OLG Köln 14. Februar 2014
2 Wx 299/13
BGB § 2247 Abs. 1; FamFG §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs.1 und 2, 352 Abs.1

Zu den Voraussetzungen für eine wirksame Testamentserrichtung bei mehreren miteinander nicht verbundenen Blättern

Zu den Voraussetzungen für eine wirksame Testamentserrichtung bei mehreren miteinander nicht verbundenen Blättern
(OLG Köln, Beschluss vom 14. 2. 2014 – 2 Wx 299/13, mitgeteilt von Vors. Richter am OLGWerner Sternal und Notar Dr. Fetsch in Euskirchen)
BGB § 2247 Abs. 1 FamFG §§ 58 Abs. 1; 59 Abs. 1; 63 Abs. 1; 64 Abs.1 und 2; 352 Abs.1
1.    Eine einmalige Unterschrift auf einem Blatt einer aus mehreren miteinander nicht verbundenen Blättern bestehenden Niederschrift kann nur dann das Erfordernis einer Unterschrift i.S. von § 2247 Abs. 1 BGB bezüglich aller Blätter erfüllen, wenn sie inhaltlich ein Ganzes bilden sowie eine einheitliche Willenserklärung enthalten und die Unterschrift diese Willenserklärung abschließt; der textliche Zusammenhang muss unzweifelhaft sein.
2.    Dieser inhaltliche Zusammenhang kann nicht allein dadurch hergestellt werden, dass der Erblasser mehrere Schriftstücke zusammenheftet.

Zur Einordnung:
Die nachstehend abgedruckte Entscheidung des OLG Köln hat verschiedene Fragen im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Errichtung eines privatschriftlichenTestaments gemäß § 2247 Abs. 1 BGB zum Gegenstand. Gemäß § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser einTestament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. In dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall hatte der Erblasser u. a. am 12. 9. 2012 handschriftlich ein mit „Mein Testament“ überschriebenes Schriftstück verfasst, dieses allerdings nicht unterschrieben. Daneben liegt ein weiteres Schriftstück des Erblassers vom gleichen Datum vor, das dieser zwar unterschrieben hatte, auf dem sich aber ein maschinengeschriebener mit Lücken versehenerText befand, dessen Lücken vom Erblasser handschriftlich ausgefüllt worden waren. In welcher Reihenfolge diese Schriftstücke errichtet wurden, ist unklar. Die Bet. behauptete, beide Schriftstücke zusammengeheftet in den Unterlagen des Erblassers vorgefunden zu haben.
