LG Düsseldorf 29. Juli 2015
25 T 555/14
GmbHG § 40 Abs. 2 S. 2; GNotKG §§ 29 Nr. 1, 130 Abs. 2

Keine Bescheinigungsgebühr für sog. Wirksamkeitsbescheinigung, wenn keine Prüfung von Umständen außerhalb der Urkunde erforderlich ist

DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 16.10.2015
LG Düsseldorf , 29.7.2015 - 25 T 555/14

GmbHG § 40 Abs. 2 S. 2; GNotKG §§ 29 Nr. 1, 130 Abs. 2
Keine Bescheinigungsgebühr für sog. Wirksamkeitsbescheinigung, wenn keine Prüfung
von Umständen außerhalb der Urkunde erforderlich ist

Sind vom Notar keine Umstände außerhalb der Urkunde zu prüfen, entsteht für die Wirksamkeitsbescheinigung
gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG keine Bescheinigungsgebühr nach Nr. 25104
KV GNotKG.

Landgericht Düsseldorf, 25 T 555/14
29.07.2015
Landgericht Düsseldorf
25. Zivilkammer
Beschluss
25 T 555/14
Sind vom Notar keine Umstände außerhalb der Urkunde zu prüfen,
entsteht für die Wirksamkeitsbescheinigung gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG
keine Bescheinigungsgebühr nach Nr. 25104 KV GNotKG.
Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 130 Abs. 2 GNotKG
wird die Kostenrechnung vom 25.02.2014 Nr. 29639 zu der
Urkundenrollen-Nummer des Notars bestätigt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen
Kosten der Beteiligten zu 3. werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe:

