Heilung eines formnichtigen Maklervertrages
2.
Hat sich ein Makler in einem nicht notariell beurkundeten
Maklervertrag eine Vertragsstrafe für den Fall ausbedungen,
daß der Kunde den Hauptvertrag nicht abschließt, so wird
die hierauf beruhende Nichtigkeit des Maklervertrages
bereits dtirch die formgerechte Beurkundung des Grundstückskaufvertrages geheilt.
BGH, Urteil vom 28.1.1987 — IV a ZR 45/85 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Die Eheleute S. beabsichtigten, ihr Wohn- und Geschäftshaus zum
Preis von 2.650.000,— DM zu verkaufen, und beauftragen die Firma
V. Immobilien in W., ihnen einen Käufer zu vermitteln.
Als danach der Beklagte als Kaufinteressent für ein größeres Immobilienobjekt bei der Firma V. vorsprach, wurde ihm das Anwesen der
Eheleute S. gezeigt. Am 16. Juni 1983 schloß der Beklagte eine
schriftliche Vereinbarung mit der Firma V., in der es u. a. heißt'
„1. Der Kaufinteressent beauftragt hiermit die Firma V.-Immobilien,
ihm gemäß näher mitgeteilter Einzelwünsche Kaufobjekte nachzuweisen, um einen Kaufabschluß zu vermitteln.
3. Der Kaufinteressent verpflichtet sich, der Firma V.-Immobilien mit
Abschluß des notariellen Kaufvertrags ein Geschäftsvermittlungshonorar von 3,39% incl. MWSt zu bezahlen."
Ebenfalls am 16. Juni 1983 unterzeichnete der Beklagte folgende
„Reservierungsvereinbarung":
„Herr E. läßt sich durch die Firma V.-Immobilien das Wohn- und
Geschäftshaus in W., F.-Straße zum Kauf für 2,650.000,— DM (zweimillionensechshundertfünfzigtausend) zum Kauf reservieren bis
10. Juli 1983. Die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags soll umgehend vorgenommen werden.... Bei einem Rücktritt von der Kaufabsicht zahlt Herr E. an die Firma V.-Immobilien 30.000,— DM
(dreißigtausend). ..."
Am 24.,Juni 1983 wurden durch einen Notar folgende Verträge beurkundet:
1.Verkauf des Anwesens F.-Straße in W. durch die Eheleute S. an den
Beklagten zum Preis von 2.650.000,— DM.
2. Aufteilung des vom Beklagten gekauften Grundbesitzes in Wohnungs- und Teileigentum.
3. Verkauf zweier Miteigentumsanteile an die Eheleute S. zum Preis
von 420.000,— DM. Die Rechtswirksamkeit dieses Kaufvertrags
wurde von der Rechtswirksamkeit des unter Ziffer 1 genannten Kaufvertrags abhängig gemacht.
Die Firma V.-Immobilien hat dem Beklagten eine Provision in Höhe
von 66.900,— DM, zuzüglich 13% MwSt = 75.597,— DM in Rechnung
gestellt. Nach zweimaligen vergeblichen Mahnungen 1983 hat sie
diese Forderung an die Klägerin zum Inkasso abgetreten.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin
75.607,— DM nebst 12% Zinsen aus 66.900,— DM seit 3.9.1983 zu
zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht
die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.
Aus den Gründen:
1. Das Berufungsgericht führt aus, der Schutzzweck des
formlose Vertragsstrafeversprechen als wirksam anzuerkennen, durch die gegen den vom Makler als möglichen Grundstückskäufer geworbenen Interessenten ein mittelbarer
Zwang zum Erwerb ausgeübt werde. Das ergebe sich aus der
Vorschrift des
Leistungsversprechen für unwirksam erkläre. Die Vorschrift
sei nach ihrem Zweck' auch auf ein selbständiges Strafversprechen anzuwenden, wenn durch dieses ein Druck zum
Abschluß eines notariellen GrundstüCksverkaufvertrags
ausgeübt werden soll.
Diese Ausführungen sind zutreffend und stehen mit der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einklang.
2. Dennoch erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts im Endergebnis als unzutreffend.
Nach
dann angenommen werden, wenn er durch Abschluß eines
formgerechten Hauptvertrages erfüllt wird (
189;
des
notariellen Vertrag zum Erwerb (oder zur Veräußerung) des
Grundstücks verpflichtet hat (im Senatsurteil vom 24. Juni
1981 — IV a ZR 159/80 —
noch dahingestellt gelassen).
3. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt in erster Linie
davon ab, ob das Vertragswerk, das am 24. Juni 1983 zustandekam, wirtschaftlich dem Vertrag gleichwertig war, mit dessen Herbeiführung der Beklagte die Zedentin der Klägerin
beauftragt hatte. Das kann hier deshalb zweifelhaft sein,
weil zwei Wohnungen im Eigentum der Verkäufer verblieben,
der Beklagte also nicht, wie er ursprünglich erwartete,
Eigentümer des ganzen Hauses wurde. Das besagt allerdings nicht notwendigerweise, daß deshalb die wirtschaftliche Identität verneint werden müßte. Es kommt bei Grundstücksgeschäften häufig vor, daß Vertragsschließende die
Vorstellungen nicht voll verwirklichen können, die sie bei Beginn der Vertragsverhandlungen und bei der Beauftragung
des Maklers gehabt haben; die Aufgabe eines Vermittlungsmaklers besteht ja häufig darin, beide Parteien zum gegenseitigen Nachgeben zu veranlassen und damit den Vertragsschluß herbeizuführen. Das Nachgeben kann sich nicht nur
auf die Höhe des Kaufpreises und die Nebenbestimmungen,
sondern auch auf den Umfang der Sachleistungen beziehen.
Soweit sich die Abweichungen im Rahmen dessen halten,
womit der Maklerkunde bei der Beauftragung des Maklers
gerechnet hat, können sie den Provisionsanspruch nicht
ausschließen.
Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist eine Frage der tatrichterlichen Beurteilung. Der Bundesgerichtshof hat zwar die
wirtschaftliche Identität in Fällen verneint, in denen der Kun
Auge gefaßten Objekts (Urteil vom 15. Februar 1984 — IV a
ZR 150/82 —
kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an; die genannten Entscheidungen dürfen nicht dahin mißverstanden
werden, daß der Bundesgerichtshof mit ihnen feste, ziffernmäßig bestimmte Grenzen ziehen wollte.
MittBayNot 1987 Heft 3 129
4. Sollte die wirtschaftliche Identität zu bejahen sein, so
wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Beklagte
zur Anfechtung des Hauptvertrages berechtigt war oder ob
durch die von ihm abgegebene Anfechtungserklärung lediglich die einverständliche Aufhebung des Kaufvertrages verschleiert werden sollte. Die wirksame Anfechtung des
Hauptvertrages beseitigt, wie allgemein anerkannt ist, die
Provisionspflicht (
können diesen Anspruch nicht dadurch vereiteln, daß sie die
von ihnen gewollte Aufhebung des Kaufvertrags äußerlich in
das Gewand einer Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung kleiden (
die Verkäufer die Anfechtungserklärung des Käufers als berechtigt anerkannt und auf die Vollziehung des Kaufvertrags
verzichtet haben, kann daher dann, wenn kein Anfechtungsgrund vorlag, den Provisionsanspruch nicht berühren.
3. BGB §§ 433 ff. (Erschließungsbeiträge beim Grundstückskauf mit einer Gemeinde)
Ist in einem Grundstückskaufvertrag mit einer Gemeinde
vereinbart, daß im Kaufpreis die Beiträge für Wassemersorgung, Entwässerung und Erschließung enthalten sind, so
können aufgrund von Beitragsbescheiden gezahlte Beiträge
jedenfalls dann nicht zurückgefordert werden, wenn die
Klage auf Aufhebung der Beitragsbescheide rechtskräftig
durch das Verwaltungsgericht abgewiesen worden ist.
BGH, Urteil vom 1211.1986 — V ZR 273/84 — mitgeteilt von
D. Bundschuh, Richter am BGH
Aus dem Tatbestand:
Die Klägerin kaufte mit notariellen Verträgen vom 11. Februar und
15. Juni 1976 von der Beklagten und von der Baugenossenschaft
„D.-B.-H. eG" (im folgenden: Baugenossenschaft) zwecks Vergrößerung ihres Gewerbebetriebes mehrere zusammenhängende Grundstücke zum Gesamtkaufpreis von 100 688 DM. Hinsichtlich des Kaufpreises ist in den Verträgen mit der Beklagten folgendes bestimmt:
„Der Kaufpreis für das ... Grundstück beträgt DM 14,— pro qm ...
In dem ... Kaufpreis sind die Beiträge für Wasserversorgung, Erschließung, Entwässerung (Kanal) und Entwässerung (Klärbeitrag)
mitenthalten, und zwar bezüglich der Erschließung als Vorausleistungen...."
Oder auch:
„Die Vorausleistung auf die Erschließung sowie die Beiträge für die
Wasserversorgung, Entwässerung ... sind in dem Gesamtkaufpreis
mitenthalten."
