Teilweiser Ausschluss von Wohnnutzung im Mischgebiet bei Immissionsvorbelastung
letzte Aktualisierung: 06.02.2020
VGH München, Urt. v. 24.9.2019 – 1 N 16.2379
VwGO § 47; BauGB §§ 1 Abs. 3, 6 u. 7, 2 Abs. 3; BauNVO § 1 Abs. 4 u. 5; BImschG § 50 S. 1
Teilweiser Ausschluss von Wohnnutzung im Mischgebiet bei Immissionsvorbelastung
Die Gliederung eines Mischgebiets durch den Ausschluss von Wohnnutzung auf drei Grundstücken
ist aufgrund der Immissionsvorbelastung durch das angrenzende Gewerbegebiet städtebaulich
gerechtfertigt und wahrt bei einer Gesamtbetrachtung den planerischen Gebietscharakter.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
1. Gemäß
antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten
verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Eigentümer eines Grundstücks, für das ein
Bebauungsplan Festsetzungen trifft, sind grundsätzlich nach
BVerwG, B.v. 20.9.2005 - 4 BN 46.05 -
Antrag haben die Antragsteller auch klargestellt, dass sie sich nur gegen das im südlichen Planbereich
ausgewiesene Mischgebiet wenden. Ist ein Bebauungsplan offensichtlich teilbar und kommt eine Verletzung
von Rechten der Antragsteller nur bei einem Teil der Regelungen in Betracht, dann muss der Antrag von
vornherein auf diesen Teil beschränkt werden (vgl. BVerwG, B.v. 20.9.2007 - 4 BN 20.07 - juris Rn. 11; B.v.
4.6.1991 - 4 NB 35.89 -
16.7.2018 - 1 N 14.1510 - juris Rn. 17). Ein Bebauungsplan, in dem die Gemeinde unterschiedliche
Baugebiete festgesetzt hat, ist an den Gebietsgrenzen teilbar, wenn das jeweilige Baugebiet mit den
weiteren für dieses Gebiet geltenden Festsetzungen für sich betrachtet eine sinnvolle städtebauliche
Ordnung bewirken kann und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen
Bebauungsplan für nur eines der Baugebiete beschlossen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -
BVerwGE 131,100). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die als Gewerbegebiet und als
Mischgebiet festgesetzten Flächen sind räumlich klar voneinander getrennt, es besteht auch kein
notwendiger sachlicher Zusammenhang. Es werden mit den Baugebietsausweisungen zwei voneinander
unabhängige städtebauliche Konzepte verfolgt. Die Ausweisung der unterschiedlichen Baugebiete im
Bebauungsplan dient nicht dem baugebietsübergreifenden Schutz, sondern allein der Steuerung der
städtebaulichen Entwicklung innerhalb des jeweiligen Gebiets. Insbesondere wird mit der Festsetzung von
immissionswirksamen flächenbezogenen Schalleistungspegeln für das Gewerbegebiet sichergestellt, dass
von diesen gewerblichen Nutzflächen keine unzulässigen Geräuschimmissionen auf die bestehende
umliegende Wohnnachbarschaft ausgehen (vgl. das schalltechnische Gutachten vom 14.8.2012).
2. Die Festsetzung des südlichen Planbereichs als Mischgebiet ist nicht fehlerhaft erfolgt. Die
Antragsgegnerin hat dem Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung Rechnung getragen; mit
dem Ausschluss der Wohnnutzung auf drei Grundstücken wird auch nicht gegen die allgemeine
Zweckbestimmung des Gebiets verstoßen (2.1). Es liegen auch keine beachtlichen Abwägungsfehler vor
(2.2).
2.1. Gemäß
soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich
ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die
Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und
Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der
Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz
besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von
Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind.
Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der
Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und
einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Für die Einzelheiten einer konkreten planerischen
Lösung ist demgegenüber das Abwägungsgebot maßgeblich, das gemäß
ist, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander
gerecht abzuwägen und unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen zu vermeiden (ständige
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. B.v. 25.7.2017 - 4 BN 2.17 - juris Rn. 3; U.v.
