OLG Stuttgart 29. März 2011
101 W 1/10
GrdstVG §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 u. 3, Abs. 2; LwVG § 1 Nr. 2; LwVG a. F. § 22 Abs. 1

Anforderungen an Versagung der Genehmigung nach GrdstVG

DNotIDeutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: 101w1_10
letzte Aktualisierung: 27.1.2012
OLG Stuttgart, 29.3.2011 - 101 W 1/10
GrdstVG §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 u. 3, Abs. 2; LwVG § 1 Nr. 2; LwVG a. F. § 22 Abs. 1
Anforderungen an Versagung der Genehmigung nach GrdstVG
1. Für die Versagung einer Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz wegen ungesunder Verteilung des Grund und Bodens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG genügt ein mögliches
künftiges Interesse potentieller Interessenten nicht.
2. Auch die Versagung einer Genehmigung wegen groben Missverhältnisses zwischen dem Wert
des Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis kommt nur in Betracht, wenn von dem Verkauf ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur ausgehen. Dies ist nur dann der Fall, wenn
ein überhöhter Preis sich als Erschwernis für den Erwerb durch einen Landwirt auswirken kann.
Besteht kein konkretes Interesse eines Landwirts, das Grundstück zu einem angemessenen Preis
zu erwerben, scheidet deshalb eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG
aus.


Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Genehmigung des am 11.11.2008 mit der Beteiligten Ziff. 2 als
Verkäuferin und dem Antragsteller als Käufer geschlossenen notariellen Kaufvertrags über ein
landwirtschaftliches Grundstück in W... mit einer Fläche von 1 Hektar 97 Ar und 30 qm zu
einem Kaufpreis von 69.055 EUR. Das Landratsamt Ravensburg hat die Genehmigung durch
Bescheid vom 16.01.2009 wegen ungesunder Verteilung von Grund und Boden nach § 9 Abs. 1
Nr. 1 GrdstVG versagt.
Das streitgegenständliche Grundstück liegt im Außenbereich. Es ist unbebaut. Die Fläche ist
überwiegend als Grünland genutzt (14.403 qm). Die restliche Fläche ist Gehölz (5.327 qm).
Der Antragsteller und Beteiligte Ziffer 1 ist von Beruf Konstrukteur und betreibt nebenberuflich
eine Damwildzucht. Die streitgegenständliche Fläche nutzt er bereits seit dem Jahr 2000 als
Pächter zur Futtergewinnung bzw. als Holzschlag. Er ist seit 01.04.2009 bei dem Landratsamt
registriert und hat eine landwirtschaftliche Unternehmensnummer erhalten.
Bereits vor Abschluss des Kaufvertrags vom 11.11.2008 hatte der Beteiligte Ziffer 1 das Grundstück seit 2000 auf Grundlage eines mündlichen Pachtvertrages genutzt. Im Jahr 2007 schlossen
die Beteiligten Ziffer 1 und 2 schriftlich einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren,
beginnend mit dem 11.11.2007 über mehrere Grundstücke, darunter auch das streitgegenständliche Grundstück. Eine Beanstandung des dem Landratsamt Ravensburg angezeigten Landpachtvertrages erfolgte nicht. Die Beteiligte Ziffer 2 hatte dem Antragsteller sodann durch Kaufvertrag vom 08.01.2008 das streitgegenständliche Grundstück zusammen mit zwei weiteren
kleineren Grundstücken für einen Preis von insgesamt 65.000,-- EUR veräußert. Nachdem die
L...GmbH von ihrem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht nach § 4 Abs. 1 des Reichssiedlungsgesetzes Gebrauch machen wollte, wurde dieser Kaufvertrag jedoch rückgängig gemacht. Die
beiden kleineren Grundstücke, welche unterhalb der Grenze für eine Genehmigungsnotwendigkeit nach dem Grundstückverkehrsgesetz liegen, wurden separat an den Antragsteller veräußert.
Für das streitgegenständliche Hauptgrundstück 476/1 mit einer Größe von 1 Hektar 97 Ar 30 qm
besteht ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht nicht mehr, da dieses nach § 4 Abs. 1 Reichssiedlungsgesetz erst ab einer Größe von 2 Hektar besteht.
Nach Abschluss des Kaufvertrags schrieb das Landratsamt Ravensburg das verkaufte Grundstück öffentlich aus, woraufhin sich der zwischenzeitlich verstorbene Landwirt F... sowie der
Landwirt K... als Kaufinteressenten meldeten. Der Landwirt K... gab hierbei an, maximal 0,80
EUR pro qm zahlen zu wollen. Aufgrund der Erwerbsbereitschaft des Landwirtes H... versagte
das Landratsamt mit Bescheid vom 16.01.2009 die Genehmigung des Kaufvertrags.
Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens zur Frage, ob der im
Kaufvertrag vom 11.11.2008 beurkundete Kaufpreis dem innerlandwirtschaftlichen Verkehrswert entspricht bzw. welchen Verkehrswert dieses Grundstück hat. Der Sachverständige hat in
seinem Gutachten vom 05.08.2009 (Bl. 44 d.A.) einen Verkehrswert von insgesamt 19.730,-EUR ermittelt bei einem Verkehrswert von jeweils 1 EUR pro Quadratmeter sowohl für den
Grünlandanteil als auch für den Gehölzanteil.
Am 25.08.2009 verstarb der Kaufinteressent F...
Das Landratsamt Ravensburg berief sich im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens zusätzlich
auf den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG, nämlich des groben Missverhältnisses
des Kaufpreises zum Wert des Grundstücks.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Genehmigung des Grundstückkaufvertrags zurückgewiesen.
Die Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GrdstVG lägen vor. Verhindert werden solle
nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, dass ein erwerbsbereiter Landwirt die für ihn zum Zwecke der
Erweiterung, Abrundung, Ergänzung oder Erleichterung der ausgeübten Tätigkeit als Land- oder
Forstwirt günstige Fläche nicht erwerben könne, weil er als Käufer nicht in die Frage komme
und sei es auch gerade wegen der in einem groben Missverhältnis zum Marktwert stehenden
Kaufpreishöhe, die zwischen den Parteien vereinbart worden sei. Dies gelte umso mehr, wenn
sich aus den Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die Vereinbarung in der
abgeschlossenen Weise nur deshalb getroffen worden sei, um die Vorgaben und Ziele des
Grundstückverkehrsgesetzes zu umgehen. Letzteres sei zu bejahen. Der ursprüngliche umfassendere Kaufvertrag sei rückgängig gemacht worden, nachdem seitens der LB... von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden sollte. Die Kaufinteressenten H... und K... hätten angegeben,