Ab 1979 verlangte die Beklagte von der Klägerin für sämtliche Grundstücke Beiträge zur Erschließung und für die von der Baugenossenschaft gekauften Grundstücke außerdem Beiträge zur Wasserversorgung und Entwässerung. Die gegen die Beitragsbescheide der Beklagten und die Widerspruchsbescheide des Landratsamts T. erhobenen Klagen wurden vom Verwaltungsgericht F. hinsichtlich der Wasserversorgung und Entwässerung ganz und hinsichtlich der Erschließungsbeiträge zum überwiegenden Teil rechtskräftig abgewieseh.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auf Grund der Kaufverträge habe sie u. a. gegen die Beklagte Ansprüche auf Freistellung von
allen Beiträgen zur Erschließung, Wasserversorgung und Entwässerung gehabt. Durch die Beitragsleistungen sei, aus dem Freistellungsanspruch ein Zahlungsanspruch geworden.
Das Landgericht hat die Zahlungsklage abgewiesen. Die Berufung
und die Revision der Klägerin sind erfolglos geblieben.
Aus den Gründen:
1.Zur Entscheidung über den von der Klägerin aus den notariellen Verträgen mit der Beklagten vom 11. Februar und
15. Juni 1976 hergeleiteten Zählungsanspruch sind die
ordentlichen Gerichte berufen.
Nach
die_ordentlichen Gerichte und gemäß
öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art vor die Verwaltungsgerichte, soweit die Streitigkeiten nicht durch ein Gesetz einem anderen Gerichtszweig
ausdrücklich zugewiesen sind.
An einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung fehlt es hier.
Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlichrechtlicher Art ist, bestimmt sich nach der Natur des
Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, und zwar so, wie er sich nach dem Sachvortrag der
klagenden Partei darstellt (vgl. Beschl. des gemeinsamen
Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 4. Juni
1974, GmSOGB 2/73,
1979, VIII ZR 134/78,
einem Vertrag Ansprüche gegen einen Träger öffentlichrechtlicher Gewalt hergeleitet, so ist entscheidend, ob dieser Vertrag als öffentlich-rechtlich oder als privatrechtlich zu
qualifizieren ist. Das wiederum hängt vom Gegenstand der
vertraglichen Regelung ab. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag
wäre insbesondere dann anzunehmen, wenn er einen Sachverhalt betrifft, der vom Gesetz öffentlich-rechtlich geregelt
ist. Enthält eine Vereinbarung, aus der Ansprüche hergeleitet werden, sowohl privatrechtliche als auch öffentlichrechtliche Elemente, so ist für die Rechtswegzuweisung entscheidend, auf welchem Rechtsgebiet der Schwerpunkt der
Vereinbarung liegt (vgl.
Durch die Kaufverträge vom 11. Febraur und 15. Juni 1976 hat
sich die Beklagte zur Übertragung von Grundstücken und
die Klägerin zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Ein
Grundstückskauf ist dem bürgerlichen Recht zuzuordnen.
Die im Zusammenhang mit dem Kaufpreis getroffene Absprache über Beiträge für Wasserversorgung, Erschließung
und Entwässerung beziehen sich allerdings auf öffentlichrechtliche Sachverhalte. Diese öffentlich-rechtlichen Elemente bestimmen aber nicht den Schwerpunkt des Vertrages. Für die Klägerin war im Rahmen ihrer kaufrechtlichen Beziehungen zur Beklagten auch nicht entscheidend,
wie sich die vertragliche Absprache, der Kaufpreis werde
14 DM/qm nicht übersteigen, im Ergebnis verwirklichen
sollte, welche öffentlich-rechtlichen Maßnahmen etwa die
Beklagte zur Erreichung des Zieles vornehmen oder unterlassen mußte. Maßgebend war der Erfolg, nämlich daß es
beim vereinbarten Kaufpreis verbleibt Die Regelung, daß die
Erschließungsbeiträge als Vorausleistung im Kaufpreis enthalten sind, fügt sich als ein vom Kauf nicht ablösbarer Teil
in die umfassende privatrechtliche Vereinbarung ein. Gibt
aber das bürgerliche Recht der Vereinbarung das Gepräge,
so ist für die Ansprüche, die die Klägerin aus dieser Vereinbarung herleiten will, der ordentliche Rechtsweg gegeben.
2. Unabhängig von der Frage, ob — wie das Berufungsgericht meint — etwaige in den Kaufverträgen enthaltene Vereinbarungen über die Freistellung der Klägerin von der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen nach
19. März 1981 ergangenen rechtskräftigen Urteile des Verwaltungsgerichts F. entgegen.
MittBayNot 1987 Heft 3
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:27.01.1987
Aktenzeichen:IV a ZR 45/85
Erschienen in: Normen in Titel:BGB §§ 313, 652