10.9.2015 - 4 CN 8.14 -
Nach diesen Maßgaben liegt ein Verstoß gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit der
Bauleitplanung nicht vor. Aus der Begründung des Bebauungsplans und den Beschlüssen der
Antragsgegnerin ergibt sich das städtebauliche Ziel, den westlichen Teil der Splittersiedlung „Am B …“
städtebaulich zu ordnen und funktionsgerecht weiterzuentwickeln. Im Einzelnen wird genannt, dass
vorhandene, nicht genehmigte bauliche Anlagen und Nutzungen einer nachträglichen Genehmigung auf der
Grundlage des Bebauungsplans bedürften. Die bislang vorherrschende kleinteilige Nutzungsstruktur des
Areals solle erhalten und gefördert werden. Aufgrund der engen Zuordnung zum bestehenden
Gewerbegebiet und der Gewebegebietserweiterung im Bebauungsplan sowie in Weiterentwicklung der
bereits bestehenden Ansätze einer gemischten Nutzungsstruktur werde der Bereich als Mischgebiet
planungsrechtlich gesichert. Der Ausschluss der Wohnnutzung auf drei Grundstücken, die westlich an das
bestehende Gewerbegebiet angrenzten, sei durch die dort vorhandene Lärmvorbelastung gerechtfertigt.
Damit verfolgt die Antragsgegnerin städtebauliche Belange im Sinn von
grundsätzlich mit der Festsetzung des Planbereichs als Mischgebiet verwirklicht werden konnten.
Soweit die Antragsteller vortragen, dass es der Antragsgegnerin vorrangig um die Erhaltung des Status quo
und die Legalisierung des bestehenden, nicht genehmigten Gewerbebetriebs gegangen sei, darf eine
Gemeinde mit der Bauleitplanung auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf
Veränderung der vorhandenen Situation zielen (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.2012 - 4 BN 9.12 - BauR 2012,
1067). Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die vorhandene, im Außenbereich liegende
Wohn- und Gewerbebebauung, die großteils ohne Baugenehmigungen entstanden ist, aber dort schon seit
langer Zeit bestand und geduldet wurde, und für die von einer gesicherten Erschließung ausgegangen
werden konnte (vgl. den Niederschriftenauszug aus der Sitzung des Gemeinderats vom 29.7.2010),
planungsrechtlich sichern und die Bebauung der noch unbebauten Grundstücke bzw. eine künftige
Bebauung steuern wollte. Ob sie das Nebeneinander von unterschiedlichen Nutzungen zutreffend gewürdigt
hat und sich die öffentlichen Belange gegen entgegenstehende private Interessen durchsetzen, ist keine
Frage der Erforderlichkeit der Bauleitplanung, sondern betrifft das Ermittlungs- und Abwägungsgebot.
Auch die Gliederung des Mischgebiets durch den Ausschluss von Wohnnutzung auf dem Grundstück der
Antragsteller und zwei weiteren Grundstücken ist durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen und
wahrt die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets. Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp
wird gemäß
Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. In der sowohl
qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem
Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 -
4 B 51.96 -
Zweckbestimmung des Mischgebiets schließt es aber nicht generell aus, dass Mischgebiete auch nach ihren
Hauptnutzungsarten gegliedert werden. So kommt die Gliederung eines Mischgebiets nach § 6 i.V.m. § 1
Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 und Abs. 8 BauNVO durch einen teilweisen Ausschluss der Wohnnutzung in
Betracht, wenn es nur um einen Randstreifen in Grundstückstiefe als „Pufferzone“ zu einem angrenzenden
Gewerbegebiet geht (vgl. BayVGH, U.v. 3.2.2006 - 1 BV 05.613 -
00.3406 - juris Rn. 28; U.v. 12.9.2000 - 1 N 98.3549 -
Städtebaulicher Grund für die Gliederung des Mischgebiets war die schalltechnische Untersuchung, die für
die geplanten Mischgebietsflächen im Nordwesten (FlNr. …, … und … ) ergab, dass wegen der
vorgegebenen Geräuschvorbelastungen durch das Gewerbegebiet die Orientierungswerte für ein
Mischgebiet um bis zu 2 dB(A) überschritten werden. Die Antragsgegnerin wollte mit der von der Planung
erkennbar verfolgten Konzeption einen Übergangsbereich zu dem im Westen anschließenden
Gewerbegebiet schaffen (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2006 - 26 B 04.1129 - juris Rn. 33). Das erst in der letzten
schalltechnischen Untersuchung vom 14. August 2012 mitgeprüfte Emmissionsverhalten des
Dachdeckerbetriebes war für den Ausschluss von Wohnnutzung auf den beiden angrenzenden, im
Wesentlichen unbebauten Grundstücken nicht maßgeblich, sondern es sollte die Verträglichkeit des Betriebs
mit der auf anderen Grundstücken vorhandenen Wohnbebauung geprüft werden. Aufgrund der Vorbelastung
durch die Emissionskontingente des westlich benachbarten Bebauungsplangebiets ist auch die
Gewerbenutzung eingeschränkt, es darf nur ein im Sinn der TA Lärm nicht als relevant anzusehender
Geräuschanteil geliefert werden.