dass ein Eintritt in den Vertrag zu den Vertragsbedingungen nicht erfolgen könne. Der Interessent H... habe erklärt, dass er Finanzmittel aufbringen könne, wenn das fragliche Grundstück zu
einem Preis angeboten werde, der 1 EUR pro Quadratmeter nicht übersteige. Auch wenn es
außer Frage stehe, dass der verstorbene Interessent H... als potentieller Käufer ausscheide, sei die
Frage nach dem konkreten Missverhältnis von Kaufpreis zu aktuellem Verkehrswert zu
beachten, weil durch dieses Missverhältnis ein weiterer potentieller Käufer von vornherein abgeschreckt werden könnte. Der vereinbarte Kaufpreis sei unverhältnismäßig hoch, wie sich aus
dem Gutachten ergebe. Eine Genehmigung dieses Kaufvertrages liefe dem Regelungszweck des
Gesetzes zuwider und würde damit der intendierten Umgehung des Gesetzeszweckes zum
Durchbruch verhelfen. Ob ein interessierter Landwirt vorhanden sei, könne erst dann festgestellt
werden, wenn der Vertrag zu einem Kaufpreis abgeschlossen werde, der nicht wie hier 350 %
des ermittelten durchschnittlichen Verkehrswertes betrage.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Der Verkaufsinteressent H...
sei als Betreiber eines Reiterhofs schon kein Vollerwerbslandwirt gewesen. Zumindest ab dem
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz am 24.03.2009 sei er nicht mehr als
Landwirt zu qualifizieren gewesen, weil er dort angegeben habe, über keinerlei Pachtflächen
mehr zu verfügen und sein Einkommen vorwiegend aus Pensionspferden zu beziehen. Als
erwerbstätiger Landwirt sei er damit nicht in Frage gekommen. Der ohnehin zwischenzeitlich
verstorbene Kaufinteressent H... sei von Anfang an nicht erwerbsbereit gewesen aufgrund seiner
desolaten finanziellen Verhältnisse. Die aus der Luft gegriffenen Angaben des Kaufinteressenten
H..., ein Bruder würde ihm den Kaufpreis finanzieren, habe das Amtsgericht nicht als unstreitig
unterstellen dürfen, sondern es hätte darüber Beweis erheben müssen. Der Kaufinteressent H...
hätte nur dann als erwerbsfähiger Landwirt angesehen werden dürfen, wenn er zumindest bereit
gewesen wäre, auf den vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert noch einen Aufschlag in
Höhe von 50 % zu bezahlen.
Unzutreffend sei auch die Behauptung, dass der Antragsteller nach wie vor nicht Landwirt sei.
Bereits mit Bescheid vom 10.04.2009 (K 17 und K 18) sei ihm eine landwirtschaftliche Unternehmensnummer zugeteilt worden. Seit dem Jahr 2000 sei er als landwirtschaftlicher Tierhalter
bei dem Ministerium registriert. Zu Unrecht habe das Amtsgericht einen Versagungsgrund allein
aufgrund des preislichen Missverhältnisses bejaht. Voraussetzung für einen Versagungsgrund sei
neben einem Missverhältnis auch die Bereitschaft von Landwirten, den Verkehrswert zuzüglich
eines Zuschlags von 50 % zu entrichten.
Die Genehmigungsbehörde (Landratsamt Ravensburg - Landwirtschaftsamt) ist der Auffassung,
es liege der Versagungsgrund des groben Missverhältnisses vor. Das Erwerbsinteresse des Interessenten H... habe zum Zeitpunkt der Versagung der Genehmigung vorgelegen. Die Würdigung
der Gesamtumstände - Rücknahme des ersten Kaufvertrages und anschließender Verkauf jeweils
von Einzelparzellen mit heraufgesetztem Kaufpreis - stünden den Zielen des Grundstückverkehrsgesetzes entgegen.
Der Landesbauernverband als land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretung ist der Auffassung,
die Beteiligten hätten mit ihrer Vorgehensweise eine Umgehung des Grundstückverkehrsgesetzes bezweckt. Der Beschwerdeführer sei nicht als Landwirt zu qualifizieren, die Zuteilung
einer Unternehmensnummer reiche hierfür nicht aus. Umstritten sei, ob ein grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert ausreiche, um die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3
GrdstVG zu versagen. Bei verfassungsgemäßer Auslegung dieser Vorschrift müsse davon ausgegangen werden, dass alle Versagungsgründe nur der Abwehr von Gefahren für die Agrarstruktur dienen sollten. Der Landesbauernverband tendiere deshalb dazu, dass eine Veräußerung
zu einem unverhältnismäßig hohen Preis nur dann missbilligt werden könne, wenn eine wertangemessene Preisgestaltung agrarstrukturell einen Vorteil bringen könne. Angesichts von vorhandenen und nachgewiesenen Erwerbsinteressen der Interessenten H... und K... sei der Versagungsgrund gegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Landratsamtes und des Landesbauernverbandes wird auf deren Schriftsätze verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1.
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig.
Für das vorliegende Verfahren ist gemäß § 1 Nr. 2 LwVG das Landwirtschaftsverfahrensgesetz