I.
Unter dem 26.09.2013 beurkundete der Notar für die Beteiligte zu 3. als Käuferin einen
Geschäftsanteilskauf- und Geschäftsanteilsabtretungsvertrag über einen
GmbH-Geschäftsanteil. Da der Kaufpreis bereits vor Beurkundung bezahlt war, erfolgte die
Abtretung bedingungsfrei. Der Notar reichte die neue Gesellschafterliste gemäß
§ 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG zum Handelsregister ein ohne Prüfung von außerhalb der Urkunde
liegenden Umständen.
Im Rahmen der am 27.01.2014 durchgeführten Kostenprüfung der vorgesetzten
Dienstbehörde beanstandete der Bezirksrevisor bei dem Landgericht, dass zusätzlich zur
erfolgten Kostenberechnung eine 1,0 Gebühr nach Nr. 25104 GNotKG in Ansatz gebracht
werden müsse.
Mit der beanstandeten Kostenrechnung hatte der Notar gegenüber der Beteiligten zu 3.
eine nach dem Geschäftswert von 27.500,00 € errechnete 2,0 Gebühr für das
Beurkundungsverfahren nach Nr. 21100 KV GNotKG in Höhe von 250,00 €, eine 0,5
Vollzugsgebühr nach Nr. 22110 in Höhe von 62,50 €, für die Erteilung einer Bescheinigung
nach § 21 Abs. 1 BNotO gemäß Nr. 25200 KV NotKG eine Gebühr von 15,00 €, für den
elektronischen Vollzug und XML-Strukturdaten eine 0,3 Gebühr nach Nr. 22114 KV NotKG
über 37,50 €, und weitere Gebühren von insgesamt 15,90 € nach Nr. 32001, 32002, 32015
und 32011 KV GNotKG für Dokumentenpauschalen, verauslagte Gerichtskosten und
Gebühren für einen Handelsregisterauszug (Bl. 4 d. A.) in Ansatz gebracht.
Auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde beantragte der Notar die Herbeiführung
einer gerichtlichen Entscheidung über die Kostenrechnung.
Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 15.05.2015 zu der beanstandeten
Rechnung Stellung genommen und ausgeführt, dass dann, wenn für die Erteilung der
Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG keine Betreuungsgebühr nach Nr. 22200
Ziff. 6 KV GNotKG anfalle, weil keine Umstände außerhalb der Urkunde zu prüfen seien,
für die Bescheinigung eine 1,0 Gebühr nach Nr. 25104 KV GNotKG anfalle. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 52 ff. d. A. verwiesen.
II.
Auf Antrag des Notars nach § 130 GNotKG war die streitgegenständliche Kostenrechnung
zu bestätigen.
Die Gebühr nach Nr. 25104 KV GNotKG ist nicht zu erheben.
Zutreffend wurde für die erforderliche Bescheinigung gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG, die
der Notar ausgestellt hat, keine Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 Ziff. 6 KV GNotKG in
Ansatz gebracht, da außer dem Urkundeninhalt vom Notar keine weiteren
Voraussetzungen zu prüfen waren. Die Geschäftsanteilsübertragung war bereits nach der
Urkunde wirksam, weil der Kaufpreis nach dem Urkundeninhalt gezahlt worden war (vgl. II
der Urkunde vom 26.09.2013, UR. Nr., Bl. 18 d. A.).
Die Gebühr nach Nr. 25104 KV GNotKG entsteht für die Erteilung von Bescheinigungen
über Tatsachen oder Verhältnisse, die urkundlich nachgewiesen oder offenkundig sind,
einschließlich der Identitätsfeststellung, wenn sie über die §§ 10 und 40 Abs. 4 des
Beurkundungsgesetzes hinaus selbständige Bedeutung hat. Die Gebühr entsteht nicht,
wenn die Erteilung der Bescheinigung eine Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 KV GNotKG
darstellt.
Für die Anwendbarkeit des Gebührentatbestands Nr. 25104 KV GNotKG auf die
Konstellation der Erteilung einer Bescheinigung i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG wird
angeführt, dass dieser Bescheinigung urkundlich nachgewiesene Tatsachen bzw.
Verhältnisse i. S. v. Nr. 25104 KV GNotKG zugrunde liegen. Weil die Anmerkung zu
Nr. 25104 KV GNotKG ausdrücklich bestimmt, dass die Bescheinigungsgebühr dann nicht
entsteht, wenn die Erteilung der Bescheinigung eine Betreuungsgebühr nach Nr. 22200
KV GNotKG darstellt, soll hieraus folgen, dass die für die Fertigung, Änderung oder
Ergänzung der Gesellschafterliste anfallende Vollzugsgebühr die Gebühr Nr. 25104 KV
GNotKG nicht sperre (Harder, in: Leipziger-GNotKG, 2013, Nr. 25104 KV Rn. 15; Pfeiffer,
in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 1. Auflage 2014, Nr. 25104 Rn. 3, 4).
Außerdem bestimmt Vorbem. 2.1 Abs. 2 Nr. 4 GNotKG ausdrücklich, dass bei Änderung
eines Gesellschaftsvertrags oder einer Satzung die Erteilung einer für die Anmeldung zum
Handelsregister erforderlichen Bescheinigung des neuen vollständigen Wortlauts des
Gesellschaftsvertrags oder der Satzung (§§ 54 GmbHG, 181 AktG) durch die Gebühr des
Beurkundungsverfahrens abgegolten wird. Die Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG
wird dort nicht erwähnt (Volpert, RNotZ 2015, 276, 285).
Gegen eine Anwendbarkeit könnte sprechen, dass § 29 GNotKG auf den Fall der Erteilung
einer Bescheinigung nach § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG nicht anzuwenden ist.
Die Erteilung der Wirksamkeitsbescheinigung gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG stellt eine
notarielle Amtspflicht dar. Deshalb fällt die Betreuungsgebühr nach Nr. 22200 Nr. 6 KV GNotKG
bei Prüfung von Umständen außerhalb der Urkunde nach Vorbem. 2.2 Abs. 1 GNotKG
auch dann an, wenn dem Notar für seine Tätigkeit kein besonderer Auftrag erteilt
worden ist. Die Kostenschuldnerschaft folgt aus § 30 Abs. 1, 3 GNotKG und mangels
Auftraggebers nicht aus § 29 Nr. 1 GNotKG (Volpert, RNotZ 2015, 276, 285).
Für die Gebühr Nr. 25104 KV GNotKG gilt § 30 GNotKG nicht, weil es sich bei der von