Das gegliederte Baugebiet wahrt bei einer Gesamtbetrachtung noch seinen planerischen Gebietscharakter
(vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1989 - 4 NB 32.89 -
nur in etwa einem Fünftel des Gebiets (vgl. BayVGH, U.v. 12.9.2000 - 1 N 98.3549 -
der übrigen Fläche war auch aufgrund der unbebauten Grundstücke noch das für ein Mischgebiet
charakteristische Nebeneinander von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe möglich. Soweit die
Antragsteller für das Ausmaß des Ausschlusses der Wohnnutzung nicht auf das gesamte Mischgebiet
abstellen, sondern nur auf den Teilbereich MI 2, ist dem nicht zu folgen. Das Mischgebiet ist hinsichtlich der
zulässigen Wandhöhe und dem Höhenbezugspunkt nochmals untergliedert, die geringere Wandhöhe im MI
1 nimmt Rücksicht auf die östlich anschließende Wohnbebauung außerhalb des Plangebiets. Diese
Gliederung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung berührt aber die zulässige Art der Nutzung nicht.
Für die Gebietsstruktur eines Mischgebiets bedarf es auch keiner großflächigen Grundstücke, die mit
Gewerbe belegt werden können. Die Antragsgegnerin wollte die kleinteilige Nutzungsstruktur
aufrechterhalten und hat in diesem Sinn auch Einschränkungen hinsichtlich der Art der zulässigen Betriebe
vorgenommen. Die vorgetragene Behauptung, dass das Grundstück der Antragsteller von einem (kleineren)
Gewerbebetrieb nicht genutzt werden könnte, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Dass die Antragsteller
bei ihren Bemühungen, das Grundstück zu verkaufen, bisher nicht erfolgreich waren, belegt keine
dauerhafte Vollzugsunfähigkeit der Festsetzung des Bebauungsplans.
Die Erforderlichkeit der Ausweisung eines Mischgebiets steht auch nicht deswegen in Frage, weil der
bestehende Dachdeckerbetrieb aufgrund seines Störgrades möglicherweise nicht in einem Mischgebiet
zulässig ist. Denn mit der Mischgebietsfestsetzung wird nicht eine Absicherung des Betriebs in seinem
Bestand bezweckt, sondern mit den Festsetzungen des Bebauungsplans erfolgt eine Anpassung der
betrieblichen Nutzung an die umgebende Wohnbebauung. Hierin liegt eine ausreichende Rechtfertigung für
die Mischgebietsfestsetzung (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2010 - 1 N 06.2609 -
U.v. 8.10.1993 - 8 S 2693/92 - juris Rn. 24).
