. BeckOK WEG/Müller
[2.4. 2018], § 10 Rn. 685; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 385;
Schmid,
jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG Rn. 328).
2. a) Demgegenüber ergibt sich aus den genannten Anspruchsgrundlagen,
wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, grundsätzlich kein Erstattungsanspruch
gegen die übrigen Wohnungseigentümer, weil der tilgende Wohnungseigentümer
- hier der Kläger - für den Verband tätig wird, der gemäß § 10
Abs. 6 Satz 2 WEG Schuldner der Verbindlichkeit ist (vgl. AG Charlottenburg,
BeckOK WEG/Elzer [2.4.2018], § 21 Rn. 70; siehe auch Senat, Urteil vom
18. Februar 2011 - V ZR 197/10,
des Verwalters gegen den Verband wegen einer Notgeschäftsführungsmaßnahme
gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG).
b) Soweit die Revision der Auffassung ist, die Beklagten schuldeten die
von dem Kläger verauslagten Beträge nach Bereicherungsrecht, weil sie von
ihrer anteiligen Haftung gemäß
dies bereits deshalb fehl, weil die Zahlung des Klägers auf die Verbindlichkeit
des Verbandes erfolgt ist und ein etwaiger Bereicherungsausgleich in diesem
Verhältnis zu erfolgen hätte (vgl. AG Charlottenburg,
Hinweis der Revision auf das Urteil des Senats vom 24. Juli 2015
(V ZR 167/14,
betraf, der mit dem hier zu entscheidenden nicht vergleichbar ist. In der zitierten
Entscheidung hat der Senat unter anderem die Frage erörtert, ob der Verkäufer
einer gebrauchten Eigentumswohnung, der einen Mangel am Gemeinschaftseigentum
behoben hat, von solchen Erwerbern, die mit Erfolg sekundäre Mängelrechte
geltend gemacht haben oder denen der Verkäufer nicht die Verschaffung
einer mangelfreien Sache schuldete, einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich
verlangen kann. Darum geht es bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten des
Verbandes durch einen Wohnungseigentümer nicht.
c) Zu Recht verneint das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen
des § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger
nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2
WEG) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet,
die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während
dieses Zeitraums fällig geworden sind.
aa) Allerdings ist die Anwendbarkeit des
von Wohnungseigentümern gegen die Gemeinschaft in Rechtsprechung
und Literatur umstritten.
(1) Nach einer teilweise vertretenen Auffassung kann auch ein Wohnungseigentümer
Gläubiger im Sinne der Vorschrift sein (vgl. PWW/Elzer/
Riecke, 13. Aufl., § 10 WEG Rn. 53; MüKoBGB/Commichau, 7. Aufl., § 10 WEG
Rn. 113). Dem Verbandsgläubiger stehe ein Wohnungseigentümer gleich, der
für den Verband in Anspruch genommen worden sei und für ihn geleistet habe
(Staudinger/Kreuzer, BGB [2018], § 10 WEG Rn. 346).
(2) Nach der Gegenauffassung betrifft die Vorschrift nur die Haftung der
Wohnungseigentümer gegenüber Dritten (vgl. OLG München, NJW-RR 2008,
534; LG Frankfurt,
AG Charlottenburg,
Rn. 53; T. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 10 Rn. 58;
Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 354). Dies werde dadurch deutlich,
dass bei dem Umfang der Haftung auf den Miteigentumsanteil und nicht
auf den tatsächlichen Verteilungsschlüssel der Wohnungseigentümer untereinander
abzustellen sei (vgl. OLG München,
(3) Eine weitere Meinung differenziert.
Ansprüche, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrührten (so genannte Sozialverbindlichkeiten),
da ansonsten die vorrangige Beschlussfassung der Eigentümer
übergangen werde (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10
Rn. 623: teleologische Reduktion; jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 WEG
Rn. 279; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl.,
§ 10 Rn. 128; Palandt/Wicke, BGB, 78. Aufl., § 10 WEG Rn. 41; Abramenko in
Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 10 Rn. 181; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2018], § 21
Rn. 71; Häublein,
Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 370). Als Beispiel wird der Anspruch auf Auskehr
eines Abrechnungsguthabens aus der Jahresabrechnung genannt (vgl.
jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 Rn. 279). Beruhe der Anspruch aber
nicht auf dem Wohnungseigentumsverhältnis, sondern auf Drittgeschäften, bei
denen der Eigentümer dem Verband wie ein beliebiger Dritter gegenüberstehe,
könne auch der Wohnungseigentümer Ansprüche gegen den Verband erwerben,
so, wenn er dem Verband etwas verkaufe, ihn mit der Durchführung einer
Reparatur beauftrage oder als Rechtsanwalt mit der Vertretung des Verbandes
mandatiert werde (vgl. jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl., § 10 Rn. 280; i.E. auch
BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 623; Riecke/Schmid/Lehmann-
Richter, WEG, 4. Aufl., § 10 Rn. 370; Abramenko in Jennißen, WEG, 5. Aufl.,
§ 10 Rn. 181). In diesen Fällen folge allerdings aus der zwischen den Eigentümern
bestehenden Treuepflicht, dass der Gläubiger sich zunächst an den Verband
zu halten habe und seine Miteigentümer nur in Anspruch nehmen könne,
wenn aus dem Verwaltungsvermögen langfristig keine Befriedigung zu erwarten
sei (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 636).
(4) Von den Vertretern der vorgenannten Auffassung, wonach (nur) Sozialverbindlichkeiten
aus dem Anwendungsbereich des
auszunehmen sind, plädieren einige dafür, für bestimmte Konstellationen Ausnahmen
und damit eine Inanspruchnahme der anderen Wohnungseigentümer
zuzulassen. So soll der Eigentümer einem Drittgläubiger gleichstehen, wenn er
im Wege der Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) eine Verbindlichkeit in
voller Höhe tilge (vgl. Niedenführ/Kümmel in Niedenführ/Vandenhouten, WEG,
12. Aufl., § 10 Rn. 129; wohl auch Palandt/Wicke, BGB, 78. Aufl., § 10 WEG
Rn. 41; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2018], § 21 Rn. 71 f. mit Einschränkungen wegen
der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht). Andere
erwägen in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu
der Haftung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft (vgl. BGH, Urteil
vom 15. Oktober 2007 - II ZR 136/06,
Inanspruchnahme der anderen Wohnungseigentümer - unabhängig
von dem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Notgeschäftsführung - in den
Fällen, in denen aus dem Verwaltungsvermögen langfristig keinerlei Befriedigung
zu erwarten sei (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 690: „allenfalls“).
(5) Schließlich soll nach einer weiteren Auffassung in einer aus nur zwei
Eigentümern bestehenden Gemeinschaft (sog. Zweier-Wohnungseigentümergemeinschaft)
der Eigentümer, der gemeinschaftliche Kosten und Lasten vorgestreckt
habe, von dem anderen Eigentümer anteilige Erstattung auch ohne
Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung oder einen Wirtschaftsplan verlangen
können, wenn ein Verwalter nicht bestellt und aufgrund der Stimmengleichheit
(Kopfstimmrecht gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) in der Eigentümerversammlung
ein entsprechender Beschluss nicht möglich sei (vgl.
BayObLG,
8. Aufl., § 10 WEG Rn. 281; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21 Rn. 15;
Bärmann/Becker, aaO, § 28 Rn. 58).
bb) Der Senat entscheidet die Streitfrage wie folgt: Eine Haftung des
Wohnungseigentümers gemäß § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG für Verbindlichkeiten
des Verbands scheidet aus, wenn es sich um Ansprüche anderer Wohnungseigentümer
handelt, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis herrühren (sog. Sozialverbindlichkeiten).
Hierzu gehören Aufwendungsersatzansprüche, die einem
Wohnungseigentümer wegen der Tilgung einer Verbindlichkeit des Verbands
zustehen, und zwar auch dann, wenn die Tilgung eine Notgeschäftsführungsmaßnahme
i.S.d. § 21 Abs. 2 WEG ist; dies gilt unabhängig davon, ob eine Befriedigung
aus dem Gemeinschaftsvermögen zu erwarten ist oder nicht. Ob bei
Zweier-Wohnungseigentümergemeinschaften eine Ausnahme gilt, bedarf hier
keiner Entscheidung.
(1) Auszugehen ist von dem Wortlaut des § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, in
dem allgemein von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
die Rede ist, für die jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines
Miteigentumsanteils haftet. Verbindlichkeiten können auch gegenüber einem
Wohnungseigentümer bestehen, so dass eine generelle Beschränkung der
Vorschrift auf Dritte nicht gerechtfertigt ist. Soweit der Wohnungseigentümer
gegen den Verband Ansprüche hat, die in keinem Zusammenhang mit seiner
Stellung als Wohnungseigentümer stehen, sondern in gleicher Weise auch von
Dritten erworben werden können, wie dies beispielsweise bei dem Verkauf einer
Sache an den Verband der Fall ist, haften im Ausgangspunkt (auch) die
übrigen Wohnungseigentümer für diese Verbindlichkeit. Ob der Wohnungseigentümer
wegen der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht
gehalten ist, vorrangig den Verband in Anspruch zu nehmen, und ob die
gemäß
durch einen in der Gemeinschaft abweichend vereinbarten Verteilungsmaßstab
verdrängt wird (vgl. BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10
Rn. 636; siehe auch Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 360), bedarf
keiner Entscheidung.