Hierzu stellt das OLG Köln zunächst fest, dass es bei einem maschinengeschriebenen Dokument zwar an einer vollständig eigenhändig geschriebenen Erklärung fehlt (ausführlich zu dem Erfordernis einer eigenhändigen Erklärung BGH NJW 1967, 1124, 1125 f.), der eigenhändig geschriebene Teil aber als solcher gültig sein kann, wenn er für sich einen abgeschlossenen Sinn ergibt und der Erblasserwille nicht entgegensteht. Dies entspricht der Rechtsprechung anderer OLG (siehe OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 872 = DNotZ 2003, 183; BayObLG NJW-RR 2005, 1025. Instruktiv hierzu auch der vom OLG München NJW-RR 2006, 11 entschiedene Fall), der allgemeinen Auffassung in der Literatur (u. a. Palandt/ Weidlich, BGB, 73. Aufl. 2014, § 2247 Rn. 7) und letztlich auch der Regelung in § 2085 BGB (siehe hierzu Erman/M. Schmidt, BGB, 13. Aufl. 2011, § 2247 Rn. 12). Im vorliegenden Fall machten die handschriftlichen Elemente aber für sich genommen keinen Sinn.
Außerdem befasst sich das OLG Köln mit den Anforderungen an eine „Unterschrift“ und stellt hierbei fest, dass eine „Oberschrift“ i.d.R. keine Unterschrift darstellt (siehe u. a. MünchKomm BGB/Hagena, BGB, 6. Aufl. 2013,§2247 Rn.25 m.w.N. Zu einer Ausnahme hiervon OLG Celle NJW 1996, 2938). Im vorliegenden Fall können die beiden Schriftstücke auch nicht als ein einheitliches aus zwei Blättern bestehendes Testament angesehen werden. Zwar kann ein Testament grundsätzlich auf mehreren, miteinander nicht verbundenen Blättern errichtet und nur das letzte Blatt unterschrieben werden, dann müssen die Blätter aber inhaltlich ein Ganzes sein und eine einheitliche Willenserklärung enthalten (so u. a. OLG München NJW-RR 2006, 11, 12; Erman/M. Schmidt, BGB, 13. Aufl. 2011,§2247 Rn. 8). Eindeutig ist dies bei einer Durchnummerierung und einem auf den Blättern fortlaufendemText gegeben (LG MünchenI FamRZ 2004, 1905). Vorliegend waren diese Anforderungen jedoch nicht erfüllt.
Schließlich geht das OLG Köln noch darauf ein, dass dann, wenn zwar das Testament als solches nicht unterschrieben ist, sich dieses aber in einem verschlossenen und unterschriebenen Umschlag befindet, dies ggf. als „Unterschrift“ ausreicht. Eine Unterzeichnung auf dem Umschlag ist hierbei nur dann ausreichend, wenn zwischen dem Testament und dem Umschlag ein so enger Zusammenhang besteht, dass sich die Unterschrift nach dem Willen des Erblassers und derVerkehrsauffassung als äußere Fortsetzung und Abschluss des Testaments darstellt und der Unterschrift keine selbständige Bedeutung zukommt (Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl. 2014, § 2247 Rn. 12; OLG Celle NJW 1996, 2938). Das OLG Köln sieht aber vorliegend keinen Anlass, dies auf den vorliegenden Fall zu übertragen, da hier der Unterschrift eine selbständige Bedeutung zukam.
Die Schriftleitung (SB)