2.2. Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind
(Abwägungsmaterial), zu ermitteln und bewerten (
bedeutsamen Belange in der Abwägung nach
und zutreffende Bewertung voraus (vgl. BVerwG, B.v. 12.6.2018 - 4 B 71.17 -
Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht
abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die
Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder
wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird,
der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen
Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen
verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines
anderen entscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 -
1.13 -
wie der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen
Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein
ausgewogenes Verhältnis bringen. Insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des
1 BvR 1402/01 -
privaten und öffentlichen Belange untereinander. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines
Grundstücks muss von der Gemeinde als ein wichtiger Belang privater Eigentümerinteressen in der nach § 1
Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung beachtet werden. Dabei ist das Gewicht des Eigentümerinteresses
allerdings regelmäßig größer, wenn ein bestehendes Baurecht eingeschränkt wird (vgl. BVerwG, B.v.
13.3.2017 - 4 BN 25.16 -
Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen soweit
wie möglich vermieden werden. Eine Bauleitplanung ist regelmäßig verfehlt, wenn sie dem Wohnen
dienende Gebiete anderen Gebieten so zuordnet, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die
Wohngebiete nicht soweit wie möglich vermieden werden (vgl. BVerwG, B.v. 22.6.2006 - 4 BN 17.06 - juris
Rn. 5). Ob sich der Trennungsgrundsatz in der Abwägung durchsetzt, entscheidet sich in der Bewertung der
konkreten Einzelfallumstände. Vom Grundsatz der Trennung unverträglicher Raumnutzungen sind
Ausnahmen zulässig, wenn besondere städtebauliche Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, eine
planerische Vorsorge durch räumliche Trennung zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 - 4 CN
3.11 -
Nach diesen Maßgaben liegen weder ein Ermittlungs- und Bewertungsdefizit noch Abwägungsmängel vor.
Die Antragsgegnerin hat die planungsrechtliche Situation der Grundstücke zutreffend als Splittersiedlung im
Außenbereich bewertet, den Umstand einer (möglichen) Lärmvorbelastung durch das Gewerbegebiet mit
einem Schallschutzgutachten ermittelt und damit auch das Emissionsverhalten des bestehenden
Gewerbebetriebs im Bebauungsplangebiet überprüfen lassen, sowie das von den Antragstellern geltend
gemachte private Interesse an der Zulassung einer Wohnnutzung auf ihrem Grundstück in die Abwägung
eingestellt. Bei ihrer Abwägungsentscheidung konnte die Antragsgegnerin ihren städtebaulichen Zielen den
Vorrang vor den privaten Interessen der Antragsteller einräumen.
Mit dem Ausschluss der Wohnnutzung auf dem Grundstück der Antragsteller und den Grundstücken FlNr. …
und … verfolgt die Antragsgegnerin das städtebauliche Ziel der gesunden Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr.
1 BauGB). Dabei konnte sie im Rahmen der Abwägung die Orientierungswerte der DIN 18005 zur
Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung für eine Wohnnutzung als Orientierungshilfe heranziehen (vgl.
BVerwG, U.v. 22.3.2007 - 4 CN 2.06 -
Aus dem schalltechnischen Gutachten ergibt sich unbestritten, dass auf den drei Grundstücken im
Nordwesten des Mischgebiets die Orientierungswerte zur Tag- und Nachtzeit um bis zu 2 dB(A)
überschritten werden. Zwar wenden die Antragsteller zutreffend ein, dass bei einer vorhandenen
Gemengelage eine Überschreitung der Orientierungswerte zulässig sein kann. So kann die Überschreitung
des Orientierungswerts für ein allgemeines Wohngebiet um 5 dB (A) das Ergebnis einer gerechten
Abwägung sein (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1990 a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat dies damit