(2) Anders ist es jedoch, wenn der Anspruch des Wohnungseigentümers
gegen den Verband seine Grundlage in dem Gemeinschaftsverhältnis hat, er
also untrennbar mit der Stellung als Wohnungseigentümer zusammenhängt.
Auf solche Fälle ist die Vorschrift nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem
Sinn und Zweck nicht anwendbar.
(a) Der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 63 ff.) hat mit der Einfügung
von
(V ZB 32/05,
der Wohnungseigentümer anerkannt wurde, soweit sie bei der Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Neben
der Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft sollte eine akzessorische
gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht kommen,
wenn diese sich neben dem Verband klar und eindeutig verpflichtet hatten
(vgl. Senat, Urteil vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05,
Übrigen wurde der Gläubiger für den Fall, dass das Geldvermögen des Verbands
nicht ausreichte, darauf verwiesen, die Ansprüche der Gemeinschaft gegen
die Wohnungseigentümer auf Zahlung von Beiträgen und Sonderumlagen
bzw. auf Schadensersatz zu pfänden (Senat, Urteil vom 2. Juni 2005
- V ZB 32/05,
wurden hierdurch zu hohe Hürden für die Durchsetzung von Forderungen
aufgestellt, weil eine effektive Vollstreckung danach nur gewährleistet war,
wenn das Verwaltungsvermögen ausreichte, um die Verbindlichkeit zu erfüllen.
Deshalb wurde mit der Schaffung von
die Möglichkeit eingeräumt, wegen Verbindlichkeiten der Gemeinschaft auch
unmittelbar gegen die Wohnungseigentümer vorzugehen. Andererseits ist dieser
Anspruch in seinem Umfang begrenzt worden, indem die Haftung des einzelnen
Wohnungseigentümers auf den Anteil beschränkt wurde, den dieser am
Gemeinschaftseigentum hat. Ziel war es, eine „anteilsmäßige Außenhaftung“ zu
begründen, die die Durchsetzung der Forderung gegenüber dem Haftungskonzept
des Senats in der angeführten Entscheidung erheblich erleichtert (vgl. BTDrucks.
16/887, S. 65). Dazu bestimmt § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG, „inwieweit die
Wohnungseigentümer im Verhältnis gegenüber Dritten für die Verbindlichkeiten
der Gemeinschaft einzustehen haben“ (BT-Drucks. 16/887, S. 63). Mit dieser
auf das Außenverhältnis bezogenen gesetzgeberischen Zielsetzung ist es nicht
zu vereinbaren, die Vorschrift auf die Haftung der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis
anzuwenden (vgl. auch LG Frankfurt,
(b) Die Absicht des Gesetzgebers, eine auf das Außenverhältnis beschränkte
Regelung zu treffen, zeigt sich auch daran, dass bei der Haftung der
Wohnungseigentümer allein auf den Miteigentumsanteil abgestellt wird und
nicht auf den tatsächlichen Verteilungsschlüssel der Wohnungseigentümer, der
auch eine von dem Miteigentumsanteil abweichende Verteilung der Kosten und
Lasten vorsehen kann (vgl. OLG München,
Abs. 8 WEG ein direkter Zugriff des Wohnungseigentümers auf die anderen
Eigentümer möglich, würden die im Wohnungseigentumsgesetz für das Innenverhältnis
der Wohnungseigentümer getroffenen Regelungen und das im Gesetz
vorgesehene Finanzsystem der Wohnungseigentümergemeinschaft unterlaufen.
Der einzelne Wohnungseigentümer muss grundsätzlich nicht damit
rechnen, von einem anderen Wohnungseigentümer im Hinblick auf Verbindlichkeiten
des Verbands unmittelbar in Anspruch genommen zu werden. Die Willensbildung
der Gemeinschaft über die Finanzausstattung und die Deckung von
Finanzierungslücken würde gestört, könnte ein Wohnungseigentümer die anderen
wegen seiner im Gemeinschaftsverhältnis wurzelnden Ansprüche ohne
Einhaltung des im Wohnungseigentumsgesetz vorgesehenen Verfahrens unmittelbar
(insbesondere ohne Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan und
eine Jahresabrechnung gemäß
- in Anspruch nehmen (vgl. Häublein,
WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 683; AG Charlottenburg,
469). Wie sich aus den
Entscheidung überlassen bleiben, ob zur Tilgung entstandener Verwaltungsschulden
Sonderumlagen erhoben oder Darlehen aufgenommen werden oder
auf vorhandene Rücklagen zurückgegriffen wird. Es steht der Gemeinschaft
zudem frei, intern einen abweichenden Umlagemaßstab nach § 16 Abs. 3,
Abs. 4 WEG zu beschließen.