Zum Sachverhalt
I. Der am 11. 11. oder 12. 11. 2012 verstorbene J. (im Folgenden: Erblasser) war verwitwet und hinterließ ein Kind, den Bet. zu2).DieBet.zu1)warseine Pflegetochter.
Am 5. 5. 1992 schloss der Erblasser mit Frau G. einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten (UR.Nr.(. ..)).Am27.10.1997hobensie diesenErbvertragersatzlos wiederauf (UR.Nr.(. ..)).
Am 7. 2. 1996 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, das wie folgt beginnt:
„MeinTestament
Hiermit enterbe ich meinen Sohn H.......geb.am......, wohnhaft in E. . . . . . . aus folgenden Gründen.
...“
Es folgen eine ausführliche Begründung der Enterbung, die Anordnung der Entziehung des Pflichtteils des Sohnes, die Orts-und Datumsangabe sowie die Unterschrift (.)
Am 12. 9. 2012 verfasste der Erblasser handschriftlich ein Schriftstück, das er mit „MeinTestament“ überschrieb und in dem er die Ast. als Alleinerbin einsetzte und u. a. zugunsten seines Enkelkindes A. S., seiner Patentochter I. J., der ihn betreuenden Krankenschwester S. und Herrn M. Geldvermächtnisse anordnete. Dieses Blatt trägt keine Unterschrift des Erblassers. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wirdauf den Inhalt diesesSchreibensvom12.9.2012 verwiesen(. ..).
Es liegt ein weiteres Schriftstück vor. Darauf findet sich in der Mitte, mit Kugelschreiber umrandet, folgender maschinengeschriebener mit Lücken versehenerText:
„Mein letzter Wille!
Für den Fall meines Todes setze ich
Frau......N ...... geborene......
als Alleinerbin ein.
Euskirchen, den . . . . . .
Unterschrift.“
Die Lücken sind handschriftlich ausgefüllt worden. Es lautet insgesamt daher wie folgt:
„Mein letzter Wille!
Für den Fall meinesTodes setze ich
Frau B. geborene J.
als Alleinerbin ein.
Euskirchen, den 12. 9. 2012 14:20
Unterschrift J.“
Dieses Schriftstück ist am 12. 9. 2012 auch von den Zeugen S. und M. unterschrieben worden.
Es liegen noch 3 weitere mit „Testament (Vollmacht)“ überschriebene Schriftstücke vom 16. 1. 1990 vor, worin der Erblasser die Bet. zu 1) zur „Erbin“ von 3 Versicherungspolicen zum Zwecke der Bezahlung der Beerdigungskosten bestimmt hat.
Am 4.2.2013 hat die Bet. Zu 1) die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist, beantragt (UR.Nr. . . .) und die beiden Schreiben vom 12. 9. 2012, die sie, wie sie behauptet, zusammengeheftet in den Unterlagen des Erblassers vorgefunden habe, vorgelegt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Erblasser habe sie durch die beiden Schreiben vom 12. 9. 2012 wirksam zu seiner Alleinerbin eingesetzt. Es handele sich um ein einheitlichesTestament, so dass die Unterschrift auf allen Seiten desTestaments entbehrlich sei. Er habe imTestament vom12.9. 2012auchaufdasTestament vom7.2. 1996Bezug genommen. Schließlich habe er durch die Formulierung „Das ist mein letzter Wille“ zum Ausdruck gebracht, dass er das Testament bezüglich der Erbeinsetzung abschließen wolle.
Der Bet. zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat die Meinung vertreten,es liege kein formwirksamesTestament vor. Das handschriftliche Schreiben vom 12. 9. 2012 sei nicht unterschrieben, das andere Schreiben sei nicht handgeschrieben. Durch das Zusammenheften beider Schreiben sei keine einheitliche Urkunde entstanden. Die vorhandene Unterschrift, die im Übrigen nicht vom Erblasser stamme, schließe nicht beide Schreiben als Gesamtheit ab.
Das AG hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 31. 5. 2013 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S. und M. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wirdauf das Sitzungsprotokoll vom 28. 6. 2013 verwiesen.