anwendbar, weil dem Verfahren eine rechtsgeschäftliche Veräußerung nach dem Grundstückverkehrsgesetz zugrunde liegt. Nach § 9 LwVG in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung
sind die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
(FGG) sinngemäß anzuwenden. Das bis zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltende
Recht ist auf das vorliegende Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz anwendbar,
da das vorliegende Verfahren vor dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes am 01.09.2009
eingeleitet wurde.
Die sofortige Beschwerde ist nach § 22 Abs. 1 LwVG a. F. statthaft. Die Beschwerdefrist nach
§ 22 Abs. 1 FGG von zwei Wochen ist eingehalten und die Formalien des § 21 FGG sind
gewahrt.
2.
Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Die Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks bedurfte der Genehmigung nach dem
Grundstückverkehrsgesetz (hierzu unter a). Die Genehmigung wurde aber zu Unrecht versagt
und ist zu erteilen (hierzu unter b).
a.
Die Veräußerung des Grundstücks bedurfte der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GrdstVG. Es
handelt sich um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von § 1 GrdstVG. Eine Ausnahme
von der Genehmigungspflicht nach § 1 des Baden-Württembergischen Ausführungsgesetzes zum
Grundstückverkehrsgesetz und Landespachtverkehrsgesetz (AGGrdstVG) ist nicht einschlägig.
Die veräußerte Fläche ist größer als ein Hektar. Auch eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 4 GrdstVG scheidet aus.
b.
Die Genehmigung wurde zu Unrecht versagt. Die Genehmigung darf nach § 9 GrdstVG nur versagt werden, wenn einer der in Absatz 1 genannten Versagungsgründe vorliegt. Weder der
zunächst von der Genehmigungsbehörde genannte Versagungsgrund „ungesunde Verteilung des
Grund und Bodens“ nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG (hierzu unter aa.) noch der im erstinstanzlichen Verfahren zusätzlich vorgebrachte Versagungsgrund des groben Missverhältnisses des
Kaufpreises zum Wert des Grundstückes nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liegt vor (hierzu unter
bb). Sonstige Versagungsgründe bestehen nicht (hierzu unter cc.)
aa.
Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens ist nach § 9 Abs. 2 GrdstVG dann gegeben,
wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Nach der
verfassungskonformen Auslegung des Versagungsgrundes dient diese Bestimmung allein dem
Ziel, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden, nicht aber dazu, den landwirtschaftlichen
Grundstücksverkehr zu lenken.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und
Bodens vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert
wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und
bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrags zu erwerben (vgl.
BGH, Beschluss vom 26.04.2002, BLw 2/02, zitiert nach juris Rn. 7 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Für die zutreffende Entscheidung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Versagung der Genehmigung am 16.01.2009 an, sondern auf die im Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz vorhandenen Verhältnisse (vgl. Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 3. Aufl. 2006,
Seite 408). Eine ablehnende Entscheidung kann deshalb nicht mehr unter Berufung auf den
zwischenzeitlich verstorbenen früheren Interessenten H... gerechtfertigt werden. Es kann deshalb
auch dahingestellt bleiben, ob das Kaufinteresse des Erwerbsinteressenten H... zu einem Versagungsgrund geführt hätte. Der Verweis auf mögliche Erben des Interessenten H... geht bereits
deshalb fehl, da nichts dafür ersichtlich ist, dass mögliche Erben Interesse an einer Übernahme
des hier in Rede stehenden Grundstücks zu landwirtschaftlichen Zwecken haben könnten. Im
Übrigen ist - wie durch Anlage K 19 nachgewiesen - über den Nachlass des Interessenten H...
das Insolvenzverfahren eröffnet worden und der Insolvenzverwalter stellt in seinem Bericht ausdrücklich fest, dass eine Fortsetzung der Pferdezucht des Verstorbenen aus Sicht der Masse
keinen Sinn mache.
Der Zeuge K... scheidet als berücksichtigungsfähiger Interessent aus, da er nicht bereit ist, einen
angemessenen Kaufpreis zu entrichten. Wie seiner Stellungnahme gegenüber dem Landratsamt
entnommen werden kann, möchte er maximal 80 Cent pro Quadratmeter bezahlen. Nachdem der
Verkehrswert des Grundstücks wie vom Sachverständigen festgestellt aber bei einem Euro pro
Quadratmeter liegt, kann das Gebot des Zeugen K... nicht berücksichtigt werden. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der Zeuge K... tatsächlich Interesse an dem Grundstück hatte.