(3) Eine solche, nicht der Haftung gemäß
Sozialverbindlichkeit ist beispielsweise bei einem Anspruch auf Auskehr eines
Abrechnungsguthabens aus einer Jahresabrechnung gegeben. Entsprechendes
gilt für Aufwendungsersatzansprüche des Wohnungseigentümers, die ihm
- wie hier dem Kläger - wegen der Begleichung von Verbindlichkeiten des Verbandes
gegen diesen zustehen. Ungeachtet der oben (Rn. 5) erörterten Frage,
auf welcher Anspruchsgrundlage ein solcher Erstattungsanspruch beruht, steht
er jedenfalls im untrennbaren Zusammenhang mit der Stellung als Wohnungseigentümer
(vgl. § 16 Abs. 2 WEG). Auch wenn eine Zahlung des Wohnungseigentümers
entsprechend
sollte, wie dies zum Teil vertreten wird (vgl. oben Rn. 5), handelte es sich
nicht um eine „normale“ Drittgläubigerforderung, für die
vielmehr ist es dem leistenden Wohnungseigentümer wegen der vorrangigen
Regeln des Innenverhältnisses auch bei der Annahme eines Forderungsübergangs
nicht gestattet, sich auf die Vorschrift zu berufen (Häublein, ZWE 2008,
411, 415 f.; BeckOK WEG/Müller [2.4.2018], § 10 Rn. 685). Dies gilt auch dann,
wenn sich die Tilgung der Verbindlichkeit als gemäß § 21 Abs. 2 WEG gerechtfertigte
Notgeschäftsführungsmaßnahme darstellt, wie dies bei der Tilgung von
Schulden des Verbandes zur Abwendung einer Versorgungssperre oder zur
Vermeidung des Verlustes von Versicherungsschutz möglich sein kann (vgl.
Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 26;
Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21 Rn. 13).
(4) Ein Durchgriff des Wohnungseigentümers gegen die anderen Wohnungseigentümer
ungeachtet der im Innenverhältnis gemäß § 16, § 28 WEG zu
beachtenden Regelungen kommt bei einer Sozialverbindlichkeit auch dann
nicht in Betracht, wenn das Verbandsvermögen nicht ausreicht, den Aufwendungsersatzanspruch
des leistenden Wohnungseigentümers zu erfüllen. Nach
der Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes muss der Wohnungseigentümer
in einem solchen Fall eine entsprechende Beschlussfassung des Verbandes
herbeiführen (vgl. AG Charlottenburg
solcher Beschluss nicht zustande, hat der Wohnungseigentümer gemäß § 21
Abs. 8 WEG die Möglichkeit einer Beschlussersetzungsklage.
(5) Ob im Fall einer (zerstrittenen) Zweier-Wohnungseigentümergemeinschaft,
in der ein Verwalter nicht bestellt ist und wegen des Kopfstimmrechts
(
gilt, wie dies in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten wird (vgl.
BayObLG,
8. Aufl., § 10 WEG Rn. 281; vgl. auch Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 21
Rn. 15; Bärmann/Becker, aaO, § 28 Rn. 58; aA AG Bremen, NJW-RR 2010,
884; LG Frankfurt, NJOZ 2018, 1975, 1976; BeckOK WEG/Müller [2.4.2018],
§ 10 Rn. 692), bedarf keiner Entscheidung, weil nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts das Stimmrecht hier abweichend von
ist und es zu einer „Pattsituation“ wegen Stimmengleichheit nicht kommen
kann.
d) Nach alledem scheidet eine Haftung der GbR gemäß § 10 Abs. 8 Satz
1 WEG und damit auch der Beklagten als deren (ehemalige) Gesellschafter
(§ 128 Abs. 1 HGB analog) für die von dem Kläger verauslagten Versicherungsbeiträge
aus. Da das Berufungsgericht die Berufung des Klägers mithin zu
Recht zurückgewiesen hat, hat sein Rechtsmittel keinen Erfolg.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:26.10.2018
Aktenzeichen:V ZR 279/17
Rechtsgebiete:
Bürgschaft u.a. Personalsicherheiten
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
OHG
WEG
ZNotP 2020, 172-175
ZWE 2019, 265-268
WEG §§ 10 Abs. 8, 21 Abs. 2