Durch Beschluss vom 31.7. 2013 hat dasAG dieTatsachen, die zur Erteilung des von der Bet. zu1)beantragten Erbscheins erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass das handgeschriebene Schriftstück vom 12.9.2012 für sich betrachtet zwar mit „MeinTestament“ überschrieben, es jedoch nicht als formwirksam anzusehen sei, da es nicht die Unterschrift des Erblassers trage. Dieses handschriftliche Schriftstück sei jedoch zusammen mit dem zum Teil maschinengeschriebenen und nur teilweise handschriftlich ausgefüllten Schriftstück vom selbenTag zu sehen. Dieses zum Teil maschinengeschriebene Schriftstück weise auch die Unterschrift des Erblassers auf. Es seien sogar Datum und Uhrzeit festgehalten worden. Daraus ergebe sich, dass sich der Erblasser über die Bedeutung seiner Unterschrift im Klaren gewesen sei und sein gesamtes handschriftlich verfasstes Testament von dieser Unterschrift gedeckt gesehen haben wollte. Aus diesem Grund habe er auch die Schriftstücke zusammengeheftet. Dies habe nicht nur die Ast. bekundet, sondern ergebe sich auch aufgrund der Aussagen der Zeugen S. und Z. Die Unterschrift stamme auch von dem Erblasser. Sie weise signifikante Übereinstimmungen mit anderen in der Akte vorhandenen Unterschriften auf, die unstreitig vom Erblasser stammen würden. Im Übrigen habe auch die Zeugin S. bestätigt, dass die Unterschrift auf dem teilweise maschinengeschriebenen Schriftstück vom Erblasser stamme. Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Begründung wirdauf den Beschluss des AG E. vom 31. 7. 2013 verwiesen.
Gegen diesen dem Bet. zu 2) am 6. 8. 2013 zugestellten Beschluss wendet sich dieser mit seiner am 5. 9. 2013 beim AG E. eingegangenen Beschwerde vom 4. 9. 2013. Er vertritt die Auffassung, die Schriftstücke vom 12. 9. 2012 würden inhaltlich zwar grundsätzlich letztwillige Verfügungen enthalten. DieseVerfügungen seien jedoch nicht formwirksam errichtet. Das eine Schreiben sei nicht unterschrieben, das andere SchreibenseiimWesentlichenmitder Maschine geschrieben. Es sei auch unklar, in welcher Reihenfolge die drei Blätter zusammengeheftet gewesen sein sollen. Bei Abgabe des Erbscheinsantrages hätten die Blätter jedenfalls lose vorgelegen. Das vom Erblasser scheinbar unterzeichnete Blatt vom 12. 9. 2012 beinhalte zudem Hinweise auf die erforderliche Form einerTestamentserrichtung. Insgesamt könne aus der Zusammenstellung beider Blätter nicht von einem fortlaufenden, eigenhändigen Testament ausgegangen werden. Es sei keine abschließende Erklärung des Erblassers zu erkennen, die nicht durch Dritteinwirkung hätte manipuliert werden können. Das AG begründe seine Auffassung, dass es sich um ein zusammenhängendes Schriftstück handeln solle, nur mit Vermutungen, die es aus den Aussagen der Zeugen S. und Z. gewonnen haben will. Es stehe aber gar nicht fest, ob überhaupt eineVerbindung der beiden Blätter vorgelegen habe. Insoweit seien die Aussagen der beiden Zeugen zu vage. Weiterhin habe das AG unberücksichtigt gelassen, dass die Echtheit der Unterschrift auf dem maschinengeschriebenen Blatt bezweifelt werde. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Bet. zu 2) wirdauf den Inhalt der Beschwerdeschrift vom 4. 9. 2013 verwiesen.
Der Bet. zu 2) beantragt, den Beschluss des AG E. vom 31. 7. 2013 aufzuheben und den seitens der Bekl. dem Bet. zu 1) gestellten Erbscheinsantrag als Alleinerbscheinsantrag zurückzuweisen.
Die Bet. zu1) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den amtsgerichtlichen Beschluss vom 31. 7. 2013. Ein handschriftlich geschriebenes Testament, bei dem die Unterschrift fehle, die auf einem maschinengeschriebenen Teil nachgeholt worden sei, sei gültig, wenn der eigenhändig geschriebene Teil als selbständige Verfügung für sich einen abgeschlossenen Sinn ergebe. Die Zeugen hätten im Übrigen bestätigt, dass die3Blätter als Einheit zusammengeheftet gewesen seien. Die Unterschrift auf dem mit der Maschine geschriebenenTestament stamme vom Erblasser. Dies hätten die Zeugen bestätigt. Bezüglich der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wirdauf den Inhalt des Schriftsatzes vom 29. 10. 2013 Bezug genommen.

