Ersetzung der Auflassungserklärung durch Urteil
DNotI
Deutsches Notarinstitut
letzte Aktualisierung: 5.6.2018
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.2.2018 – 3 Wx 4/18
GBO §§ 18, 19, 20;
Ersetzung der Auflassungserklärung durch Urteil
1. Im Grundbuchverfahren auf Eigentumsumschreibung ist (wird) eine Zwischenverfügung auf
Nachweis der dinglichen Einigung inhaltlich unzulässig, wenn der Adressat ernsthaft und
endgültig zu erkennen gegeben hat, dass er nicht gewillt ist, die geforderte Auflassungserklärung
beizubringen; in diesem Fall hat das Grundbuchamt über den Eintragungsantrag zu entscheiden.
2. Ist der Inhaber eines Miteigentumsanteils verurteilt, der Übertragung an den Erwerber
zuzustimmen und dessen Eintragung im Grundbuch zu bewilligen, so ersetzt das Urteil die
abzugebende Auflassungserklärung des Schuldners gemäß
3. Der erwerbende Gläubiger hat dem Erfordernis des
zu tragen, dass er seinerseits unter Vorlage des Urteils die Auflassung vor dem Notar erklärt und
die nach
als Voraussetzung für die – hier vom Grundbuchamt im Ergebnis zu Recht verweigerte –
Eigentumsumschreibung urkundlich nachweist.
G r ü n d e :
I.
Die Beteiligte zu 1 ist die eingetragene Eigentümerin des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts
Ratingen Blatt 25938 verzeichneten 241/1.000 Miteigentumsanteils an dem vorbenannten
Grundbesitz. Mit notariell beurkundetem Bauträgervertrag vom 27. September 2011 verkaufte die
Beteiligte zu 1 das Wohnungseigentum an die Beteiligten zu 2 und 3 zu je ½ Anteil. Die Beteiligten
wiesen den Notar an, die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch erst zu beantragen,
wenn ihm die Zahlung des gesamten Kaufpreises nachgewiesen ist oder der Verkäufer ihn hierzu
ermächtigt.
Am 11./13. Juli 2017 haben die Beteiligten zu 2 und 3 die Eigentumsumschreibung hinsichtlich des
vorbenannten Grundbesitzes beantragt. Sie haben die vollstreckbare Ausfertigung eines
Versäumnisurteils vom 30. April 2015 (Landgericht Düsseldorf, Az. 1 O 262/14) vorgelegt, mit dem
die Beteiligte zu 1 verurteilt worden ist, der Übertragung der vorgenannten Miteigentumsanteile an
die Beteiligten zu 2 und 3 zuzustimmen und deren Eintragung als Eigentümer im Grundbuch zu
bewilligen.
Mit Zwischenverfügung vom 13. Juli 2017 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, der Erledigung des
Antrags stünden Hindernisse entgegen. Es seien noch eine Unbedenklichkeitserklärung des
zuständigen Finanzamts und der Nachweis der dinglichen Einigung (Auflassungserklärung)
einzureichen. Zwar könne die erforderliche Auflassung grundsätzlich auch im Sinne von § 894 S. 1
ZPO fingiert werden, wobei sie dann gem.
der zuständigen Stelle erklärt werden müsse. Diese Voraussetzungen seien hier jedoch nicht
gegeben, weil sich der Tenor des Versäumnisurteils nur auf die grundbuchrechtlich erforderliche
Bewilligung, nicht jedoch auf die erforderliche dingliche Einigung beziehe. Denn diese erfordere
gleichlautende Willenserklärungen; Zustimmungen seien nicht ausreichend. Es bestehe auch kein
Spielraum für eine entsprechende Auslegung des Tenors, weil der Grundbuchverkehr klare und
eindeutige Erklärungen erfordere. Insoweit sei die Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts
gegenüber derjenigen des Prozessgerichts, das den wirklichen Willen der Parteien zu ermitteln habe,
eingeschränkt.
Dagegen haben die Beteiligten zu 2 und 3 Beschwerde eingelegt, soweit der Beschluss auf die
Vorlage des Nachweises der Auflassungserklärung gerichtet ist. Sie machen geltend, der Nachweis
der Auflassung sei durch das Versäumnisurteil vom 30. April 2015 erbracht. Die Beteiligten zu 2 und
3 legen ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27. Oktober 2017 (Az. 16 O 43/17) vor, mit dem
dieses eine Klage der Beteiligten zu 2 und 3 abgewiesen hat, die darauf gerichtet war, den Notar A..
anzuweisen, die Eintragung des Eigentumswechsels bei dem Amtsgericht Ratingen – Grundbuchamt
– zu beantragen. Zur Begründung hat das Landgericht Düsseldorf ausgeführt, es fehle am
Rechtsschutzbedürfnis, da den Beteiligten zu 2 und 3 mit dem og. Versäumnisurteil die notwendigen
Mittel zur Verfügung stünden, ihre Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch zu bewirken, ohne auf
die Mitwirkung des Notars A… angewiesen zu sein. Die notwendige Willenserklärung der Beteiligten
zu 1 werde hier gem.
notwendigen Form abgegeben. Der Tenor ziele nach dem Begehren der Beteiligten zu 2 und 3
darauf ab, die Erklärung der Beteiligten zu 1 zu ersetzen. Eine Auslegung des Tenors in einer Form,
die nicht auf den Eigentumswechsel gerichtet sei, sei nicht denkbar. Soweit den Beteiligten zu 2 und
3 durch die angefochtene Zwischenverfügung die Nutzung ihres Titels erschwert worden sei, stehe
es ihnen frei, auf dem Rechtsweg dagegen vorzugehen.
Durch Beschluss vom 5. Januar 2018 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und
die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundbuchakten Bezug genommen.
II.