Für eine Versagung der Genehmigung genügt es nicht, dass abstrakt gedacht weitere Interessenten aus dem landwirtschaftlichen Bereich vorhanden sein könnten. Ein Versagungsgrund besteht
nur dann, wenn bestimmte Interessenten konkret benannt sind, die gewillt und fähig sind, das
Grundstück zu einem angemessenen Preis zu erwerben. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen engen Auslegung der Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 GrdstVG (zur verfassungskonformen engen Auslegung vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.01.1967, 1 BvR 169/63,
zitiert nach juris Rn. 32). Eine ungesunde Bodenverteilung liegt bei verfassungsgemäßer Auslegung nur vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass die Eigentumsverschiebung
unternommenen oder konkret beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur
widerspricht. Liegen solche Maßnahmen nicht vor, kann die Veräußerung trotzdem ausnahmsweise eine ungesunde Bodenverteilung bedeuten, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind (vgl. BVerfG a. a. O., Rn. 18). Erforderlich hierfür ist aber eine konkrete
nachteilige Auswirkung auf einen bestehenden Betrieb, wie sie bei einem dringenden Aufstockungsbedarf eines landwirtschaftlichen Betriebs, der durch den Verkauf vereitelt würde,
besteht. Ist dagegen kein konkreter Interessent vorhanden, scheidet eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG aus.
bb.
Auch der Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liegt nicht vor. Zwar besteht ein
grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis,
jedoch fehlt es an ungünstigen Auswirkungen auf die Agrarstruktur.
(1)
Ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert eines Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis liegt vor, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Wert des Grundstücks erheblich übersteigt.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn die Gegenleistung den wahren Wert um
mehr als die Hälfte übersteigt, sofern nicht in Ausnahmefällen besondere Umstände eine andere
Beurteilung rechtfertigen (BGH, Beschluss vom 02.07.1968, 5 BLw 10/68, BGHZ 50, 297).
Der Sachverständige gelangt nachvollziehbar zu einem Verkehrswert von 19.730 EUR. Der
Grund für die niedrige Bewertung durch den Sachverständigen mit einem Euro pro Quadratmeter
liegt an der deutlich unterdurchschnittlichen Nutzbarkeit des Grundstücks. Das Gelände befindet
sich in Hanglage, ist von Wald umgeben und nur schwer zugänglich. Der Baumbestand ist
gering und ein Großteil des Grundstücks ist verbuscht. Das grobe Missverhältnis zwischen dem
Verkehrswert von 19.730,-- EUR und der Verkaufssumme von 69.055,-- EUR ist offensichtlich.
(2)
Das bloße Vorliegen des groben Missverhältnisses in Bezug auf den Verkaufspreis genügt allerdings nicht, um eine Versagung der Genehmigung zu rechtfertigen. Auch § 9 Abs. 1 Nr. 3
GrdstVG unterliegt der gesetzgeberischen Zielsetzung, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden. Der Regelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Erwerb des zur Verbesserung der
Agrarstruktur dringend erforderlichen Landes durch interessierte Land- und Forstwirte außerordentlich erschwert würde, wenn überhöhte Preise gefordert werden könnten (vgl. BVerfG,
Beschluss v. 12.01.1967, 1 BvR 335/63, zit. nach juris Rn. 12). Nur wenn ein zu überhöhten
Preisen abgeschlossener Vertrag diesem Gesetzeszweck zuwiderläuft, darf die Genehmigung
deshalb unter Berufung auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verweigert werden. Eine Veräußerung zu
einem unangemessen hohen Preis ist somit nur dann zu missbilligen, wenn eine angemessene
Preisgestaltung einen agrarstrukturellen Vorteil bringen könnte. Gehen von dem Verkauf
dagegen keine ungünstigen Auswirkungen auf die Agrarstruktur aus, kommt § 9 Abs. 1 Nr. 3
GrdstVG nicht zur Anwendung (vgl. Netz, a. a. O., Seite 559; BGH, Beschluss vom 3.6.1976, 5
BLW 16/75, zitiert nach juris Rn. 28; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6.2.1979, WB 21/78).
Daraus folgt zum einen, dass der Verkaufspreis nur in Ausnahmefällen beanstandet werden darf,
sofern der Erwerber selbst Landwirt ist. Es ist dann Sache des kaufenden Landwirts, selbst zu
kalkulieren, ob der angebotene Preis für ihn und seinen Betrieb wirtschaftlich sinnvoll ist. Das
Gericht hat diese eigenständige Kalkulation des Landwirts grundsätzlich nicht zu prüfen (vgl.
Netz, a. a. O., Seite 555).
Zum anderen ist bei einem Erwerb durch einen Nichtlandwirt eine Versagung der Genehmigung
nur zu rechtfertigen, wenn ein erwerbsbereiter Landwirt Interesse an dem fraglichen Grundstück
bekundet. Da § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verhindern soll, dass der Erwerb des zur Verbesserung