Aus den Gründen:
II. 1. Die Beschwerde des Bet. zu 2) ist gem. §§ 58 Abs. 1, 352 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form-und fristgerecht eingelegt worden (§§ 63 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, 64 Abs. 1und 2 FamFG).
DerBet.zu 2) ist auch beschwerdeberechtigt gem.§ 59 Abs. 1 FamFG. Gegen einen Beschluss nach § 352 FamFG, wonach die zur Erteilung eines Erbscheins mit bestimmtem Inhalt erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden, ist derjenige beschwerdeberechtigt, der für sich ein Erbrecht in Anspruch nimmt, das von dem im Beschluss angegebenen Erbscheinsinhalt abweicht, d.h. in dem zu erteilenden Erbschein unrichtig ausgewiesen werden würde (Senat, FGPrax 2010, 194; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl. 2014, §352 Rn. 77). Hier macht der Bet. zu 2) geltend, gesetzlicher Erbe des Erblassers zu sein, während der angefochtene Beschluss von einem auf testamentarischer Erbfolge beruhenden Erbrecht der Bet. zu 1) ausgeht. Eine Abweichung des vom Bet. zu 2) in Anspruch genommenen Erbrechts von dem im Beschluss angegebenen Erbscheinsinhalt liegt daher vor. Im Rahmen der Prüfung seiner Berechtigung, sich gegen den Beschluss, wonach die Bet. zu 1) testamentarische Erbin ist, zu wenden, kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob der Bet. zu 2) tatsächlich gesetzlich erbt oder gegebenenfalls durch ein weiteres Testament vom 7.2.1996 enterbt worden ist.
Die letztwilligen Verfügungen vom 12. 9. 2012 sind nichtig, da sie nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entsprechen
2. Die Beschwerde des Bet. Zu 2) hat auch in der Sache Erfolg. Die letztwilligen Verfügungen vom 12. 9. 2012, auf die die Bet. zu1) ihr Erbrecht stützt, sind gem.§ 125 S. 1 BGB nichtig, da sie nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entsprechen.
Bei einem nur teilweise eigenhändig geschriebenen Testament kann der formgerecht abgefasste Teil gültig sein, wenn er für sich einen abgeschlossenen Sinn ergibt und der Erblasserwille nicht entgegensteht
Nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein privatschriftlichesTestament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Bei dem maschinengeschriebenenTestament des Erblassers vom 12. 9. 2012 fehlt es an einer – vollständig – eigenhändig geschriebenen Erklärung. Eine eigenhändige Niederschrift ist zwingend vorgeschrieben und unerlässlich, um die Echtheit desTestaments aufgrund der individuellen Merkmale, die die Handschrift eines jeden Menschen aufweist, überprüfen zu können (BGH NJW 1967, 1124; Palandt/Weidlich, BGB, 73. Aufl. 2014,§ 2247 Rn. 6). Der Erblasser muss den gesamten Wortlaut des Testaments selbst schreiben. Eine mechanische Schrift, d.h. z.B. eine Schreibmaschinenschrift, eine Fotokopie, ein Computerausdruck oder eine E-Mail scheiden aus (Palandt/Weidlich, a.a.O., Rn.6,7).Wurde das Testament –wie hier–nur teilweise eigenhändig geschrieben, im Übrigen mit der Schreibmaschine, und unterschrieben, kann der eigenhändige, formgerecht abgefasste Teil dann gültig sein, wenn er für sich einen abgeschlossenen Sinn ergibt und der Erblasserwille nicht entgegensteht (OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 872 = DNotZ 2003, 875; BayObLG NJWRR 2005, 1025). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, weil die handschriftlich eingesetzten Teile der Erklärung, nämlich ein Vor- und ein Nachname, ein Geburtsdatum, ein Geburtsname, ein Datum und eine Unterschrift für sich keinen Sinn ergeben. Allein aufgrund der handschriftlich eingesetzten Elemente ist nicht einmal erkennbar, ob es sich um eine letztwillige Verfügung handelt, erst recht ist nicht ersichtlich, welchen Inhalt sie haben soll.
Eine „Oberschrift“ ist i.d.R. keine Unterschrift