begründet, dass Wohngebiete an ein Misch- oder Dorfgebiet angrenzen können und auch diese Gebiete
dem Wohnen dienen. Auch der Trennungsgrundsatz des
Überplanung einer bestehenden Gemengelage keine strikte Geltung (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2004 - 4 BN
15.04 - juris Rn. 4; B.v. 20.1.1992 - 4 B 71.90 -
eines neuen Baugebiets eine schon vorhandene Vorbelastung neu hinzukommende Vorhaben nicht von
dem freistellen, was städtebaulich angezeigt und tatsächlich möglich ist (vgl. BVerwG, B.v 18.12.1990
a.a.O.). Die Antragsgegnerin hat diese Grundsätze in ihrer Abwägungsentscheidung berücksichtigt und
zutreffend darauf abgestellt, dass die Orientierungswerte für Mischgebiete überschritten werden, die bereits
höher sind als die Werte, die für ein allgemeines Wohngebiet gelten. Weiter war für sie maßgeblich, dass
sich auf den Grundstücken FlNr. … und … keine Wohnnutzung befindet, diese bisher auch nicht
planungsrechtlich zulässig war und der auf dem Grundstück FlNr. … für Saisonarbeiter zur Verfügung
gestellte Wohnraum nicht genehmigt ist. Es lägen keine besonderen städtebaulichen Gründe vor, eine
konfliktträchtige Gemengelage planerisch herbeizuführen (vgl. den Niederschriftenauszug der Sitzung des
Bau- und Werkausschusses vom 5.12.2012 und vom 4.2.2015). Die Antragsgegnerin hat auch entgegen
dem Vortrag der Antragsteller erwogen, ob eine Wohnnutzung auf den drei Grundstücken geschossweise
zugelassen werden könnte, da die Überschreitung der Orientierungswerte vor allem für die
Obergeschossebene bestimmt wurde (vgl. den Niederschriftenauszug der Sitzung des Bau- und
Werkausschusses vom 5.12.2012). Sie hat aber eine Regelung, wonach im Erdgeschoss Wohnnutzungen
und im Obergeschoß nur gewerbliche Nutzung zulässig ist, als nicht praxistauglich angesehen; das ist nicht
zu beanstanden. Eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Antragsteller ergibt sich auch nicht daraus,
dass sie im Gegensatz zu dem Nachbargrundstück ihre Nutzungsabsicht nicht verwirklichen können. Einen
Grundsatz des Inhalts, dass stets nur das geplant werden dürfte, was der jeweilige Eigentümer selbst
realisieren kann und was ihm selbst nützt, gibt es nicht (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.1989 - 4 NB 2.89 - NVwZ
1990, 159). Auch für den Dachdeckerbetrieb hat die Antragsgegnerin im Übrigen keine Wohnnutzung
zugelassen. Soweit sie im Hinblick auf den Ausschluss der Wohnnutzung dessen Interesse an einer nicht
noch weitergehenden Einschränkung des Betriebs, als dies durch die Lärmvorbelastung und die vorhandene
Wohnbebauung geboten war, mitberücksichtigt hat, konnte sie der vorhandenen Bebauung auch bei
Berücksichtigung der Tatsache, dass diese nicht genehmigt ist, einen gewissen Stellenwert einräumen. Die
Bedenken des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Bauleitplanverfahren, auf die die
Antragsteller verweisen, sind angesichts der Normaufstellungsakten nicht nachvollziehbar. Städtebaulicher
Grund für den Ausschluss der Wohnnutzung war von Anfang an die Überschreitung der Orientierungswerte
für ein Mischgebiet, die die schalltechnische Untersuchung ergeben hatte. Bereits in der ersten
schalltechnischen Untersuchung vom 15. Juli 2010 hatte der Gutachter auf die Überschreitung der
Orientierungswerte im Nordwesten der geplanten Mischgebietsflächen und die Problematik einer dortigen
Wohnnutzung hingewiesen. Der Dachdeckerbetrieb wurde auf Anregung des technischen Umweltschutzes
erst im späteren Verfahren untersucht.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus
der Kostenentscheidung folgt aus
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des
Entscheidung, Urteil
Gericht:VGH München
Erscheinungsdatum:24.09.2019
Aktenzeichen:1 N 16.2379
Rechtsgebiete:
Öffentliches Baurecht
Sonstiges Öffentliches Recht
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
VwGO § 47; BauGB §§ 1 Abs. 3, 6 u. 7, 2 Abs. 3; BauNVO § 1 Abs. 4 u. 5; BImschG § 50 S. 1