der Agrarstruktur erforderlichen Landes durch interessierte Landwirte erschwert wird, indem
überhöhte Preise gefordert werden können, kann für die Anwendung der Vorschrift nur dann
Raum sein, wenn ein überhöhter Preis sich als Erschwernis für den Erwerb durch einen Landwirt
auswirken kann. Ein mangelndes Kaufinteresse bäuerlicher Bewerber führt dazu, dass eine Veräußerung mit einem agrarstrukturellen Vorteil schlechthin unmöglich ist. Es besteht deshalb kein
Anlass, in einem solchen Fall die Veräußerung an einen Nichtlandwirt zu untersagen (vgl. Netz,
a. a. O., Seite 559 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.02.1998, 10 W (LW) 12/97).
Wie bereits ausgeführt ist vorliegend kein Landwirt an dem Erwerb des streitgegenständlichen
Grundstücks zu einem angemessenen Preis interessiert. Auch der Versagungsgrund des § 9 Abs.
1 Nr. 3 GrdstVG entfällt somit.
cc.
Eine Versagung kommt auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere wegen Umgehung des
Gesetzeszwecks, in Betracht. Eine abweichende Entscheidung ist insbesondere nicht deshalb
angezeigt, weil der frühere Kaufvertrag, der mehrere Parzellen umfasste, rückgängig gemacht
wurde, als die Geltendmachung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts drohte, und weil die
Nutzung des Grundstücks durch den langjährigen Pachtvertrag zwischen den Beteiligten für
andere Erwerber erschwert wird. Zwar ist die Vorgehensweise der Beteiligten darauf angelegt,
dem Antragsteller den Erwerb zu ermöglichen. Die Beteiligten haben sich hierbei jedoch weder
ungesetzlich noch in anderer Weise missbilligenswert verhalten. Das langjährige Pachtverhältnis
wurde dem Landratsamt angezeigt, welches dieses per Schreiben vom 20.11.2008 (K 3) ausdrücklich billigte. Der Abschluss des langjährigen Pachtverhältnisses kann den Beteiligten deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beteiligten entgegen ihrer ursprünglichen Absicht
nicht alle drei Parzellen auf einmal verkauften, sondern diese Veräußerungen auf mehrere Verträge aufteilten. Die Vertragsgestaltung liegt grundsätzlich in der freien Disposition der Vertragsparteien, welche nicht gezwungen sind, mehrere Grundstücke in einem Vertrag zu
veräußern.
Es liegt auch keine Umgehung des Grundstückverkehrsgesetzes vor. Eine solche Umgehung
kann vorliegen, wenn Vertragsparteien versuchen, der Genehmigungsnotwendigkeit nach dem
Grundstückverkehrsgesetz dadurch zu entkommen, dass sie sukzessive Teile eines Grundstücks
veräußern, wenn diese Teile, nicht aber das Ausgangsgrundstück unterhalb der für eine Genehmigung erforderlichen Mindestgröße liegen. Ein derartiges Vorgehen kann zur Folge haben, dass
auch die Teilveräußerungen der Genehmigungspflicht nach dem GrdstVG unterstellt werden
(vgl. Netz, a. a. O., Seite 275). Diese Fallgestaltung liegt aber nicht vor: Die Beteiligten teilten
nicht ein bestehendes Grundstück in mehrere kleinere Grundstücke auf, sondern veräußerten
jeweils ganze Parzellen. Sie entzogen das streitgegenständliche Grundstück auch nicht dem
Geltungsbereich des Grundstückverkehrsgesetzes, sondern führten das gesetzlich vorgesehene
Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz durch. Dass die beiden kleineren
Parzellen bereits wegen ihrer unter einem Hektar liegenden Größe nicht der Genehmigungspflicht unterlagen, kann den Beteiligten nicht zum Nachteil gereichen.
Die Genehmigung des Grundstückskaufvertrags nach § 2 GrdstVG ist somit zu erteilen. Nach
§ 22 Abs. 3 GrdstVG kann die Genehmigung durch das Gericht selbst erteilt werden.
3.
Nach § 42 Abs. 1 LwVG kann das Gericht aus besonderen Gründen anordnen, dass von der
Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise abgesehen wird. Dies ist vorliegend angezeigt,
nachdem die Entscheidung der Genehmigungsbehörde aufgehoben und die zunächst verweigerte
Genehmigung durch das Gericht erteilt wird. Eine Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten nach § 45 Abs. 1 LwVG kann nicht ausgesprochen werden, insbesondere
ist die Genehmigungsbehörde nicht Beteiligte des Verfahrens und kommt daher als Kostenschuldner nicht in Betracht.
Der Geschäftswert bestimmt sich gemäß § 36 LwVG nach dem Wert, welcher für die Gebührenberechnung bei der Beurkundung maßgeblich ist, also nach dem Verkaufswert.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 1 LwVG sind nicht ersichtlich.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Stuttgart

Erscheinungsdatum:

29.03.2011

Aktenzeichen:

101 W 1/10

Erschienen in:

NJW-RR 2011, 1385-1387

Normen in Titel:

GrdstVG §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 u. 3, Abs. 2; LwVG § 1 Nr. 2; LwVG a. F. § 22 Abs. 1