Dem handgeschriebenen Schreiben des Erblassers vom 12. 9. 2012 fehlt die Unterschrift. Die Unterzeichnung hat grundsätzlich am Schluss der Urkunde zu erfolgen. Sie soll dasTestament räumlich abschließen, um spätere Zusätze auszuschließen. Sie kann durch Zeugenbeweis über die Urheberschaft desTextes und die Ernstlichkeit der Erklärung nicht ersetzt werden. Die Unterschriftsleistung ist zwingendes Gültigkeitserfordernis, von dem aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abgegangen werden kann. Sie garantiert die Ernstlichkeit der letztwilligenVerfügung. Nur die Unterschrift gibt die Gewähr für den Abschluss des Testaments durch den Erblasser. Es genügt, wenn die Unterschrift sich in einem solchen räumlichenVerhältnis und Zusammenhang mit demText befindet, dass sie dieErklärung nach der Verkehrsauffassung als abgeschlossen deckt. Das kann auch der Fall sein, wenn sie neben dem Text angebracht ist, etwa aus Platzmangel, oder auf der Rückseite, die durch einen Hinweis auf derVorderseite mit demText verbunden ist. Sachliche Zusätze unter der Unterschrift sind gesondert zu unterschreiben. Der Annahme, dass eine handschriftlich verfasste Erklärung durch die Unterschrift unter ein mit Maschine auf ein gesondertes Blatt geschriebenes Mobiliarverzeichnis gedeckt wird, das sich gemeinsam mit der Erklärung in einem Ordner befindet, steht schon das äußere Erscheinungsbild der Urkunde entgegen. Die Unterschrift unter ein anderes gleich lautendes Schriftstück genügt nicht. Eine früher bei Bankformularen verbreitete „Oberschrift“ ist in der Regel keine Unterschrift. (Palandt/Weidlich, a.a.O., Rn. 10; MünchKomm-BGB/ Hagena, 6. Aufl. 2013,§ 2247 Rn. 25).
Zu den Anforderungen an ein einheitliches aus mehreren Blättern bestehendes Testament
Die beiden letztwilligen Verfügungen vom 12. 9. 2012 sind auch nicht als einheitliches aus 2 Blättern bestehendesTestament anzusehen mit der Folge, dass die Unterschrift unter dem maschinengeschriebenen Text auch als Unterzeichnung oder als „Oberschrift“ des handgeschriebenen Textes anzusehen ist. Grundsätzlich ist es allerdings unschädlich, wenn eine Niederschrift auf mehreren, miteinander nicht verbundenen Blättern erfolgt, sofern diese inhaltlich zusammenhängen (MünchKomm-BGB/Hagena, a.a.O., Rn. 34). In einem solchen Fall ist nur eine einmalige Unterschrift erforderlich, die sich auf dem letzten Blatt befinden muss (Staudinger/Baumann, BGB, Neubearb. 2012, § 2247 Rn. 54; BayObLGZ 1970, 173, 178; FamRZ 1988, 1211, 1212; FamRZ 1991, 370, 371; OLG Karlsruhe NJW-RR 2003, 653; OLG München ZEV 2006, 33; OLG Hamm DNotZ 2011, 702, 703). Die einzelnen Blätter müssen aber inhaltlich ein Ganzes sein (z.B. durch Nummerierungund fortlaufendenText,LGMünchenIFamRZ2004, 1905) und eine einheitliche Willenserklärung enthalten, die im Regelungsinhalt auch widersprüchlich sein kann, sofern der textliche Zusammenhang unzweifelhaft ist (BGH NJW 1974, 1083; BayObLG FamRZ 1991, 371; 1998, 581; OLG Karlsruhe ZNotP 2003, 194, 196; Palandt/Weidlich, a.a.O., Rn 11; MünchKomm-BGB, Hagena, a.a.O., Rn. 34). Hier fehlt es indes bereits an dem inhaltlichen Zusammenhang der beiden Blätter. Sie sind inhaltlich kein Ganzes. Sie sind weder nummeriert noch enthalten sie einen fortlaufenden Text. Sie enthalten vielmehr jeweils für sich ein vollständiges Testament, wobei sich der Inhalt der beiden Blätter nicht ergänzt, sondernsich teilweise inhaltlich wiederholt. Es ist in keinerWeise ersichtlich, dass der Inhalt eines der beiden Blätter den Inhalt des anderen Blattes ergänzt, konkretisiert oder fortführt.