diesem Tatbestand erfassten Tätigkeit nicht um eine Betreuungstätigkeit (Hauptabschnitt 2
KV GNotKG), sondern um ein sonstiges Geschäft (Hauptabschnitt 5 KV GNotKG) handelt
(Volpert, RNotZ 2015, 276, 285). Daraus kann abgeleitet werden, dass die Gebühr nach
Nr. 25104 KV GNotKG nicht entstehen kann, weil bei dieser Gebühr Kostenschuldner nur
der Auftraggeber gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG sein kann und es im Falle der
Bescheinigungserteilung nach § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG an diesem fehlt.
Ausschlaggebend vermag dieses Argument indes nicht zu sein, da auch in anderen
Kostengesetzen Konstellationen vorkommen, in denen es für eine entstandene Gebühr
keinen Kostenschuldner gibt (Volpert, RNotZ 2015, 276, 285). Die Befürworter des
Gebührenansatzes nach Nr. 25104 KV GNotKG ziehen eine analoge Anwendung der
Regelung über den Kostenschuldner in §§ 29 Nr. 1, 30 GNotKG der Nichtanwendung des
im Falle der Wirksamkeitsbescheinigung erfüllten Tatbestandes von Nr. 25104 KV GNotKG
vor (Volpert, RNotZ 2015, 276, 285). Der Geschäftswert wäre dann nach § 36 Abs. 1 GNotKG
zu bestimmen. Bezugswert wäre der Geschäftswert der Anteilsveräußerung, aber
lediglich mit einem Teilwert von 10% -30 % des Wertes der konkreten Anteilsveräußerung
(Diehn/Volpert, Praxis des Notarkostenrechts, Rn. 1175) bzw. 30%-50% (Pfeiffer, in:
Bohrmann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 1. Auflage 2014, Nr. 25104 KV Rn. 3).
Gegen die Anwendung des streitgegenständlichen Gebührentatbestands auf die
vorliegende Fallkonstellation spricht, dass schon der frühere § 50 KostO grundsätzlich nur
für selbständige – vom Notar auf Antrag erteilte – Tatsachenbescheinigung galt.
Tatsachenbescheinigung fielen nur unter § 50 KostO a.F., wenn der Bescheinigung
eigenständige Bedeutung zukam. Alle hierzu anerkannten Fallgruppen setzten einen
eigenständigen Antrag voraus. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurde die Ansicht
vertreten, dass die Erteilung der Notarbescheinigung nach § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG ein
gebührenfreies Nebengeschäft nach § 35 KostO darstelle, für das somit keine Gebühr
nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO anfalle (OLG Frankfurt, NZG 2014, 1239; OLG Hamm,
FGPrax 2012, 265; OLG Brandenburg, NZG 2011, 152; OLG Celle, NZG 2010, 959, 960;
OLG Stuttgart, NZG 2009, 999, 1000).
Nr. 25104 KV GNotKG soll zudem nicht gelten, „wenn die Bescheinigung bloßes
Akzidentalium zu einem anderen Geschäfts ist“ (Pfeiffer, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt,
GNotKG, 1. Auflage 2014, Nr. 25104 Rn. 3).
Die Anwendbarkeit auf die Erteilung einer Bescheinigung nach § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG,
wenn Nr. 22200 KV GNotKG nicht eingreift, unterstellt ein vom Gesetzgeber nicht zum
Ausdruck gebrachtes Alternativverhältnis. Allein dass ein Tatbestand durch einen anderen
Tatbestand nicht gesperrt ist, führt nicht zu dessen Anwendbarkeit.
Vielmehr hält es die Kammer für überzeugend, dass die Wirksamkeitsbescheinigung nach
§ 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG, da diese ausschließlich auf gesetzlicher Anordnung beruht und
nicht auf einem Antrag wie für Nr. 25104 KV GNotKG erforderlich, als unselbständige
Nebentätigkeit grundsätzlich kostenfrei ist, wenn nicht ausnahmsweise aufgrund Nr. 22200
KV GNotKG Notargebühren anfallen (vgl. Sikora, in: Korintenberg, GNotKG, 19. Auflage
2015, Nr. 22200 KV Rn. 32, Nr. 25104 KV Rn. 8; Diehn, Berechnungen zum neuen
Notarkostenrecht, 2. Auflage 2013, Rn. 919; Pfeiffer, NZG 2013, 244, 247; Berger, in:
Beck´scher Online-Kommentar Kostenrecht, Dörndörfer/Neie/Petzold/Wendtland, 10.
Auflage, Stand 15.05.2015, GNotKG KV 25104 Rn. 13). Ein strenges Alternativverhältnis
würde zudem zu widersinnigen Ergebnissen führen: Eine „Untätigkeit“ des Notars würde
eine höhere Gebühr auslösen (1,0) als dessen Tätigkeit (0,5).
Die von den Vertretern der Gegenansicht vollzogene Korrektur auf Rechtsfolgenebene
(Ansatz nur eines Teil des Geschäftswertes) hat im Gesetz keine Verankerung und läuft
dem Leitgedanken der Reform des Gerichts- und Notarkostenrechts zuwider. Mit der
Abschaffung von § 147 Abs. 2 KostO berechnen sich Betreuungsgebühren sowie
Gebühren für Vollzugstätigkeiten nach §§ 112, 113 Abs. 1 GNotKG aus dem vollen Wert.
Dies führte zu einer einheitlicheren und transparenteren Kostenerhebung als bisher
(Sikora, MittBayNot 2013, 349, 350). Bei Ansatz nur eines Teilwertes würde dieses Ziel
unterlaufen.
Auch systematische Argumente sprechen gegen eine Gebührenerhebung nach dieser
Vorschrift: So steht Nr. 25104 KV GNotKG in einem eigenständigen Hauptabschnitt
(Hauptabschnitt 5 KV GNotKG) und stellt einen Kostentatbestand nur für isolierte
Bescheinigungen dar.
Da die Gebühr nach Nr. 25104 KV GNotKG nicht anzusetzen ist, war die Kostenrechnung
daher zu bestätigen.
Gerichtsgebühren waren in Ermangelung eines Gebührentatbestandes in Teil 1 des
Kostenverzeichnisses zum GNotKG nicht zu erheben. Die Kostenentscheidung im Übrigen
folgt aus § 130 Abs. 2 S. 4 GNotKG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

LG Düsseldorf

Erscheinungsdatum:

29.07.2015

Aktenzeichen:

25 T 555/14

Rechtsgebiete:

Kostenrecht
GmbH

Erschienen in:

MittBayNot 2016, 269-270

Normen in Titel:

GmbHG § 40 Abs. 2 S. 2; GNotKG §§ 29 Nr. 1, 130 Abs. 2