1.
Die gemäß
ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen,
2.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil das Amtsgericht nicht in Form der Zwischenverfügung
hätte entscheiden dürfen.
Die Zwischenverfügung ist schon deshalb inhaltlich unzulässig, weil die Beteiligten zu 2 und 3 in ihrer
Stellungnahme zu der hier angefochtenen Zwischenverfügung ernsthaft und endgültig zu erkennen
gegeben haben, dass sie nicht gewillt waren, die vom Grundbuchamt geforderte
Auflassungserklärung beizubringen. Das Grundbuchamt hätte deshalb – auf der Basis seiner
eigenen Rechtsauffassung – seine Zwischenverfügung nicht aufrechterhalten dürfen, sondern über
den Löschungsantrag entscheiden müssen (vgl. Senat,
3.
Vorsorglich sei in der Sache – ohne Bindungswirkung – bemerkt:
Es spricht einiges dafür, dass der Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 im Ergebnis nicht
erfolgversprechend ist.
Im Falle der Auflassung eines Grundstücks darf die Eintragung gem.
wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt ist. Dabei ersetzt das
rechtskräftige Versäumnisurteil die von der Beteiligten zu 1 abzugebende Auflassungserklärung gem.
einer entsprechenden Erklärung verurteilt worden ist.
Grundbucherklärungen sind grundsätzlich auslegungsfähig,
Grenzen, die der Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter
Eintragungsunterlagen setzen. Dabei ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, so wie er sich für
einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BGH FGPrax
2015, 5; OLG München, Beschluss vom 15. November 2016, Az. 34 Wx 408/16 – juris). Eine
Eintragungsbewilligung muss klar und unzweideutig ergeben, dass eine bestimmte
Grundbucheintragung gewollt ist, der Inhalt der einzutragenden Rechtsänderung muss eindeutig und
vollständig bezeichnet sein. Auf die Auslegung kann nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem
zweifelsfreien Ergebnis kommt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. Februar 2011, Az. 20 W 59/11 –
juris).
Soweit das Grundbuchamt den Tenor in dem Sinne versteht, dass er sich nur auf die
grundbuchrechtlich erforderliche Bewilligung, nicht aber auf die dingliche Einigung bezieht, greift
dieses Verständnis zu kurz. Dass die Verurteilung sich nicht ausschließlich auf die
Eintragungsbewilligung i.S.d.
Verpflichtungen enthält. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben einerseits der Eintragung im Grundbuch,
andererseits aber auch der Übertragung der Miteigentumsanteile zuzustimmen, so dass neben der
Verpflichtung zu der grundbuchrechtlich erforderlichen Bewilligung noch eine weitere Verpflichtung
tituliert ist. Diese lehnt sich mit der Formulierung „der Übertragung der Miteigentumsanteile…
zuzustimmen“ an den Wortlaut des
Eigentums an einem Grundstück Auflassung und Eintragung erforderlich sind. Der Tenor des
Versäumnisurteils ist daher dahin zu verstehen, dass die Zustimmung zur Übertragung der
Miteigentumsanteile die Auflassungserklärung der Beteiligten zu 1 bezeichnet, so dass diese gem. §
894 Abs. 1 ZPO durch das rechtskräftige Versäumnisurteil ersetzt wird.
In diesem Sinne hat auch das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 27. Oktober 2017 (Az. 16
O 43/17) den Tenor des Versäumnisurteils verstanden. Allerdings sind damit die Voraussetzungen
des vorliegenden Eintragungsantrages noch nicht gegeben. Denn das Versäumnisurteil ersetzt gem.
die Entgegennahme der Auflassungserklärung durch die Beteiligten zu 2 und 3 in der Form des §
925 Abs. 1 BGB. Die Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung nach
jeher einhelliger Ansicht nur die Abgabe der Erklärung des Auflassungsschuldners ersetzen, nicht
auch die des Gläubigers, da diese Norm keine Ausnahme von der Formvorschrift des § 925 Abs. 1
BGB enthält.
dem Notar, jedoch die Abgabe der Erklärungen vor dem Notar. Da die Willenserklärung des
Schuldners erst mit der Rechtskraft des Titels, und nicht zu einem früheren Zeitpunkt, als abgegeben
gilt, hat der Gläubiger dem Erfordernis des
dass er seinerseits unter Vorlage des Urteils die Auflassung vor dem Notar erklärt (vgl. OLG
München RPfleger 2017, 532 m.w.Nw.; Keller/ Munzig, Grundbuchrecht – Kommentar, 7. Auflage
2015, § 19 Rn. 143; Gruber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 894 Rn. 16;
Stürner, in: BeckOK ZPO, Stand: 1. Dezember 2017, § 894 Rn. 8). Zwar sieht der Kaufvertrag vom
27. September 2011 unter XI. 1. eine Auflassung vor, dieser Abschnitt ist allerdings in dem zu den
Akten gereichten Exemplar gestrichen. Entsprechend ist in XI. 2. geregelt, dass der Notar eine die
Auflassung enthaltende Ausfertigung erst verwenden darf, wenn ihm die Zahlung des gesamten
Kaufpreises nachgewiesen ist oder der Verkäufer ihn dazu besonders ermächtigt. Da es bislang an
einem urkundlichen Nachweis der nach
hat das Grundbuchamt im Ergebnis zu Recht die Eigentumsumschreibung verweigert.
Eine Kostenentscheidung durch den Senat ist nicht veranlasst,
Entscheidung, Urteil
Gericht:OLG Düsseldorf
Erscheinungsdatum:21.02.2018
Aktenzeichen:3 Wx 4/18
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Grundbuchrecht
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
FGPrax 2018, 90
NJW-RR 2018, 458
GBO §§ 18, 19, 20; ZPO § 894; BGB §§ 873, 925