Dieser inhaltliche Zusammenhang ist auch nicht dadurch hergestellt worden, dass der Erblasser die beiden Schriftstücke zusammengeheftet hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht schon nicht sicher fest, dass es der Erblasser war, der die – heute vorhandene – Heftung der beiden Schreiben vom 12. 9. 2009 vorgenommen hat. Die Zeugin S. hat ausweislich des Sitzungsprotokolls ausgeführt, es seien3Schreiben mit einer Klammer zusammengeheftet gewesen und der Erblasser habe erklärt, er wolle die Schreiben später richtig zusammenheften. Der Zeuge Z. hat bezeugt, es seien bereits 2 Schreiben „zusammengetackert“ gewesen und ein weiteres einzelnes Schreiben sei auch noch vorhanden gewesen. Der Inhalt der beiden Aussagen stimmt daher schon nicht überein. Die Zeugin S. spricht von3Testamenten, die verbunden werden sollten, der Zeuge Z. will eine bereits bestehendeVerbindung nur zwischen2Schreiben festgestellt haben. Zudem bleibt nach beiden Aussagen unklar, welche weiteren Schreiben die beiden Zeugen neben dem maschinengeschriebenen Testament vom 12. 9. 2009 an diesemTag konkret gesehen haben, d.h. ob es sich tatsächlich um die beiden handgeschriebenen Schreiben vom 12. 9. 2009 und 7. 2. 1996 handelte oder um andere Schreiben des Erblassers. Allein in der Beiakte sind noch mehrere möglicherweise vom Erblasser herrührende Schreiben vom 16. 1. 1990 vorhanden, die mit den Worten „Testament (Vollmacht)“ überschrieben sind.
Selbst wenn es der Erblasser gewesen sein sollte, der das maschinengeschriebene Testament vom 12. 9. 2009 und das nicht unterschriebene handgeschriebene Testament vom 12. 9. 2009 zusammengeheftet haben sollte, ist dadurch kein einheitlichesTestament errichtet worden. Die Unterschrift auf dem maschinengeschriebenenTestament schließt den handgeschriebenenText schon deshalb nicht ab, weil das maschinengeschriebeneTestament vor das handgeschriebeneTestament ohne Unterschrift geheftet worden ist. Es kann sich daher allenfalls um eine grundsätzlich nicht ausreichende „Oberschrift“ handeln. Es ist zwar anerkannt, dass die Unterschrift auf einem fest verschlossenen Briefumschlag, in dem das Testament aufbewahrt wird, ausnahmsweise die fehlende Unterschrift auf dem Schriftstück selbst ersetzen kann, wenn sie mit dem Testamentstext in einem so engen inneren Zusammenhang steht, dass sie sich nach dem Willen des Erblassers und der Verkehrsauffassung als äußere Fortsetzung und Abschluss der einliegenden Erklärung darstellt und der Unterschrift keine selbständige Bedeutung zukommt (BayObLG FamRZ 1988, 1211, 1212; Palandt/Weidlich, a.a.O., Rn. 12). Ob diese Fallkonstellation auf den Fall übertragen werden kann, in dem sich die Unterschrift – wie hier – auf einem mit demTestament fest verbundenen vorangestellten Blatt befindet, kann dahinstehen, weil der Unterschrift im vorliegenden Fall eine selbständige Bedeutung zukommt, weil sie nämlich das maschinengeschriebeneTestament abschließen soll.Esist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Unterschrift auf dem maschinengeschriebenen Testament auch das dahinter geheftete handgeschriebeneTestament abschließen soll. Eine solche Unterschrift ist mit einer Unterschrift auf einem Briefumschlag, die allein die in dem Briefumschlag enthaltenen Erklärungen abschließen soll, nicht vergleichbar, weil ihr eine eigenständige Bedeutung zukommt. Bestätigt wird dieser äußerlich Eindruck auch durch die Aussage der Zeugin S., wonach der Erblasser ihr auf ihre Nachfrage geschildert habe, dass er das maschinengeschriebene handschriftlich vervollständigte Testament vom 12. 9. 2009 für wirksam hielt, seine Unterschrift daher den dort vorhandenenText abdecken sollte und nichts anderes.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

14.02.2014

Aktenzeichen:

2 Wx 299/13

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Testamentsform

Erschienen in:

RNotZ 2014, 503-507

Normen in Titel:

BGB § 2247 Abs. 1; FamFG §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs.1 und 2, 352 Abs.1